Wo her kommt der Welpen Blues ?

  • Sehe ich genauso. Deswegen finde ich es ja so kritisch, wenn man jemandem pauschal eine Erkrankung öffentlich diagnostiziert. Man drückt jemandem sofort einen Stempel auf.

    Soll man jemandem, der vielleicht Hilfe braucht, sagen, es sei alles ok und er kann ruhig so weitermachen, nur weil es "unschicklich" ist, so etwas anzusprechen?


    Wenn jemand sagt, er ist über seinen Hund gefallen und kann den Arm nicht mehr bewegen, sollte man ihn zum Arzt schicken.

    Nichts anderes ist es für mich, wenn jemand sagt er hat seit einer Woche nicht geschlafen vor Stress und kann seit drei Tagen vor Sorge nicht mehr essen.

    Diagnostiziert gehört so etwas immer vom Profi, aber wenn man es schon nicht einmal anmerken darf...


    Mag sein, dass sich der ein oder andere auf den Schlips getreten fühlt, aber ich finde es besser vielleicht jemanden zu beleidigen, als jemand der vielleicht das erste Mal über Symptome einer ernstzunehmenden psychischen Erkrankungen spricht, zu sagen, nö nö ist, schon alles ok, warte nur, wird schon wieder gut. Weil nicht sein kann, was nach gesellschaftlicher Meinung nicht sein darf.

  • Phonhaus Ja, ich weiß dass es da Unterschiede gibt. Organische/körperliche Erkrankungen sind für Menschen greifbar, erklärbar.

    Psychische Erkrankungen dagegen nicht.


    @Rübennase Danke für deinen wundervollen Beitrag. Ich kann ihn ja leider nur einmal liken :bussi:

  • Sehe ich genauso. Deswegen finde ich es ja so kritisch, wenn man jemandem pauschal eine Erkrankung öffentlich diagnostiziert. Man drückt jemandem sofort einen Stempel auf.



    wie oft wird denn hier wegen körperlichen Beschwerden geraten, zum Arzt zu gehen? Das passiert doch ständig..


    jemandem wurde der Finger gequetscht durch einen Hund, Finger kann nicht mehr bewegt werden - Empfehlung zum Arztbesuch

    jemand ist umgeknickt, der Fuß tut weh, schwillt an - Empfehlung zum Arztbesuch

    jemand wird gebissen, hat eine Wunde - Empfehlung zum Arztbesuch


    das ist doch echt gang und gebe.. man muss sich nur mal bei 'mich nervt gerade' umschauen.


    aber wenn jemandem wegen psychischer Probleme geraten wird, einen Arzt aufzusuchen, stempelt man ihn ab.. warum ist das da sowas anderes?


    ich verstehe das einfach nicht..

  • Ich habe hautnah erlebt wie eine ausgeprägte Wochenbettdepression einem das Leben kaputt machen kann wenn man nicht aufpasst, da fehlt mir irgendwie die Vorstellungskraft, dass einem ansonsten gesundem Menschen gleiches widerfährt weil sich ein Hund angeschafft wurde.

    Welpenblues ist für mich ein total schwammiger Begriff als verniedlichte Beschreibung für Leute, die mit einem neuen Hund, egal ob Welpe oder nicht, überfordert sind und ihre Entscheidung der Anschaffung in Zweifel stellen. Hatte ich auch kurzzeitig, aber niemals würde ich das mit Wochenbettdepressionen gleichsetzen oder auch nur vergleichen.

  • Soll man jemandem, der vielleicht Hilfe braucht, sagen, es sei alles ok und er kann ruhig so weitermachen, nur weil es "unschicklich" ist, so etwas anzusprechen?

    Nein. Aber es ist ein Unterschied, ob man schreibt "Du bist nicht der/die erste, der es so geht. Wenn sich das aber auf Dauer nicht ändert, ist es keine Schande, sich Hilfe zu holen." oder "Du bist krank, und den Hund sollte man dir auch wegnehmen, kannst dich ja noch nicht mal um einen Welpen kümmern".


