Jagdhund für Nichtjäger

  • Was ich nur nicht verstehe: vom DK (und schon gleich als Welpe) wird uns unbedingt abgeraten. Ein Hund (auch DK) aus dem Tierschutz wäre aber ein Option. Diesen Hund müsste ich doch genauso gewissenhaft beschäftigen und ausbilden wie einen "frischen"?

    Hi,


    diese berechtigte Frage wurde eigentlich schon mehrfach beantwortet - ging vermutlich unter.


    Mich hat das stutzig gemacht, dass du schriebst "mit dem Welpen reinwachsen ins Hund haben". Ich finde, das ist eher umgekehrt - Welpen sind zwar niedlich, aber schwieriger als erwachsene Hunde. Die kennen ja nix! Und du als Neuhundhalter musst selber ganz viel lernen und dich täglich neuen Anforderungen stellen. Da reicht schon ein "normaler" Hund, muss keiner sein, dessen im Alltag unerwünschte Anlagen man von Anfang an in die richtigen (engen) Bahnen lenken muss.


    Ja, ihr müsstet einen erwachsenen Hund natürlich auch gut beschäftigen, aber da er dann ja schon ausgereift ist, wenn er zu euch kommt, kann man besser abschätzen, welche Ansprüche er stellt, obs passt. Denn es gibt ja schon individuelle Unterschiede.


    Ich frage mal andersrum: wie stellst du dir einen ganz normalen Tag mit dem Hund vor? Was macht der Hund wann, was machst du? Wie wohnt ihr? Wieviele Stunden konkret hast du Zeit für den Hund? Am Tag, in der Woche ... ? Das frage ich nicht, um jemandem in die Suppe zu spucken, sondern weil es einem das Leben schwer machen kann, wenn man sich das nicht vorher überlegt.

  • Und was die Frage nach der Schwierigkeit im Alltag angeht: DK fliegen dir vermutlich nicht so dramatisch um die Ohren wie z.B. ein schlecht geführter Mali. Eigentlich sind sie sogar ganz gut im "Ertragen". Siehe Zwingerhaltung beim Jäger. Die Hauptprobleme, die ich für mich gesehen habe, sind:
    - Hund ist ein sonder- und hochbegabtes Genie, darf aber nicht das machen, was er am besten kann. Ok, das ist eher eine ethische Frage als eine alltagspraktische. Aber sowas hätte ich nicht wollen.
    - Man muss immer, immer, immer aufpassen, alles vor dem Hund sehen etc. Dass er nicht abhaut, dass er keine Katze (Rebhuhn, Huhn, Karnickel, Sonstiges) erwischt etc. Es ist einfach anstrengend mit so ner Jagdsau, dazu bin ich zu faul und ich mag Schleppleinen nicht so.


    Vieles andere wurde ja auch schon geschrieben/erwähnt.


    Was mich auch interessiert (wirklich interessiert!): Jagdscheininhaber heißt nicht automatisch Berufsjäger und jeden Tag auf Pirsch. Wie werden die Hunde im Jägerhaushalt im Alltag und außerhalb der Jagdsaison beschäftigt?


    Ich weiß nicht, wie das heute ist. In den 80ern gab es schon viele Hunde, die wurden einfach in den Zwinger gepackt.Kamen teilweise auch nur am WE raus. Das ist auch nicht schön, keinesfalls. Ich habe ja gesagt, beim Jäger ist nicht automatisch das Ticket zum Hundeglück.

  • Vielleicht ein Beispiel aus meinem Bekanntenkreis ... DK Rüde, gute Herkunft, jagdlich geführt, alle Prüfungen mit Bravour bestanden, zu Menschen eine Seele von einem Hund. Der Mann hat den Hund ausgebildet, die Frau ging aber öfter mit ihm spazieren. In gut einsehbarem Gelände lief der Hund abgeleint, gab plötzlich Gas und packte nach wenigen Metern ein junges Kätzchen, das sich da ins Gras geduckt hatte. Die Katze war sofort tot, der Hund gab sie aber nicht her. Die Frau musste ihren Hund anleinen, mit der Katze im Fang durch das ganze Dorf laufen bis der Hund zu Hause wie er es gelernt hatte beim Mann vorsaß und die Katze in die Hand apportierte. Wirklich schlimm für die Katze und ein Schockerlebnis für die Frau.Man muss bei Vorstehhunden einfach wissen, dass sie schnell sind und dass sie in der Lage sind zu töten und diese Entscheidung auch alleine treffen... und das müssen Sie auch können, ansonsten wäre ihr Jagdeinsatz absolut tierschutzrelevant. Dem muss man sich bewusst sein, wenn man so einen Hund führt. Es ist einfach eine ganz andere Liga in Sachen Jagen im Vergleich zu vielen anderen Rassen, die Wild vielleicht auch mal hinterher gehen (was natürlich auch nicht ok ist).


