Ängste und Leinenführigkeit bei jungem Spitzrüden

  • Hallo zusammen,


    ich habe einen einjährigen Kleinspitzrüden, der mit 12 Wochen zu uns kam. Wir haben zur Zeit zwei Baustellen:


    1.Von Anfang an war er eher ängstlich. Wir haben ihm natürlich alles mögliche gezeigt an Orten etc. Manche Ängste sind mit der Zeit besser geworden, bei anderen scheint sich aber überhaupt nichts zu tun. Eher stättische Bereiche (Straßen, Menschen, Fahrzeuge, Mülltonnen etc.) kann er gar nicht ab. Da geht das Schwänzchen nach unten, die Ohren werden angelegt, Lefzen geleckt, gegähnt und voll in die Leine gezogen, um nur ja rasch weg zu kommen. Erlaubt man ihm das nicht, setzt er sich hin und schaut hektisch in alle Richtungen. In solchen Momenten nutzt es auch nichts mit ihm in Kontakt treten zu wollen. Ich störe dann nur seine Sicht und er lehnt sich an mir vorbei, um wieder alles im Blick haben zu können. Ich habe das Gefühl, dass er als Wachhund, der er ja ist, mit den ganzen Reizen in so einer Umgebung total überfordert ist. Jemand hatte mir mal den Tipp gegeben einfach gaaanz langsam zu gehen, damit er mehr Zeit hat die Reize zu verarbeiten. Ich weiß aber nicht, ob das zielführend ist. Habe das zweimal gemacht und alles was passiert ist, dass er noch unruhiger wurde und auch anfängt zu jammern, weil er ja nun erstrecht nicht weg kommt.
    Was ihm auch immer noch Angst macht ist Bahn fahren. Wir haben das seit er klein war ein paar Mal die Woche gemacht (müssen wir auch, weil wir kein Auto haben), aber er zeigt nach wie vor permanent Beschwichtigungsverhalten und würde z.B. auch keine Leckerli nehmen.
    Ich könnte damit ja leben, aber ich denke für den Hund wäre es entspannt viel angenehmer. Habt ihr Ideen, wie man ihm vielleicht klar machen kann, dass für ihn auch in diesen Umgebungen keine Gefahr droht?


    2. Leinenführigkeit. Er schnüffelt und markiert für sein Leben gerne. Würde ich ihn lassen, würde er alle 2 Meter für 5-10 Minuten stehen bleiben. Natürlich lasse ich ihn aber nicht überall bzw. will ihn nicht überall lassen. Habe schon einiges ausprobiert: ein "nein"-Signal geben, wenn er zieht, dann hört er kurz auf, nur um es im nächsten Moment wieder zu tun; einfach weiter gehen, dann titscht er an der gespannten Leine von vorn nach hinten, je nachdem ob da vorn gerade was gut richt oder hinten gerade was gut roch; Richtung wechseln ändert nichts an seinem Verhalten; stehenbleiben sobald Zug auf der Leine ist, dann setzt er sich nach einer Weile hin (was den Zug wegnimmt) und fängt an zu jammern (Was soll ich dann machen?). Momentan versuche ich die Leine so kurz zu halten, dass er nicht schnüffeln kann und ihn dann nur an einem Ort meiner Wahl quasi per Komando fürs Schnüffeln frei zu geben. Ist das ein Ansatz, den ich weiter verfolgen sollte? Es fühlt sich schon etwas fies an.
    Generell muss ich sagen, wenn es um Gehorsam geht, ist er ein bisschen schwierig. Sehr vieles muss man sich bei ihm erkämpfen. Will-to-please hat er jedenfalls keinen. Ich glaube er wünschte wir hätten den und würden ihm Leckerli auf Aufforderung zuwerfen oder sowas - versucht hat er das auch schon xD

  • Ich glaube er wünschte wir hätten den und würden ihm Leckerli auf Aufforderung zuwerfen oder sowas - versucht hat er das auch schon

    Wenn du da umdenkst, wird wahrscheinlich vieles einfacher werden. Zeig ihm wie er dich auffordern kann. Zum Beispiel mit Tricks wie Leinenführigkeit, Alternativverhalten in Stresssituationen usw. usf.


