Labrador Collie Mix Gernegroß, Angsthase und seine überforderten Halter

  • Hallo ihr Lieben,
    ich habe seit September einen intakten mittlerweile 11 Monate jungen Collie Labrador Mischling aus dem Tierheim. Ist nicht mein erster Hund. Ich habe mit Hunden, die ich als Welpen bekam, schon Begleithundeprüfungen bestanden und hatte eigentlich die Ambition meine Liebe zu Mensch und Tier nach dem Studium zu einem Teil meines Berufes werden zu lassen, aber der gute Kerl bringt mich an den Rand des Wahnsinns, weshalb ich nun hier um Rat bitte.


    Zu seinem Verhalten: Als wir ihn bekamen, erschien er uns die ersten Tage wie ein normaler junger Hund, aber innerhalb weniger Wochen zeigte er, wie es ihm wirklich geht. Er war ein Häufchen Elend. Er hat sich im Hausflur erleichtert, um nicht nach draußen zu den gefährlichen lauten Menschen und Maschinen zu müssen. Er zeigt in eher kleinstädtischer Umgebung typische Anzeichen von Stress und Angst wie Lippen lecken, Hecheln, geduckte Haltung (anfangs sogar dauerhaft, also auch in der Wohnung in seinem "Käfig" ohne Tür, aber eng, dunkel, kuschelig und sein absoluter Rückzugsort) und im schlimmsten Fall, Schwanz einklemmen und Flucht nach vorn, egal wohin. Er rennt also auch auf die Müllabfuhr zu, die ihn mit dem lauten Poltern so erschreckt hat. Er ließ sich lange nicht an einer Leine kürzer als 5 Meter führen und drehte völlig hohl, wenn er nicht voraus rennen konnte. Die Leinenführigkeit ist besser geworden, aber bei Dunkelheit oder lauten Reizen wie Zügen oder einem 3er Bmw, der mit 120 durch die 30er Zone fetzt, ist er trotz seiner nur 25 kg noch immer kaum zu halten und nur schwer wieder zu beruhigen, auch wenn die Fahrzeuge 30+m von ihm entfernt sind.
    Er nimmt draußen absolut keine Leckerchen (Rinderlunge, Pansen, verschiedenste Sorten von Wurst, Käse, Früchte... genau alles probiert) und Lob scheint in seinem Köpfchen auch nicht anzukommen. Ich verwende zur Rückmeldung die immergleichen Worte mit möglichst gleicher Betonung: NEIN! nope, gut, SUPER, KLASSE!!! und habe zu jedem Wort ein dazugehöriges Leckerchen, die er drinnen oder auf dem Hundeplatz LIEBT, aber nichts mag so recht fruchten. Dennoch würde ich sagen, dass wir uns auf dem Weg der Besserung befanden, aber er baut mehr und mehr ab und verliert das Interesse an uns und unseren Leckerchen mehr und mehr auch in der Wohnung oder anderen ihm vertrauten Orten wie der Hundeschule.
    Wir gehen 2 mal pro Woche in die Hundeschule. Dort war er ein Star und konnte völlig den Collie/Labrador raushängen lassen. Intelligent, ausdauernd und ein People-Pleaser. Seit kurzem geht aber nichts mehr. Der liebe Knecht oder so kommt es uns zumindest vor, wacht mehr und mehr auf und scheint seinen eigenen Willen zu entdecken. Er folgt simpelsten eigentlich fest sitzenden Kommandos nicht mehr und hat auch keine Freude mehr an Übungen jeglicher Art. Er frisst zwar ausreichend, aber insgesamt besonders für den Labrador, den er anfangs hat raushängen lassen wirklich schlecht. Er schnuppert fremden Menschen hinterher, anstatt einen 10 Meter Bogen um sie laufen zu wollen und will in jeder Situation, aber besonders in der Hundeschule nur noch zu anderen Hunden. Er winselt mit einer unglaublichen Ausdauer 60 Minuten fast durchgehend, obwohl er damit keinen Erfolg hat. Generell zeigt er eine Renitenz von mir ungekanntem Ausmaß und legt unerwünschte Verhaltensweisen kaum ab. Der Trainer hat geraten, das Winseln zu ignorieren, aber es ist für uns und natürlich die anderen Teilnehmer wahrlich eine Herausforderung. (Außerdem bin ich mir nach den Erzählungen meiner Partnerin über den letzten Besuch im Kurs für Junghunde auch nicht mehr ganz sicher, ob das der rechte Ort für uns ist. Beobachten konnte ich, dass der Anleiter sich über den Hund gebeugt hat und ihn anfasste, obwohl er weiß, dass unser Hund sehr ängstlich ist und der Hund sich weggeduckt/gedreht hat. Für mich war aus 20 Metern Entfernung ganz eindeutig zu erkennen, was der Hund signalisiert hat. Er möchte das nicht! Danach wollte er auch nicht mehr mitarbeiten, hat seinen Schwanz eingeklemmt und auf jede schnellere Bewegung in der Umgebung mit reflexartigem Hindrehen/generellen Anzeichen von Furcht reagiert. Auch einige Aussagen von denen mir berichtet wurde, wie "Ich hatte auch schon so einen Hund, ihr macht das nur falsch." oder "Ihr müsst nur mal Konsequent sein, dann folgt der auch." Aussagen, die bei 90% seiner Kundschaft sicherlich stimmen, aber auch dort, zumindest meinem Empfinden nach, unangemessen und herablassend sind. Wie seht ihr das?)


