Wo her kommt der Welpen Blues ?

  • Als Nala letztes Jahr eingezogen ist, habe ich mich auch die erste Zeit gefragt, was ich eigentlich getan habe.

    Ich habe keine psychischen Probleme, ich habe mich vorher nicht extrem intensiv damit beschäftigt, weil es sehr spontan war und wir bis einen Tag vorher im Urlaub waren. Klar hatte ich Erfahrungen mit Hunden, ich wollte auch schon sehr lange endlich einen eigenen Hund und ich denke ich konnte/kann relativ realistisch einschätzen, was auf mich zukommt, welche Verantwortung ich habe etc.

    Ich hatte vorher einen "Pflegehund" der eigentlich MEIN Hund war. Ich hatte oft die volle Verantwortung für ihn und musste selbstständig Entscheidungen treffen. Zusätzlich kenne ich Verantwortung im Umgang mit Kindern, bin und war zusätzlich zum Hund für mehrere Kinder verantwortlich. Durchaus auch mal für längere Zeit als nur einen Abend.


    Ich glaube bei mir war das große Problem, dass man sich alles so schön vorstellt, aber ein Welpe eben nicht nur niedlich guckt und gekuschelt werden will. Es ging los mit: Wie erziehe ich sie am besten, Was darf sie in der ersten Zeit (Wie lange spazieren gehen, wie viel fressen) Wie oft raus, Wann muss sie raus, Welches Futter soll ich ihr geben,... Alles so Sachen, die gefühlt am Anfang nicht gelaufen sind. Sie hat ständig in die Wohnung gemacht, sie hat ständig gekackt, gepupst, hatte Angst vor allem und sich vor jeden hingeworfen, alle fanden das toll und haben sie angefasst, alle anderen HH dachten, sie tun uns einen Gefallen ihre Hunde zu uns zu lassen, sie musste quasi von Anfang an alleine bleiben, hat natürlich mal gejammert und jeder, wirklich JEDER wusste alles besser, wollte mich belehren usw.
    Zusätzlich hatte eine Freundin von uns ihren Bruder. Wir haben jeden Tag telefoniert, sie war noch überforderter als ich, hat ihn wieder abgegeben nach 4 Wochen. Er war aber ein kleiner Streber. Hat nicht reingemacht, ist ohne Leine gelaufen etc. Ich habe ständig verglichen. Mein Neffe war mit Familie hier, 2 1/2 der ist auch überall noch rumgesprungen, zusätzlich noch eine Prüfung, vor der ich echt Schiss hatte. Die ersten Tage war ich froh, wenn ich nicht zu Hause war und den Stress nicht hatte.


    Im Nachhinein betrachtet, war es wohl einfach ein ungünstiger Zeitpunkt und die Geschichte mit dem Bruder, weil ich mich verlassen hatte, dass wir zB zusammen zur Hundeschule gehen. Aber ich würde es immer wieder machen und ich denke, dass eine gewisse Startzeit in der man unsicher ist oder gestresst ganz normal ist. Ich kann mir durchaus vorstellen, dass es mir ähnlich geht, wenn ich mal ein Kind bekommen sollte.

  • Wenn ich merke, ich komme jetzt schon mit allem nicht klar, so das der Welpe nicht Mal ne Woche da ist.

    Und das mit Essstörungen und co da her kommt, ja dann ist man nicht geeignet für einen Welpen.


    Das ist ja auch selbstzerstörend.


    Wenn man nur leichte Probleme hat, sieht das anders aus

  • Es ist schlicht ein Phänomen der neuesten Neuzeit - vermutlich begann es mit der Popuplarität von Foren und Facebook - da nämlich, wo man plötzlich am Perfektsein gemessen wird - öffentlich.

