Wo gehört mein Hund wirklich hin?

  • Hallo liebe Foris,


    Ich brauche euren Rat, eure Meinungen und eure ehrlichen Worte. Ganz ungeschönt. Da ich eine unglaublich schwere Entscheidung treffen muss, die wohl bisher schwerste in meinem Leben.

    Es ist die Frage: Soll ich Shezza ein neues Zuhause suchen?



    Um euch ein Bild zu machen, fasse ich die letzten fünf Jahre zusammen.

    Shezza wurde ende November 2014 auf einem Bauernhof geboren. Ich war zu der Zeit auf der Suche nach einem Border Collie, meiner Traumrasse seit ich vier Jahre alt war. Es musste aber schnell ein Hund her, da ich damals einen Sinn im Leben brauchte, psychisch also nicht gesund. Daher wohl auch die unüberlegte Entscheidung mir einen Mischling vom Bauernhof zu holen, statt einen Züchter aufzusuchen.

    Nun ja, Shezza zog dann mit 11 Wochen an meinem Geburtstag bei mir ein und war sofort Zuhause. Die Zeit danach war echt schön und ich war glücklich wie nie. Allerdings zeigte sich schon früh, eigentlich schon bei der Abholung, dass er ein sehr unsicheres Hundchen war. Leider habe ich ihm auch nicht den Schutz geboten, den er dringend gebraucht hätte, um nicht von anderen Hunden überrannt zu werden. So lernte er sich selbst zu verteidigen.

    Die Jahre vergingen, drei Trainer und zwei Hundeschulen habe ich in der Zeit aufgesucht, das Ergebniss war wie immer. Ein Schritt vorwärts, zwei wieder zurück. Die Beschäftigungen die ich geplant hatte interessierten ihn nicht. All die typischen BC Sportarten fand er doof, so blieben wir beim Frisbee und Bällchen werfen, was ihn natürlich das Hetzen lieben lernte. Er wurde immer Reizanfälliger, Artgenossenagressiv und versuchte immer mehr alles zu Kontrollieren. Alles Üben half nichts, ich schaffte es einfach nicht zu ihm durchzudringen bzw. ihm zu zeigen was ich von ihm will, ihn zu führen um ihm auch den Stress zu nehmen, in dem er zweifellos draussen andauernd war.

    Ich habe also angefangen alles mit Management zu regeln und war eigentlich nur dabei alles zu umgehen, was ihn stresst. All die Probleme konnte ich also händeln, eben durch ständiges Deckeln und Kontrollieren. Er hat nie jemanden verletzt, weder Mensch noch Tier. Von meinen daraus entstandenen Blessuren einmal abgesehen.


    Bis heute.


    Wir sind heute wieder einmal zu einer abgelegenen Wiese gegangen, da wo die letzten drei Jahre nie jemand vorbei gekommen ist, und Shezza durfte seit langem mal wieder frei laufen. Er hat sich in den letzten Wochen wirklich gut gemacht und mein Vertrauen war dadurch soweit vorhanden, dass ich ihn an dem abgelegenen Ort in den Freilauf entlassen habe. Ein gewaltiger Fehler.

    Denn genau heute kam da ein Spaziergänger vorbei, den ich viel zuspät bemerkt habe und Yuna schon davonzischte um den Fremdling zu begrüssen. Der war zum Glück entspannt und freute sich über den jugentlichen Frechdachs. Allerdings schoss Shezza gleich hinterher und griff den Mann an. Mein Schatz war zum Glück gleich da und zog Shezza zur Seite, ich hielt dann die Kleine fest und fing gleich an mich zu entschuldigen und nachzufragen ob ihm etwas passiert ist. Bis auf eine aufgerissene Hose war aber Gott sei Dank alles in Ordnung und der Mann war total entspannt. Es sei eine alte Hose und sonst sei ja nichts passiert. Ich weiss nicht mehr wie oft ich mich versichert habe ob wirklich alles ok sei und wie oft ich mich entschuldigt habe. Der Mann schlenderte dann entspannt davon und ich zitterte nur noch.