    Weiterhin hat unser Hund Aufreiten für sich entdeckt. Er hat das schon immer als Übersprungshandlung bei fremden Menschen in unserer Wohnung gezeigt, aber mache Hunde lässt er absolut nicht in Frieden und der gesamte Sozialkontakt besteht daraus, dass er wie verzweifelt aufreitet und das Gegenüber ihn spielerisch beißt. Ich konnte noch kein Muster erkennen, was das angeht. Bei manchen Hunden tut er es, obwohl diese ihm zeigen, dass sie das nicht möchten und klar überlegen sind, bei manchen Hunden tut er es nicht und mit wieder anderen spielt er, als wäre er der normalste junge Hund. Weiterhin reitet er in letzter Zeit auch bei meiner Partnerin und mir auf, wenn wir Essen haben und er nicht oder wir abends (nach seinem langen Waldspaziergang mit Spielzeug, Futterdummy und anderen Hunden) im Bett liegen und er doch noch etwas Action will. Das ist mir als Verhalten absolut zu erklären, aber er lässt sich nicht davon abhalten. Knurren, Nein, ins Bett schicken – nichts hilft. Nach kürzester Zeit springt er wieder auf und ist, bevor jemand nein sagen kann, wieder auf einem von uns. Wenn wir ihn aus dem Zimmer schicken und nach 2 Minuten wieder reinlassen, geht es auch wieder von vorne los. Ich habe angefangen, ihn dann ins Bett zu schicken und wenn er kurz gelegen hat, nehme ich ein Spielzeug, dass mir gehört und mache Zerr- und Apportierspiele mit ihm, aber auch das führt nicht dazu, dass er im Bettchen bleibt bzw. die Zeit, die er im Bett bleibt lässt sich kaum über die 60 Sekunden steigern.
    Generell ist er uns gegenüber seit geraumer Zeit ziemlich respektlos, stellt sich mir in den Weg oder versucht seinen Kopf auf meinen Körper/Rücken zu legen, wenn ich mich auf dem Boden befinde, um etwas unter der Couch hervorzunehmen o.Ä.. Nun habe ich bezüglich der, ich nenne es mal Pubertät des Hundes, wenig Fachwissen, würde ich mein pädagogisches Wissen darauf anwenden, wäre mir auch dieses Verhalten bei Jugendlichen erklärbar und wenngleich ich jede Menge Tipps für den Umgang damit finde, widersprechen sich diese teilweise selbst und ich bin nicht weiter als vorher.


