Wo her kommt der Welpen Blues ?

  • Wenn ich natürlich den Hund als Hobby und "nur" als Hund sehe, anstatt als Familienmitglied. Wenn ich mich nicht allzu sehr mit seinen Bedürfnissen und Gefühlen auseinandersetze und ich im Hinterkopf habe "Ach, wenn ich genervt bin gebe ich ihn halt ab." - dann sind die Bedenken und so etwas wie Welpenblues natürlich unverständlich bzw. einfach nicht vorhanden.

    Dazwischen gibt es aber auch noch jede Menge.

    L. G.

  • Mich würde mal interessieren, welcher Mediziner den "Welpenblues" kennt. (Parallel gern nach "Babyblues" fragen...)


    Wenn ich einem Psychiater allerdings beschreibe, was hier in manchen Threads steht:


    "Ich hab mittlerweile seit über zwei Wochen nicht mehr geschlafen, bin nur noch am Heulen"

    "Kann schon lange nichts mehr essen, ich weiß einfach nicht weiter! Ich mach mir Vorwürfe, wenn ich ihn ansehe, ich schaffe das nie. Vielleicht sollte ich ihn abgeben, ich kann einfach nicht mehr und heule seit Wochen"


    und so weiter... ich bin mir sicher, dass er für solch eine Reaktion durchaus Namen von Krankheiten hätte. Nur die sind nicht in der Anschaffung eines Welpen begründet.


    Ich find es auch total normal, dass einen ein neuer Hund nerven kann, in den Wahnsinn treibt etc pp - wenn das der "Welpenblues" wäre, würde ich das Wort sogar putzig finden und unterschreiben, dass es das gibt. Mir gehts um diese wirklich krankhaften Auswüchse und das mit "das ist normal, das ist der Welpenblues" zu begründen, wie es OFT passiert - als wäre es eine normale oder zumindest häufig auftretende, medizinische Folge des Welpen (wie beim Baby...) - das ist für mich nicht nachvollziehbar und hilft weder den Betroffenen (die wirklich Hilfe brauchen) noch sonstwem.


  • Ich erlebe das in einigen Punkten genau konträr zu deiner Schilderung. (Und nein, ich will keine Steine schmeißen)


    Perfektion, regelrechte Wettbewerbe, neuester Trend - jupp. Das kenne ich auch.


    Perfektion und Wettbewerb kenn ich aber auch von vor 30 Jahren.

    Wie? Das Kind kann dieses und jenes noch nicht? Also meins konnte das ja schon mit xy Monaten.


    Wie? Das ist mit 12 Monaten noch nicht windelfrei? Also meins war ja schon mit...


    Wie? Das darf entscheiden, ob es die gesamte Portion isst oder nicht und weiß alleine, wann es satt ist? Na da lässte dir aber auf der Nase rumtanzen....


    Usw usw


    Ich glaube, das wird es immer und zu jeder Zeit geben.



    Früher hieß "Strafe" bzw. "Disziplin" - das Kind wird geschlagen. Nicht selten, weil die Eltern oder Lehrer sich nicht anders zu helfen wussten, vielleicht auch einfach mal überfordert waren und keinesfalls über die eigenen Gefühle gesprochen wurde.

    Heute nennt sich das zurecht Missbrauch und Körperverletzung.


    Hunde konnten damals nicht frieren und hatten definitiv keine Gefühle. Leben an der Kette war vollkommen in Ordnung und normal.


    Und warum es so erstrebenswert sein soll, nicht offen über negative Empfindungen und Probleme sprechen oder in diesem Fall schreiben zu können - werde ich wohl nie verstehen. Manche gehen damit ja wirklich um, als sei alles außer stoisch und möglichst gefühlskalt durchs Leben zu gehen das Nonplusultra und ein Zeichen von Stärke.

  • Nur kurz:

    Ich glaube, es gibt so viele Grauzonen zwischen "Ich bin rundum zufrieden und glücklich und normal" und "ich bin völlig verzweifelt und brauche psychatrische Hilfe".


    @Das Rosilein

    Unsere Metadiskussion in allen Ehren, aber wir drehen uns im Kreis. Du kritisierst, dass ich Meinungen kritisiere. Ich "tabuisiere" angeblich, was du anders herum genauso mit meiner Meinung machst. :ka:

  • Wenn ich natürlich den Hund als Hobby und "nur" als Hund sehe, anstatt als Familienmitglied. Wenn ich mich nicht allzu sehr mit seinen Bedürfnissen und Gefühlen auseinandersetze und ich im Hinterkopf habe "Ach, wenn ich genervt bin gebe ich ihn halt ab." - dann sind die Bedenken und so etwas wie Welpenblues natürlich unverständlich bzw. einfach nicht vorhanden.

    Dazwischen gibt es aber auch noch jede Menge.

    L. G.

    Natürlich gibt es dazwischen ganz viele Schattierungen. Was anderes wollte ich gar nicht sagen.

