Gewalt im Namen der 'Resozialisierung'

  • Natürlich gibt es Situationen … da muss der Hund durch. Das bleibt nie aus, aber die Frage ist doch lernt der Hund dann etwas ? Lernt er nur auszuhalten ? Geht er in die Hilflosigkeit ? Lernt er das sein Mensch alles regelt ? Das alles nicht so schlimm ist ? Das kommt sicher auf das Problemverhalten an. Mein Hund kann lernen mir zu folgen wenn Kinder in der Nähe sind und lässt sich vorbeiführen. Er lernt sich auf mich zu verlassen - findet er Kinder deshalb nun toll ? Hat er keine Angst mehr ? Ist er nun resozialisiert ? Nö, er ist vielleicht gehorsam, aber das Grundproblem ist immer noch da.


    Tierarzt oder Salon ist doch das gleich. Natürlich muss der Hund da manchmal durch. Aber wieviele Hunde erstarren einfach oder lassen alles über sich ergehen. Das mag bei den meisten Hunden so funktionieren, besser finden sie den Tierarzt dadurch nicht. Im Gegenteil, oft brodelt es. Mein Hund war jahrelang beliebt beim Tierarzt, er war ja so schön brav und erstarrt. Bis dann eines Tages der Deckel hochgegangen ist :muede:. Ups . Wir trainieren fleißig Tierarzt in gesunden Phasen, da lernt er wirklich etwas , aber ohne Zwang werden wir bei diesem Hund nie auskommen.

  • Mit ein Grund warum ich meinen Hund beim Friseur nie alleine lassen würde. Bei keinem mit dem ich nicht auch gut befreundet bin. Weil ich immer ein bisschen das Misstrauen habe, dass der Friseur in seiner gesteckten Zeit fertig werden will /muss und darum eventuell auch mal Grob wird.

    Ich kenne leider einige Hunde die den Friseur zu dem sie gebracht werden ganz grausam finden, sich sonst aber von allen problemlos anfassen und kämmen lassen.

  • Nö, er ist vielleicht gehorsam, aber das Grundproblem ist immer noch da.

    Das stimmt. Und bei vielen Hunden bzw. Problemen wird das Problem sich nie vollständig in Luft auflösen. Meiner Meinung nach wäre vielen Mensch-Hund-Teams sehr geholfen, wenn man das mal ehrlich kommunizieren würde und daraufhin verstärkt an eben diesem Gehorsam gearbeitet werden würde. Aber nein, es wird versucht Monate, teilweise Jahre an Verhaltensproblemen zu schrauben ohne, dass dabei wirkliche Fortschritte zu verzeichnen sind. Zeit, Geld und Nerven sind aber auch endlich.


    Ja, ich finde ein Hund kann auch mal etwas "ertragen" (bspw. den Tierarztbesuch), was er unangenehm findet. Das gehört zum Leben dazu und eigentlich sollte ein soziales Lebewesen über genug Frust- und Stresstoleranz verfügen um auch in so einer Situation nicht direkt an die Decke zu gehen. Fehlt vielen Hunden heute aber oft, weil sie nie auch nur in die Nähe von etwas Unangenehmen gekommen sind und Korrekturen nicht umsetzen können.

  • Zwang ist Gewalt. Immer.

    Aha fertig gedacht wäre zb die Leine dann ein gewaltsames Mittel (auch ohne das ich sie aktiv nutze) ... weil damit zwinge ich passiv den Hund bei mir zu bleiben ...


    Geht irgendwie nicht so auf ... :ka:

  • Zwanglos leben kann ich nur, wenn ich alleine lebe. Selbst da lässt sich aber der "Zwang" der Umwelt nicht ausschließen.


    Regeln sind Zwang.


    Mir wird diese Diskussion um Zwang und Gewalt zu schwarz und weiß.


    Es gehört zum Leben dazu, zu Lernen, mit den Unbilden unserer Welt klarzukommen, bestimmte Zwänge auszuhalten - sogar, diese Zwänge nicht als Zwang zu erleben, sondern auch die Vorteile zu sehen, die durch diesen Zwang bewirkt werden.

    Das legitimisiert wahrlich nicht jeglichen Einsatz von Zwang (und Gewalt), aber nur weil ich gelernt habe, dass ich "durch manche Sachen auch einfach mal durch muss", werde ich doch dadurch nicht zu einem Lebewesen, welches seine Selbstbestimmung aufgegeben hat.