    Was ich vielleicht noch erwähnen sollte: Er wurde nachdem wir ihn 2 Monate hatten und sein Verhalten sich schon sehr gebessert hatte von einem freilaufenden Dertutnix Jack Russel Terrier gebissen. Danach fing er wieder an in den Flur zu pinkeln und verhielt sich wie an Tag 1. Er geht dennoch weiterhin auf andere Hunde zu und die Orte an denen dieser unverantwortliche Hundehalter (hier stand zunächst ein böseres Wort, aber ich habe mich entschieden das zu streichen :tropf: ) mit seinem Hund spazieren geht, meiden wir mittlerweile.


    Vielleicht kann mich ja jemand in die rechte Richtung weisen oder mir ein paar Worte der Ermutigung zukommen lassen. Ich gebe es ungerne zu, aber ich würde meinen Liebling manchmal wirklich gerne ins Tierheim bringen und ihn "einfach" loswerden, aber die Karriere aus Dauergast oder Wanderpokal möchte ich an allererster Stelle ihm und weit abgeschlagen wohl auch meinem Gewissen ersparen. Vielen Dank, dass ihr eure Zeit hier opfert und diesen ewig langen Text gelesen habt. :gott:

  • Das klingt alles ziemlich anstrengend, ich kann gut verstehen, dass du ihn manchmal "einfach los sein möchtest".


    Ich hätte noch ein paar Fragen :)


    Wie sieht denn euer Tagesablauf aus? Wo geht ihr so spazieren? Was macht ihr als Auslastung alles mit ihm?

  • Hey,


    du sagst ihr habt Hundeerfahrung - hattet ihr vorher Hütehunde?
    Denn das sind nicht untypische Verhaltensweisen für einen schlecht sozialisierten Hütehund. Die sind rastlos, nervös, reizempfindlich, ständig an drucksen und zu gestresst für Ansprache und Leckerchen, gleichzeitig Kontrollettis aus Unsicherheit und das ausdauernd laute auf den HuPla ist auch nicht selten, genauso wie diese enorme Individualitätsdistanz an der Leine, meine Hündin aus vernünftiger Zucht mag es auch nicht (Fuß in der UO ist für sie eine Zumutung :tropf: ).
    Dazu kommt, dass er grade mitten in der Pubertät ist, da verschlimmert sich das alles auch noch.


    Wenn ich euch wäre, würde ich Hundeschule erst mal streichen. Das wird ihn vermutlich reiztechnisch überfordern.
    Dann müsst ihr diesen Hund runterfahren so gut es geht und Ruherituale aufbauen. Da gibt es zB. konditionierte Entspannung oder aber wirklich Boxentraining.
    Vielleicht findet ihr einen Trainer in der Umgebung, der sich mit Hütis auskennt.

  • Erstmal vielen lieben Dank für die vielen Antworten! Das beruhigt mich alles ein wenig und nimmt mir eine echte Last!


    Was vielleicht für alle noch interessant wäre: Wenn unser Hund mit mir alleine unterwegs ist, ist er entweder sehr viel unerschrockener oder zeigt es einfach weniger. Ist meine Partnerin dabei, gruselt er sich mehr, wirkt insgesamt vorsichtiger von seiner gesamten Körperhaltung her und versucht öfter mal Kommandos zu übergehen indem er zur ihr geht anstatt zu mir. Da bin ich mir auch nicht ganz sicher, wie das kommt, denn wenngleich sie kuschliger mit ihm ist, als ich es bin, besteht sie genauso auf konsequente Durchführung usw und läuft einern der wöchentlichen Hundeschul-Termine mit ihm.


