Warum ist es so schwierig, dass Tierschutz und Hundezucht friedlich koexistieren?

  • ...und was den "Angsthund" angeht, glaube ich, das ist oft einfach die Entsprechung zum wahnsinnig schwierigen "Problempferd" - eine Umschreibung für etwas, das eben nur die Besitzerin unter enormem Engagement gehandelt bekommt, mit dem der Rest der Welt aber wahnsinnig überfordert wäre. Die Besitzer echter Angsthunde haben, glaube ich, draußen andere Prioritäten als Smalltalk.

  • Also nur mal so ... ich bekomme in der Praxis ständig „Angsthunde“ präsentiert. Ich sag mal so .... 50 Prozent dieser Hunde hätten kein Problem, wenn Mutti nicht wie eine Überglucke über dem Hund hängen und ihn permanent zutexten würde, 40 Prozent haben ebenfalls kein Problem sondern benötigten nur mal ein wenig Erziehung und 10 Prozent haben das Wort Angsthund tatsächlich verdient.


    Ich habe das Gefühl das Wort Angsthund wird einfach total inflationär benutzt. Praktisch jeder Auslandshund ist automatisch Angsthund. Geschlagen, auf der Straße rumgerannt oder aus der Tötung. Wenn man dann mal genauer nachfragt weiß dann aber kaum einer wirklich was zur Vorgeschichte. Aber alle sind sich immer ganz sicher, dass der Hund ja gerade nur so noch dem Tod von der Schippe gesprungen ist. Ich muss mir da ehrlich gesagt schon mal öfter einen Kommentar verkneifen, wenn der kleine 8 Monate alte Wuschelkopf auf meinem Tisch steht ...



    Zurück zum Thema ... was Menschen unter Angsthund verstehen unterliegt einem sehr großen Interpretstionsspielraum.

  • Ich bin durch die Begegnungen mit Tierschutzhunden und ihren Haltern erst auf die Idee gekommen, mir auch einen zu holen.

    Bei mir waren das ausnahmslos sehr positive Kontakte, die Hunde immer sehr verträglich, die Besitzer sehr nett....

    Immer wieder habe ich gedacht: "Den Hund würdest du auch sofort nehmen!"

    Ich habe mich viel mit den Haltern über ihre Erfahrungen mit den entsprechenden Organisationen unterhalten, über die Gesundheit der Hunde mich informiert, Erziehungsprobleme etc.

    Vielleicht wohne ich ja auf einem anderen Planeten, aber hier sind das immer sehr nette Begegnungen und Gespräche. Mit einigen dieser Halter bin ich inzwischen befreundet.

    Und ich bin sehr froh, das "Wagnis" Tierschutzhund eingegangen zu haben.

  • Ich habe jetzt auch noch nicht so viele krasse Angsthunde getroffen - was daran legt, dass ja mit einem Hund, der echte Panikattacken erlebt, ein lockerer Spaziergang draussen nicht grad Alltag ist.


    Ein paar Fälle habe ich als Begleitung eines Hundetrainers erlebt. Ich fands wirklich schlimm. Hut ab vor dem Engagement der Besitzer, die dann wirklich in der Lage und bereit sind, dem Hund zu helfen.


    Sehr sehr häufig trifft man extrem gestresste Hunde an, finde ich. Das sind natürlich bei weitem nicht immer Hunde aus dem Ausland. Mir geht es hier nicht um entweder - oder. Die Tatsache, dass manche auch mit einem Züchter-Welpen Scheisse bauen, macht es nicht besser, dass viele Hunde, die hierherkommen, sehr viel Stress haben. auch wenn sie nich wirklich "Angsthunde" sind.


    Es fehlt leider ganz ganz oft die Bereitschaft, auf die besonderen Bedürfnisse der Hunde einzugehen. Wenn man fragt, dann zeigt sich oft, dass die Leute erwartet haben - aufgrund von Beschreibungen im Internet - dass sie einen völlig netten, unkomplizierten Hund bekommen. Dass der beim ersten Schreckmoment auf und davon ist (wie oft hängen hier die Suchmeldungen...), Schwierigkeiten bei Hundebegnungen hat, enormen Stress durch die Leine hat usw - das erkennt man nicht mangels Unwissen, man möchte es auch nicht sehen. Und das sind längst nicht alles Leute, die sich das "Retten" auf die Fahne schreiben. Das sind ganz normale nette Leute, die sich als Ersthund einen "superlieben dankbaren Hund aus der Tötung" geholt haben. Und in 90% der Fälle einfach an völlig normale Grenzen stossen. Wenns dann noch Überraschungen wie HSH-Mix gibt usw...

    Ich finde: TS ist keine Hundebeschaffungsmöglichkeit, es ist eine Aufgabe. Wer einen TS Hund holt, sollte das als Aufgabe begreifen. Die Halter, die ich rundum kenne (auch befreundete) haben das nicht getan - und mussten es dann halt nachträglich akzeptieren, sich drauf einlassen, das tun viele ja auch.



    Auf der gleichen Stufe mit dieser unehrlichen Vermittlungspraxis steht für mich die Vermarktung ungeeigneter Rassen als nette Familienhunde für jedermann - wie den Aussie, Ridgeback oder Akita. Da läuft die Linie für mich nicht zwischen TS und Zucht, sondern wieder, wie immer, zwischen gut gemacht und nicht gut gemacht.

  • Zur Frage der Definition knapp gefasst: Für mich ist ein Angsthund ein Hund, der aufgrund von Sozialisationsmängeln oder -schäden neu auftretende Reize nicht oder nur extrem schlecht verarbeiten kann und ihnen (zumindest zuerst einmal) nicht mit einer anderen Handlungskompetenz als Panik begegnen kann.


    Spezifische Ängste wie Geräuschangst, Angst vor bestimmten Menschen etc. oder generelle Unsicherheit machen keinen Angsthund.

  • Mal ein dumme Frage. Wie kommen Besitzer mit wirklichen, richtigen Angsthunden dazu mit dir beim Gassigehen Smalltalk zu betreiben. Ich habe solche Hunde schon in der Hand gehabt. Mit denen stellt sich doch niemand einfach zu fremden Menschen und erzählt Romane. Kontakte mit ausgewählten Hundeleuten die die Problematik kennen und fähig und willens sind zu helfen sind wichtig aber auch abgesprochen. Um den "normalen" Hundebesitzer mache ich da gerne einen Bogen. (wegen den unnötigen Kommentaren).

    Smalltalk ist super zum Üben. Wenn Bonnie an der kurzen Leine ist, mach ich das natürlich nicht, aber an der Flexi oder 10 Meter Schlepp gerne. Denn sie kann Abstand nehmen oder Nähe suchen.

    Die Leute haben bisher ausnahmslos Bonnie ignoriert, wenn ich gesagt hab, sie sollen sie bitte ignorieren.

    Dadurch, daß ich locker mit Leuten rede, Chilly sein Ding macht, die anderen ja meist ihren Hund dabei haben, ist Bonnie in solchen Situationen sogar schon so, daß sie von sich aus fast ganz herkommt zu den Fremden. Und da hat wirklich noch niemand einfach runtergelangt um zu streicheln. Man muß halt mit den Leuten reden :)

    Da muß man nichts groß absprechen und mein Gegenüber muß auch kein Experte sein. Bissl Empathie und gut ist :)

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