    In Sachen Auslastung kann man da sicherlich viel machen um den Hund ausreichend zu beschäftigen. Die Jagdhunde, die ich kenne, er werden auch nicht dauernd bespaßt sondern haben im Herbst/Winter halt mehr zu tun und im Frühjahr/Sommer, wenn wenig gejagt wird, vielleicht alle paar Wochen mal ne Nachsuche.

    Same here. Wobei es in dem Fall um einen Deutsch Drahthaar geht.


    Meine Schwester sittet also regelmäßig einen Deutsch Drahthaar (Zucht in Ungarn). Dieser Hund ist mit jeder Faser seines Körpers für die Jagd gemacht.
    Draußen ist er nur am abscannen, entspanntes Gassi ist für ihn gar nicht möglich.
    Einmal als meine Schwester in einem belebteren Viertel um den Block ging, stürzte sich dieser auf einen kleinen Hund, der gerade um die Ecke kam. Er hatte den im Nacken gepackt und sogar einmal geschüttelt. Dem kleinen Hund ist zum Glück nichts weiter passiert, aber der Schreck war groß.
    Die Besitzer haben ihr dann nach dem Vorfall gesagt, "dass er nicht so gut mit kleinen Hunden kann ". Tjoa.
    Jetzt läuft er bei meiner Schwester nur noch mit Maulkorb.
    Die Frage weshalb sich die Leute ausgerechnet für diese Rasse entschieden haben, stellen wir uns wirklich oft. Denn die Besitzer sind berufsbedingt häufig auf Reisen und können mit dem vorhandenen Jagdtrieb wirklich gar nichts anfangen. Anstatt sich einen Hund zu holen, der für die Lebenssituation passt, wird sich da ein schicker Deutsch Drahthaar geholt und versucht in eine Schablone zu pressen, damit dieser für die Menschen (!) angenehmer im Alltag zu führen ist. Statt also mit seinen Anlagen zu arbeiten und diese zu fördern oder meinetwegen auch hundgerecht umzulenken, wird jetzt darüber nachgedacht ihn bei einem "Trainer" der mit Teletakt arbeitet unterzubringen, damit Mensch endlich mal in Ruhe Gassi gehen kann, wie es sich gehört.


    Sowas macht mich echt unglaublich wütend, weil ich da einfach immer nur ganz viel " Ich, Ich, Ich " höre, wie es aber dem Hund damit geht fragt sich kaum einer.

  • Maren12 hat es super geschrieben.


    Ich bin der Meinung, dass dir kein verantwortungsvoller Züchter einen Welpen geben wird und einen dubiosen wirst du hoffentlich nicht unterstützen wollen?


    Ein älterer Hund ist auch schon gut einschätzbar wie Woodland es geschrieben hat.

  • Ich bin seit einem Jahr Hundehalter. Wenn du dir einen Hund (oder gar Welpen holst), lernt nicht der Welpe, sondern vorrangig du. Mit einem Spezialisten zu beginnen, halte ich für nicht empfehlenswert. Ich würde heute SO viel anders machen als noch vor einem Jahr, aber mein GP-Welpe verzeiht so einiges.


    Es wurde ja schon erwähnt, dass Jagdhunde auch andere, kleine Hunde jagen können, genau wie Katzen, etc. Hier im Forum gibt es Leute, deren Hunde von anderen totgeschüttelt wurden ( @Rübennase, ist es OK, wenn ich dich hier tagge?), du hast die Geschichte vom Kätzchen gelesen. Ihr habt selber Katzen. Was, wenn das nicht dauerhaft klappt? Wenn man den natürlichen Trieb eines Hundes immer unterdrückt, muss er irgendwo raus. Bekannte von mir hätten für ihren Hund die Hand ins Feuer gelegt, aber das half den Meerschweinchen des Hauses hinterher nicht viel... Käfig aufgebrochen. Bumm.


