München - Atlantik: 2000km mit Hund, Rad, Zelt und Anhänger

  • Tag 26 - so habe ich es mir vorgestellt


    Gut, als ich in der früh aufstehe ist es wirklich fröstelig und in der Mittagspause ziehe ich mir erst einmal obenrum drei Lagen an und untenrum die ganz lange Radhose, aber ansonsten ist der heutige Tag genau so, wie ich mir Frankreich und die Loire vorgestellt habe. Wir starten an der Loire und verlassen sie nur selten, ausserdem sehe ich die ersten Schlösser und schieben muss ich genau einmal den Berg hoch.


    Super schön ist auch Blois, als wir ankommen scheint die Sonne und die Stadt hat irgendwie eine gute Ausstrahlung. Es geht weiter in Richtung Amboise, dachte eigentlich, dass ich da erst morgen vorbei kommen werde, aber heute läuft es ziemlich gut, also radel ich einfach weiter, etwas zu lange ehrlich gesagt und so muss ich mein Zelt auf einer Wiese aufschlagen welche nicht irgendwo im Nirgendwo steht sondern eher so mitten im Kaff, trotzdem kommt nur eine Hundebesitzerin vorbei und dass nicht jede Nacht im Zelt an einem perfekten Platz sein kann kenne ich ja schon.

    Hier sind die Häuser wesentlich hochwertiger als auch schon gesehen, vor allem im ländlichen Bereich fühle ich mich nun nicht mehr an Rumänien erinnert. Verwunderlich finde ich es jedoch, dass hier immer alles so ausgestorben und nicht bewohnt aussieht, ein Hinweis auf Leben sind eigentlich immer nur die davor stehenden Autos.


    Und die Franzosen stehen auf Heißluftballons, heute gab es den einen Moment, da konnte ich, wenn ich mich einmal um mich selber gedreht habe, sieben von ihnen in der Luft sehen.


    Kurz nach Orleans bis Amboise, 89 Kilometer

  • Tag 27 - Verlust und Sturz


    Ich bin ja wirklich alles andere als abergläubisch, aber wenige Kilometer, nachdem ich mir gedanklich auf die Schulter geklopft habe weil ich die Tour ohne Sturz überstehen werde, dann doch zu stürzen ist schon irgendwie seltsam. Oder einfach nur doof und blöd gelaufen. Habe während dem radeln beim umdrehen festgestellt, dass die Hundedecke, welche ich in der Mittagspause in der Loire gewaschen habe, war schon wirklich dringend notwendig, sich nicht mehr auf dem Anhänger befindet, dort hatte ich sie zum trocknen draufgebunden. Also links raus aus dem Klickpedal und stehen geblieben, umgedreht und als nächstes geht, warum auch immer, mein Körperschwerpunkt zur rechten Seite wo ich natürlich noch eingeklickt bin und in Zeitlupentempo stürze ich nach rechts. Ich komme zwar nicht aus dem Pedal, habe aber genügend Zeit um meinen Körper zu drehen, die Unterarme nach vorne zu nehmen und so prelle ich mir lediglich minimal die Hüfte und werde nun doch keine Tour haben, bei der ich nicht gestürzt bin.

    Decke ist trotzdem weg, die war aber, trotz immer wieder in der Wäsche gelandet, ziemlich eklig und die letzten Tage pennt Kenai halt auf dem Mikrofasertuch, vielleicht kaufe ich ihm ja noch nen Teppich oder so, vielleicht bietet sich ja etwas an.


    Ansonsten ein relativ unspektakulärer Tag. In der früh regnet es ein wenig, also bleiben wir im Zelt und brechen erst später auf, die Fahrt nach Tours ist eher hässlich, dort dann einmal durch die Stadt was ein wenig mühsam ist, überleben wir aber, obwohl ich bei der Auslegung von "ist das noch grün oder schon rot" schon sehr großzügig bin und wegen der für Anhänger ungeeigneter Radwege öfters mal auf die Straße oder die Busfahrbahn ausweichen muss.

    Nach der Mittagspause ist es wieder sehr windig, Intensität zwischen dem Endgegner und dem Motherfucker Wind, aber eher beim Endgegner, ich bin ja immer froh, wenn wenigstens eine Seite von Bäumen gesäumt ist und den Wind wenigstens minimal abschwächt.


    Zelt bei einem Picknickplatz direkt an der Loire aufgeschlagen, ich glaube, so nahe war ich ihr schlafenderweise noch nie, Suppe mit Croutons und Brot gegessen, es ist windig wie sau, so sehr habe ich das Zelt noch nie gespannt, und Katzenwäsche auch noch mit kaltem Wasser ist schon sehr ungemütlich.


