München - Atlantik: 2000km mit Hund, Rad, Zelt und Anhänger

  • Mini-Sofawolf : Ich finde Vorbereitung und Training komplett überbewertet! Unsere erste 5 Wochen Tour vor 4 Jahren ging zu Fuß mit Zelt etc. über die Alpen und wir haben davor ehrlich gesagt nichts gemacht, also keine Testtouren etc.

    Einfach machen, geht besser als man sich denkt.

    Erst, wenn Lina älter ist. Mit 9-10 Monaten denk ich noch nicht an mehrtägige Touren, wenn, dann eher mit 1,5 oder 2 Jahren =)

    ... und meine Waden schreien auch immer ein wenig nach so ner 12-14 km Tour xD

  • Tag 18 - schlimmer geht es immer


    Der Tag startet etwas später als sonst gegen 09.30 Uhr mit bewölktem Wetter und der Gewissheit, dass es heute noch regnen wird.

    Raus aus Voujeaucourt und immer dem Doubs folgend in Richtung Besancon, gleich zu Beginn geht es ne Runde bergauf, da hätte ich in Nachhinein auch über die Landstraße abkürzen können, ansonsten immer das mehr oder weniger gleiche Bild was sich mir bietet: Wolken, der Doubs, Wiesen, Bäume, kleine Dörfer. Was sich mir wieder überhaupt nicht bietet ist die Option etwas einzukaufen, nicht einmal die Möglichkeit Wasser aufzufüllen, geschweige denn sich wo unterzustellen oder zu übernachten.


    Frankreich ist da wirklich eine grosse Katastrophe! Hatte ich so nicht erwartet und ehrlich gesagt habe ich aktuell auch noch die Hoffnung, dass sich dies noch bessert...


    Es nieselt immer wieder, also Regenjacke an, was, sobald es auch nur minimal bergauf geht oder der Regen endet, ekelhaft ist weil man in dem Ding einfach unangenehm schwitzt. Die Regenhose lasse ich gleich ganz weg, diese auszuziehen ist etwas umständlicher und viel bringen tut sie auch nicht

    Glücklich, dass einige meiner Podcaster wieder aus ihrer Sommerpause zurück sind suchte ich deren Gespräche, hänge gleichzeitig meinen Gedanken hinterher und bringe einen Kilometer nach dem anderen hinter mich.

    Mittagspause gibt es nur eine halbe Stunde, es ist windig und ich möchte weiter kommen.

    Nach einem Blick auf die Wetterprognose erfolgt ein nächster Blick auf booking.com und ich beschließe, dass mir das Risiko auf der Strecke vielleicht keine Unterschlupfmöglichkeit zu finden und das Zelt aufstellen zu müssen, und das in meinem eh schon durchnässten Zustand, zu gross ist, ich heute schon wieder in einer Unterkunft nächtigen werde und dafür heute einfach mal sehr lange und sehr viele Kilometer radeln werde.

    Ziel ist ein Aussenbezirk von Besancon, gegen 19.30 Uhr bin ich auf den letzten Kilometern und jetzt regnet es richtig! Würde ich Unterwäsche tragen wäre ich jetzt bis auf diese nass, so fühlt sich jeder Schritt (ich schiebe mal wieder den Berg hoch) in meinen nassen Socken in nassen Schuhen an wie ein Gang durch das Moor.

    Ich bin nicht in irgendeinem Kaff sondern zwischen Hochhäusern auf der Suche nach dem Hotel, Google Maps macht mich mal wieder wahnsinnig, ich lande auf einem Spielplatz, komme nicht mehr raus und muss umdrehen, komme bei Fussgängerwegen mit dem Anhänger nicht durch und langsam aber sicher friere ich und bin fix und fertig.

    Im Hotel angekommen die Hiobsbotschaft : Ausgebucht. Ja fragt mich nicht, warum ich nicht gebucht habe, hat die letzten Male auch geklappt!

    Ich bin so schockiert, dass ich in den Überlebens - und Organisationsmodus schalte, mich mit Handy bewaffnet hinsetzen und nach einer Alternative suche - und keine finde! Es ist mittlerweile nach 20.00 Uhr, ich bin durchnässt, friere, es ist dunkel und ich stehe mitten zwischen Hochhäusern und es gibt weit und breit kein Hotel, welches noch Platz für mich und Kenai hätte!


    Verzweiflung ist glaube ich das passende Wort für die vorherrschende Stimmung, ich habe keine Ahnung was ich machen soll, in einem Anflug aus Galgenhumor überlege ich, ob ich einfach die ganze Nacht weiterfahren oder mich in den nächsten Hausflur legen soll, verwerfen zum Glück jedoch beide Ideen wieder und fahre den Weg zurück in Richtung EV6.

    Den Fussballplatz schau ich mir noch einmal genauer an, leider keine Option, kurz danach aber wenigstens eine Wiese auf der ich das Zelt aufstellen könnte.

    Fahrrad abgestellt, Umgebung angeschaut, nur nicht stehen bleiben, dann friert es mich gleich wieder, und so grosse Tomatenbeete entdeckt. Wie beschreibe ich das jetzt am sinnvollsten? Also so Beete, welche mit einem Runddach aus leichtem Plastik geschützt sind unter welchem man auch stehen kann.

    Ich beschließe, dass ich das Rad mit Anhänger darunter parken, mir aber trotzdem das Zelt aufbauen werde.


    Rechts von einem überdachten Beet werfe ich das Zelt aus, baue die eine Zeltstange zusammen, welche für die minimale Höhe sorgt, spanne diese von links nach rechts und stelle fest, dass der Eingang auf der falschen Seite ist, packe Stange und Zelt, schwinge alles einmal herum und ditsche dabei an die gespannte Schnur über mir.