    Ich bin so unfassbar dankbar, dass dem Mann nichts passiert ist und er überhaupt nicht böse war. Aber es hat bei mir etwas ausgelöst. Eine Frage die ich mir im letzten Jahr schon öfter gestellt habe. Sollte ich Shezza in Hände geben die ihn verstehen und ihn führen können, die Ahnung von Hunden haben und ihm so auch den Stress nehmen können? Die ihn glücklich machen und erfüllen?


    Denn eines ist klar, so etwas wie heute darf auf keinen Fall passieren! Shezza ist ein absolut toller Hund, Zuhause ein Traum, treu und verschmust. Nur draussen kriege ich ihn nicht gehändelt und die Gefahr, dass er zu einem Wesenstest muss und Maulkorb und Leinenpflicht auferlegt bekommt ist schrecklich. Denn er könnte ganz sicher ein entspannter Hund sein, der aufmerksam ist und Spass am Arbeiten hat. Nur scheine ich das nicht hinzukriegen.


    Ich liebe diesen Hund abgöttisch, er ist nach meiner Mutter und meinem Bruder das Wichtigste in meinem Leben und mein wortwörtlicher Lebensretter.

    Aber bin ich es ihm nicht gerade deshalb schuldig, dass er ein glückliches Leben führen kann? Wo er nicht überall eingeschrenkt und quasi eingesperrt ist, sondern wo mit ihm gearbeitet wird und wo er so geführt wird, dass er entspannt Spazieren gehen kann? Und er vorallem nicht meint jemanden angreifen zu müssen?!


    Ja, ein Trainer war geplant, ende Jahr, wenn die hohen TA Rechnungen bezahlt sind. Aber ich frage mich ganz ehrlich, ob ich der richtige Mensch für ihn bin. Ob ich es wirklich schaffen kann ihm gerecht zu werden. Oder ob ich nicht wirklich überfordert mit ihm bin, sodass ich ihm nie die Sicherheit und Auslastung geben kann die er braucht.

    Einfach weil ich dazu nicht fähig bin, zu unerfahren und die nötige Kraft nicht habe.

    Denn es gibt nichts was ich mehr möchte, als dass Shezza glücklich ist.


    Er wird bald fünf Jahre alt, ist also noch Jung und hat noch soviel Zeit vor sich, die er glücklich verbringen soll und muss!

    Ich hätte nie geglaubt, dass ich jemals darüber nachdenke ihn abzugeben, aber hier geht es nicht um mich, es geht darum was das Richtige für meinen geliebten Hund ist.


    Der ein oder andere kennt sicher auch Beiträge von mir, die die Schwierigkeiten auch aufzeigen, die ich mit Shezza habe.



    Da ich weiss, wie ehrlich die User hier sind, möchte ich also um Meinungen bitten, einfach wie ihr das seht. Ganz ehrlich und direkt.

  • Eine Frage die ich mir im letzten Jahr schon öfter gestellt habe. Sollte ich Shezza in Hände geben die ihn verstehen und ihn führen können, die Ahnung von Hunden haben und ihm so auch den Stress nehmen können? Die ihn glücklich machen und erfüllen?


    Denn er könnte ganz sicher ein entspannter Hund sein, der aufmerksam ist und Spass am Arbeiten hat. Nur scheine ich das nicht hinzukriegen.

    Das Erlebnis heute war richtig mies, das muss man erst mal verdauen. Und ich verstehe gut, dass man dem Hund auch nicht alles nehmen will. Ich hab mit Grisu auch so "sichere Zonen", da darf er mal ohne Leine. 100% Sicherheit hat man nie.


    Glaubst du denn wirklich, dass du jetzt den 6er im Lotto an Neu-Besitzer finden würdest und dein Hund tatsächlich dadurch komplett anders wird? Ich glaube es nicht. Dein Hund ist, wie er ist. Er könnte anders gemanagt werden, vielleicht besser umgelenkt, vielleicht noch einsamer wohnen, vielleicht noch mehr gedeckelt. Wie viele Wunder-Hundehalter kennst du denn? Die immer alles richtig machen, deren Hund ihnen eh jeden Wunsch von den Augen abliest und dennoch "er selbst" sein kann? Der immer perfekt angenommen und geführt wird? Wo der Hund nie irgendwie zurückstecken muss und der Mensch frei von Fehlern ist?


