Jagdhund für Nichtjäger

  • Hallo @LathyrusVernus - ich finde, ihr sattelt das Pferd von der falschen Seite auf sozusagen.


    Habt ihr denn schon mehrere Rassen live erlebt? Vielleicht mal Züchter besucht, wart auf Ausstellungen, Zaungast in Hundeschulen, habt euch mit Haltern unterhalten?


    Ich erzähl mal kurz von mir: Ich fand Border supertoll. Also Züchter kontaktiert, Besuch angemeldet, mir die angeschaut - auch bei der Arbeit an Schafen. Das war extrem beeindruckend.


    Immer noch vor Augen: Ich klingel an dem Gartentor bei einer Züchterin. Fünf Hunde rennen auf mich zu. Halterin sagt leise "Stopp" Hunde halten in der Bewegung inne. Das war, als hätte sie die Stopptaste gedrückt. Extrem beeindruckend. Auch die Arbeit an den Schafen - wahnsinnig beeindruckend. Aber beim näheren Kennenlernen hab ich gemerkt, dass so ein Hund supertoll ist - nur eben damals nicht in mein Leben passte.


    Rhodesian Ridgeback sehr ähnlich. Damals waren die hierzulande noch nicht wirklich "Mode". Halter aufgespürt, Züchter aufgespürt, auf Runden mitgegangen, viele Fragen gestellt, Hunde länger live erlebt. Und wieder festgestellt - passt gerade nicht wirklich.


    Die Züchter hätten mir bedenkenlos einen Hund mitgegeben, da Erfahrung vorhanden und ich hätte alles so leisten können, dass der Hund zufrieden ist. Aber wirklich gut zu mir gepasst hätten die eben nicht.


    Würde ich auch immer wieder so machen, wenn ich eine Rasse noch nicht kenne. Mich umschauen - wirklich in verschiedenen Situationen erleben. Viele Vertreter der Rasse in unterschiedlichen Situationen erleben, Halter und Züchter befragen.

  • Ich verstehe auch nicht warum meine Frage nach "was heißt das genau im Alltag" einfach mit "gehört halt in Jägerhand" und "kein Spezialist für den Alltag" abgetan wird.


    Genau was der jeweilige Hund im Alltag heißt, ist doch das was viele sich nicht vorstellen können und was wichtig ist.
    Bei Fragen nach Mali oder HSH kommt auch nicht nur "gehört in die Herde" sondern Hinweise was so ein Hund heißt bei Besuch, bei Ausflügen, bei Fremdhundebegegnungen, beim Ruhe halten zu Hause. Genau dass ist doch wichtig um abraten zu können.


    Und Spezialisten nur für den Spezialeinsatz erschließt sich halt vielen nicht so einfach.
    Aussies sind selten an der Herde.
    Windhunde dürfen in D gar keinen Hasen jagen, Rennbahn geht nur im Sommer, am Wochenende. Vizslas sind teils mit Mantrailing und Dummy bespaßt. All diese Hunde werden "mit Einschränkungen im Alltag" die man genau benennen kann hier viel in Hobbyprivathand gehalten.


    Wie der Alltag im schlimmsten Fall mit einem DK in "Hobbyprivathand" aussieht wird hier nur mit "da gehört er nicht hin" beantwortet. Aber auf einen Tierschutz DK verwiesen. Letzter dürfte sich ja ähnlich im Alltag verhalten. Ich Verstehe nicht was an der Frage nach dem Alltag also dumm sein soll.