    Würde der DK aussehen wie ein Pudel, wär's dann auch immer noch der? Würde ihn nicht diese Aura der Exklusivität umgeben? Sei ehrlich mit dir.


    So häufig sieht man irgendwelche Spezialisten in Anfängerhänden rumlaufen, da kann verdammt viel schiefgehen. Einfach, weil es eine Lernkurve gibt. Es ist nie ganz so, wie man sich das vorstellt. Und vielleicht hast du hinterher auch viel weniger Lust auf den Sport als gedacht. Ich spreche aus Erfahrung.


    Ich rate ab.

  • Der Unterschied ist für mich einfach, dass der Tierschutzhund "schon da" ist und auch ein suboptimales zu Hause (also z.B. Jagdhunde in Nichtjägerhand) immer noch 100x besser ist, als wenn der Hund den Rest seines Lebens in einem Tierheimzwinger verbringt oder gar getötet wird. Ein Hund vom Züchter wird hingegen extra für mich "produziert", mit einem Kauf beim Züchter generiere ich eine Nachfrage. Und einen Spezialisten extra zu züchten, um dann ein Leben lang gegen seine Passion zu arbeiten, das ist schon was ganz anderes.
    Zum Thema alternative Auslastung: klar kann man viele Bereiche der Jagd rein formal gesehen mit Ersatzbeschäftigungen simulieren, aber an echtes Wild kommt halt nichts ran. Ich habe einen Pointer-Mix, ich mache mit ihr Dummytraining (mittlerweile wirklich schwierige Freiverlorensuchen) und auch regelmäßig Schleppfährten. Ihr macht das sehr viel Spaß und sie ist danach auch gut müde, aber es ist nicht mal ansatzweise vergleichbar mit der Passion, die sie ausstrahlt, wenn sie Wild wittert oder sieht. Ich führe sie nicht jagdlich, daher ist die "Arbeit" an echtem Wild natürlich nur sehr begrenzt möglich. Aber selbst vom Feldweg aus die Fasane im daneben liegenden Feld anzeigen, ist für sie schon deutlich befriedigender, als es jede Dummysuche sein könnte.
    Und mir tut es tatsächlich oft leid um das vergeudete Potential...
    Wie schon geschrieben, ich bin nicht der Meinung, dass der Hund dadurch sein gesamtes Leben leidet und umgedreht muss es auch nicht heißen, dass es einem Hund beim Jäger immer besser geht. Man muss halt nur wissen, dass man echte Jagd nicht ersetzen kann und es halt immer ein Kompromiss bleibt.

    Genau so ist es mit meinem Beagle. Die würde jagdlich geführt einen Topjob machen. Wir haben Sie ja auch als Second-Hand Hund. Es gibt nun mal viel mehr Hunde als Jäger, die die Hunde nehmen könnten (Tauglichkeit vorausgesetzt). Ich muss dazu auch sagen, dass ich DK´s kenne, die abtun. Nicht nur anzeigen und apportieren. Pointer und Setter kenne ich nur nichtjagdlich geführt- aber da ist bei mir der Knackpunkt ob die "soviel" einfacher zu führen sind. Sind ja beides auch enorme Fernaufklärer vom Radius her. Ein Grund könnte m. M. nach sein, dass sie weniger Vollgebrauchshunde als ein DK sind, sondern die Arbeit vor dem Schuss ausgeprägter bzw. das Anzeigen ist. Beim DK wurden wohl auch mal Bracken eingekreuzt soweit ich mich erinnere- das erklärt vielleicht die größere Unabhängigkeit bzw. den absoluten Willen (da kann ich ein Lied von singen :hust: )
    Vielleicht kann das jemand näher erläutern warum eher Setter/Pointer als DK.


    Abschließend wäre es wohl ideal einen bereits erwachsenen Hund zu nehmen und auf der Pflegestelle oder Vorbesitzer zu besuchen. Es gibt bei den DK echte Unterschiede in den Linien und es ist wohl immer eine Sache des Individuums. Und das kann man einfach besser ausgepackt , sprich erwachsen beurteilen.

  • Ein DK hat ein viel weiteres Aufgabengebiet als ein Retriever, das lässt sich nicht vergleichen.Deine Goldies wurden für die Arbeit nach dem Schuss gezüchtet, was Ausfgaben beinhaltet, die man mit Dummies gut nachstellen kann.
    Das lässt sich dann durchaus sehr anspruchsvoll und interessant gestalten, da bin ich ganz bei Dir- aber die kontinentalen Vorsteher bedienen eben auch alle Aufgaben VOR dem Schuss. Und das darf man als Nichtjäger nicht. Ja, DARF. Ist nämlich formal Wilderei.


