Welpe überdreht stundenlang

  • Ihr müsst eurem Hund bis zur 12. Woche nicht alles gezeigt haben, was es auf dieser Welt gibt.
    Eure Aufgabe ist es ihn im normalen Alltag sicher zu machen und ihm eine souveräne Führung zu geben. Lernt er zum Beispiel mit euch über eine wackelige Brücke zu gehen und speichert ab: Untergrund bewegt sich, Menschen sind cool, nix passiert, dann kann sich dieses Selbstverständnis auf andere Situationen übertragen.


    Mein Hund ist mit 2,5 Jahren das erste Mal mit dem Zug gefahren. Auto, verschiedene Untergründe und Menscgebansammlungen kannte sie und sie weiß, dass sie sich auf mich verlassen kann. Im Zug tiefenentspannt schlafen war also gar kein Problem.


    In diesem Sinne:
    Nehmt den Druck raus und schraubt das Tempo runter. Nicht jeden Tag was Neues!

  • 11 Wochen.
    Aufstehen, kleine Gassi Runde, essen, schlafen, kleine Gassi Runde mit Spielen, essen, schlafen, dann kommt mein Freund heim, kurz in die Stadt fahren das lernt sie für 10 min was neues kennen, heim, essen und dann kommt ihre Phase. Kurz vorm schlafen noch mal im Garten aufs Klo und dann schlafen und in der Nacht noch mal auf die Toilette.


    Ich denke eben auch dass sie überfordert ist.

    Wann spielt und tobt die Kleine mal ausgelassen? Alleine? wann mit Artgenossen?

  • Huhu,


    die "Sozialisierungsphase" ist vor allem wichtig um richtige Grundlagen zu legen.


    Dein Hund braucht zB nicht Stadt, Zoo, Schule, Kindergarten, Konzert, Demo, Dorffest und Einkaufszentrum, um zu lernen mit Menschenmassen umzugehen, sondern nur eins davon (wenn überhaupt), nur fürs Prinzip.
    Das selbe gilt für alles andere.


    @Syrus hat das letztens irgendwo so super passend formuliert. Der Hund muss quasi nur den Mechanismus lernen, "alle Situationen" braucht es definitiv nicht.


    Es ist viel wichtiger, dass dein Hund auch runter kommen kann, mit Artgenossen agieren darf (und dabei keine schlechten Erfahrungen macht), viel schläft/ruht und weiß, dass man euch vertrauen kann.


    Du MUSST Pausen machen zwischen euren Ausflügen. Also Ein Tag Ausflug von 10 Minuten und den nächsten Tag gar nichts Neues. Der Zwerg muss das Gesehene erst mal verarbeiten.
    Mach Sachen in ihrem Rahmen. Wenn sie euch abends nicht um die Ohren fliegt, dann war das Pensum okay.


    Meine jüngste Hündin war ähnlich. Sobald ich auch nur an Stadt gedacht habe, ist sie mir buchstäblich um die Ohren geflogen. Also waren wir halt nur mal an nem Sonntag am Rand der Fußgängerzone ein paar Minuten und nicht mittendrin.
    Jetzt ist sie 10 Monate alt, am Sonntag war sie mit im Zoo (nicht absichtlich) und war arschcool, ruhig und vorbildlich.

  • Ich habe auch mal gedacht, man muss alles gezeigt haben, alles wie nach Checkliste in den Hund reinschaufeln. Und ja, schaufeln, weil es so viele Dinge gibt, die er "kennen muss" in kurzer Zeit. Heute weiß ich, dass es vor allem eins ist, was ein Hund kennen und können muss: seiner Bezugsperson vertrauen und entspannen. Dann ergibt sich der Rest von allein.
    Beim Ersthund wollten wir alles sowas von richtig machen, dass wir die meiste Zeit damit beschäftigt waren, den Stress wieder runter zu nehmen :headbash: Vieles ist einem aber auch erst im Nachhinein klar. Dass viele Unsicherheiten im Grunde ausgelöst wurden, weil man sich selber son Stress gemacht hat. Der Zweithund fuhr dann einfach so mit. Wie das zweite Kind. Und da ging das alles wie von selbst und viel entspannter. Ich würde immer wieder empfehlen zwar wichtige Dinge wie Hunde, Verkehr, andere Tiere und Menschen zu zeigen, aber das alles in kleinen Dosen und viel mehr Wert auf Ruhe, Entspannung und Vertrauen zu legen. Damit lernt der Hund nämlich auch später in plötzlich auftretenden ungeahnten Situationen sich am Menschen zu orientieren und weder Angst zu bekommen, noch es selber regeln zu wollen.