    Und ja, ich finde es macht einen Unterschied, ob man einen gebrochenen Arm oder eine psychische Erkrankung per Forum diagnostiziert. Letzteres ist vmtl. weitaus komplexer als Röntgenbild einstellen -> Arm ist durch.

    EDIT:

    Ich weiß nicht, warum psychische Erkrankungen einer Person negativ ausgelegt werden. Ich weiß nur, dass es so ist. Erlebe ich tagtäglich in meinem Umfeld.

    Ich finde das ist einfach ein sensibles Thema, womit man nicht leichtfertig umgehen sollte.

  • Ich sag doch im Negativen.

    Meine Fresse, wenn man nur zwischen den Zeilen liest

  • Genau das meine ich ja. Den Babyblues gibts und das hat eine medizinische Ursache die 1:1 mit der Geburt verknüpft ist. Deswegen ist das auch eine anerkannte Krankheit. Beim Kauf eines Welpen ist das etwas anderes - es sei denn, man ist eben ggf insgesamt etwas instabil emotional - das wäre aber dann eine andere Krankheit und kein "Welpenblues". Sonst müsste es für einige Dinge im Leben einen medizinisch anerkannten Blues geben...

    Und genau das ist wieder eines der Urteile, die ich nicht nachvollziehen kann und anmaßend finde. Wenn jemand quasi nicht vorweisen kann, dass die eigenen Hormonlevel gerade aus dem Ruder laufen oder was auch immer - Hauptsache Beweise, Belege, wissenschaftliche Studien - und wenn es die noch nicht gibt, na dann kann es das Gefühl/ die Störung/ Krankheit ja nicht geben. Wenn das noch nicht als Störungsbild offiziell gibt, dann werden die Empfindungen des anderen entwertet beziehungsweise schon auf eine emotionale Instabilität geschoben, die aber natürlich schon vorher da war oder Einbildung ist.


    Und anerkannt ist vieles mittlerweile doch nur, weil es eben entsprechende Forschung gab. Depression. Burnout. Wochenbettdepression. Hysterie bei Frauen. Und und und. War doch vorher auch "sollen sich mal nicht so haben" anstelle anerkannter Krankheiten.



    Degurina fasst das sehr schön zusammen, finde ich. Wenn ich jemanden frage: Wie genau sieht es denn bei dir aus? Was genau belastet gerade?

    Okay, schau mal, du bist damit nicht allein. Wie kann man das vielleicht in deinem Fall lösen?

    Versuch mal x und y und wenn das nicht funktioniert, ist es keine Schande sich anderweitig Hilfe zu suchen.


    Ich habe es auch hier im Forum schon erlebt, dass allein solch ein Austausch einigen geholfen hat. Was genau sollte da ein Therapeut ausrichten können, wenn es eigentlich gerade nur an alltäglichen, praktischen Dingen scheitert und Schlaf fehlt?

  • "Du bist nicht der/die erste, der es so geht. Wenn sich das aber auf Dauer nicht ändert, ist es keine Schande, sich Hilfe zu holen." oder "Du bist krank, und den Hund sollte man dir auch wegnehmen, kannst dich ja noch nicht mal um einen Welpen kümmern".

    Das erste schreibt aber niemand.

    Da hört es auf nach dem ersten Satz auf oder man verweist auf einen Hundetrainer.


    Und das zweite habe ich so in der Form auch noch nicht gelesen.


    Man malt hier in der Dikussion lieber wieder schwarz weiß, anstatt sich damit auseinanderzusetzen. Weil es falsch ankommen könnte, sagt man lieber gar nichts.


    Niemand stellt hier eine Diagnose.

    Aber bei körperlichen Beschwerden ist die Aussage "könnte xy sein, geh lieber zum Arzt" seltsamerweise ok, bei psychischen Problemen schlagen alle die Hände über dem Kopf zusammen, wenn jemand das anspricht und geben der betroffenen Person erst recht das Gefühl, dass sie das nicht haben kann und darf.

    Und gerade weil die Diagnose da langwierig und kompliziert ist, sollte man den Weg zum Psychologen nicht scheuen, wenn es Symptome gibt. Man muss nicht warten, bis es fünf vor zwölf ist.

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