Hund geht draußen kaum, dreht aber zu Hause durch.

  • Zitat

    Er lässt sich draußen nicht bespaßen, aber er nimmt dort auch kein Leckerli.

    Kein Leckerli nehmen ist bei einem Hund, der sonst für Futter zu haben ist, ein sehr guter Indikator für Reizflash und Alles zuviel.


    Die Stufe vor kein Futter mehr nehmen und Stress schon fast an Anschlag, ist häufig immer hektischer fressen.


    Aber so als Faustregel: Frisst Hund nicht, kommt er mit der Situation grad nicht klar, ist zu abgelenkt, zu drüber, zu gestresst, hat Angst, jedenfalls ist sein System grad so beschäftigt, dass Fressen nicht geht.

  • Danke für den Input. Wir haben in der Zwischenzeit viel erreicht und das Durchdrehen ist Geschichte.


    Zuerst nochmals: Es war ein kleines ungarisches vereinsmäßíg geführtes Tierheim, das normalerweise regional vermittelt. Wenige Hunde und viel Freiwillige, die sich mit den Hunden beschäftigen. In der ersten Beschreibung war noch zu lesen, dass unser Kleiner Angst vor Menschen hat, aber als wir ihn geholt haben ging er auf Menschen zu, was meiner Meinung davon zeugt, dass Menschen sich mit ihm beschäftigt haben.


    Draußen sitzt er nun weniger und wir kommen schon aus der Siedlung raus, wenn bloß einer von uns mit ihm geht. Sobald wir zu zweit sind, geht er ohne Anstand mit und auch längere Runden sind möglich. Heute war ich zwar alleine mit ihm, da meine Partnerin arbeitet, aber wir haben zwei Hunde getroffen, die eine längere Runde durch den verschneiten Wald gingen. Das war Anreiz genug mitzukommen und wir waren dann zwei Stunden draußen. Von langsamen Schnuppern bis zum Laufen durch Pulverschnee war alles dabei (gut dass Herrchen einigermaßen fit ist :-D).


    Wir haben einen Krampuslauf besucht um zu sehen wie er reagiert und um ihn an hektisches Umfeld zu gewöhnen. Wir parkten ca. 300m entfernt und gingen erst einmal eine Runde. Dann gingen wir langsam in die Richtung der Veranstaltung und hatten ihn immer im Auge, ob er umkehren möchte, aber er ging weiter und wurde dann selbst neugierig. Einzig am Schluss gab es ein Feuerwerk. Zwar keine Panik, aber er wollte gehen, was wir auch sofort taten. Weihnachtsmarkterprobt ist er auch schon. Anfangs zögerlich und dann bemerkte er, dass es da viele Hundebegegnungen gab und die Scheu war vorbei. Weitere Besuche stehen noch an.


    Wir können auch schon zwei bis drei Stunden alleine daheim bleiben. Viel mehr wird es nicht werden, da wir beide Wechselnde Arbeitszeiten haben und immer jemand zu Hause ist. Sollte es doch mal die gleiche Schicht sein, haben wir einen Hundesitter. Begonnen haben wir mit wenigen Minuten um schnell einmal was aus dem Keller zu holen und uns gesteigert.


    Mit der Leine haben wir geübt. Bei Fuß geht er noch nicht, aber er zieht nicht mehr. Manchmal ein bisschen Zug und er merkt, dass das weit genug ist. Wenn er ziehen wollte, ging ich dann immer in eine andere Richtung und wir gingen Seilziehen. Hat wie es aussieht gefruchtet. Von der Leine lassen ist uns noch zu gefährlich, da er oft hochkonzentriert eine Spur verfolgt und dann auf nichts mehr reagiert. Das wollen wir aber in unserem umzäunten Garten üben, sobald wird dort wieder vernünftig hin können. Wir haben zwar zu Hause Schnee, aber der Garten liegt 200 Meter tiefer und da ist alles nur eine Schlammpiste.


