Veggie, Vegan oder Omnivor - was interessiert Euch daran?

  • @Dakosmitbewohner


    So wie ich das Zustandekommen dieser Debatte und z. B. die Fragen von @zweizylinder und Oleniv erlebt habe, gings dabei darum, dass sich Menschen (wohlwollend) für Motive und Gründe anderer Menschen mit anderen Verhaltensweisen interessieren. Darin einen Sinn zu finden setzt natürlich 2 Dinge voraus:


    - (Aufrichtiges) Interesse am Standpunkt des Fremden

    - Und Wohlwollen


    Ohne Beides wirds dann leider wieder nur ein Haudrauf und der Sinn geht verloren. An sich logisch, oder? Und schade.


    Und ja: Wie sagte ein sehr sehr kluger Mensch vor langer Zeit mal (gerne und oft am Zusammenhang vorbei zitiert: „Es gibt kein richtiges Leben im Falschen“.


    Da wird er wohl Recht gehabt haben. Heißt das, dass es völlig sinnlos ist, im Kleinen was anders zu machen ohne den Anspruch, das Große zu verändern oder „das Richtige“ zu tun? Denke ich nicht. Aber entscheiden muss das jeder für sich.


    Das Nachdenken darüber ist nicht immer bequem und tut weh. Mir zumindest. Vielleicht reagiert mancher deshalb so angesickt? Aber auch daran kann ich nichts ändern. Ich mag nur die Haue dafür nicht kriegen.


    Die Tage, in denen die Möglichkeit zu entscheiden drastisch eingeschränkt wird, werden aller Voraussicht früh genug kommen :( :

    Zitat


    Quelle: Theodor Wiesengrund Adorno - Minima Moralia

  • Und wieso muss ich mir, nur weil ich Veganerin bin, überhaupt anhören, was die breite Masse angeblich tut? Und das direkt vorgeworfen bekommen?


    Ich gehe doch auch nicht ins Büro, sehe, dass 4 Leute Omnis sind, eine eine Pescetarierin (nennst sich aber Vegetarierin) und werfe denen einfach vor, dass sie Kombis und SUVs zur Arbeit fahren, obwohl sie mit dem Rad nur fünf Minuten brauchen würden, dass sie ständig Tierisches essen, fast ausschließlich aus konventioneller Haltung, dass sie den Müll nicht richtig trennen, mehrmals im Jahr Fernreise unternehmen usw usw.

    Und das wären nicht mal unberechtigte Vorwürfe. Da sehe ich ja wenigstens, dass die Leute wirklich so sind.

  • Zu spät zum Editieren:


    Ich bekomme sogar tatsächlich vorgeworfen, dass ich für den Einkauf mit dem Auto fahre. Aber nur von Omnis.

    Ja, das sind 10 km circa pro Weg. Ich könnte mir auch ein Schwerlastfahrrad kaufen und dann die zwei riesigen Kisten im Anhänger und im Rad transportieren. Schaffe ich aber körperlich nicht. Mit den Öffis würde ich 1,5 Stunden oder so pro Weg unterwegs sein, weil ein Biohof natürlich außerhalb liegt. Keine Option. Und zwei schwere Kisten kann ich gar nicht tragen, zum Bus und vom Bus nach Hause. Ach und im Bus würde ich bestimmt angepampt werden, weil meine Einkäufe so viel Platz weg nehmen :D


    Der nächste Laden wäre ein Netto bei mir im Ort. Gleiches Thema. Keine Radwege, zu schwere Einkäufe, zu Fuß zu weit mit den Einkäufen. Außerdem ist es ein Discounter - kommt für mich also alleine aus Menschenliebe nicht infrage. Und es gäbe nicht alles, wenig Bio, wenig Regionales...


    Aber klar. Als Veganerin muss ich natürlich perfekt sein.

  • Ach, was an der Stelle auch interessant ist... weil ich ja geschrieben hatte, dass z.B. Umwelt- und Gesundheitsgründe für mich eher positive Nebeneffekte sind. Wenn es nur um den Umwelteffekt ginge (der mir sehr wichtig ist), würde ich wohl den Konsum tierischer Produkte stark reduzieren, aber nicht konsequent vegan leben. So wie ich jetzt z.B. darauf achte, möglichst verpackungsarm und regional zu kaufen, aber wenn ich mal krass Bock auf Avocado oder Aufschnitt in Plastik verpackt habe, dann kaufe ich es eben mal. Auf Eier oder Käse hingegen könnte ich im Leben nicht so krass Bock haben, dass ich mal eine Ausnahme mache, weil in meinem Kopf (oder eher in meinem Herzen) so fest verankert ist, dass ich das von Grund auf nicht möchte.
    Und zum gesundheitlichen Aspekt: Ich bin kein Mensch, der arg auf seine Gesundheit achtet... klar, ich esse recht gesund, ich bewege mich super viel an der frischen Luft und würde sagen, dass ich im Großen und Ganzen gesund lebe. Aber auf keinen Fall dogmatisch, d.h. ich esse mega gern frittierte Sachen, trinke gern Alkohol, und, wohl am schlimmsten, rauche. :roll: Tja, und genau das geht für viele anscheinend nicht zusammen: Wie oft ich schon hören musste: "Wie kannst du denn als Veganer rauchen?! Das passt ja gar nicht zusammen!! Beim Essen so auf die Gesundheit achten und dann RAUCHEN!! Blablablabla ... !!!!11"