    Zu Ceri05:
    Wir gehen um 8 kurz zur Morgentoilette, danach spielen wir ein wenig und füllen anschließend entweder den Kong mit seinem Futter oder es gibt aus dem Napf. Dann setze ich mich an meine Aufgaben für die Uni, er liegt meist neben mir auf einem Hundebett und meine Partnerin geht zur Arbeit. Danach gehen wir jeden zweiten Tag eine etwas größere Runde in den Wald, etwa um 13 Uhr, wenn wir die nicht gehen, spiele ich drinnen mit ihm ausgiebiger und gehe nochmal eine größere Runde um den Block. Danach gehe ich arbeiten und dann gibt es abends um 18 Uhr und 23:30 Uhr nochmal eine Pipirunde. Dazu gibt es eine ganze Reihe von Ritualen: So muss er vor jeder verschlossenen Tür absitzen und geht erst auf Kommando durch. Während meine Partnerin arbeiten ist, lauschen wir der immergleichen "Hundemusik". Die letztlich nichts weiter ist, als sehr ruhige klassische Musik mit eingespielten Geräuschen von Regen oder Flüssen. Die nimmt er super an und er schläft meist in kürzester Zeit ein. Das war in den ersten Wochen ein wichtiges Hilfsmittel, da er auch in der Wohnung mehr oder weniger durchgehend gehechelt hat. Außerdem hat er damit vom Jahreswechsel fast nichts bemerkt. Bevor er einen Hund begrüßen darf, muss er sich absetzen, was er SEHR schnell verstanden hat. Wenn er nicht sitzt, darf er nicht hin. Für Leckerchen würde er das kaum direkt vor mir tun, sieht er einen Hund auf uns zukommen, macht er es auf 15 Meter Distanz am Ende der Schleppleine mittlerweile von sich aus.


    Wir gehen in ein recht ruhiges Waldstück, dort fühlt er sich augenscheinlich ziemlich wohl, spielt, will natürlich zu genau jedem Hund und sobald er weiß, wohin der Weg führt, den wir eingeschlagen haben, fängt er auch erstmal kräftig an zu ziehen, aber lässt sich recht schnell davon abbringen. Die Runde um den Block geht zu einer etwas größeren Wiese, aber dort ist, da wir mittlerweile die richtigen Uhrzeiten kennen, dann nicht viel los und praktisch kein Autoverkehr. Wir gehen immer den (genau! mit Ort des Wechsels der Straßenseite usw.) gleichen Weg hin und zurück und fast immer um die gleiche Uhrzeit. Da er auf geregelte Tagesabläufe gut angesprochen hat. Auf dem Weg ist er allerdings sehr viel vorsichtiger, macht sich klein, wenn er eine unerwartete Bewegung sieht, wie sein Spiegelbild im Lack eines geparkten Autos und findet viele Geräusche, wie Rollläden oder Mülltonnen, die vors Haus gefahren werden super gruselig.


    Zur Auslastung hat er Zuhause den obligatorischen Kong, einige Zerr und Kauspielzeuge, die zum Teil für ihn verfügbar sind und zum Teil "meine" aus der Schatzkiste, die es nur zu besonderen Spielsessions, auf dem Hundeplatz oder unter Beobachtung gibt. Ansonsten verstecke ich ihm Futter oder sein Spielzeug (er kennt sie mit Namen und ich meist auch :tropf: ) und schicke ihn suchen, habe einen Futterdummy, den wir fleißig mit Rinderlunge befüllen und wir üben drinnen natürlich auch die Hausaufgaben der Hundeschule zur Erhöhung der Konzentration, Grundkommandos usw. Außerdem kriegt er nach dem Essen ein kleines Rinderohr für das er sich in sein Bett legen muss und auch dort verspeist, sonst ist es erstmal weg. Selbiges Spiel betreiben wir mit einem Kauklotz aus Hartholz, der super ist, von ihm absolut vergöttert wird und wider erwarten tatsächlich nicht splittert.