    Es folgt ein komplett sinnbefreiter Aufschrei und ein beherzten Hopser nach vorne, besagte Schnur ist ein Stromzaun, viel zu hoch montiert aber mit genauso viel Strom drauf, welcher mal schnell meinen Körper von oben nach unten durchschossen hat.

    Jetzt heulen? Neeeee, jetzt ist dafür auch schon zu spät.

    Zelt auf der anderen Seite, dieses Mal ohne Stromzaun, aufgebaut, schnell alles reingeworfen denn die Vorhersage hat recht, es beginnt zu regnen und es riecht mittlerweile eh alles ein wenig unangenehm, mit 45kg nassem Hund wird das auch nicht besser. Ich ziehe mir gleich die Kleidung für den nächsten Tag an und auf Abendessen wird verzichtet.


    Einziges Highlight an diesem Tag : Wenn mich nicht alles komplett täuscht, dann habe ich die 100km/Tag überschritten

  • Tag 19 - ein paar Kilometer müssen trotzdem gemacht werden


    Um 6.00 Uhr in der früh regnet es noch immer, also schlafe ich weiter bis um 7.00 Uhr, stehe auf, räume alles zusammen und wirklich, es ist nicht schön! Zelt natürlich komplett nass, riecht unangenehm, Evazotematten mehrheitlich nass und riechen ebenso ungut, Kenais Decke nass, Geruch erwähne ich lieber nicht, da er die Nacht auf dem grossen Mikrofasertuch gepennt hat ist auch dieses dreckig, meine Kleidung ebenso nass und müffelnd.


    Gut, dass ich noch im Schlafsack liegend eine Unterkunft gebucht habe. Kommt mir sehr entgegen, dass die nächste Möglichkeit ca. 50 Kilometer entfernt in Dole ist, so bin ich gezwungen, trotz grauenhaftem letzten Tag auch heute wieder einige Kilometer hinter mich zu bringen und mir so das Bett zu verdienen.

    Das nasse Zelt schiebe ich unter das Regenverdeck des Anhängers, ziehe den Regenschutz über meine Packtaschen und die Regenjacke verstaue ich in Griffweite in der Lenkertasche.

    Witzig hier auf dem Weg übrigens, dass jeder Kilometer auf dem Boden angeschrieben ist, heute starten wir bei Kilometer 109 (gestern war der Start bei Kilometer 18, mit dem herumgeeiere zum Hotel und wieder zurück dürften das die 100km gewesen sein) und wie immer sind die ersten ein bis zwei Stunden die Hölle. Gefühlt komme ich nicht voran, bin nicht wirklich wach und meine Oberschenkel protestieren gegen die immer gleich bleiben Bewegungen mit Übersäuerung. Da es natürlich auch kein Frühstück gab und ich keine Zeit für eine Pause vergeuden möchte schiebe ich mir während dem radeln Schokolade und Trockenfrüchte rein, danach geht es ein wenig besser.


    Habe ich eigentlich schon erwähnt, dass ich, seitdem ich in Frankreich bin kaum noch andere Fernradler antreffe? Wie letztes Jahr nach Wien.


    Es ist zum Mäuse melken, wann immer ich die Regenjacke ausziehe nieselt es wieder so stark, dass ich sie wieder anziehe und dann, sobald ich sie anhabe, wird es wieder weniger oder ich muss ein paar wenige Meter nach oben pumpen und schwitze wieder! Egal, auf mich wartet ein Bett und eine Dusche.

    Gegen 14 Uhr kommen wir in der Unterkunft an.


    Mein Bedürfnis :

    × schlafen


    Meine To do Liste :

    × alles ausräumen und aufhängen was nass ist und trocknen muss

    × alles zusammen sammeln was gewaschen werden muss und abgeben

    × duschen, Haare waschen

    × einkaufen (Hundefutter und Menschenkekse sind leer)

    × Schlafsack auspacken und lüften

    × Therm-A-Rest Matte säubern und auslüften

    × Tagesberichte nachschreiben


    Ich bin mittlerweile ein Profi darin Hotelzimmer umzubauen um alles aufzuhängen, Innenarchitekten wären begeistert, die Hotelbesitzer würden mich vermutlich sofort wieder vor die Türe setzen. Auch geh ich nicht alleine unter die Dusche sondern nehme eine der zwei Evazotematten mit, denn auch diese müssen unbedingt mal wieder so richtig gewaschen werden.


    Heute übrigens zum ersten Mal mit der Garmin fenix 5X die Strecke getrackt, super spannend weil natürlich der Weg genau gezeigt wird (bis jetzt habe ich es immer über My Maps gemacht, da kann man aber nicht wirklich die Strecke anpassen wenn sie zwischen dem Start- und dem Endpunkt falsch gezogen wird), ausserdem Geschwindigkeit, Kalorienverbrauch, Herzfrequenz etc. Werde das die nächsten Tage weiterhin damit machen und dabei beobachten, wie lange dann der Akku der Uhr hält.

  • ich hab mich beim lesen gerade gefragt wie die Hotels auf dich und Kenai reagieren. So ganz wie Butterblümchen duftend kommt ihr ja nicht da an. Kannst du den Hänger dann immer irgendwo bei denen parken oder musst du ihn zusammenklappen und ach weiß weiß ich. Ist ja schon auch eine logistische Leistung das erstmal alles ins Zimmer zu bringen. Mach doch mal Fotos von diesen Trockenaktionen im Zimmer! Waschen die Hotels deine Klamotten?


    Ich wünsche dir eine entspannte Nacht und morgen einen Tag ganz ohne Regen!

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!