Konfusionen - Tierschutzhund als Anfänger?
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Hier will Dir bestimmt auch keiner Deine Kollegin „madig machen.“ Die Hinweise sind gut gemeint. Weil es halt wichtig ist, auf vieles vorbereitet zu sein.
Ich schildere es (im Spoiler, weil elend lang) mal andersherum aus meiner ganz persönlicher Erfahrung heraus: Ich hatte mich vor ein paar Jahren bewusst dafür entschieden, einen nach allgemeiner Einschätzung eher problematischen Hund (ein „echter“ Angsthund) aus dem Tierschutz zu übernehmen.Meine Voraussetzungen dafür, dass ich mir da gute Chancen auf ein Gelingen ausgerechnet habe, waren:
- Ich hatte Erfahrungen mit Angsthunden und konnte einschätzen, was auf mich zukommen kann
- Wir leben in einem frei stehendem Einfamilienhaus am wenig befahrenen Dorfrand mit ruhigen Gassistrecken in unmittelbarer Nähe
- Wir haben einen souveränen und gut erzogenen Ersthund
- Wir hatten die Gelegenheit, uns kennenzulernen und auch die Hunde schonmal zusammen zu führen.
Mein Mann und die Freunde, die als Backup für Notfälle vorgesehen sind, waren bei der Erstbegegnung zwar entsetzt, haben aber eingewilligt mitzuziehen, wenn uch konsequent an der Alltagstauglichkeit arbeite.
Was wir einfach im Vorfeld schon als Möglichkeit erwartet haben:
- Wochen bis Monate Arbeit an der Stubenreinheit - bis dahin gute Putzmittel und viel Humor (es wurden 2 Monate)
- Schwund bei dem einen oder anderem liebgewordenen Möbelstück (es wurden ein paar Bettwäschegarnituren, zwei Kopfkissen, eine kleine Sammlung alter Steiff-Tiere - und damit schätze ich mich überglücklich, bei Bekannten waren es Bett, Couch und zwei alte Schränke und leider auch die Familienkatze )
- Anpassung im Freizeitverhalten mit Hund (ja - Wandern und Einkehren klappt mittlerweile gut, Stadtausflüge weniger, die gibts nur selten zu Trainingszwecken, Urlaube sind begrenzt auf nicht so weit entfernt und in ruhiger Umgebung. Die Alternative wäre massives Training dafür, Reize aushalten zu können, aber bisher war das nicht erforderlich)
- Dauergebell oder Geheule (kam nicht so, sie schlägt aber an wenns klingelt oder jemand ums Haus geht)
- Sich später herausstellende Artgenossenunverträglichkeit (kam nicht so)
- Abwehraggression gegenüber Menschen, auch uns (gab es - eine Phase von etwa 2 Wochen, in der sie mit Drohen und Schnappen durchsetzen wollte, nicht raus zu müssen. Haben wir mit ruhig Aussitzen in den Griff bekommen)
- Sich später formierende Aggression im Umgang mit Ressourcen bzw. Verteidigung des Territoriums (kam nicht so)
- Probleme beim Alleinbleiben mit ggf. erforderlicher Unterbringung in einer Hundepension (kam nicht so)
- Einen Hausgenossen, der keinen, wenig oder nur sehr langsam Bezug zu uns aufbaut und uns deutlich spiegelt, dass er uns für blöd, unberechenbar, beängstigend und allgemein verzichtbar hält. - was einer der Aspekte ist, der bei Überlegungen dazu meiner Ansicht nach viel zu sehr außer acht gelassen wird. Ob man denn nun will oder nicht: Das nagt am Gemüt, oft mehr als ein kaputtes Möbel (war gottseidank nur in der ersten Woche bei mir so, bis ein erster guter Kontakt zu meinem Mann aufgebaut war, dauerte es 3 Monate, ein herzliches Verhältnis kam nach 6 Monaten)
- Dauerangst und Unwohlsein, bei der das Herz innerlich bluter, wenn man zuguckt - und entsprechender Trainingsbedarf (dafür braucht man dann einfach viel Gelassenheit und Akzeptanz, dem Hund hilft es nix, wenn man in Mitleid zerfließt oder hektisch alles Mögliche probiert, um Abhilfe zu schaffen. Und ja - war die ersten zwei Wochen so und auch heute nich gibts Situationen, in denen die Angst aufflammt)
- Abfällige Kommentare aus der Umgebung (ach ja ...)