    Nein. Meine Oma erzählte mir etwas das sich genauso anhört wie ein WB, sie sprach dabei von einem Hund der in den 1950er Jahren angeschafft wurde. Hätte es damals schon solche Foren gegeben hätte man sich sicher auch mal darüber ausgetauscht. Und nur weil das Thema erst seit einigen Jahren im DF besprochen wird heißt es nicht das es vorher nicht existent war. Das DF ist nicht der Nabel der Welt.


    Der letzte Satz ist jetzt nicht explizit auf Hummel bezogen.


    Es ist absolut erschreckend wie anmaßend hier über die gesundheitliche Verfassung Dritter geurteilt wird.

  • Das möchte ich 10 x liken.



    Ich finde es fast schon anmaßend, den Kauf eines Haustiers mit der Hormonlage und den psychischen Effekten nach der Geburt eines Kindes zu vergleichen.

  • Ich bin fest überzeugt, dass es den Welpenblues schon immer gab.

    Das glaube ich für meinen Teil nicht. Ich denke, das kam auch mit der veränderten Beimessung von "Wert des Tieres" auf. Ich kenne auch noch Regionen und Zeiten, da blieben die großen Hunde draußen. Katzen mit ins Haus? Um Gottes Willen. Tier ist krank? Tja, entweder wird es wieder oder.... kurzer Prozess halt.


    Die emotionale Verbindung und das Verantwortungsgefühl waren tendenziell ganz anders.



    Erlebe ich heute auch noch teilweise so.



    Das Tier ist ja Familienmitglied. Also außer.... es ist krank oder aus einem anderem Grund nervig. Dann hat sich das ganz schnell mit dem Familienmitglied. Dann ist es doch nur wieder ein austauschbares Haustier.


    Und Menschen, die Welpenblues haben - die haben den ja nicht aus DEM einen Grund. Bei manchen ist es Erschöpfung (weil der Schlaf unterbrochen ist). Bei anderen sind es Hormone - die durchaus durch reinen Blickkontakt ausgeschüttet werden können (dafür braucht es weder eine Schwangerschaft noch biologische Verwandschaft). Bei anderen vielleicht Zweifel.


    Das direkt zu pathologisieren finde ich unsinnig. Es ist eben eine Umstellung.

    Frischgebackene Mütter und Väter, die sich am liebsten heulend im Bett verkriechen würden, weil die Praxis dann doch anders ist und sie sich gerade überfordert fühlen - sollten die sich auch mal zusammenreißen und sind psychisch betrachtet Weicheier? Oder bräuchten sie einfach mal ne Runde Verständnis und das Wissen, dass sie keine Versager sind und es vielen so geht?

  • corrier: wenn man schon Beiträge wörtlich nimmt, sollte man sich selbst auch wörtlich nehmen. Hier hat niemand geschrieben, dass die Welpenblues-TEs das gleiche empfinden wie Frauen nach einer Geburt empfinden können.

    Es wurde u.a. Über die Herkunft des Wortes gesprochen, die offensichtlich daher abstammt.

    Und ein "Vergleich" ist eben ein Vergleich. Mit offenem Ergebnis. Das heißt nicht automatisch, dass etwas gleich ist, sondern dass man auf Gleichheit prüft. Und das empfinde ich bei der Wortherkunft alles andere als anmaßend.

  • Allerdings finde ich einige Aussagen hier fast schon unverschämt. Nur weil sich jemand das Leben mit dem Hund anders vorgestellt und dann Schwierigkeiten hat kann man demjenigen nicht unterstellen er hätte psychische Probleme.

    Also generell, so schnell werden aus Schwächen oder gesellschaftlichen Veränderungen der Lebensweisen keine psychischen Probleme. Auch dann nicht, wenn man die Schwächen benennt (aber sie zu benennen ist bereits Teil des Problems ... Exemplarisch versuche ich das herauszuarbeiten, ohne irgend wen zu kritisieren, nur beobachten und benennen ... )


    ob man diagnostizierte psychische Probleme hat

    Sinkende Resilienzen, oder wie Helfstyna schrieb: "Steigende psychische Labilität und schwindende Frustrationstoleranz" als Ursache für eine gewisse Empfänglichkeit für einen Welpenblues zu vermuten, macht aus (vom Welpenblues) Betroffenen noch lange niemanden mit psychischen Problemen. Bis hin zu handfesten psychischen Problemen gibt es noch verdammt breite Schwelle voller Normalität und Grauzonen.