    Zu Buddy-Boots:
    Das war auch einer meiner Gedanken zu beginn, da er uns nicht "genutzt" hat. Er hat mich zu dem Zeitpunkt eher an einen Wolf als einen Hund erinnert. Er ist, bildlich gesprochen, lieber 1000 mal mit dem Kopf voran gegen eine Wand gelaufen, als uns um Hilfe zu bitten. Mittlerweile versteckt er sich bei uns, wenn er sich gruselt, kommt zum Kuscheln und bringt mir manchmal auch sein Spieltau und legt es mir mit einem "es ist Spielzeit, du Vogel! Schau mal auf die Uhr" Blick vor die Füße. Und am wichtigsten: Wenn ihm etwas nicht passt, also kein Wasser mehr im Napf oder der Kong rollt unter ein Möbelstück, dann kommt er zu uns und "ruft" um Hilfe. Aber das wäre natürlich auch eine Möglichkeit. Meine Mutter sagt immer wieder, dass ihr Hund ein gutes Jahr gebraucht hat, bis er wirklich angekommen war. Und wer weiß, ob wir wirklich seine ersten Besitzer sind... Durch eine ganze Reihe negativer Erlebnisse im Rahmen der Pflegestelle meiner Eltern, bin ich selbst dem deutschen Tierschutz gegenüber ein wenig misstrauisch.

  • Zu Nebula:
    Ich hatte einen Hütehund-Mix, aber da kam der Jagdhund eher zum Vorschein und der Hütehund nur im Bezug auf andere Hunde und verschlossene Türen. Sie hat also immer Polizei gespielt, manche Hunde regelrecht gemobbt/getrieben und drückte sehr viel durch Bellen aus. Davon abgesehen hat sie jede Bewegung außerhalb unseres Hauses mit Gebell angezeigt.
    Wirklich Erfahrung mit reinen Hütehunden habe ich allerdings kaum. Ich habe mal mit fertig ausgebildeten eine riesige Herde Schafe gehütet. Das war äußerst spannend. Außerdem habe ich einen Hütehund in der Ausbildung begleitet, aber wirklich weiterhelfen will mir das an dieser Stelle nicht, da ich nur teilnehmender Beobachter war. Gibt es da Ressourcen, die du mir empfehlen könntest? Literatur?


    Rastlos ist er nicht. Das könnte aber natürlich auch daran liegen, dass er nach dem Waldspaziergang oder der Hundeschule erstmal platt ist. Den Kontrolletti lässt er manchmal schon durchblitzen. Er rennt ja nicht nur vor, sondern möchte auch immer gerne die Richtung bestimmen. Geht es nicht in die RIchtung, die er möchte legt er sich auch mal voll in die Leine oder macht seine patentierte Vierpfotenvollbremsung oder setzt sich, so kommt es mir zumindest vor, strategisch zum Pinkeln oder Koten hin, da ich ihn damit gewähren lasse. Wenn meine Partnerin zuhause ist und ich ihn zum Spaziergang anziehen möchte, kommt er auch erst, wenn aus dem optionalen "komm" das Kommando "hier" wird (und selbst dann manchmal nicht) oder sobald meine Partnerin aufsteht, in den Flur kommt und sich anzieht. Wenn einer von uns kurz in eine andere Richtung geht, gefällt ihm das auch nicht, was heute echt doofe Konsequenzen hatte, als meine Partnerin zum Mülleimer ist, um den Hundekot zu entsorgen. Er ist in ein parkendes Fahrrad gerannt und macht jetzt 10 Meter Bogen um jedes angekettete Rad und den Laternenpfahl direkt neben unserer Wohnung. :doh: Weiterhin möchte er auch nur die Treppe runter und zum Ende des Hausflurs, wenn die Person, die nicht die Leine in der Hand hat auch kommt. Er bleibt immer wieder stehen und kontrolliert das, was wir dadurch umgehen, dass die Person jetzt den "Trupp" anführt.