    Was mich völlig irritiert ist die Wahrnehmung von passivem Widerstand als Gewalt.


    Es ist IMMER Zwang, wenn die Anweisungen/Erwartungen/Forderungen meines Gegenübers von mir verneint werden.


    Passiver Widerstand ist gewaltlos, per Definition.

    Sonst wäre Gandhi ein Gewalttäter...


    Dass aversiv arbeitende Trainer in ihrem Training auch durchaus gewaltlose Trainingsmöglichkeiten einsetzen, macht diese Trainer nicht zu gewaltlos arbeitenden Trainern.

    Das sie gewaltlose Elemente NUTZEN, macht diese Elemente aber auch nicht zu Gewalt.


    Mich ärgert bei etlichen Trainern die Augenwischerei, die betrieben wird, und mit der verhindert wird, dass Menschen nicht mehr in der Lage sind, etwas objektiv, im Gesamten, zu betrachten und zu erkennen:


    "Der/die ARBEITET doch auch mit Zuwendung/Lob/Leckerlie/Versöhnung - also arbeitet er/sie doch POSITIV!"


    Nein. Das alleine reicht nicht aus als Indiz für eine gesamt positive Arbeit.

  • Das alleine reicht nicht aus als Indiz für eine gesamt positive Arbeit.

    Und da sind wir bei der nächsten Grundsatzdiskussion, gesamt positive Arbeit kann es in meinen Augen gar nicht geben und ist ein theoretisches Konstrukt, das gern zu Werbezwecken herangezogen wird, weil diese Denkungsweise vom komplikationslosen Zusammenleben auf Basis von Luft und Liebe zur Zeit furchtbar angesagt ist.


    Aber ebenso wie die Definition von "Gewalt" hier weit auseinanderklaffen, sieht es bei "rein positiv" aus.


    Mir geht es wie Hummel, ich finde es bisweilen sehr bedenklich, wie extrem sich die Wahrnehmungen verschoben haben.

  • Zwang ist Gewalt. Immer.

    Aha fertig gedacht wäre zb die Leine dann ein gewaltsames Mittel (auch ohne das ich sie aktiv nutze) ... weil damit zwinge ich passiv den Hund bei mir zu bleiben ...


    Geht irgendwie nicht so auf ... :ka:

    eine Leine an sich sehe ich nicht als Zwang. Erstmal ist sie ja nur einfach das was sie ist: eine Leine. Der Hund kann ja trotzdem freiwillig mit mir kommen. Er kann entscheiden zu laufen oder stehen zu bleiben, vor mir oder hinter mir zu laufen, zu pinkeln, zu schnüffeln, etcpp. Sobald ich allerdings an der Leine ziehe um ihm eine Richtung vorzugeben oder ihn damit an etwas hindere wie z.b. jagen zu gehen, ist es Zwang, ja, natürlich.

  • Fängt ja schon mit der alten positiv= nett= sanft Verwechslung an.

    Aber "operante Konditionierung durch positive verstärkung erwünschten Verhaltens" verkauft sich halt viel schlechter als "rein positiv" "shapen" Klingt so kompliziert.

  • eine Leine an sich sehe ich nicht als Zwang. Erstmal ist sie ja nur einfach das was sie ist: eine Leine. Der Hund kann ja trotzdem freiwillig mit mir kommen. Er kann entscheiden zu laufen oder stehen zu bleiben, vor mir oder hinter mir zu laufen, zu pinkeln, zu schnüffeln, etcpp. Sobald ich allerdings an der Leine ziehe um ihm eine Richtung vorzugeben oder ihn damit an etwas hindere wie z.b. jagen zu gehen, ist es Zwang, ja, natürlich.

    In Anbetracht, dass mein Hund auch an durchhängender Leine ohne jegliche Einwirkung meinerseits an der Leine ziemlich negativ auf andere Hunde reagiert, in absolut gleicher Situation nur ohne Leine aber sehr höflich-freundlich reagiert, stellt sich mir die Frage wie es dann wohl der Hund bewerten würde. Bzw du es bewertest, wenn zwar gerade kein akuter Zwang anliegt, aber ja jederzeit sofort mit Zwang eingewirkt werden kann und das demjenigen auch bewusst ist.

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