Vanessa Bokr - Meinungen und Erfahrungen

  • Es müsste nicht mal eine Gesetzesänderung her, sondern entsprechende Anwendungsverordnungen. Die dem handelnden Tierarzt Rechtssicherheit bieten und gleichzeitig praktikabel sind.


    dragonwog hatte das hier mal verlinkt:


    Vet.thieme.de - Euthanasie aufgrund aggressiven Verhaltens


    Der Artikel bezieht sich auf das deutsche Standardwerk für Recht in der Veterinärmedizin. Es handelt sich nicht um Rechtssprechung, sondern einen umfangreichen Kommentar zu den verschiedenen Gesetzestexten, ich würde es quasi als Empfehlung an Tierärzte lesen, wie sie sicher sein können, rechtskonform zu handeln. Und natürlich wird so ein Werk - käme es zu Gerichtsverfahren - als Referenz auch herangezogen.


    Das Büchlein selbst ist mir ein wenig zu teuer, deshalb kann ich nicht nachschlagen, ob es da Konkretisierungen gibt. Z. B. wer für eine Privatperson ein unabhängiger Sachverständiger sein kann/muss, wie ein vorrangiger Versuch der Vermittlung aussehen muss und was dem Halter dabei zumutbar ist, ob/wie der Tierarzt sich das nachweisen lassen können soll/muss … Das ist schon quasi eine Konkretisierung für die Praxis, lässt aber immer noch reichlich Interpretationsspielraum und offene Fragen.


    Ein Tier selbst zu töten ohne entsprechende Zulassung ist laut TSchG definitiv rechtswidrig. Ein Tier aus vernünftigen Grund von einer Person mit entsprechender Zulassung töten zu lassen nicht. Es hakt an der Frage, wie definiert wird, was ein vernünftiger Grund ist.


    Abgesehen von der ideologisch basiertem Ungleichbehandlung von sogenannten Haustieren vs. sogenannten Nutztieren, die hier schon angesprochen wurde: Belegte hohe Gefährlichkeit (beim gleichzeitigem Fehlen einer adäquaten Unterbringungsmöglichkeit) ist gemäß unserer Rechtssprechung ein vernünftiger Grund zur Tötung gemäß TSchG. Sonst könnte es keine behördlichen Anordnungen dazu geben.


    Das Problem für Privatpersonen ist, wie sie den Beleg erbringen wollen/sollen/können, wenn noch kein Sachverhalt vorliegt, der die zuständige Behörde zum Eingreifen veranlasst hat.

  • Diese Aussage hätte ich hier nicht erwartet. Ich dachte man wäre hier gegen Euthanasie.

    Keine Ahnung, wie du darauf kommst, ich hatte immer den gegenteiligen Eindruck … also dass eine Foren-Mehrheit für Euthanasie in solchen Fällen ist.


    Hast du aber ja inzwischen auch von vielen einzelnen Usern bestätigt bekommen.

  • Das alles sind doch nur theoretische Probleme. Wo kein Kläger, da kein Richter.


    Wer seinen Hund euthanasieren lassen möchte, wird einen Tierarzt finden, der es macht. Ist es nicht der erste, den man konsultiert, dann eben der zweite oder dritte.


    Gerne genannter und akzeptierter Grund ist, der Hund hat Kinder gebissen. Da fragen einige Tierärzte nicht lange nach. Möglicherweise auch, um dem Tier eine lange Odyssee zu ersparen, wenn klar ist, dass die Halter den Hund auf jeden Fall und unbedingt loswerden wollen und sie das auch, egal wie, durchsetzen werden. Was wird aus einem Hund, den man als Tierarzt wieder nach Hause schickt, obwohl dessen Besitzer fest entschlossen sind, ihn unter allen Umständen loszuwerden?


    Ich kenne mehrere Tierärzte, die sich in Fällen, in denen sie Zweifel an der Darstellung der Halter haben, aber wissen, der Hund wird entsorgt werden, egal wie, selbst um den Hund kümmern.


    Tierarzt ist nicht umsonst der Beruf mit der höchsten Selbstmordrate. Dem Druck hält nicht jeder stand.

