Jagd, Hege, Naturschutz und mehr - allgemeine Diskussion

  • Ist halt rasseabhängig

    In Bezug auf die Verletzbarkeit der Rute oder in Bezug auf Tradition?


    Ich verstehe tatsächlich auch nicht, warum eine Beagle-Rute (so als Beispiel) weniger verletzungsanfällig sein sollte :???:

    Die Rute eines Beagles oder die meiner Bracke kann man so gar nicht mit der eines Vorstehers vergleichen. Viel kräftiger, stärker behaart und irgendwie…. behäbiger.

  • Ich muss auch zugeben, dass mich für die Kombination aus Spürhundearbeit und Zughundesport ein Vorsteher reizen würde. Und da ich Hunde mit Bart liebe ein DD.

    Aber mich hält da die Vernunft ab.

    Pudelpointer? Ungar? Slowake? Deutsch Stichelhaar? Gibt einige bärtige Vorstehhunde mit weniger wumms.

    Ist eh alles noch für die Zukunft. Hab ja meine 2 Hunde.

    Aber weniger wumms will ich garnicht 🤷‍♀️

  • Ich habe die Studie aus Schottland noch einmal überflogen, weil mich das Thema interessiert. Sowohl die Stellungnahme des DJV als auch der verlinkte Artikel, die sich beide u.a. auf den schottischen Fall beziehen, greifen nur einen Aspekt heraus, der im ersten Teil der Studie behandelt wird. Der erste Teil der Studie ist eine Besitzer:innenbefragung zur Anzahl von Rutenverletzungen über den Zeitraum einer Jagdsaison. Das Ziel war es, u.a. einen Überblick über die Prävalenz von Rutenverletzungen zu erlangen. Auf Basis dieser zurückgemeldeten Ergebnisse, folgendes Fazit:

    Zitat

    The results from this survey clearly indicated that working spaniels and HPR (but not terriers or pointer/setters) were at increased risk of sustaining tail injuries, especially if undocked. In addition, the work shows that docking HPR and spaniels by one-third (but not shorter) would be sufficient to significantly decrease the risk of tail injury in these breeds.

    Also erstmal: aus diesen Befragungen ergibt sich, ja, Rutenverletzungen sind häufiger in "working breeds", und dort zumindest bei zwei Rassen häufiger bei unkupierten Individuen.


    Der zweite Teil der Studie ist auch sehr spannend. Hier werden Daten aus verschiedenen Tierarztpraxen über einen Zeitraum von 10 Jahren ausgewertet. Natürlich spielen in diesem Teil der Auswertung auch nur Rutenverletzungen eine Rolle, die veterinärmedizinischer Versorgung bedurften. Durch Einteilung und Gewichtung der Ergebnisse wir außerdem der Zeitraum vor und nach dem Kupierverbot in Schottland differenziert betrachtet.


    Hier auch erstmal deutlich zu sehen: "Working breeds" (nicht eingeteilt in kupiert/unkupiert) haben allgemein gesehen ein höheres Risiko, Rutenverletzungen zu erleiden als Hunde, die als "pets" gehalten werden.

    Zitat

    A total of 585 tail injuries were recorded from a population of 99,368 dogs visiting 16 veterinary practices between 2002 and 2012, which constitutes an overall prevalence of 0.59% (95% confidence interval 0.54 to 0.64%). Of these 585 tail injuries 275 were recorded in working breeds which were represented by a total population of 30,869 dogs. This equates to an overall prevalence of 0.90% (confidence interval 0.79 to 1.00%) in working dog breeds

    Interessant finde ich erstmal, dass Rutenverletzungen generell nicht häufig sind. Von diesen Rutenverletzungen, enden auch wiederum nur wenige in einer Amputation. Der Großteil wird verbunden, mal mit Antibiotika behandelt, mal besteht gar kein Behandlungsbedarf.

    Zitat

    Tail amputation was reported in 20.2% (118) of cases of tail injury, the majority of which were due to unspecified injuries (51) or lacerations (38). The remaining 80.8% injuries were treated with a combination antibiotics and dressings or recorded as untreated.

    Auch hier kommt wieder der Schluss, dass "working breeds" häufiger Rutenverletzungen erleiden und in dieser Gruppe auch häufiger Ruten amputiert werden müssen. Es gab allerdings keinen signifikanten Anstieg in Rutenverletzungen nach dem Eintritt des Kupierverbots.

    Zitat

    There was no statistically significant difference in the prevalence of tail injuries, in all breeds or all working breeds before compared to after the introduction of the tail docking legislation.