- Dauerndes „Achtpassen“ und Sichern (dauerte ein paar Monate, mittlerweile sind wir da lockerer)
- Schwerwiegende Erkrankungen, die sich erst später herausstellen (gottseidank nein).
und noch Vieles mehr, würde hier den Rahmen sprengen.
Wie gesagt, es muss keineswegs so kommen. Aber das Geschilderte sind so Klassiker, die bei Hunden einfach kommen können, die nicht für unsere Lebensverhältnisse sozialisiert worden sind und mit denen man einfach rechnen sollte, wenn man sich eine „Überraschungsbox“ holt.
Übrigens: Stand jetzt ist unsere Lilly (bei der es nicht gefunkt hat) ein fröhlicher und zärtlicher kleiner Kobold, in unseren Wohnverhältnissen auch recht pflegeleicht. Mit ein paar Special effects. Wir lieben sie heiß und innig - sie uns auch - und würden sie nie mehr hergeben. Dafür hat sich das Alles gelohnt - dafür muss man aber auch bereit sein, die Rue, Geduld und Toleranz aufzubringen und ein paar schwere Strecken zu meistern.
Überlege Dir einfach, wie viele feste Ansprüche es gibt, die Dein Hausgenosse erfüllen muss oder sollte. Schlag Dir dabei das Thema mit der „Dankbarkeit“ aus dem Kopf, Tiere sind nicht dankbar.
Hunde sind als Gattung zwar darauf gepolt, Bezug zum Menschen herzustellen, aber das kann bei mangelnder oder schlechter Sozialisation tief vergraben sein. Bloß weil ein Hund von der Straße Futter aus der Hand nimmt und dabei freundlich wedelt oder Dir über die Hand leckt, hat er nicht unbedingt Bezug zu Dir - das wird gerne verwechselt. Bindung ist ein Lernprozess, da haben es Tiere leichter, die von klein auf (gute) Erfahrungen mit Menschen machen.
Kannst und möchtest Du das akzeptieren und mit ewaigen Einschränkungen bzw. enttäuschten Erwartungen leben ? Das ist eine gute Voraussetzung
Wichtig ist auch, dass Du bereit bist, Dir Wissen über Erfahrungswelt und Lernverhalten von Hunden zu erarbeiten und Deinen Hund kennen zu lernen.
Und Ruhe, Geduld, Humor, Toleranz und Einfühlungsvermögen im Dreierpack -
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Ich hab für meine Maus 3 Monate geschaut, angefragt und gewartet, wieder angefragt, Hunde getroffen etc.. Wie lange sucht ihr denn schon? Lasst euch Zeit, immerhin lebt der Hund dann sehr viele Jahre bei euch. Das soll doch ein schönes Zusammenleben sein und kein "Ich musste mich jetzt entscheiden"-"Passt nicht zu uns"-Drama.
Ein Hund im Tierheim kann sich übrigens ganz anders benehmen, als wenn er dann eine Familie hat. Das sind ja auch komplett unterschiedliche Lebensweisen, neue Ressourcen, neue Leidenschaften und Ängste. Finde die Idee echt gut, dass euer "Ziel" einfach auf Pflegestelle geht und ihr dort schaut, wies läuft.
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Ich möchte einfach nochmal die Existenz des Risikos betonen, dass ihr euch möglicherweise durch so ein gesehen-und-adoptiert-Prinzip wie bei eurer Auslandsvermittlungsstelle nicht einfach einen knuddeligen Familienhund mit unauffälligem Charakter ins Haus holt, sondern ein handfestes Vollzeitproblem mit immer neuen Überraschungen im Rucksack. Und in diesem Fall ist wirklich nicht zu unterschätzen, wieviel Mühe, teure Trainingsstunden (besonders bei Anfängern!) und Nerven so ein Hund kosten kann - das kann man nicht einfach so nach einer Woche Probezeit abschätzen.