    Ihr glaubt gar nicht, wie sehr mich das nervt. :lol:

  • Momentan kaufen wir noch Hackfleisch, Salami, Leberwurst und so. Ich hoffe, daß sich das bald ändert oder zumindest sehr viel weniger wird. Wäre ich Vegetarier würde ich nicht jagen. Wofür auch? Bin da ganz ehrlich. Ich jage, um gutes Fleisch zu bekommen. Nicht, um Waffen besitzen zu dürfen, oder Trophäen zu sammeln oder was auch immer.

    Klar geht es dabei auch um Bestandsregulierung und Wildschadensverhütung, aber wenn ich mal ganz ehrlich zu mir selbst bin, sind das nicht meine Beweggründe. Es gibt genug andere, die schießen um ihren "Jagdtrieb" zu befriedigen. Solange genug Fleisch in der Tiefkühle ist, überlasse ich das mit dem Schießen gerne den anderen.

    Danke für deine Ehrlichkeit! Viele Jäger wollen sich nicht eingestehen, dass sie das nicht nur für den Bestand machen.

    Die Bestandsregulierung und Wildschadensverhütung ist notwendig und schon eine Legitimation für die Jagd. Von selbst reguliert sich bei uns einfach wenig, weil die natürlichen Feinde fehlen und der Mensch sich in der Natur breit macht. Aber es war nicht der Grund, weshalb ich den Jagdschein gemacht hab.

    Ich habe z.B. neulich einen Rehbock erlegt. Klar hab ich mich drüber gefreut, vor allem, daß er sauber getroffen war. Aber ich hab mir vorher überlegt, ob in meiner Kühltruhe Platz ist. Wäre die voll gewesen, hätte ich ihn nicht geschossen. Die Trophäe wird auch präpariert. Aber ich habe ihn nicht deswegen geschossen. Die Trophäe gehört dazu. Sie nicht ordentlich zu präparieren würde ich als respektlos gegenüber dem Tier empfinden. Klingt komisch, ich weiß.

  • Ich greife das Zitat heraus, ohne dass ich dich Juliaundbalou persönlich meine (! auf keinen Fall), das was ich schreiben mag, lässt sich daran aber gut erkennen:

    Und wieso muss ich mir, nur weil ich Veganerin bin, überhaupt anhören, was die breite Masse angeblich tut? Und das direkt vorgeworfen bekommen?


    Ich gehe doch auch nicht ins Büro, sehe, dass 4 Leute Omnis sind, eine eine Pescetarierin (nennst sich aber Vegetarierin) und werfe denen einfach vor, dass sie Kombis und SUVs zur Arbeit fahren, obwohl sie mit dem Rad nur fünf Minuten brauchen würden, dass sie ständig Tierisches essen, fast ausschließlich aus konventioneller Haltung, dass sie den Müll nicht richtig trennen, mehrmals im Jahr Fernreise unternehmen usw usw.

    Und das wären nicht mal unberechtigte Vorwürfe. Da sehe ich ja wenigstens, dass die Leute wirklich so sind.


    Ich glaube (!) es geht selten weniger um die wirklich geäußerten und direkten Vorwürfe - also das was gesagt wird. Es geht um, das was hier in den Zeilen steht und was nicht gesagt wird:


    Ich mache alle diese Dinge nicht. Ich bin wirklich gut und nachhaltig. Ihr, die ihr Fernreisen macht, SUVs fahrt, Oomnivor lebt und Tiere aus konventioneller Haltung schlachten lasst, um sie zu essen, ihr seid moralisch schlechtere Menschen.


    In meiner moralisch höher stehenden Weisheit, werfe ich euch dieses Verhalten nicht vor, denn ich will nicht missionieren, doch ich weiß (und ihr wisst! das ist wichtig), dass ich der bessere Mensch von uns beiden bin.


    Ja, ich denke dass die meisten Menschen denselben moralischen Kompass haben und dass kaum ein Mensch Tiere unnötig leiden lassen und die Erde frühzeitig zu einem verbrannten, ausgedorrten Planeten machen will. Und ich glaube, dass es vielen Menschen unangenehm ist, ihnen vielleicht auch weh tut, dass sie - aus welchen gesellschaftlichen, persönlichen, ... Gründen auch immer - diesem moralischen Kompass nicht in derselben Weise entsprechen können.