    Ruherituale haben wir einige. Die oben erwähnte Entspannungsmusik z.B. Wir betreiben auch regelmäßig Kontaktliegen, was ihm sehr gefällt und haben ein Thundershirt aufgebaut, was ihm zwar sehr gut tut, aber das An- und Ausziehen gefällt ihm überhaupt nicht.
    Den Tipp mit der Hundeschule haben wir schonmal erhalten und sind dann einige Zeit nicht mehr hin, was aber ein Schuss in den Ofen war, da er daraufhin anfing in der Wohnung zu fiepen, wenn er nicht permanent beschäftigt wurde. Da gab es keine ruhige Sekunde mehr und er begann sogar aus dem Fenster zu schauen und zu jammern, um nach draußen zu gehen. Du kannst dir vermutlich in etwa vorstellen, wie wir da gestaunt haben :shocked: Das Schauspiel ging los, nachdem er gerade 20 Minuten durch die Wohnung gefetzt ist und sein Tau apportiert oder gesucht hat. Draußen angekommen fand er das nicht mehr ganz so witzig und wollte wieder schnell rein. Dort ging das Spiel von vorne los.


    An der Box arbeiteten wir von Anfang an tatsächlich recht viel und seitdem er zu groß ist, um unter meinem Stuhl zu schlafen, liegt er häufig in seiner Höhle, während ich beschäftigt bin. Sie ist sein heiliger Rückzugsort und dort darf ihn auch niemand antatschen oder nerven. Das ist hier Hausregel. Er kennt das Kommando Bett vermutlich besser als jedes andere und ist meist hell erfreut, wenn er es hört, schließlich gibt es dort in 2 von 10 Fällen ein Rinderohr. Was darf ich mir unter Boxentraining genau vorstellen? Der Begriff sagt mir, abgesehen von dem zuvor beschriebenen nichts und die Suchmaschine spuckt auch nur ähnliches aus.


    Insgesamt habe ich das Gefühl, dass du da auf der rechten Spur bist, denn hat der liebe Stinker echte Handlungssicherheit, also weiß er unumwerflich, was in dieser Situation das erwartete/erwünschte Verhalten ist, das ihn auch noch an SEIN Ziel bringt (z.B. den anderen Hund begrüßen zu dürfen oder sein Rinderohr bekommen) zeigt er es auch. Nur fällt es ihm wohl schwer, es zu erlernen, mich zu verstehen oder ich drücke mich für ihn nicht verständlich/gleichbleibend genug aus oder oder oder... Er wirkt in seinem Handeln auch sehr selbstständig auf mich, was ich von meinen Jägern maximal in der Fährte kenne, aber auch dort egal wie groß der Fährtenwille immer steuerbar und manchmal sogar notwendig. Er tut halt lieber, was er für das Richtige hält. Wieso auch nicht? Hat ja über die Hälfte seines bisherigen Lebens super geklappt. Und jetzt kommt da so ein zweibeiniger Dosenöffner und denkt, er hätte irgendeine Weisungsbefugnis. Manchmal denke ich, ich habe versehentlich eine Katze aus dem Tierheim geholt.