Deine Kollegin meint es sicher gut, aber wenn weder das Tierheim in Ungarn noch die Vermittlungsstelle den Hund länger als ein paar Wochen beobachtet haben, würd ich gar nichts glauben. Unsere hat damals nach ca. einem Monat erst so richtig losgelegt. Da verflog dann nämlich langsam die Unsicherheit.
Es spricht ja grundsätzlich nichts gegen Hunde aus dem TS oder Tierheim, aber gebt euch und eurem zukünftigen Hund die Chance, euch gegenseitig in Ruhe kennenzulernen und die Situation besser einzuschätzen - und am wichtigsten: notfalls die Reißleine ziehen zu können. Solltet ihr nämlich wirklich ein schwieriges Exemplar erwischen, kannst du dir ja denken, wie leicht der dann weiter zu vermitteln ist. Und dann habt ihr ihn an der Backe und werdet ihn nicht los.
Daher auch von mir nochmal der dringende Rat: habt Geduld und seid kritisch bei der weiteren Suche. -
Ich hab für meine Maus 3 Monate geschaut, angefragt und gewartet, wieder angefragt, Hunde getroffen etc.. Wie lange sucht ihr denn schon?
Gedanken machen wir (Tochter vor allem) sich schon lange / ein zwei Jahre. Richtig gucken so ca seit 6 Wochen, also mit Anschreiben, Tierheim, Pflegestelle.
Liebe Grüße und auch dir danke!
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Also mir klingt das schon durchdacht genug, zumindest auf Basis einer persönlichen Vertrauensebene (das hat man ja oft nicht einmal), einen Plan B gibt es auch noch, dann kann es entweder gut gehen, so bleibt es bei Plan A, oder schief gehen, dann halt Plan B.
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Der Hund wurde also vom Vorbesitzer abgegeben - das heißr, er kennt das Leben mit Menschen und in einem Haus/Wohnung?
Warum wurde er denn abgegeben? Weiß man darüber was?
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Ich kenne im Bekanntenkreis alles - Tierschutzhunde die nach ein paar Wochen viel unkomplizierter waren als mein Züchterhund und absolut umweltgefährdende oder jahrelang dauergestresste Hunde die in einem großen Gehege oder als Straßenhund glücklicher gewesen wären als bei einer Familie in der Stadt.
Ungesehen vom Hänger würde ich nur machen wenn:- Ihr sehr ruhig und ländlich wohnt
- Der Hund erst mal gar nichts können muss (Stubenreinheit, fremde Menschen/Hunde ertragen etc) also im Zweifel die nächsten Monate nur aus Haus und Garten und nicht alleine bleiben bestehen könnten
- es jederzeit eine Pflegestelle geben würde die ihn nehmen könnte wenn es nicht klapptMuss der Hund direkt funktionieren, ist dieses Modell nichts für euch.
Je mehr Spiel ihr in eurem Alltag habt für alle Dinge, die schlecht laufen können, desto eher passt ein Direkt-Import zu euch. Phonhaus hat im Spoiler gut aufgelistet, was alles schief gehen kann.
Ihr macht es euch damit schwer, geht ein Risiko ein - noch dazu seid ihr Hundeanfänger. Und das ist sowohl relevant im Bezug auf eure Fähigkeiten (egal wie viel Bücher ihr gelesen habt, Erfahrung fehlt einfach) als auch in Bezug auf die Frage, wie sehr sich euer Leben/euer Alltag durch Hundehaltung ändert.
Je komplizierter der Hund, desto größer eure Einschränkungen.
Es spricht einiges dafür, den ersten Hund bewusst unkompliziert auszuwählen. Das Leben ändert sich genug, auch mit einem einfachen Hund werdet ihr als Anfänger jeden Tag mit Situationen konfrontiert, die ihr noch nie zuvor bewältigt habt.
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Er kann ja auf eine andere Pflegestelle. Nur ist er dann evtl schon am Samstag 'wegadoptiert', und wir finden ihn schon sehr nett. Da wären wir dann wieder bei Hau-Ruck - oder dass es so wirkt.