  • Zumindest ich habe in meinem vorherigen Post durchaus geschrieben, dass die Gründe, weswegen man als Nichtjäger einen DK (erwachsen) trotzdem bekommen kann, nicht für dessen Tauglichkeit als Begleiter sprechen (weil Abgabegründe eben eher gesundheitliche/ Wesensschwächegründe haben, die ihn im Alltagshandling nicht einfacher machen).
    Was macht den Hund aus? Er ist als kontinentaler Vorstehhund ein Allrounder für alle jagdlichen Aufgaben (außer im Fuchbau). Sprich: er stöbert, er zeigt an, er verfolgt, er stellt, er tut im Bedarfsfall ab, er apportiert. Auf diese Fähigkeiten hin wird bei der Zucht selektiert, deswegen gehen die Hunde auch nur mit Arbeitsprüfung in die Zucht. Ganz knapp: Über den DK
    Außer dem apportieren kann man als Nichtjäger eigentlich nichts gebrauchen.
    Dinge, die jagdlich erwünscht sind (und in die Papiere eingetragen werden) wie ein Härtenachweis (das nachgewiesene Abtun von Raubwild), kann man als Nichtjäger nicht gebrauchen.
    Je nach Veranlagung wird der Hund vehementer sein oder nicht, aber kaum jemand möchte, dass der eigene Hund Nachbars Katze killt oder sich mit einem Dachs anlegt, ein Wildschwein stellt oder irgend so etwas. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Hund, der schon ewig auf solcherlei Aufgaben selektiert wird, dieses Verhalten aber auch zeigt, ist groß. Und nicht jeder Hund lässt sich mit Mantrailing, Apportieren oder Rettungshundearbeit alternativ auslasten, weil er vielleicht, wenn er die Wahl hat, doch lieber der Wildsau oder dem Reh folgt. Und dann stellt sich die Frage: kann ich mit diesen Eigenschaften gut leben? Oder stresst es, den Hund ständig im Blick zu haben, zu bestimmten Zeiten an der (kurzen!) Leine zu haben, weil er sonst den Wildnachwuchs im Maul hat und vielleicht nicht heil wieder abgibt.
    ICH für mich finde es stressig, habe aber nach mehreren anspruchsvollen, aber eher moderateren Kleinen Münsterländern aktuell einen, der auch mit seinen 10 Jahren jetzt noch alles daran setzt, Beute zu machen. Der kann nach intensiver Ausbildung in meinem Einwirkbereich je nach Umgebung frei laufen (ansonsten ist er halt weg, wenn ich auf den Radius nicht achte- da ich nicht bereit bin, mit einem Teletakt zu arbeiten, dominiert ab einem bestimmten Punkt die Leidenschaft), dennoch kann ich nicht ausschließen, wenn er an potentielle Beute kommen kann, dass er das dann nicht tut. Dafür ist er gemacht, und das kann er hervorragend und dafür brennt er. Für mich heißt das in der Konsequenz, dass dieser 4. KlM mein letzter sein wird, weil ich schade finde, sein Potential nicht nutzen zu können. Verschenkte Gaben, die mich eher anstrengen.
    Einfacher sind für mich die Eigenschaften der Spaniels, die in mancherlei Beziehung völlig anders gestrickt sind.
    Wer sich für einen kontinentalen Vorsteher (auch aus dem TS, denn vom Züchter wird es halt schwierig) interessiert, sollte aus meiner Sicht mal als Zuschaue an einer jagdlichen Prüfung teilnehmen und einem Jagdtag und den Hund in seinem eigentlichen Aufgabengebiet wahrnehmen. Wer dann sagt: großes Kino, mich interessiert das und ich kann ihm entsprechendes bieten- klasse. Ich glaube, sehr viele entscheiden sich dann aber freiwillig für einen etwas moderateren Hundetyp.
    Noch ein sehr netter Text zum Jagdhund: Auf der Jagd nach dem großen Gefühl

  • Vielleicht ein Beispiel aus meinem Bekanntenkreis ... DK Rüde, gute Herkunft, jagdlich geführt, alle Prüfungen mit Bravour bestanden, zu Menschen eine Seele von einem Hund. Der Mann hat den Hund ausgebildet, die Frau ging aber öfter mit ihm spazieren. In gut einsehbarem Gelände lief der Hund abgeleint, gab plötzlich Gas und packte nach wenigen Metern ein junges Kätzchen, das sich da ins Gras geduckt hatte. Die Katze war sofort tot, der Hund gab sie aber nicht her. Die Frau musste ihren Hund anleinen, mit der Katze im Fang durch das ganze Dorf laufen bis der Hund zu Hause wie er es gelernt hatte beim Mann vorsaß und die Katze in die Hand apportierte. Wirklich schlimm für die Katze und ein Schockerlebnis für die Frau.
    Man muss bei Vorstehhunden einfach wissen, dass sie schnell sind und dass sie in der Lage sind zu töten und diese Entscheidung auch alleine treffen... und das müssen Sie auch können, ansonsten wäre ihr Jagdeinsatz absolut tierschutzrelevant. Dem muss man sich bewusst sein, wenn man so einen Hund führt. Es ist einfach eine ganz andere Liga in Sachen Jagen im Vergleich zu vielen anderen Rassen, die Wild vielleicht auch mal hinterher gehen (was natürlich auch nicht ok ist).