    Einen? Echt? Ich kenn keinen!


    Du tust was du kannst, ein Trainer kann sicher hilfreich sein, um neue Wege zu eröffnen, aber dein Hund wird mit Sicherheit bei den allermeisten Menschen nicht glücklicher sein!


    Ich kann mir für Grisu im Kopf auch Traumzuhause basteln und wünsche mir immer mal wieder, wir könnten noch mal bei Welpe und Null anfangen. Aber das ist in meinem Kopf, im realen Leben nicht so existent und mal eben abrufbar und quasi wartend auf den Hund.

    Ihr kriegt das hin. Dass du jetzt im Moment verzweifelt bist, verstehe ich völlig!! Aber sehr sicher, seid ihr 2 zusammen die beste Option, die ihr beide habt.


    Überleg dir noch mal, woran habt ihr zusammen Spaß, was ist wirklich Einschränkung und wie könnt ihr die minimieren. Und was könnt ihr euch gemeinsam erarbeiten. Woran hat er denn Spaß, was denkst du, fehlt ihm bei dir?


    Wenn du grundsätzlich den Typ Hund nicht magst, ist es was anderes, aber sonst würde ich ganz sicher sagen, das Erlebte sacken lassen, ein wenig neu denken und mit frischem Mut voran.

  • Puh, ich kann nachvollziehen, wie's dir gerade geht. Ich hatte vor kurzem ja extremen Zweithund/Junghundeblues. Ist mit deiner Situation zwar nicht direkt vergleichbar, aber dieses Gefühl der Verzweiflung, dieses "KANN ich das überhaupt?" ... :streichel:

    Ist scheiße, sowas.


    Aber - wie Lucy_Lou schon sagt: du tust, was du kannst. Du tust alles dir mögliche dafür, dass es ihm gut geht, dass er so sein kann, wie er nunmal ist ... und klar, das ist anstrengend. Es nervt. Manchmal möchte man den Hund (oder sich selbst) auch am liebsten an die Wand klatschen, weil man so genervt, sauer, enttäuscht, ... ist.


    Deine Verzweiflung kann ich gut verstehen. Aber überleg auch mal: du weißt, wie Shezza tickt, was ihn triggert usw. Und ihr kommt ja eigentlich auch gut miteinander klar, wenn ich so an deine anderen Beiträge denke.

    Ich persönlich denke - ohne einen von euch beiden zu kennen -, dass er bei dir richtig ist, dass er bei dir glücklich ist. Klar kann man immer etwas besser machen, es gibt bestimmt immer das bessere Zuhause, den besseren Halter, den besseren Menschen ... aber wo will man den finden? Und zu welchem Preis?


    Was mir geholfen hat, als ich darüber nachgedacht habe, Lina abzugeben: einen Inseratstext zu schreiben. Dann setzt man die Idee in die Realität um und der Gedanke ist greifbarer. Ich zumindest konnte mich dadurch (und durch die ganzen Mut machenden Beiträge hier im Forum) besser damit auseinandersetzen, die Sache für mich ausklamüsern und hab dabei gemerkt, dass mir die Kleine doch unheimlich wichtig und "mein" Hund ist. Wenn sie nicht bei mir gelandet wäre, wo dann? Würde es ihr schlechter oder besser gehen? - Weiß ich nicht. Kann ich auch nicht beantworten. Aber was ich - und bestimmt auch du für Shezza! - beantworten kann, ist: ihr gehts hier gut. Und das ist meiner Meinung nach das Wichtigste.


    Schreib dir auch die positiven Dinge auf. Was hat er heute gut gemacht, was magst du generell an ihm? Worüber kannst du bei ihm lachen?