Seufz. Danke noch mal! Hilft wirklich beim Sortieren.
Liebe Grüße!
Wäre es denn keine Möglichkeit, mit der Organisation (ggf. über Deine Kollegin) Kontakt aufzunehmen, Deine Sorgen als "Anfänger" zu schildern und im Sinne des Hundes darum zu bitten, ihn zuerst auf der Pflegestelle unterzubringen, gleichzeitig aber für Euch zu reservieren (evtl. könntest Du ja anbieten, die Futterkosten zu übernehmen, um zu zeigen, dass Du ernsthaft interessiert bist)? So wäre im Optimalfall eine kompetente Einschätzung möglich, Ihr könntet ihn in Ruhe kennenlernen und wenn es doch nicht passen sollte, bliebe dem Kerlchen zumindest ein unnötiger Umzug erspart.
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Nach einer Woche entscheiden zumüssen , und den Hund dann auf eine andere PS schicken ist unseriös. Was ist denn wenn ihr in 4 Wochen feststellt es passt nicht?
Deine Bekannte kennt den Hund persönlich?
Warum kann er nicht erst auf die andere PS und ihr lernt ihn dort in Ruhe kennen? Das klingt für mich leider eher wie so oft nach Versprechen und im Ernstfall ist die PS dann leider unverhofft abgesprungen ....
Tierheim im Ausland ist leider oft kein Kriterium für passende Aussagen. Und auch die Besitzer geben oft mit falschen Angaben ab (auch in D.)
Kindertest : Kind läuft am Gitter vorbei und Hund dreht nicht hohl -> der ist super für die Familie
Katze in Transportbox gesehen -> kann zu Katzen
Leider ist das nicht selten.
Wir räumen leider seit Jahren hinter solchen Vermittlungen auf.
Das ist doch bei allen Auslandsadoptionen der Fall. Also dass es schiefgehen kann. Ich habe vorhin mit der Kollegin telefoniert, und sie ist ziemlich sicher, dass man sich weitestgehend auf die Aussagen des TH verlassen kann - einfach weil der Verein sonst über kurz oder lang die ZUsammenarbeit nicht mehr so wahnsinnig prickelnd fände.
Er kann ja auf eine andere Pflegestelle. Nur ist er dann evtl schon am Samstag 'wegadoptiert', und wir finden ihn schon sehr nett. Da wären wir dann wieder bei Hau-Ruck - oder dass es so wirkt.
Seufz. Danke noch mal! Hilft wirklich beim Sortieren.
Liebe Grüße!
Ja eben, es kann schief gehen. Ich mache seit vielen Jahren Tierschutz und habe unheimlich viel gesehen. Einen Hund aus dem Ausland, der nach einer Woche zeigt wie er wirklich ist eher selten. Hunde die "Hauptsache schell vermittelt", dafür wie am Fließband.
Daher ja auch meine Frage, was passiert wenn er in 4 Wochen doch nicht passt.
Dieses "sonst ist er Samstag vermittelt" ist moralische Erpressung und spricht leider wieder gegen seriöses Arbeiten. Wenn da jemand ist der gut zu dem Hund passt und gut damit klar kommt, dass man eben nicht weiss was noch kommen kann, warum sollten sie den Hund auf Pflegestelle mit Option auf fest stecken?
Generell finde ich sollten da viele Dinge noch mitspielen. Ich mag Vereine die planlos alles rüber schleppen nicht. Wie sieht es bei denen aus?
Helfen Sie vor Ort?
Haben die Tiere alle Papiere und Untersuchungen?
Was ist wenn ein Hund sehr lange nicht vermittelt wird?
Gibt es Notfall Pflegestellen?
Niemand will dir hier was böses,im Gegenteil Das wären mir alles viel zu viele wenn's und abers. Überlegt euch das wirklich gut.
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Was ist überhaupt Auslandstierschutz?
Warum kommen Transporte? Wo kommen die her?
Sind das alles Hunde, die imHerkunftsland getötet werden, wenn sie über x Tage im Shelter hocken?
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