    Zu Hause wird aber nach wie vor getobt, aber kontrolliert. Wenn er zu springen beginnt spielen wir gerne mit ihm und da kommen die Kommandos wie Sitz und Platz wieder ganz hervorragend zum Einsatz. Wenn Herrchen oder Frauchen schneller ist und das Spielzeug erobert, bekommt er es erst nach Ausführung vom Kommando zurück. Das geht ganz schnell und wir sehen, dass er noch voll unter Kontrolle ist und weiß was er tut. Wenns nicht mehr funktioniert, wird er erstmal beruhigt und dann geht es auch wieder.


    Ansonsten haben wir nur noch kleinere Baustellen, wie dass jeder Fleckerlteppich "getötet" werden muss, oder das Essen verschmieren auf der Couch, aber das ist halb so wild.

  • Ich möchte euch nun den Ausgang aus dieser Geschichte erzählen. Wir kamen zwar immer weiter raus aus der Siedlung und das Durchdrehen wurde weniger. Dies erwies sich jedoch als Sackgasse, wo wir nicht mehr weiterkamen.


    Trotz Hundetrainer und viel viel Arbeit kamen wir zwar immer weiter weg aus der Siedlung, aber an der grundsätzlichen Unsicherheit änderte sich nichts. Wir lernten nur Weg kennen. Wir hatten uns zwar eine ca. 3 km lange Gassi-Runde aufgebaut, wo wir aber keine 5 Meter abweichen durften. Er ging sie zwar mit aber eher abwesend. Kein Schnuppern und kaum Interesse an der Umgebung. Bozont lernte seine Grundkommandos schnell und schien sehr schlau zu sein. Er lernte auch durch Zusehen Schränke mit normaler Türe und mit Schiebetüre zu öffnen. Auch Schubladen kann er öffnen. In der Langeweile und aus Neugierde räumte er alles aus. Zusätzlich lernte er selbst Stühle und den Couchtisch als Kletterhilfe zu nehmen, so dass fast gar nichts mehr sicher war. Draußen liefen wir apathisch unsere Standard-Gassi-Runde.


    In Absprache mit dem Hundetrainer machten wir weitere Versuche mit anderen Hunden. Teilweise Leihhunde der Verwandten und auch verabredete Spaziergänge mit Leuten, die ebenfalls einen Hund haben. Es ergab sich, dass er zwar leichter mit zwei oder mehr Menschen geht, aber das was ihm Sicherheit gibt ist ein anderer Hund. Dann schnupperte er auch, tobte herum, hörte nach Geräuschen und beobachtete, was rundherum vorging. Nach so einem Hundespaziergang war er um einiges ausgeglichener.


    Mitte Februar entschlossen wir uns, dass wir einen zweiten Hund anschaffen. Wieder aus dem selben Tierheim. Zserbo, eine Dackel-Spaniel-Hündin kam Anfang März mit 4,5 Monaten zu uns. Beim wählen seiner Partnerin war natürlich auch Bozont dabei. Es brauchte keine lange Eingewöhnungsphase und schon am zweiten Tag lief alles ganz ok. Bozont machte eine 180 Grad-Wandlung. Vom ersten Spaziergang an war er voll dabei. Er schnupperte, tobte und war damit auch einigermaßen auszulasten. Auch unbekanntes Terrain ist nun komplett unproblematisch. Vom ersten Tag an ließen seine dummen Einfälle alles auszuräumen und zu entdecken um 90% nach. Wir richten unsere zwar Spaziergänge nach Zserbo mit ihren 5 Monaten. Daneben spielen die Hunde auch zu Hause und Bozont bekommt noch Extra-Beschäftigung und es funktioniert alles wunderbar und er ist ein sehr guter Hund.


    Jetzt macht es auch Sinn, warum wir mit Weihnachtsmärkten, Krampusläufen und anderen Veranstaltungen kein Problem hatten. Dort waren Hunde und er war sich sicher.

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