    Ich nehme an, er hat in den ersten 12 Wochen nichts kennengelernt? Ihm danach im Angstzustand die Welt zu zeigen, war gut gemeint, aber hat vermutlich das Gegenteil bewirkt von dem, was du wolltest.

  • Wenn du da umdenkst, wird wahrscheinlich vieles einfacher werden. Zeig ihm wie er dich auffordern kann. Zum Beispiel mit Tricks wie Leinenführigkeit, Alternativverhalten in Stresssituationen usw. usf.


    Das weiß er ja, aber er will die Sachen oft nicht machen und fordert die Belohnung dann trotzdem einfach bellend ein. Er weiß aber schon, was er machen soll. Das merkt man daran, dass er ja doch letztendlich nachgibt und das tut, was man von ihm will.


    Was er kennen gelernt hat bevor wir ihn bekamen, kann ich leider nicht sagen. Was hätten wir denn deiner Meinung nach tun sollen statt ihm alles zu zeigen?

  • Das weiß er ja, aber er will die Sachen oft nicht machen und fordert die Belohnung dann trotzdem einfach bellend ein. Er weiß aber schon, was er machen soll. Das merkt man daran, dass er ja doch letztendlich nachgibt und das tut, was man von ihm will.

    Ich glaube eher nicht, dass er es weiß. Wahrscheinlich spult er einfach nur bestimmte Dinge ab, die ihn vielleicht mal zum Erfolg gebracht haben, weil er nicht weiß, was er sonst tun soll.
    "Nachgeben" klingt für mich eher menschlich.


    Wie hast du denn bisher mit ihm gelernt? Verbale Belohnung? Clickertraining?
    Ihm beim Schnüffeln ein einfaches Nein an den Kopf zu werfen und dann zu erwarten, dass der Hund begreift, dass er für den gesamten Gassigang nicht ständig stehenbleiben soll, ist sehr viel verlangt. Zumal man ja Gassi geht, damit Hund seine Bedürfnisse befriedigen kann. Und was soll er sonst machen? Stumpf neben dir herlaufen?
    Vielleicht versuchst du mal ein freundliches "Komm weiter" aufzubauen. So kannst du die Schnüffeldauer etwas begrenzen, und wenn du deinen Hund gut beobachtest auch mal frühzeitig abbrechen.



    Was er kennen gelernt hat bevor wir ihn bekamen, kann ich leider nicht sagen.

    Der Hintergrund der Frage ging in die Richtung, was der Hund beim Züchter kennengelernt hat. Wurden die Welpen dort nur im Haus oder im Zwinger gehalten? Sowas in der Richtung. Es ging um die Bedingungen, unter denen dein Hund seine ersten 12 Wochen erlebt hat. In der Regel bekommt man sowas ja mit, wenn man sich einen Welpen abholt.

  • Hey :winken:
    Willkommen im Forum :smile:
    Oh hast Du ein Foto von dem Wuschel? :herzen1:
    Falls Du magst, schau doch mal da vorbei:
    Spitze sind spitze! Gibt's noch welche hier?
    Fühl Dich auch im Spitze-Thread willkommen, wir freuen uns immer über Zuwachs :bindafür:


    Nun denn.
    Weisst Du wirklich gar nicht, was die Züchter so alles gemacht oder nicht gemacht haben?
    Wenn nicht ist's auch nicht weiter tragisch, es ist jetzt wie es ist :smile: aber es würde Dir einiges vielleicht ein wenig erklären :smile:
    Die Ängste vom Hundeli hast Du zum Teil ja schon etwas in den Griff gekriegt, bravo!
    Ich selbst gehe an Angstauslösern nie langsam vorbei (ausser Hund ist dann doch neugierig und will irgendwie mal gucken...) sondern zackig. Langsam gehen ist für manche Hunde eher schwierig und man kann's als Konzentrationsübung machen - aber nicht um eine Angst zu nehmen.
    Stell Dir vor Du hast Angst vor ...Spinnen? Und Dein Schatz zwingt Dich, gaaaaaanz langsam an einem Haufen Riesenspinnen vorbeizuspazieren. Es ist doch angenehmer wenn das Gruselige Zeugs zackig passiert wird, nicht?