  • Tierarzt ist nicht umsonst der Beruf mit der höchsten Selbstmordrate. Dem Druck hält nicht jeder stand

    Und hier kommen wir an den Punkt, der mich regelmäßig in der Diskussion frustriert. Andere Menschen (Tierärzt*innen, TS Orgas und auch Leute wie VB) müssen ausbaden, was andere verbockt haben. Derweil wird schon der nächste Mali-Husky Wurf mit den hübschen blauen Augen im Hinterhof geboren und Susi Sorglos nimmt sich einen davon mit und hofft, dass es diesmal besser klappt als mit dem schicken Merle-Dobermann.


    Ja, Euthanasie ist manchmal die "beste" Lösung, aber es wird mir viel zu oft vom Ende her gedacht (wohin mit dem gefährlichen Hund?) und zu wenig an den Anfang (wie verhindert man, dass sich die falschen Menschen den falschen Hund anschaffen).

  • Doch kann ich mir vorstellen :ugly: , weil schon erlebt und Nein, ich habe den Hund nicht getötet sondern an die PS zurück gegeben. Fünf Bisse in die linke Kopfhälfte mit KH Besuch und Attest des Arztes waren beweiskräftig genug

    So und jetzt gibt es bei anderen Menschen eben keine PS die den Hund wieder nimmt. Wieso auch immer, das ist egal.

    Kein TH nimmt den Hund.

    Keine Einrichtung fuer solche Hunde hat Platz.

    Keine Privatperson, die mit so Hunden kann, hat Platz.


    Was genau bleibt dann noch? Wegsperren, Gestalten wie VB oder eben Euthanasie. Ach ja..weitervermitteln gibts auch noch..

  • Das alles sind doch nur theoretische Probleme. Wo kein Kläger, da kein Richter.

    Sorry aber das stimmt über überhaupt gar nicht! Wenn man in einer entsprechenden Einrichtung arbeitet, ist man wöchentlich mit mehreren schweren Schicksalen konfrontiert. Die Dimensionen sind wirklich schwer vorstellbar, daher ärgert mich dein Kommentar schon sehr...

  • Doch kann ich mir vorstellen :ugly: , weil schon erlebt und Nein, ich habe den Hund nicht getötet sondern an die PS zurück gegeben. Fünf Bisse in die linke Kopfhälfte mit KH Besuch und Attest des Arztes waren beweiskräftig genug

    Zurück geben ist natürlich einfacher, als eine Euthanasie zu verantworten. Das ist nämlich sicher keine leichte Entscheidung.

    Das ist doch der Punkt, weshalb es diese Einrichtungen gibt: "Halten kann ich den Hund aufgrund seiner Verhaltensauffälligkeiten nicht mehr - aber Euthanasieren, nein, das will ich nicht entscheiden!".


    VB nimmt doch nur Hunde auf, bei denen eine Euthanasierung schon fest steht, wenn sich niemand findet der diesen Hund aufnehmen will.


    Die Entscheidung, das Leben eines Hundes zu beenden, wird lieber auf andere abgewälzt.

  • Ja, Euthanasie ist manchmal die "beste" Lösung, aber es wird mir viel zu oft vom Ende her gedacht (wohin mit dem gefährlichen Hund?) und zu wenig an den Anfang (wie verhindert man, dass sich die falschen Menschen den falschen Hund anschaffen).

    Dem stimme ich voll zu.


    Das gleiche Problem haben wir ja auch hinsichtlich Qualzuchten - es gibt sie, weil sie gekauft werden.


    Aber auch etliche andere Haustiere werden angeschafft - und entsorgt, weil Menschen dann doch keinen Bock darauf haben.


    Schön für die Tiere, wenn es dann eine Anlaufstelle gibt, die sie zurücknimmt und dafür sorgt, dass sie woanders, eben besser, untergebracht werden.


    Ein Bruder meines João ist nach 7 Tagen wieder vom Züchter zurück genommen worden, ohne Wenn und Aber. (wir hatten übrigens einen Passus im Kaufvertrag, wie viel Geld der Käufer zurück erhält bei Rückgabe, gestaffelt nach dem Zeitpunkt der Rückgabe - in diesem Fall war es der volle Kaufpreis.)


    Bei vielen Tieren gilt aber: Aus den Augen, aus dem Sinn.

    Da gibt es keine Verantwortung des Verkäufers, außer eben die rechtliche Absicherung bei Mängeln für den Käufer.


    Auch hier fehlt einfach eine Rechtsgrundlage, die eine Sorgfaltspflicht des Verkäufers verlangt, die darauf basiert dass Tiere keine Sache sondern Lebewesen sind.


    In dem Punkt befinden wir uns rechtlich immer noch im Mittelalter.

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