  • @corrier meint vermutlich diesen Beitrag:






    Du brauchst überhaupt keine Sorge zu haben, dass nach der 12. Woche nichts mehr geht.


    Wenn dein Hund das Prinzip "es ist viel los aber Frauchen ist da und gibt mir Sicherheit" verstanden hat ist es völlig irrelevant ob er mit 10 Wochen schon mal im Einkaufszentrum war oder "nur" den Wochenmarkt gesehen hat.


    Genauso muss dein Hund nicht alle Untergründe kennen gelernt haben. Auch hier muss er nur das Prinzip verstehen "komische Untergründe sind nicht schlimm" und dazu reichen 2-3 völlig aus.
    Mein Riesenschnauzer war letzte Woche mit 15 Monaten zum ersten Mal in seinem Leben auf einer Gittertreppe. Er hat kurz blöd geguckt und ist dann mitgekommen als wenn nichts wäre obwohl er diese Art von "komischem Untergrund" nicht kennt.



    Aber er hat gelernt in allen Lebenslagen auf mich zu achten und mir zu vertrauen. DAS ist für mich das wahre Ziel der Sozialisierung: ein paar neue Situationen kennen lernen und dabei vermitteln: "Egal was passiert, ich bin auch da und schütze dich! Zu mir Kontakt aufnehmen ist immer eine gute Idee, dann sage ich dir wie es weiter geht".



    Fun fact: ich habe die "Sozialisierungszeit" komplett verpasst weil ich meinen Hund erst mit 4,5 Monaten gekauft habe.
    Der hat bis dahin in der ostfriesischen Pampa gewohnt und hatte bis zur Abholung kein Einkaufscenter, keine Zootiere, keine mehrspurige Straße oder Autos die schneller als 20km/h fahren gesehen. Keine fremden Hunde, kein Bahnfahren, keine Menschenmassen.
    Aber er hat Landmaschinen, lautes Werkzeug, Welpenbesucher und Wildtiere kennen gelernt.
    Er hat gelernt neugierig auf Neues zuzugehen und keine Angst davor zu haben.


    Und das hat er ganz problemlos auf mein Leben am Stadtrand übertragen. Am zweiten Tag stand er mit mir mitten auf einer mehrspurigen Kreuzung auf einer Verkehrsinsel.
    Gute Sozialisierung ist also ein erlernen von generalisierten Verhaltensweisen und nicht ein Kennenlernen aller möglichen Situationen.






    Konkret beruhigen kannst du deinen Welpen durch festhalten. Sie wird zuerst schreien, strampeln und beißen, das musst du einfach aussitzen.
    Halte sie ganz ruhig fest - nicht streicheln, nicht auf das Theater eingehen. Irgendwann wird sie aufgeben und weil sie eigentlich todmüde ist wird sie einschlafen. Dann kannst du sie an ihren Schlafplatz legen.
    Mit der Zeit wird diese Entspannung bei Festhalten konditioniert und sie wird richtig schnell runter fahren wenn du sie in den Arm nimmst.
    Das nutze ich heute noch in aufregenden Situationen für meinen Rüden - ich setze mich neben ihn, lege den Arm um ihn und schon wird er deutlich ruhiger.




    Das Ziel muss aber natürlich sein, dass sie erst gar nicht durchdrehen muss.
    Macht mal ein paar Tage überhaupt nichts außer Pipi machen lassen und schlafen. Es wird eine Weile dauern, aber dann wird sie von diesem Stress runter kommen.
    Dann fangt langsam wieder mit mehr Input an - ist sie unruhig, war es zu viel!

  • Aber die Sozialoersierungsphase geht doch nur bis zur 12ten Woche? Und sie ist schon 11 Wochen alt. Wie soll sie so alles kennen lernen?

    Du erreichst mit dem täglichen Programm genau das Gegenteil von dem, was Du willst. Dein Hund kann die Dinge nicht verarbeiten. Er wird es aufgrund der viel zu kurzen Ruhepausen - also ruhige Tage dazwischen - unter: "Überfordert mich grundsätlich total." abspeichern und Du bekommst einen Hund, der später in diesen Umgebungen vor Stress nicht mehr weiß wohin mit sich.