    Warum das so ist, dafür werden diverse Hypothesen aufgestellt. Wichtig ist für mich hier nur, diese Studie kann nicht herangezogen werden, um das Rückgängigmachen des Kupierverbots zu rechtfertigen.


    Außerdem wird auf Grundlage der veterinärmedizinischen Daten berechnet, wieviele Hunde "prophylaktisch" kupiert werden müssten, um eine Rutenverletzung zu vermeiden: im Schnitt müsste man 232 Welpen einer "working breed" kupieren.


    Das Fazit für mich ist ganz klar, dass diese Zahlen, nur auf Basis dieser Studie, das Kupieren nicht rechtfertigen. Außerdem wird gezeigt, dass Rutenverletzungen nicht der häufigste Grund ist, weswegen Jagdhunde während der Saison zwangspausieren müssen. Es gibt darauf bezogen in meinen Augen keinen Grund, prophylaktisch zu kupieren, wenn sich die meisten, platt gesagt, die Pfote vertreten und deswegen nicht einsatzbereit sind. Gehören also Rutenverletzungen schlicht zum "Berufsrisiko" eines Jagdhunds, der sich in seiner Karriere generell signifikant öfter verletzten wird—egal an welchem Körperteil.


    Interessant finde ich auch, dass in diesem schottischen Fall, die Spaniels die mit den meisten Rutenverletzungen sind. Eine Rasse, bei denen ich diese Kupierdebatte überhaupt nicht stark im Vordergrund erlebe—zumindest in Deutschland. Liegt das daran, dass sie nicht so beliebt sind in Jägerkreisen oder täuscht mich einfach mein Eindruck zur Debatte? In der Stellungnahme des DJV wird sogar im Gegenteil folgende Behauptung aufgestellt:


    "Langhaarige Hunde haben allerdings einen gewissen Schutz durch die Fahnen, ihre langen Haare am Schwanz. Sie bremsen die Rutenbewegung und bilden mit den langen Haaren einen natürlichen Schutz. Rutenverletzungen treten deshalb bei langhaarigen Hunden weniger auf."


    Schaut man sich die Zahlen der schottischen Studie an, auf die sich angeblich auch diese Stellungnahme u.a. bezieht, ist genau das Gegenteil der Fall. Spaniels führen die Liste der Rutenverletzungen sogar an. Das lässt wiederum für mich Schlüsse zu, dass sich der Themenkomplex Kupieren und Rutenverletzung viel mehr (womöglich unterbewusst) auf Diskurse um Ästhetik und Tradition stützt, als auf tatsächliche belastbare und mit dem heutigen Stand des Wissens vereinbare Grundsätze.


    Seht es mir nach, wenn ich nicht alles richtig einsortiert habe hier zwischen Tür und Angel, das war ein knapper Exkurs meinerseits in eine doch recht umfangreiche Studie. Ich lasse mich gerne berichtigen.


    Nochmals die Quelle:

    Lederer, Rose (2014) Investigations regarding tail injuries in working gundogs and terriers in pest control in Scotland. MVM(R) thesis, University of Glasgow.

  • Interessant finde ich auch, dass in diesem schottischen Fall, die Spaniels die mit den meisten Rutenverletzungen sind. Eine Rasse, bei denen ich diese Kupierdebatte überhaupt nicht stark im Vordergrund erlebe—zumindest in Deutschland. Liegt das daran, dass sie nicht so beliebt sind in Jägerkreisen oder täuscht mich einfach mein Eindruck zur Debatte? In der Stellungnahme des DJV wird sogar im Gegenteil folgende Behauptung aufgestellt:


    "Langhaarige Hunde haben allerdings einen gewissen Schutz durch die Fahnen, ihre langen Haare am Schwanz. Sie bremsen die Rutenbewegung und bilden mit den langen Haaren einen natürlichen Schutz. Rutenverletzungen treten deshalb bei langhaarigen Hunden weniger auf."


    Schaut man sich die Zahlen der schottischen Studie an, auf die sich angeblich auch diese Stellungnahme u.a. bezieht, ist genau das Gegenteil der Fall. Spaniels führen die Liste der Rutenverletzungen sogar an. Das lässt wiederum für mich Schlüsse zu, dass sich der Themenkomplex Kupieren und Rutenverletzung viel mehr (womöglich unterbewusst) auf Diskurse um Ästhetik und Tradition stützt, als auf tatsächliche belastbare und mit dem heutigen Stand des Wissens vereinbare Grundsätze.

    Ist halt die Frage ob das auf Spaniels allgemein bezogen ist, denn im Gegensatz zu den Cockern wird die Rute bei bspw English Springer Spaniels kurz gehalten.