    Wichtig ist auch - wenn Du etwas üben willst und Zeit hast - dass der Abstand stimmt. Und zwar für den Hund.
    Seine Wohlfühldistanz ist massgeblich.
    Sagt Dir zeigen & benennen etwas?
    Könnte Euch vielleicht helfen.


    Wenn er nicht ansprechbar ist, hat er dermassen viel Stress dass er "drüber" ist und einfach nimmer kann. Das wäre idealerweise zu vermeiden. geht nicht immer, ich weiss.
    Wenn Dein Hundchen klein genug ist für eine Tragetasche, würde ich sowas aufbauen. Wenn er das als sicheres Plätzchen kennt, würde ihm das bestimmt helfen.


    Wenn sich Dein Hund festschnüffelt, ist ein "nein" nicht so ideal - weiss er denn was nein heisst? Und was Du in dem Moment damit meinst? :smile:
    Ich habe für meine Hunde ein Kommando für "jetzt wird gelaufen und nicht geschnüffelt, nicht gross geguckt und auch nicht gebummelt", dann wissen sie dass es nicht erwünscht ist dass sie rumbummeln.
    Darauf folgt aber auch eine Freigabe :smile: dann warte ich geduldig bis die Grashalme eindeutig identifiziert sind.
    Möchte ich nicht mehr warten, lade ich mein Hundchen ein, mit mir weiterzugehen.




    Das weiß er ja, aber er will die Sachen oft nicht machen und fordert die Belohnung dann trotzdem einfach bellend ein. Er weiß aber schon, was er machen soll. Das merkt man daran, dass er ja doch letztendlich nachgibt und das tut, was man von ihm will.

    Das siehst Du ganz ehrlich ein bissel falsch.
    Er fordert nicht mit seinem bellen, er weiss sich in dem Moment grad nicht anders zu helfen :( :
    Hat Stress und kann sich nicht an Dir orientieren.
    Wenn Du da ein bisschen Deine Einstellung ändern könntest, kämst Du gute Schritte vorwärts :smile:
    Dein Hund kann NIE etwas dafür und macht NIE etwas falsch.
    Es ist an uns Menschen uns auf die Hunde einzulassen und ihnen zu zeigen was wir wollen, so dass sie es verstehen.
    Das bedeutet dass man ganz viel an sich selber arbeiten muss und immer wieder neu überdenken muss, ob es denn so passt wie wir es grad machen :smile: Weisst wie ich meine?
    Kommandos müssen manchmal aufgedröselt werden in klitzekleine Stücke.
    Manchmal sagen wir etwas (verbal) und unsere Körpersprache sagt das genaue Gegenteil. Das ist auch sehr schwer für Hunde. Auch da können wir vieles optimieren im Umgang mit dem Hundeli.


    Dann musst Du halt auch bedenken dass Du einen jungen Mann hast, der so langsam die holde Weiblichkeit entdeckt - und die eine oder andere Angstphase ist durchaus auch normal.
    Dranbleiben ist wichtig, nicht aufgeben :smile:

  • Ich habe auch eher einen Spitz der vom Charakter her ängstlich ist und muss dir daher direkt sagen das wird deiner vermutlich auch sein lebenlang bleiben. Man kann aber damit arbeiten um trotzdem im Alltag gut zurecht zu kommen. Wenn meiner draußen Stress hat (LKW, knister Folien, neue Dinge die im Weg stehen) oder sich erschreckt, hat er gelernt mich anzuschauen und bekommt dann ein "Alles Gut" und ein Leckerli. Früher war seine Lösung rennen und bellen. Dein Hund muss noch Vertrauen in dich finden, dass es ok ist wenn du es ihm sagst. Ihr könnt das auch in ruhiger kleiner Umgebung üben. Bspw. zu Hause hab ich Alufolie, knister Tüten usw ausgelegt und mit ihm geübt das nichts passiert wenn er hingeht und es dann sogar Leckerlies bei mir gibt. Nach der Übung wieder wegpacken. Draußen kannst du zu den unheimlichen Objekten gehen und ihn motivieren zu schauen. Je nach Situation entweder schnell vorbei (wenn er so Stress hat das er nicht ansprechbar ist) oder die Sitatuatuion zum üben nutzen wenn es nur halb unheimlich ist.


    Konzentrier dich am besten erstmal an einem Problem was stört dich am meisten, das Leine laufen, die Bahn oder der Stress draußen in Situationen und die eine Sache übst du erstmal.

  • Ich denke, dass Deine beiden Probleme zusammenhängen bzw., dass das eine Problem die Basis für das anderes ist. Konkreter: Ein Hund, der nicht leinenführig ist, ist wegen dem an der Leine sein gestresst. Unter Stress kann man nicht lernen und verknüpft die Umgebung, in der man an der Leine ist zwangsläufig als negativ mit. Ich würde daher das Thema Leinenführigkeit als erstes angehen. Hier habe ich mal erklärt wie ich das übe:


    Hier von meiner im letzten Jahr geborenen Aina noch ein paar Videos zum Thema zur Ergänzung:













    Und hier, falls es noch nicht genug Videos sind, meine Koolie-Hündin, die ich übernommen habe - sie hat Angst an der Straße. Meine Leinenführigkeits-Werkzeuge helfen ihr nicht in Panik auszubrechen:




    Und dann noch ein Video einer ehemaligen Pflegehündin:

  • Danke für eure Antworten,
    ich versuche mal möglichst viel zu beantworten. Verzeiht mir, dass ich die Zitatfunktion jetzt nicht verwende.


    Also beim Züchter ist er in Haus und Garten zusammen mit den dort vorhandenen Hunden und Menschen aufgewachsen.


    Wir trainieren in der Regel mit verbalem Lob+Leckerli.
    Und diese Situationen wo er nicht macht was er soll, aber dann das Leckerli fordert laufen folgendermaßen ab: Sagen wir zum Beispiel ich würde ihn Platz machen lassen (eine Übung, die er schon ewig kann) und ihn dafür belohnen, dann geht das vielleicht zweimal gut. Beim Dritten Mal legt er sich nicht hin, sondern fordert bellend das Leckerli, bis er sich ganz sicher ist, dass er es so nicht bekommen wird. Dann legt er sich doch.


    Ein nein-Signal verwenden wir in allen möglichen Situationen. Es bedeutet für ihn "Das, was ich jetzt gerade tue, ist nicht erwünscht". Das klappt auch ganz gut, wenn der Reiz des Verbotenen nicht zu groß ist.
    Ein weiter-Signal beim Spaziergang haben wir sogar auch, aber das zeigt den selben Effekt wie das nein - ein paar Meter weiter wird wieder geschnüffelt/markiert.


    Ich tendiere übrigens auch dazu erst die Leinenführigkeit und dann die Ängste anzugehen. Es ist nur so, dass wir die Angstauslöser nicht meiden können, weil wir von zu Hause aus erst ein Stück durch stättisches Gebiet gehen müssen, ehe wir in die Natur kommen. Es ist auch schwierig im stättischen Gebiet die Ängste im einzelnen überhaupt zu erkennen bzw. auseinander zu dröseln.

  • Du hast einen Spitz. Wieso um alles in der Welt soll der drei mal den selben Unsinn machen für Dich? :D
    Lass es nach zwei mal einfach gut sein ;)

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