Ich habe den perfekten Zweithund aber keinen Ersthund

  • Und die Spielsequenzen sind kurz und auch oft einfach Leckerli werfen und ihn suchen lassen. Er ist ein intelligenter Hund, der recht reizempfänglich ist - daher die Idee, ihn zu fördern, um ihn zu stärken.

    Meist ist es so, dass der Grat zur Überforderung schmal ist. Ich kann da ein Lied von singen. Aufgrund der Vorgeschichte tust Du ganz sicher besser daran weniger zu tun und die Beschäftigung komplett zu streichen. Der Alltag ist wirklich mehr als genug.

  • Wenn der Hund eh schon reizoffen ist, wäre es besser, ihm erstmal beizubringen, wie man ruuuuuhig ist.

    Ich habe hier auch so ein Exemplar, minus böser Vorgeschichte. Habe auch erst den Fehler gemacht, zu viel zu machen, weil "irgendwann muss sie ja mal 'satt'" sein. Hat nicht geklappt. Die Fähigkeit zum Nichtstun musste erst erlernt werden.


    Der normale Alltag ist doch jetzt schon sehr viel für deinen Hund. Indem du ihm zeigst, dass und wie er sich entspannen kann, hilfst du ihm, alles zu "verdauen". Klicker, Tricks etc sind erstmal zweitrangig. Kannst du immer noch machen!

  • Beim Thema reizoffen (hier auch so) war auch mein erster Gedanke Ruuuhe. Der soll das Sofa in und auswendig kennen. Nicht ständig extra stimulieren.


    4 Wochen da und gleich Zyklene gegeben und Adaptil? Du drückst schon voll auf Turbo. Da wusstest du noch nicht einmal, dass es "Problemchen" geben wird. Lass ihn atmen, Futtern und dich beobachten.

  • Du hast keinen perfekten Zweithund.

    Du hast einen Hund der ganz einfach viel mehr Zeit braucht, als du bereit bist ihm zu geben.

    Lass den Hund doch erst mal bei dir ankommen... 4 Wochen sind gar nichts. Das kann Monate dauern, bis dein Hund sich wirklich eingelebt hat.

    Außerdem ist er noch super jung, in ein paar Monaten oder Jahren findet er andere Hunde/Menschen vielleicht völlig überflüssig. Lern deinen Hund doch erst mal richtig kennen, gebt euch beiden deutlich mehr Zeit. Wenn du dann immer noch der Meinung bist, er bräuchte unbedingt einen weiteren Hund, kannst du ja immer noch drüber nachdenken.

  • Ich bin die ersten Wochen mit meinem unsicheren Auslandshund immer die gleiche langweilige Runde um den Block spazieren gegangen. Da er draußen sehr unsicher war und mit Aggression auf sämtliche Reize (Autos, Fahrradfahrer, andere Hunde und Menschen reagierte) war er nach diesen kurzen Runden fix und alle. Mit der Zeit kam er dabei immer besser klar und fuhr nicht mehr bei allem hoch. Nach und nach konnten dann die Runden vergrößert werden. Erst bewußt zu Zeiten, wo ich wußte, dass wenig los ist.

    Hätte ich in diesen ersten Wochen/Monaten ihn noch dazu mit Suchspielen oder Futterbeutel genervt, wäre ein ein absolutes Frack von den Nerven gewesen.

    Alles in Allem hat es ca 1 Jahr gedauert bis er wirklich richtig angekommen ist, mir absolut vertraut und er frei und lustig in der Wohnung spielen kann. Draußen spielen will er auch heute nach 2 Jahren nicht, da ist er immer noch in einem anderen Modus, da ist er ernsthaft, untersucht Duftspuren und könnte stundenlang auf einer Stelle stehen und nur sämtliche Dinge in der Umgebung optisch und mit der Nase aufnehmen. Ich laß ihn, er ist halt so.


    Dein Hund braucht wesentlich mehr Zeit und Ruhe um in unserer Welt anzukommen.

  • Gönne doch bitte deinem Hund Ruhe, Ruhe zum ankommen & zum gesund werden.

    Übe dich in Geduld, dein Hund braucht Zeit!

    Du musst ihn nur dabei unterstützen und nicht fordern, denn auch das hat noch Zeit.


    Ich an deiner Stelle würde den Jetztzustand - Zitat: (er traut sich schon auf die andere Straßenseite auf den dortigen Grünstreifen) schon als Erfolg feiern :gut: es sind die kleinen Schritte die euch zusammenwachsen lassen.

  • Ich bekam meine Hündin (3 Jahre) mit 6 Monaten, sie kannte rein gar nichts und es hat ca. 2 Jahre gedauert bis sie so ziemlich "normal" war, wobei es immer noch Situationen gibt, die es so nicht geben würde, wäre sie in ihren ersten Lebensmonaten richtig aufs Leben vorbereitet worden - und das wird m.E. auch nicht mehr aufzuholen bzw. zu ändern sein.

    Du musst wesentlich mehr Geduld haben.

  • Ich würde einen kranken Hund (Würmer und vor allem ansteckenden Giardien!) akut gar nicht in die Situation bringen, sich mit anderen Hunden beschäftigen zu müssen.


    Zu all den guten Tips die bereits gekommen sind, lasst euch beiden bitte mehr Zeit, würde ich nicht vergessen das er vom Alter her auch schon in der Pubertät stecken kann und das Gefühlschaos, Ängste und Hormone noch zusätzlich zum Abenteuer neues Leben den jungen Mann das Ankommen schwer macht.