    Z.B., finde ich es verkehrt, den Welpenblues gleich mit Depressionen oder bspw. Erschöpfungsdepressionen gleich zu setzen, für mich, selbst im Vergleich, ein wenig zu hoch gegriffen. Menschen, die dem Welpenblues anheim fallen sind für mich nicht psychisch krank.

    Ich finde es gerade erschreckend, wie hier darüber geurteilt wird.

    Wer urteilt denn? Sich Gedanken darüber zu machen, sie nieder zu schreiben, irgendwo die Ursache zu verorten, ist schon ein Urteil (im eigentlichen Sinne)? Persönlich habe ich nirgends gelesen, dass jemand deswegen verurteilt wurde.


    Nur theoretisiert ... um etwas zu verdeutlichen, ohne geurteilt bzw. verurteilt zu haben:

    Ähnlich, wie es bei Depression ist. Depression kann sehr viele Facetten haben und unter anderem durch soziale Medien und online Austausch hat sich dieses Tabu-Thema zum öffentlichen Diskurs entwickelt. Hat sich das Bild davon verändert.

    Aber Du sprichst doch von Urteilen und Du urteilst doch, oder nicht? (Wenn ich mich irre, erkläre es mir bitte). Meine damit, Du urteilst über die Feststellung anderer. Andere verorten das Problem als gesellschaftliche Entwicklung (als eine Folge unserer Lebensweisen). Punkt. Das ist nur eine Feststellung, eine Meinung. Nichts, worüber man sich erschrecken oder gar entsetzen sollte. Das Urteil, ob man so eine Meinung öffentlich diskutieren darf, wird quasi Deinerseits mit einem Urteil, einem Tabu per Bewertung der Aussagen von anderen geliefert. :ka:


    So macht man ein Tabu-Thema draus. Weil Du das Wort "Depression" angeregt hast, greife ich das Wort auf (als Platzhalter, als Vergleich ... ohne mich auf irgendwen oder was ... ist klar?) und sage: "Man darf eine Depression haben. Man darf sagen, dass man eine hätte. Aber niemand anderer darf formulieren, dass jemand eine Depression haben könnte" (Und erst recht dürfte man nicht darüber nachdenken, wie so etwa zustande kommen könnte).


    In dem Moment, wo es jemand zur Sprache bringen würde, ginge die Urteilerei los. Nicht über den Begriff "Depression" (und alles was damit verbunden wird), sondern dass es jemand als potentielle Ursache benannt hat. Damit verurteilt man sich eigentlich selbst. Ein typisches: Darf man nicht sagen, es sei denn, man wäre selbst betroffen. Wie in Gottes Namen soll sich hieraus ein öffentlicher Diskurs entwickeln? Nur unter seinesgleichen, aber nicht mit anderen.


    Bei manchen Beiträgen kommt man echt nicht aus dem Kopfschütteln heraus.


    Ich weiß grad nicht, wie ich das schöner/netter formulieren soll:

    Ich sehe hier zwei gegensätzliche "Gruppen". Die einen, die sowas nie erlebt haben und von einer Verweichlichung der Menschen und psychischen Problemen schreiben, und die anderen, die Verständnis für was auch immer das ist haben und es teilweise auch schon selbst erlebt haben.


    Wie soll man da auf einen Nenner kommen oder wenigstens sowas wie Verständnis erhoffen?