    @ TE: doch, Wild stellen und töten gehört zum Aufgabengebiet eines DK.


    Zu den Möglichkeiten, eine Jagdhund als NJ auszubilden: sofern man einen JS anstrebt, kein Problem. Wenn nicht, fragwürdig (Du fixt den Hund an und willst ihm später diese "Droge" nicht mehr geben).
    Ohne Wildkontakt bieten manche Kreisjägerschaften das an (dann auch ohne jagdliche Prüfung), da muss man vor Ort mal nachfragen.

    Zitat

    Abschließend wäre es wohl ideal einen bereits erwachsenen Hund zu nehmen und auf der Pflegestelle oder Vorbesitzer zu besuchen. Es gibt bei den DK echte Unterschiede in den Linien und es ist wohl immer eine Sache des Individuums. Und das kann man einfach besser ausgepackt , sprich erwachsen beurteilen.

    Das seh ich auch so.

  • Mir fällt noch ergänzend ein: Der Setter/Pointer Haushalt, den ich kenne (2 Irish Setter, 2 Gordon & 1 Pointer), ist recht erfahren und da sind der Pointer (aus dem Süden mit Jagderfahrung) und der eine IS die absoluten Raketen. Einer der Gordon Setter ist ein "Traum" Mini-Radius, 1a Leinenführigkeit, die liest quasi Gedanken wenn sie was "falsch" macht- und kommt aus Leistungszucht. So sehr schwanken die Persönlichkeiten. Frei laufen können alle- aber ausgewählt und nicht immer und an bestimmten Stellen.

  • Ich würde dir auch keineswegs dazu raten, einen erwachsenen DK zu nehmen.


    Ich halte es nicht für wahrscheinlich, dass sich das dann so entwickelt, wie du dir das vorstellst mit einem Hund.


    Der Vorteil wäre einfach, dass du einem TS-Hund einem Platz gibst, und keinem Vermehrer Geld hinterherwirfst. Es wäre das kleinere Übel, aber ne schlaue Idee finde ich das auch nicht.


    Es könnte natürlich sein, dass es gut läuft. Mit Welpen, mit erwachsenen Hund. könnte immer alles.


    Die Wahrscheinlichkeit, dass es so läuft, wie du dir das wünscht und es für den Hund gut ist, ist mit etwas besser passenden und weniger spezialisierten Rasse viel höher.

  • Ich muss dazu auch sagen, dass ich DK´s kenne, die abtun. Nicht nur anzeigen und apportieren. Pointer und Setter kenne ich nur nichtjagdlich geführt- aber da ist bei mir der Knackpunkt ob die "soviel" einfacher zu führen sind. Sind ja beides auch enorme Fernaufklärer vom Radius her. Ein Grund könnte m. M. nach sein, dass sie weniger Vollgebrauchshunde als ein DK sind, sondern die Arbeit vor dem Schuss ausgeprägter bzw. das Anzeigen ist. Beim DK wurden wohl auch mal Bracken eingekreuzt soweit ich mich erinnere- das erklärt vielleicht die größere Unabhängigkeit bzw. den absoluten Willen (da kann ich ein Lied von singen :hust: )Vielleicht kann das jemand näher erläutern warum eher Setter/Pointer als DK.

    Ich habe mal irgendwo gelesen, das es in England eher größere Gesellschaftsjagden gab, wo dann quasi verschiedene Hunde mit unterschiedlichen Schwerpunkten eingesetzt wurden, während in Deutschland der Trend eher Richtung Allrounder ging, damit man mit einem Hund eine große Bandbreite abdecken konnte. Daher war mehr Härte nötig/erwünscht als bei einem Hund nur für die Feldsuche. Ich hab allerdings keine Ahnung, ob das so stimmt |)
    Aber einen riesen Radius haben die schon, seit ich die Pointerliese habe, hat sich meine Definition eines angemessenen Abstandes zu mir doch leicht verändert :hust: (von "max 15m" zu "solang am Horizont noch ein weißer Punkt zu sehen ist, ist alles OK"). Solang sie aufmerksam ist, auf dem Weg bleibt und sich nicht in Wildgerüche hinein steigert, darf sie das auch in passender Umgebung ausleben.

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