    Schnapp dir erstmal 'nen Tee, lenk dich ab und lass dich von irgendjemandem drücken. Es wird besser und ihr könnt das schaffen. :bussi:

  • Ach, so eine blöde Frage..........


    Bestimmt gibt es kaum einen HH eines verhaltenskreativen Hundes, der sich diese oder eine ähnliche Frage nicht schon gestellt hat oder stellen wird. So ein Vorfall ist immer ein Schock - aber frag dich doch bitte, wem würdest du wirklich deinen Shezza anvertrauen? Es gibt nicht wirklich viele Plätze für "solche" Hunde, so einen zu finden wäre der absolute Glückstreffer.


    Es ist wohl einfacher, an Shezzas Verhaltenskreationen zu arbeiten als einen neuen Platz für ihn zu finden - und dann willst du ihn bestimmt auch nicht so einfach hergeben.

    Ich verstehe deine Verzweiflung darüber wirklich gut, aber es ist trotzdem kein Grund den Kopf hängen zu lassen :klugscheisser:

  • Denn eines ist klar, so etwas wie heute darf auf keinen Fall passieren!

    Aber das ist doch ganz einfach; zieh dem Hund einen Maulkorb an, dann kann so etwas nie mehr passieren!

    Ich würde direkt morgen mit dem Maulkorbtraining, Rückruf und Unterordnung anfangen.

    Einen Hund, der so abgeht, muß man richtig händeln, vor allen Dingen muß er auf dich hören.


    Arbeite mal intensiv mit ihm, das geht zur Not auch ohne Trainer und Mauli drauf.

  • behalt ihn. Egal wo er hinkommen würde alle hätten die gleichen Baustellen mit ihm. Was du aber machen solltest und zwar ganz in Ruhe und nicht von heute auf morgen ist dass du ihn an das tragen eines Maulkorbes gewöhnst damit du dann danach besser mit ihm trainieren kannst.


    Fühl dich mal gedrückt und schlaf ein paar Nächte drüber!

  • Mein erster Gedanke: ist er gesund? Wurde mal die Schilddrüse überprüft?


    Mein zweiter Gedanke: Wo soll er denn hin? Wer sollte ihn besser kennen oder führen als du? Wer ist weniger risikofreudig?


    Ich hab über diese Frage auch schon oft nachgedacht (hier ein Link zum schmökern ;) Muss man sich schämen, wenn man über Abgabe nachdenkt?). Auch nachdem Diego das Tshirt der Joggerin zerrissen hat (die es zum Glück auch mit Fassung getragen hat). Natürlich ist man geschockt wenn einem direkt vor Augen geführt wird, welches Potential der eigene geliebte Hund hat. Aber man gewöhnt sich dran :ka:

  • Maulkorb drauf, sobald ihr das Haus verlasst.

    Und Gehorsam, Gehorsam, Gehorsam..... bis zum Erbrechen.

    Was anderes können andere Leute auch nicht machen......

    Verantwortung heißt, dass man nicht andere seine Fehler ausbügeln lässt......

    Ja ist viel Arbeit..... und Blut, Schweiß und Tränen..... mir wäre mein Hund das wert.

  • Ich bin jetzt mal ganz pragmatisch:


    Willst Du das noch die nächsten 6,7,8 Jahre so weitermachen? Hast Du die Kraft (vor allem psychisch) das noch jahrelang weiter zu managen und noch mehr zu trainieren?


    Wenn ja, dann behalte ihn.


    Du liebst ihn, kannst mit ihm umgehen, Ihr seid zusammen gewachsen. Die Wahrscheinlichkeit ein besseres Zuhause zu finden, erachte ich als sehr gering. Gibts vielleicht wirklich da draußen irgendwo, aber wie realistisch ist es, genau diese Menschen zu finden?


    Kannst Du das nicht, weil es von den Lebensumständen nicht machbar ist, vielleicht sind auch Kinder geplant oder, oder....dann würde ich über eine Abgabe nachdenken. Und ihm das bestmögliche Zuhause suchen, welches zu finden ist.


    Das musst Du ganz allein für Dich im stillen Kämmerlein entscheiden.


    :streichel:

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