  • Hummel



    Da nachweislich in der Interaktion mit Hunden Oxytocin ausgeschüttet wird, kann ich mir sehr gut vorstellen, dass "Welpenblues" in einer ähnlichen Liga spielt, wie "Babyblues".


    Dass unter anderem das welpige Kindchenschema menschliche Hormone triggert, Bemutterungshormone. Und da immer mal wieder irgendwas unrund läuft oder kurzzeitig einen zu hohen oder niedrigen Spiegel hat.


    Da Hunde in unserer Gesellschaft häufig eher wie Kinder gesehen werden, halt ich es für gut möglich, dass die Biologie da mitmacht und das Babyprogramm abspult.


    Möglicherweise ist die in den letzten Jahren/Jahrzehnten vollzogene Wandlung von quasi Nutztier zu emotionaler Stütze-Tier mit ein Grund, dass einem da alles mögliche hormonell und psychisch einfährt.


    Da ich Welpen und Baby hatte, seh ich da doch große Parallelen. Mir hat es auf jeden Fall erst mal die volle Dröhnung Beschützerhormone reingehaut. Allerdings ohne Anfangstief.

  • Auch wenn ich mich damit vielleicht bei einigen in die Nesseln setze. Ich finde Babyblues und Welpenblues gar nicht so unterschiedlich. Tatsächlich fände ich es interessant, wenn da mal die Hormonlevel der Betroffenen gemessen werden würden Hummel .


    Bei meinen Schutzbefohlenen (egal ob Mensch oder Tier, egal ob biologisch verwandt oder nicht) hab ich beispielsweise einen sehr großen Beschützerinstinkt und stelle meine - auch körperliche Grundbedürfnisse - hintenan. Immer.

    Wenn ich jetzt mal an mein Hundetrio denke: Die ersten Wochen war ich durch. Kaum geschlafen: Ammenschlaf), unregelmäßig gegessen. Angst um die Mutter, Angst um den Welpen, der nicht zunahm. Mir war ziemlich oft zum Heulen.


    Welpenblues würde ich dazu bei mir nicht sagen. Mir war einfach klar, dass das gerade ne anstrengende Phase ist - sowohl körperlich als auch emotional. Und dadurch auch nervlich belastend.


    Mir war aufgrund meiner Erfahrung auch klar, dass das vorübergeht und bald wieder besser ist. Bei Kindern und Ziehkindern hatte ich diese Phase aber auch. (obwohl ich ja nach der Meinung einiger hier nur nach eigener Schwangerschaft so hätte empfinden dürfen?)


    Pathologisieren würde ich da rein gar nichts. Und oftmals hilft es zu hören: Weißte, anderen geht es auch so. Mach dich damit nicht fertig. Wenn es nicht nachlässt, such dir Hilfe.

  • Hm, ich glaube, dass es einfach von unterschiedlichen Faktoren abhängt, ob und wie man einen Welpenblues bekommt und/oder den tatsächlich auch als Welpenblues empfindet.


    Wenn es zB heißt, „Welpenzeit ist so schön, wenn sie auf dem Bauch einschlafen, so nett und interessiert sind, so verkuschelt, verschlafen, so lustig durch die Gegend rennen, klar machen se mal rein, klar machen se mal was kaputt, aber die Welpenzeit ist so schön, mit den kleinen Babys.....“


    freu ich mich ehrlich, wenn jemand so einen Welpen hatte. =)


    Von den bisher aufgezogenen Welpen war genau 1 so lieb. :herzen1:


    Der Rest fand kuscheln so scheiße, dass man anschließend Löcher in den Händen hatte, festhalten und einfach nur in den Arm nehmen - na ja, kämpft man halt ne ganze Weile...., um 1:00 fliegt der Mülleimer durch die Butze, weil Krachmachen so ne Gaudi ist, steht als Zwerg mal nachts um 2:00 aufm Schrank und fand Blumentöpfe runterwerfen klasse, die Gardinen nachts um 4 runterreißen ist doch auch klasse, hat durchgebrüllt, nur weil man mit einem Fuß den Raum verlassen hat, hat sich in allen Räumen an den Möbeln verewigt, fand Schlafen was für Anfänger und Stromkabel aus den Wänden ziehen als neue Lebensaufgabe.

    Nichts wirklich nichts stimmt mit dem „das kleine Baby“-Bild überein, was so gern gezeichnet wird.... :headbash:


    Der letzte Welpe hat mich zwischendurch zT an meine Grenzen gebracht, obwohl ich genau wusste, wie dann den Wahnsinn eindämmen :pfeif: - für meinen Mann, der noch mal nen anderes Kaliber von Welpen kennengelernt hat, war der Knirps noch verhältnismäßig angenehm.
    :ka:


    Ich glaube einfach, dass es zwischen „vorher psychisch angeschlagen“, „Angst die Kontrolle zu verlieren“, „soll sich nicht so anstellen, ist halt nen Welpe“ und „Welpenzeit ist doch soooooo schön“ so unendlich viele Grautöne gibt, die so individuell sind, wie jedes Welpen-Mensch-Team.
    Einfach weil es Individuen sind.
    =)

  • Da ich am Handy bin füge ich hier jetzt keine Zitate ein.