    In Sachen Auslastung kann man da sicherlich viel machen um den Hund ausreichend zu beschäftigen. Die Jagdhunde, die ich kenne, er werden auch nicht dauernd bespaßt sondern haben im Herbst/Winter halt mehr zu tun und im Frühjahr/Sommer, wenn wenig gejagt wird, vielleicht alle paar Wochen mal ne Nachsuche.

  • @Laviollina


    Ich sprech jetzt mal von JH im allgemeinen, nicht speziell vom DK.


    Wie bei den anderen Spezis ist das führen im alltag etwas anders, man muss auf viele Dinge achten, gerade wenn es ein universell einsetzbarer Hund ist.


    Wo man mit einem kleinen yorkie entspannt über wiesen und felder hüpfen kann, muss man da bei einem JH wesentlich aufmerksamer und konzentrierter ran gehen.


    Bei der erziehung muss das richtige maß der förderung gefunden werden und da früh erzogen werden. Aber halt keine erziehung wo der trieb unterdrückt wird, sondern angenehm zu händeln ist.


    Klar kann man da in die HuSchu gehen, aber welche HuSchu kennt sich da speziell zu aus? Und gerade bei einem Hundeneuling, der bei einem "einfachen" Hund noch nicht weiß auf welche Reize er achten muss, sind spezis halt nicht die beste wahl.


    Die auslastung der Hunde kann man vllt mit Trail, Dummy, etc befriedigen, dies ist aber auch hochkonzentriert und jahre lange erziehungsarbeit. Wenn man das schafft, hat man auch einen angenehmen Hund zu Hause.


    Wenn ich aber noch keine Erfahrung habe, noch gar nicht weiß ob mir der Sport spaß macht und halt "nur" jogge oder radfahre, da genügt auch eine leichtere Variante um erfahrung zu sammeln.


    Und auch bei Second Hand, da kommt es immer auf den Abgabegrund an, da einen Neuling ran zu lassen finde ich da auch eher suboptimal.


    Natürlich bestätigen ausnahmen die Regel, es sollte aber schon eine gewisse Erfahrungen vorhanden sein damit es halt nicht in die Hose geht

  • Es verweist hier ja nicht jeder auf einen Tierschutz DK, im Gegenteil.


    Teilweise wurde die Frage schon beantwortet. Ein nicht ausgelasteter jagdspezialist kann dir einerseits die Wände hochgehen und vor Langeweile zerstören oder eben sich Ersatzobjekte zum Jagen suchen. Aggressionen gegen Artgenossen und Hundeführer. Keine Impulskontrolle und daraus entstehender Frust, Hohldrehen mit allem, was dazu gehört.


    Das Tierheim Lübeck hat ein paar Jagdhunde und immer richtig schön ehrliche Beschreibungen, da kann man gut stöbern. ZB.
    Monty – Tierschutz Lübeck und Umgebung e.V.
    Jagdhunde-in-Not

  • Man kann auch einfach mal an das Lebewesen denken, dem man die Lebensumstände aufdrückt. ein Lebewesen, was "weltbesteR Allroundjagdhund ist"; was im Leben nicht lieber und besser tut, als mit HH auf der Jagd zu sein, Wild zu suchen, Spuren zu finden und zu deuten, tot oder lebend zu finden, zu stellen und ggf. auch um zubringen.


    Das soll einfach weils so schön anzuschaun ist, im Park an der Leine oder an der Joggingleine gefälligst sein leben verbringen.


    wer einmal sieht, wenn die Vertreter der angestrebte Lieblings-Spezialisten-Rasse das tun wofür sie gemacht wurden, der schämt sich in Grund und Boden, wenn er die ein leben lang fachfremd beschäftigen muss.

  • Zumal der Hund mit Jäger im Revier ja viel unterwegs ist idR und nicht nur mal ne Stunde in den Park geht.


    Also ich persönlich denke auch, dass man sich keinen Spezialisten holt (egal welchen), wenn man den nicht für das Spezialgebiet braucht.


    (Klar haben wir einen Jagdhundmix aus ungewollter Verpaarung - aber da sollte gar kein Jagdhund drin sein und als Welpe war ja vom Bart für einen Laien nichts zu erkennen. Gar nichts. Da kam es optisch durchaus hin mit Boxer-Labrador. Wir wurden also auch ins kalte Wasser geschmissen, aber da wir gerne in Lolas Welt mit eintauchen, passt das schon und wir mussten uns eben drauf einstellen. ZB eine HuSchu suchen, die mit Jagdhunden arbeitet, das Thema Antijagdtraining gezielter bearbeiten zB).

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