    Und wie das oft so ist, wenn Menschen das Gefühl haben, dass sie unzulänglich sind oder anderen scheinbar unterlegen, dann regt sich Widerstand in ihnen. Und dieser Widerstand führt dann nicht selten zu einem bewusst provokativen Verhalten, um die eigene Position zu festigen und zu verteidigen.


    Das macht das Ergebnis nicht besser oder schlechter, es ist aber zutiefst menschlich.


    Ich würde mir daher wünschen, dass nicht nur die verbalen, die schriftlichen und die direkten Vorwürfe und Missionsberichte wegbleiben würden, sondern dass auch das moralische Erheben der einen Menschen über die anderen, aufhören würde. Dann können wir vielleicht auch einen gemeinsamen Kompromis finden, der alle satt macht und der allen das Gefühl gibt gute Menschen mit guten Absichten und guten Aussichten in der Zukunft zu sein, weil dann jede Entscheidung möglich und in Ordnung ist. Nur in dieser nicht bedrohten oder erzwungenen Position, ist es überhaupt möglich eine ehrliche Entscheidung zu treffen und Menschen die Möglichkeit zu geben sich frei und umfassend und aufgeklärt zu informieren, sodass sie dann die für sie beste Entscheidung treffen können.


    Mhm, nur mal ein anderer Gedanke zur Diskussion über Missionare aller Seiten.


    Und selbstredend gilt das nicht nur für eine Seite dieser Diskussion!

  • Juliaundbalou


    Okay, versteh ich das richtig? Du meinst außerhalb einer Diskussion, im Alltag, wegen einfach so, kritisiert oder belehrt zu werden?


    Das find ich zb auch schräg. Und unnötig.

  • Ich bekomme sogar tatsächlich vorgeworfen, dass ich für den Einkauf mit dem Auto fahre.

    Ich glaube, dass das tieferliegende Gründe hat als nur Vorwürfe. Und zwar glaube ich, dass die Leute damit ihr eigenes Verhalten relativieren wollen. Das merkt man ja schon daran, dass viele Menschen sofort anfängt sich ungefragt zu rechtfertigen. "Bei mir geht das nicht aus den und den Gründen", "Ich kaufe mein Fleisch auch nur beim Metzger", "Ich brauch den SUV aber, weil..", "ich esse auch nur ganz wenig Fleisch"..

    Ich persönlich sage dann gerne, dass mir das alles egal ist und jeder gerne die Güter in Anspruch nehmen darf, die er möchte. Und er darf sie auch gerne dort kaufen, wo er möchte. Das ist mir tatsächlich vollkommen egal. Ich leiste nur MEINEN Beitrag, auf anderen Ebenen bin ich genau so wenig korrekt.


    Ich glaube insofern, dass diese Vorwürfe nicht an dich gerichtet sind sondern der Relativierung des eigenen Gewissens dienen.. "Guck mal, sie ist sonst doch so vorbildlich, aber da macht sie auch was falsch, also ist es gar nicht so schlimm, dass ich nicht so vorbildlich bin.."

  • Das macht das Ergebnis nicht besser oder schlechter, es ist aber zutiefst menschlich.

    Das ist ein interessanter Punkt, finde ich. Entspricht auch ein bißchen dem, was ich eben mit meinem Beitrag meinte. Das Gegenüber geht gewissermaßen in Verteidigungshaltung und sagt: "du doch aber auch.."


    Die Frage ist.. Wie kann man das denn möglichst vermeiden? Ich möchte natürlich nicht mit meinem eigenen Verhalten unbewusst die Moralkeule anderen Menschen gegenüber schwingen. Es kann und muss jeder selbst entscheiden, was er tun kann oder will. Oder ob er überhaupt was tun will. Finde ich dann zwar schade, weil ich denke, dass der momentane Stand unseres Ökosystems ein Handeln notwendig macht und wenn jeder einzelne einen (vielleicht auch nur kleinen) Teil beiträgt, dem Ganzen schon geholfen wäre, aber verlangen will ich das dennoch von niemandem. Auch nicht unbewusst.

  • Oh weh... vom "Gutmenschentum" kann ich ein Lied singen. Ich kenne jemanden, der durch einen neuen Partner in sehr umweltbewusste Kreise geraten ist. Und seitdem passiert so ziemlich das oben genannte. Es nervt. Aber ich versuche es so gut es geht zu ignorieren. Auch wenn's oft schwerfällt. Wenn es um Greta geht kriegen wir uns auch regelmäßig in die Wolle. Dabei finde ich die Ziele echt gut, nur den Hype nicht. Aber sich gegen Greta zu äußern ist politisch inkorrekt, egal um was es einem eigentlich dabei geht :muede:

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