    Doch, ich habe geweint, habe mich mit dem Partner gestritten, hatte Schlafstörungen und war einfach Müde. War bei meinem ersten Welpen nicht anders.

    Was bezeichnet ihr als Dauerzustand? Die Meisten die sich hier im Forum mit dem Problem gemeldet haben, haben es dennoch wieder überwunden. Tatsächlich dann, wenn das kleine Teufelchen ein Junghund wird.

    Solange der Welpe nicht vernachlässigt wird sehe ich da kein gravierendes Problem drin. Das schlechte überwiegt immer, wenn man aber mal alles genau liesst fällt einem auch auf, dass es Zeiten gibt die man geniesst. Bei mir wars das Welt erkunden und wenn die Kleinen geschlafen haben. Beides macht einen grossen Teil aus in der Welpenzeit. Trotzdem habe ich geheult, konnte schlecht schlafen und hatte eine extrem dünne Haut zu der Zeit.


    Wenn man dann reden will weshalb nicht in einem Hundeforum? Gerade weil es lauter Unbekannte sind und man hier auch recht anonym ist. Wo sonst sollte man darüber sprechen?

    Neu und Modeerscheinung sind eben das "Problem". Wer nicht in dem Gebiet arbeitet und sich da nicht gross auskennt (kein Angriff, niemand kennt sich überall gleich gut aus, man kann sich ja gar nicht mit allem tiefgehend beschäftigen), der sieht nur die jetzige Entwicklung.

    Doch, solche Probleme gabs auch früher, man sprach nicht darüber und sicher nicht ausserhalb der Familie. Man hat es nicht ernst genommen, belächelt, mit seltsamen (und auchüüabscheulichen) Methoden behandelt.

    Die Psychologie steckt noch immer in den Kinderschuhen, das Gebiet ist noch so wenig erforscht, kein Wunder also, dass das Ganze für die meisten Menschen neu ist.


    Ist es irgendwo ja auch. Erst heute hat es einen Namen, wird akzeptiert und verstanden. Wird erforscht und versucht zu behandeln.


    "Einen an der Klatsche", mein Fehler. Kommt von ich bin selbst betroffen, ich darf das sagen, dass das blöd ankommt vergesse ich manchmal. Tschuldigung.

    War in diesem Fall nicht abwertend gemeint sondern war so ein selbstironischer Spruch.


    Dass es bei manchen tatsächlich ein Problem ist, wo die betreffende Person sich fachliche Hilfe suchen sollte bestreite ich gar nicht. Es gibt immer welche bei denen es ausartet. Den breitgefächerten Begriff "Welpenblues" dann aber als prinzipiell krankhaft zu bezeichnen, wenns ein paar Wochen zu psychischen und physischen Problemen kommen kann, wenn sich jemand in einer Stresssituation befindet, finde ich aber falsch.


    Man kann es als unnormal bezeichnen, im DF wohl auch sehr gut möglich, dass das DF aber kein Masstab ist wissen wir ja hoffentlich mittlerweile alle. Dass es für einen selbst nicht normal ist, absolut verständlich. Aber von sich auf andere zu schliessen kommt nie gut raus.


    Bzgl. Babyblues. Können auch Männer haben, können auch Adoptiveltern haben, wird in entsprechenden Foren auch drüber geredet. Wie gesagt, jeder reagiert anders in verschiedenen Situationen.

  • Und da finde ich persönlich den großen Denkfehler, diese Stigmatisierung von psychischen Problemen und sozialen Ängsten, auch wenn sie vorübergehend oder lebensphasenbedingt sind.

    Man darf einem Menschen, der stressbedingt entgleist (egal ob durch zu großen äußeren Druck oder zu hoher innerer Instabilität) ja gar nicht raten, sich Hilfe zu suchen, weil das ist ja gleich beleidigend, man unterstellt der jenige sei gestört oder habe einen an der Klatsche.


    Das hat auch nichts mit "kenn ich nicht, gibt es nicht" zu tun. Das ist schlicht ein soziales Tabu. Hat man Krebs, bricht sich ein Bein oder hat eine Grippe, ist es keine Schande wenn einem jemand einen guten Arzt empfiehlt. Kränkelt die Psyche, ist es sofort ein Makel, darüber darf man nicht sprechen und wehe jemand rät da zu ärztlicher Hilfe. Das wird sofort abgewertet und auf's Schärfste verurteilt, wie man so etwas auch nur von einem anderen denken kann.


    Ich finde diese Tabuisierung trägt in weiten Teilen dazu bei, dass sich solche Probleme etablieren. Da klebt man lieber das Etikett "völlig normal" auf solche Auswüchse wie depressive Phasen nach dem Welpenkauf. und mit depressiver Phase meine ich auch depressive Phase und nicht nur mal nen Tag mies drauf sein.

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