    Gerade bei diesem Hundetyp ist ein ausgewogenes Maß mit entsprechenden Erholungsphasen das A und O. Diese Hunde haben einen schlecht angelegten Reizfilter (Hören, Riechen, Sehen und Fühlen! Alles schlägt fast ungefiltert bei ihnen ein.). Da muss man mit Fingerspitzengefühl ran.

  • Du mutest deinem Hund vermutlich zuviel zu. Gerade weiße Schäferhunde sind auch nicht gerade für ihre Nervenstärke bekannt und überdrehen leicht, da musst du jetzt gegensteuern, das ist wichtiger als noch einen Rummelplatz mitzunehmen.


    Mein Hund hat auch im Alter von 6 Monaten noch Busfahren gelernt bzw. lernt immer noch regelmäßig was neues kennen. Wichtig ist, dass dein Hund DIR vertraut und überhaupt die Möglichkeit hat, das Gelernte auch positiv zu verarbeiten und nicht durch Stress bedingt im Grunde gar nichts gespeichert wird.


    Mein Hund neigte genau wie deiner dazu, komplett zu überdrehen, nicht herunterzufahren und man merkte deutlich, wie gestresst er davon war. Ich habe auch vieles probiert, mir hat am Ende ein Welpenauslauf im Zimmer gute Dienste getan. So ein Ding aus Metall gibt es für circa 60€ bei Amazon (zum Zusammenstecken mit Türchen). Ich hatte 2 Stück davon und in einer Zimmerecke aufgebaut (1x Wohnzimmer, 1x Schlafzimmer). Da ich die Wände nicht mit Draht zugemacht habe, war die Fläche größer als wie wenn er komplett rund zusammengesteckt ist. Ich denke mal so 2x2 Meter waren die Abmessungen seines "Reiches".
    Im Alter von 3-5 Monaten hat er einiges an Zeit darin verbracht. Immer wenn ich wusste, jetzt muss er eigentlich mal schlafen (weil viel passiert etc.) oder ich merkte, er überdreht etc.
    Klar, anfangs hat er darin gemoppert (es dauert Wochen, bis das Überdrehtsein sich herunterfährt und auch wirklich aus dem Blutkreislauf raus ist), aber dann ist er schnell eingeschlafen. Irgendwann ging er tagsüber auch von selber in den offenen Auslauf, wenn er pennen wollte. Als er so 10 Monate alt war, habe ich das Ding final abgebaut und über EBay Kleinanzeigen verkauft (gingen weg wie warme Semmeln... ;-)


    Heute ist mein Hund total normal. Er pennt im Haus, spinnt hier nicht herum und ist draußen ausgesprochen nervenstark und unerschrocken.

  • kurz in die Stadt fahren das lernt sie für 10 min was neues kennen, heim, essen und dann kommt ihre Phase.

    das hast du doch schon sehr schön erkannt, oder ?


    Bei uns passiert in dem Alter genau 1 x pro Woche was Neues. Mein Kleiner ist jetzt 1 Jahr und hat sich im vergangenen Sommer praktisch groß geschlafen ( okay, war ja auch einfach nur brüllheiß ).

  • Sozialisierung gilt im deutschen Sprachraum anscheinend momentan als uncool, ähnlich wie Impfungen etc.

    Ne. Mittelwege scheinen uncool zu sein.


    Der eine Welpe wird von A nach B gezerrt, tägliches Sozialisierungsprogramm in der Innenstadt, im Zoo, im Zug, Bungee Jumping, Helikopter Ausflüge, Turniere, Restaurants, Besuch mit und ohne Hund, Welpengruppe, Untergründe, Reitställe... und das möglichst bis zur 10. Woche.



    Und auf der anderen Seite Leute die ihren Hund mit 5 Monaten aus nem Hinterhof kaufen, weil der Hund in einem Verschlag gelebt hat, und die sagen "Ach ist doch egal, der passt sich schon an an unser Leben in der Großstadt".



    Auf den Hund angepasste Mittelwege sind uncool. Der Welpe rastet stundenlang aus und weiß nicht wohin mit sich? Egal, morgen gehts wieder los. Man muss Programm Programm Programm machen. Schlafen kann man, wenn man tot ist.

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