    Wir hatten eine Hundetrainerin hier... Es war wirklich fürchterlich. Ich denke, dass die gute Frau nur realistisch sein wollte bzw. uns keine leeren Versprechen geben wollte, aber sie hat uns jegliche Illusionen und damit auch kurzzeitig Hoffnung genommen. Ihre Einschätzung war ein Deprivationssyndrom und vermutlich würde er niemals auch nur annähernd etwas ähnliches wie ein Familienhund oder "normal" werden. Die erste Beratung kostet dort und fast überall sonst stolze 150€. Die haben wirklich gute Bewertungen, die Seite liest sich aus meiner Perspektive als "halb professioneller" auch anständig, aber, wie wir mittlerweile wissen, ist ihr Social Walk das Gespött der gesamten Stadt. Alle Menschen, die durch dieses Waldstück gehen, kennen ihn. Ich habe ihn mittlerweile auch einige Male beobachten können und es ist gelinde gesagt Kraut und Rüben. 9 Schüler und eine Trainerin gehen durch den Wald. Der Abstand der Hunde zueinander ist meist viel zu gering, besonders bei den Kalibern von Verhaltensauffälligkeiten und Kg, die diese Hunde mitbringen. Allen voran läuft die Trainerin mit dem perfekt erzogenen, völlig in sich ruhenden Vorzeigehund und spricht mit sich selbst, da die Schüler vor lauter Gebell, Leinenaggression, Wegrennen usw. nicht zum Zuhören kommen. Davon abgesehen, fand ich hier in der Umgebung leider nichts, was mich angesprochen hätte.
    Und auch wenn ich es mir nur ungern eingestehe, kann ich mir das mit einer Teilzeitstelle neben dem auch noch recht teuren Fernstudium kaum leisten und möchte auch nicht nochmal 150€ in den Wind schießen, um mir attestieren zu lassen, welch ein hoffnungsloser Fall und wie "gestört" mein Hund ist. Gibt es dazu hier im Forum vielleicht Erfahrungsberichte mit Trainern? Ich schaue mich später mal um, denn jetzt ist schon lange Schlafenszeit.

  • Zur Auslastung hat er Zuhause den obligatorischen Kong, einige Zerr und Kauspielzeuge, die zum Teil für ihn verfügbar sind und zum Teil "meine" aus der Schatzkiste, die es nur zu besonderen Spielsessions, auf dem Hundeplatz oder unter Beobachtung gibt. Ansonsten verstecke ich ihm Futter oder sein Spielzeug (er kennt sie mit Namen und ich meist auch ) und schicke ihn suchen,

    Auslastung sollte meinr Meinung nach draussen an einem festen Ort erfolgen- ausschließlich.
    Klar Trennen zwischen Trainings- und Spielphasen ist wichtig, damit ein Hund raus aus der Dauererwartungshaltung kommt. Dann kann er drinnen auch herunterfahren und muss nicht Stressaufreiten. Das macht er wahrscheinlich auch weil ihr genervt seid. Evtl sind auch einige Hündinnen gerade läufig und er muss erstmal lernen mit diesem Reiz umzugehen.


    Spazierengehen würde ich in reizarmer Gegend mit möglichst viel Freilauf. Ein Hundekumpel, der mit euch läuft und souveräner ist, könnte ihm wahrscheinlich helfen umweltsicherer zu werden.
    Kennt ihr Zeigen und Benennen? Wenn nicht: zeigen lassen.


    Und: aus dem Text klingt ziemlich viel Erwartungsdruck an den Hund durch. Den würde ich knallhart herunterschrauben.

  • Hey :winken:
    Für mich klingt das nach Stress, Stress, Stress, Stress und einem komplett überforderten Hund.
    Ich würde das Programm komplett runterfahren, viel chillen und ihm die Fernbedienung überlassen ;)
    Nur kurz raus zum lösen für ein paar Tage und nach etwa einer Woche stinklangweilige Spaziergänge machen, nicht mehr als ein Stündchen am Stück und pro Tag. Ansonsten nur zum ausleeren raus.


    Und wenn der Hund dann wieder uf dem Planeten angekommen ist, schauen was geht.
    Aber langsam.
    Ganz ganz langsam.


    Viel rumstehen, viel gucken mit viel, viel Abstand zum Feind.


    Geduld und nichts tun ist manchmal gar nicht soooo falsch :smile:

  • sag mal wurde der Bub mal komplett medizinisch durchgecheckt? Hormonstatus und vorallem Schilddrüse würde ich mal genau und ausführlich bestimmen lassen. Das könnte nämlich auch zu solchem Verhalten führen.

  • Hormonstatus und vorallem Schilddrüse

    Beim neun Monate jungen Jungspund?
    Wird schwierig sein, jemanden zu finden der das wirklich auswerten kann, meinst Du nicht?

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