    Mit einem offenen Diskurs? In dem die "eine Seite" der "anderen Seite" gestattet, darüber nachzudenken und sich hierzu zu äussern? Ohne dass einer Seite direkt unterstellt wird, geurteilt zu haben, statt einfach nur festgestellt?


    Das ist doch genau das, was ich in meinem ersten Beitrag schon kurz angesprochen hatte und hier im Beitrag versucht habe, noch einmal herauszuarbeiten. Man fühlt sich (oder andere) schon kritisiert, verurteilt, niedergemacht, mit Verständnislosigkeit belegt, in dem Moment, wo jemand etwas zu den möglichen Ursachen zur Sprache bringt (genau so, wie in den Erziehungs-Problem-Threads). Das Aussprechen als solches wird schon als Urteil und/oder persönliche Kritik (an irgendwem) gewertet. Dann äussert man sein Erschrecken/Entsetzen darüber, unterstellt, andere würden dies, jenes urteilen ... und zupp, :mute: erreicht man das, was man, so der Tenor hier im Thread, gar nicht erreichen wollte. Und dennoch beginnt man bereits jetzt damit, andere Meinungen lieber gleich auszusperren ... (und ja, das ist eine Entwicklung, die ich mit Sorge seit einiger Zeit zur Kenntnis nehme. Und nein, das macht aus anderen Menschen keine psychisch Kranken).


    Das werde ich z.B. niemals nachvollziehen können ... Wie kann man etwas öffentlich diskutieren wollen, wenn man das doch eigentlich gar nicht will und direkt auf eine persönliche Ebene hebt, sich in Meinungsgruppen aufteilt und Fronten bildet? Wie soll das funktionieren? Gar nicht, oder?


    Habe jetzt einige Vermutungen/Thesen gelesen (und selbst eine verfasst), aber keine Verurteilung gelesen (und keine verfasst). Also bis auf die diffusen Vorwürfe in die den Raum: "was man hier liest-Unterstellungen" :ka:


    Habe ich etwas überlesen? Vll. kann mir jemand die erschreckenden Urteile von anderen zitieren?

  • Jein, Elbenwald..... Grade in Jahren nach dem II WK schwieg man so derartiges lieber tot als darüber zu reden. Zum einen waren da die Kriegs- und Nachkriegserlebnisse, zum anderen ging man mit seelischen Problemen und dergleichen nicht so offen um. Entweder gab es die LmaAPille vom Doc oder man wanderte in die Psychiatrie.


    Leider, meine Oma hat genau das die Gesundheit gekostet.

  • Ist es wirklich so schwer zu verstehen, dass Diagnosen per Forum an Menschen schwierig bis unmöglich ist?

    Ist es so schwierig vorstellbar, dass ein Haustier bei jedem Menschen zwar oft ähnliche, aber trotzdem individuelle Gefühle hervorruft und auch einen unterschiedlichen Stellenwert hat?

    Muss man denn alle über einen Kamm scheren?


    Ja, ich weiß nicht, warum mich das so aufregt und emotional berührt. Es erinnert mich jedenfalls daran, so wenig Angriffsfläche wie möglich im Internet zu bieten und so wenig wie möglich von mir Preis zu geben.

  • Ist es wirklich so schwer zu verstehen, dass Diagnosen per Forum an Menschen schwierig bis unmöglich ist?

    Welche Diagnosen denn? Wer wird mit was diagnostiziert?

    Was ist denn eine Diagnose?


    Ja, ich weiß nicht, warum mich das so aufregt und emotional berührt.

    Du bist doch gar nicht als Person Thema, sondern ein modernes Phänomen.


    Es erinnert mich jedenfalls daran, so wenig Angriffsfläche wie möglich im Internet zu bieten und so wenig wie möglich von mir Preis zu geben.

    Genau das ist mein Kernpunkt. Man kann nahezu über nichts mehr offen diskutieren, irgendwer fühlt sich immer (durch irgend etwas) persönlich angegriffen.

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