    Amboise bis Rigny-Ussé, 62 Kilometer

  • Oje, wir halten dir die Daumen, dass du die letzten Kilometer jetzt noch gut rum bringst und es dir möglichst leicht fällt mit Wetter und Steigungen und Straßenbedingungen! :gut:

  • Tag 28 - Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft


    Gegenwart : Eigentlich wollte ich ja auf dieser Tour meine Meditationsfähigkeiten ausbauen, 7 Minuten immer in der früh. Gemacht kein einziges Mal. Ich habe in der früh wichtigeres zu tun und wenn ich ganz ehrlich bin, dann bin ich auf jeder meiner Touren so unfassbar im Moment, in der Gegenwart, im hier und jetzt, dafür brauche ich keine angeleitete Meditation.

    Es dauert immer nur wenige Tage und ich höre auf mir unnötige Gedanken zu machen, denn auch wenn ich vor mir einen Steigung sehe, so kann es immer noch sein, dass davor der Weg abbiegt, also warum aufregen oder Sorgen machen? Kein Wasser mehr? Der Schlafplatz für die heutige Nacht? Einfach Augen aufhalten, es hat sich noch immer irgendwas gefunden.

    Auch mein Körper ist ganz im Hier und jetzt, hat sich abgehärtet und mittlerweile schlafe ich in den Nächten schon fast durch, egal wie hart der Untergrund ist. Das rechte Knie meldet sich gelegentlich, meist hält es aber still. Mein Hintern brüllt nicht mehr auf, wenn ich mich auf den Sattel setze, schätze, es hat sich Hornhaut gebildet.


    Vergangenheit : Wie bei jeder vorherigen Tour auch, so beginne ich nach 3 - 3,5 Wochen mich an Situationen, Plätze oder Bilder der Tour zu erinnern, so wie ich mich auch in der Zukunft daran erinnern werde. Es sind mitnichten nur die schönen und einfachen Parts, sondern auch gerne die richtig dunklen Stunden oder Minuten welche ich gemeistert habe, die Absurditäten, von denen ich erzählen und über welche wir lachen werden und die Eindrücke, welche ich nie vergessen werde und welche sich auch nicht auf Bilder bannen lassen.


    Zukunft : Ich gebe es zu, es gibt eine kleine To do Liste auf der ich vermerke, was es nach der Tour zu erledigen gibt, allerdings nur, damit ich damit mein Gehirn nicht zumüllen muss und nichts vergesse.

    Über die grossen Dinge mache ich mir immer mal wieder während der Radlerei Gedanken : Ich muss unbedingt etwas erfinden, ausserdem meine Berichte in einen Blog, Podcast oder Buch verwandeln.

    Selbst zukünftige Abenteuer werden durchdacht. Nächstes Jahr wird erst einmal ein Welpe bei mir einziehen (wieder ein Deutscher Schäferhund, gleicher Zwinger aus dem auch Kenai stammt) was heisst, dass es 2020 ziemlich sicher keine Tour gebe wird, der Kleine muss ja erst einmal die Welt kennen lernen, souverän und entspannt werden und irgendwann beginnen wir dann mit dem Ausdauertraining, denn ein wenig habe ich mich in die Eurovelo Route 7 verguckt, konkret wäre das mit dem Rad von München aus zum Nordkap. Rad ist gut, da kann ich die Belastung für den Hund wunderbar steuern, im Jahr darauf würde dann noch die Alpenüberquerung von München nach Venedig auf der Liste stehen und weiter habe ich noch nicht geplant ?


    Der heutige Tag war relativ unspektakulär, Samur und der Weg dorthin waren sehr schön, helle Steinhäuser, gelegentlich eine Kirche oder ein Schloss, endlich ein richtiges Croissant und mittlerweile ist auch klar, das, was in Deutschland, der Schweiz oder auch in Rumänien die Fussballplätze sind, sind hier die öffentlich Picknickplätze (Sitzgelegenheit, ebenerdig genug für das Zelt, keine Menschen, Mülleimer).

    Ich habe beschlossen, die letzten Nächte im Zelt oder sonstwo zu schlafen, nach 7 Tagen ohne Dusche werde ich in Saint Nazaire dann ja wieder in diesen Genuss kommen und dann lohnt es sich auch so richtig. Trotzdem war ich heute dann doch sehr glücklich darüber, dass ich dank ausreichend Brennpaste und Wasser die Katzenwäsche mal wieder mit warmem Wasser durchführen zu können.


    Rigny-Ussé bis Bessé, 54 Kilometer

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