    Und was "ankommen" angeht, mein super sozialisierter, nicht traumatisierter oder sonst wie geschädigter Rüde hat auch mehrere Monate gebraucht bis er uns, alle Rituale und so weiter kannte und so selbstsicher wurde, wie es sein Naturell ist, und das sogar trotz sicherem Ersthund an seiner Seite.

  • Also ich finde auch, du erwartest am Anfang sehr viel. Ich schreibe mal von meinem letzten Hund (nicht dem aktuellen), der vor einem guten Jahr verstorben ist.

    Er kam als 8j. Rüde aus einem polnischen Tierheim zu mir. Überraschenderweise hatte er wenig Probleme mit dem Alltag, nur Autofahren, das ging gar nicht. Je nach Fahrtstrecke (Stadtverkehr oder Autobahn) kotzte er mir immer zuverlässig ins Auto. Er stieg willig ins Auto ein, ihm wurde einfach schlecht. Zum Glück musste er bei uns nicht viel Auto fahren und ich nahm ab jetzt immer alte Handtücher, Küchenrollen etc. mit. Er fand auch später das Autofahren noch nicht toll, aber er konnte nach 2-3 Jahren 10 Stunden bis nach Südfrankreich fahren ohne Kotzen. Allerdings hat er bei Bodenwellen oder viel Stop-und-Go immer nochmal gekotzt. Ganz weg ging es nie, aber es wurde signifikant weniger. Wir liebten diesen Hund und akzeptierten ihn so, wie er war.


    Was das Verhalten ggü. anderen Menschen anbelangte, so zeigte er sich genau wie dein Hund. Wir waren uninteressant. Nicht mal im Schlafzimmer wollte er schlafen. Obwohl er nicht ängstlich war und sich von jedem anfassen ließ, hielt er soviel menschliche Nähe dann einfach nicht aus. Er kannte es nicht, der Hund von jemandem zu sein bzw. einen Menschen wirklich als "seinen" Menschen anzusehen.

    Fremde und Besuch wurden übermäßig stürmisch begrüßt, als wären sie verschollen geglaubte Bekannte. Ich erklärte mir das so, dass in den 8 Jahren Tierheim das "Freundlich-sein" zu Fremden überlebends wichtig war, denn nur die netten Hunde bekamen Leckerchen von Besuchern etc.

    Wir waren für ihn irgendwann wie Hauspersonal, aber Besuch war der König. Genau wie du, war ich darüber anfangs sehr enttäuscht. Ich erkannte erst mit der Zeit, dass diese Leute ihm eigentlich gar nichts bedeuteten, sie waren Mittel zum Zweck


    Nach circa 2-3 Jahren änderte sich sein Verhalten. Er schlief stückweise mehr im Schlafzimmer. Er fing an Besuch und Fremde, außer jene, die halt wirklich zur Familie gehörten und immer wieder kamen, zu igonieren. Familie wurde "normal" begrüßt, aber nicht mehr überschwänglich. Umso mehr freute er sich allmählich, wenn wir nach Hause kamen.

    Irgendwann hatte es in seinem kleinen Hirn "klick" gemacht und er hatte verstanden, dass wir alles waren, was er brauchte. Dass er bei uns zuhause war und wir ihn nicht wieder abgeben würden. Ab da war es dann auch nicht mehr nötig, sich bei Fremden einzuschleimen und es stellte sich heraus, dass er darauf sehr gut verzichten konnte. Er war unser Hund geworden und der Rest der Welt war ihm ziemlich gleichgültig.


    Gib deinem Hund Zeit. Er muss erstmal sortieren. Verstehen, was ein richtiges Zuhause ist, Vertrauen fassen etc.

    Er ist noch jung, er wird das lernen. Fühl dich nicht zurückgesetzt, er wird irgendwann erkennen, dass du sein Frauchen bist.

  • Ich glaube das Problem ist einfach das Du Dich zu viel auf den Hund fokussierst. Das ist kein Vorwurf, ich halte das eher für normal. Ich möchte nur das Du den Hund verstehst.


    Mein Hund ist auch so einer der extrem auf Erwartungsdruck reagiert. Dazu reicht es schon etwas im Kopf zu haben, ich hätte gerne …. es gibt so sensible Hunde die das spüren. Damit treibt man sie von sich weg. Es ist ein Lernprozess keine Erwartungen zu haben und unendlich schwer :fear:. Ich hatte den Vorteil eine Ersthündin zu haben, mag sein das Hund das auch geholfen hat, aber viel mehr war sie mir eine Hilfe. Ich hatte einen Hund der meinen "Ehrgeiz" befriedigen konnte, der ängstliche Hund war einfach dabei. Weisst du was ich meine ? Mit Ersthund konnte ich kuscheln, spielen, trainieren - ängstlicher Zweithund war monatelang einfach nur dabei. Er hat auch Hundeleute freudiger begrüsst als mich und wie verrückt gefiddelt. Bei mir war er anfangs nur ruhig und zurückhaltend.

    Jetzt ist er seit einem Jahr Einzelhund und auch da habe ich gemerkt das meine Ansprüche an ihn wieder größer wurden. Anfangs war ICH Zuviel für diesen Hund |). Wieder musste ich lernen mich zurückzunehmen. Jeder Hund ist wie er ist und das ist auch gut so.

    Es gibt so viele kleine Beschäftigungen , wir lieben es z.B. einfach auf einer Wiese zu sitzen und zu kucken. Das große nichts tun bringt mehr Gemeinsamkeit als jegliche Beschäftigung.


    Dein Wuffel hat schon sehr viel gelernt, das klingt richtig toll. Ihr habt ein Hundeleben lang Zeit.

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