    Weshalb dort zumindest das Thema Langhaar nicht zu bewerten sein dürfte weil dort eben kein LH an der Rute ( sofern man sich an die klassische Frisur hält).

  • Du kannst andere Länder aber nur bedingt miteinander vergleichen, weil die geländegegebenheiten völlig verschieden sind, man müsste eher schauen, ob ein unkupierter DD hier vor Ort klar kommt und wie damit die Erfahrungen sind. Und da kann ja die Erfahrung schon regional total abweichen, je nachdem wie gejagt wird und wie das Gelände beschaffen ist.

    Ja, Gelände und Bewuchs können sehr unterschiedlich sein, was unterschiedliche Verletzungsrisiken zur Folge haben kann. Aber dann argumentierst du mit einer Studie über Spaniels in Schottland als Datengrundlage warum in D nicht geht, was in A, CH und Skandinavien geht - merkst du was? Fakt ist doch, dass es für D gar keine Daten gibt zu den jagdlich bedingten Rutenverletzungen unkupierter DD.... . Man weiss nur (aber redet lieber nicht davon) dass die nun unkupierten Spaniels in dem von der Nordsee bis zu den Alpen so mörderischen deutschen Gelände fröhlich und ohne nennenswerte Probleme weiterjagen. Aber ja, andere Rassen, ich weiss....

  • Ich finde es ja auch fragwürdig, ob es ethisch korrekt sein kann, ein Tier für menschliche Zwecke zu benutzen, wenn dies nur möglich ist, wenn man ihm dafür grundsätzlich Körperteile abschneidet…

  • bei Ohren übrigens genauso was Ohrnekrosen angeht, da sind Vorsteher auch gerne anfällig für.

    Nur noch mal kurz im Zusammenhang damit: Vorsteher haben also allgemein (genetisch bedingt?) Wundheilungsstörungen? Hat man sich damit mal wissenschaftlich auseinandergesetzt? Immerhin sind das ja Rassen, die es im Einsatz ungefähr am wenigsten brauchen können. Wenn es eine Art Gendefekt ist, gäbe es vielleicht auch andere züchterische Lösungen, als Körperteile zu entfernen.

  • Soweit ich weiß entstehen Ohrrandnekrosen nicht wegen einer Wundheilungsstörung, sondern tendenziell bei Hunden die recht dünne und kurzbehaarte Schlappohren haben. Ohrenverletzungen haben es tendenziell so an sich dass die schlecht heilen, die bluten schnell recht stark, die Ohren von Schlappohrhunden bewegen sich dauernd, schlackern mal wo gegen ( bspw beim Schütteln), dadurch geht die Wunde wenn eine da ist schnell wieder auf.


    Bei der Rute hat man ein ähnliches Problem, die is ja dauernd in Bewegung und knallt mal wo gegen. Wenn dazu noch kaum Fell dran und die Rute insgesamt weniger robust isses ebenso logisch dass das anfälliger für Verletzungen sein kann und entsprechend blöder verheilt als wäre die Wunde bspw am Bein oder an der Brust.


    Dem entsprechend dürften die Gründe eher anatomisch bedingt sein als dass wirklich ne Wundheilungsstörung vorliegt.

  • Ist halt die Frage ob das auf Spaniels allgemein bezogen ist, denn im Gegensatz zu den Cockern wird die Rute bei bspw English Springer Spaniels kurz gehalten.

    Weshalb dort zumindest das Thema Langhaar nicht zu bewerten sein dürfte weil dort eben kein LH an der Rute ( sofern man sich an die klassische Frisur hält).

    Haha sorry...geht um Working Spaniels....nix mit klassischer Frisur. Will man basierend auf diesen Daten "handeln", müssten fortan Münsterlander, DL und Co kupiert werden

  • Widerspricht sich halt wieder damit

    Zitat

    "Langhaarige Hunde haben allerdings einen gewissen Schutz durch die Fahnen, ihre langen Haare am Schwanz. Sie bremsen die Rutenbewegung und bilden mit den langen Haaren einen natürlichen Schutz. Rutenverletzungen treten deshalb bei langhaarigen Hunden weniger auf."

    Daher nur mein Einwand, ich hab kp ob bspw bei arbeitenden Springer Spaniels das Fell lang gelassen wird.

    Aber wenn es heißt dass Langhaar an der Rute schützt machts ja wieder Sinn dass Münsterländer und DL bspw nicht kupiert werden.

    Also so oder so bleibt da n Widerspruch.


    Aber najaa, antworten kann man auch ohne Zynismus ^^

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