Die ersten vier Sätze deines Buches...
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19. August
Schwangerschaftswoche: 4+2
Gewicht: Morgens unbekleidet und ohne Kontaktlinsen 64 Kilogramm. Bei 173 Zentimeter Größe und einem Körper, der noch nie zur Gattung der fettfreien Elfen gehörte, ein vortreffliches Ergebnis - das ich mir jedoch hart erarbeitet habe durch grausamen Verzicht, der meinem maßlosen Gemüt eigentlich nicht entspricht. 64 Kilogramm - diese beeindruckende Zahl dürfte schon bald der Vergangenheit angehören.
Zustand: Bin in Aufbruchstimmung, gleichzeitig ungläubig und viel zu ängstlich, um richtig glücklich zu sein.
Unter dem Herzen - Ansichten einer neugeborenen Mutter
von Ildiko von Kürthy
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Die Diener nannten sie Malenchki, Geisterchen, denn die Kleinsten und Jüngsten suchten das Haus des Herzogs heim wie kichernde Phantome, rannten durch die Zimmer, versteckten sich in Schränken, um zu lauschen, und stahlen die letzten Pfirsiche des Sommers aus der Küche. Der Junge und das Mädchen trafen im Abstand weniger Wochen ein, noch zwei Kinder, deren Eltern während der Grenzkriege den Tod gefunden hatten, verdreckte Flüchtlinge, die man in den Ruinen ferner Orte entdeckt und zum Anwesen des Herzogs gebracht hatte, damit sie Lesen, Schreiben und ein Handwerk lernten. Der Junge war klein, stämmig und scheu, hatte aber immer ein Lächeln auf den Lippen. Das Mädchen war anders, und es war sich dessen bewusst.
Leigh Bardugo- Goldene Flammen (Legenden der Grisha, Band 1)
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Die Farm in Ol' Joro Orok, auf der kurz vor dem zweiten Weltkrieg zwei Kinder unterschiedlicher Hautfarben und Kultur eine lebenslange Freundschaft mit einem Mund voll Erde beschworen, lag dreitausend Meter hoch am Fuße des Mount Kenya. Selbst betagte Wunder der modernen Technik brauchten damals noch Bedenkzeit, bis sie zu den Hütten mit den grasbedeckten Dächern gelangten. Ehe meine Eltern auf die Farm kamen, hatten lediglich sechs Männer und keine einzige Frau ein Radio spielen hören. Und nur Kimani, der zwei Jahre in Nairobi bei einem indischen Geschäftsmann gearbeitet hatte, kannte einen Fotoapparat.
Vivian und ein Mund voll Erde - Stefanie Zweig
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Es ging auf Mitternacht zu, der Premierminister saß alleine in seinem Büro und las einen langen Bericht, der ihm durch den Kopf strich, ohne den geringsten Sinn zu hinterlassen. Er wartete auf den Anruf des Präsidenten eines fernen Landes, und während er überlegte, wann der elende Mensch sich endlich melden würde, und zugleich unangenehme Erinnerungen an eine sehr lange, ermüdende und schwierige Woche zu unterdrücken suchte, konnte er kaum noch an etwas anderes denken. Je stärker der Premierminister sich auf den Text der Seite vor sich zu konzentrieren versuchte, desto deutlicher konnte er das hämisch grinsende Gesicht eines seiner politischen Gegner sehen. Ausgerechnet dieser Gegner war gerade am heutigen Tag in den Nachrichten aufgetreten und hatte nicht nur die schrecklichen Dinge aufgezählt, die in der vergangenen Woche geschehen waren (als müsste irgendjemand daran erinnert werden), sondern auch noch erläutert, warum an ausnahmslos allen Vorfällen die Regierung schuld sei.
Harry Potter und der Halbblutprinz - J.K. Rowling
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Als Franz Jandrasits bereits bis zum Hals im Moor versunken war, kroch der Frühnebel aus dem Wald. Feucht und behutsam wälzte sich der üppige Dunst über die taunasse Wiese, schluckte das Schilfgras am Übergang zum Moor und verschlang schließlich sehr sorgfältig die gesamte Lichtung. Und das Moor verschlang Franz Jandrasits. Seine Kräfte hatten ihn vor Sonnenaufgang verlassen, waren mit jeder verzweifelten Ruderbewegung aus seinem aufgeweichten Körper entschwunden.
Thomas Sautner- Fuchserde
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"Mein Mann bat mich zu lügen. Keine große Lüge. Für ihn war es wahrscheinlich noch nicht einmal eine richtige Lüge, und für mich am Anfang auch nicht. Er bat mich nur um einen kleinen Gefallen."
Miracle Creek - Angie Kim
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Die beiden Männer kamen aus dem Nichts, erschienen wenige Meter voneinander entfernt auf dem schmalen, mondhellen Weg. Einen Augenblick verharrten sie reglos, die Zauberstäbe einander auf die Brust gerichtet; dann erkannten sie sich, verbargen ihre Zauberstäbe unter ihren Umhängen und gingen rasch in dieselbe Richtung.
"Neuigkeiten?" fragte der Größere der beiden.
"Hervorragende" antwortete Severus Snape.
Harry Potter und die Heiligtümer des Todes - J. K. Rowling
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Geboren und aufgewachsen bin ich in einer kleinen, niedrigen Erdgeschoßwohnung von etwa dreißig Quadratmetern. Meine Eltern schliefen auf einem Bettsofa, das abends, wenn es ausgezogen war, das Zimmer fast von Wand zu Wand ausfüllte. Frühmorgens schoben sie dieses Sofa wieder völlig in sich zusammen, verbargen das Bettzeug im Unterkasten, klappten die Matratze zurück, zurrten alles fest, breiteten einen hellgrauen Überwurf über das Ganze und streuten ein paar bestickte orientalische Kissen darüber, so daß jedes Indiz ihres nächtlichen Schlafes beseitigt war. So diente ihr Schlafzimmer auch als Arbeitszimmer, Bibliothek, Eßzimmer und Wohnzimmer.
Amos Oz - Eine Geschichte von Liebe und Finsternis
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Namenlose Ewigkeit.
Welt aus Jade.
Vergessenes Reich voller Wunder.
Wie ein schwärender, dampfender Ozean aus Chlorophyll überzog der Dschungel das Land.
Thomas Thiemeyer - Reptilia
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Sie trat sehr vorsichtig ins Zimmer, leise, mit lautlosen Schritten, schwebte durchs Zimmer wie ein Gespenst, wie eine Erscheinung.
Und den einzigen Laut, den ihre Bewegung begleitete, erzeugte der Umhang, der sich an der nackten Haut rieb.
Doch gerade dieses winzige, kaum hörbare Rascheln war es, das den Hexer weckte oder vielleicht auch nur aus dem Halbschlaf riss, in dem er sich monoton wiegte wie in einer bodenlosen Tiefe, in der Schwebe zwischen dem Grunde und der Oberfläche einer ruhigen See, inmitten sacht wogender Stränge von Tang.
Er bewegte sich nicht, zuckte nicht einmal.
Andrzej Sapkowski - Der letzte Wunsch (Sage von Geralt von Riva)
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