Wieviel Rücksicht ist nötig?

  • Weil es in einem anderen Thread auch wieder zur Sprache kam:


    Woran messt ihr die Rücksicht, die eurer Meinung nach geboten ist mit eurem Hund/euren Hunden gegenüber der Umwelt?


    Bei mir selber ist das umgebungsabhängig, aber eben auch vom Verhalten der Menschen, welches bei MIR ankommt.


    Unverschämtheit, aber auch das Einfordern oftmals vermeintlicher Rechte ist dabei für mich ein "rotes Tuch", wo ich deutlich abwäge, ob ich jetzt mal meine gute Erziehung vergesse und meinem Gegenüber mal gepflegt den Mittelfinger zeige - auf damenhafte Art, aber dennoch unmissverständlich.


    Unverschämt finde ich z. B. Rücksichtslosigkeit, wenn jemand meint, die ganze Welt müsse auf ihn/sie Rücksicht nehmen, ohne dass von dessen Seite aus die Bereitschaft besteht, selber auf die Belange anderer Rücksicht zu nehmen.


    Unverschämt finde ich, wenn jemand - möglichst noch ungefragt - meint, die Rechte anderer beschneiden zu dürfen, um zu seinem (vermeintlichen) Recht zu kommen.


    Ein ganz klassisches Beispiel: Fahrradfahrer die meinen, auf Wegen, die von ALLEN genutzt werden dürfen, müssten ALLE aus dem Weg springen, damit sie ungehindert fahren können.

    Als Begründung nehmen sie die Nutzungserlaubnis, und sehen es als ihr vermeintliches Recht, dort ungehindert ihr Tempo fahren zu können.

    Damit sind sie eindeutig auf dem Holzweg, denn dieses Recht haben sie nicht.

    Hier sagt die Straßenverkehrsordnung eindeutig, dass die Nutzungsrechte an Rücksichtnahme gegenüber anderen Nutzern gebunden sind, und sie ihr Tempo jederzeit den Umständen unter Berücksichtigung der Belange anderer anpassen MÜSSEN.


    Das eigentliche Thema war ein Mensch mit (scheinbarer) Hundephobie.


    Weder meine Hunde noch ich können etwas für diese Phobie - aber der an dieser Krankheit leidende Mensch auch nicht.

    Ich kann nicht erwarten, dass sich dieser Mensch komplett aus dem öffentlichen Leben zurückzieht, nur weil Hunde zum öffentlichen Straßenbild gehören.

    In Bereichen, wo Hunde angeleint gehören, nehme ich deshalb erhöhte Rücksicht, wenn ein Mensch mir das SAGT. Wobei ich da sicher auch abwäge, ob der Ton, den derjenige mir gegenüber dabei anschlägt, tatsächlich mehr von "Empörung" oder Angst diktiert wird ... |) (Ich mag Menschen nicht, die eine Angst vorschieben, obwohl sie einfach nur eine Abneigung gegen Hunde haben - versteht ihr, wie ich das meine?).

    Begegnet mir ein solcher Mensch allerdings in einem Freilaufgebiet, nehme ich zwar auch Rücksicht, erlaube mir aber den Hinweis dass ein Freilaufgebiet nicht der geeignete Ort ist für jemanden mit Angst vor Hunden.

    Immerhin habe ich hier das RECHT, meine Hunde frei laufen zu lassen (wobei ich schon berücksichtige, dass dieses Recht kein Freifahrtschein für Belästigung anderer ist) - und es doch in der Eigenverantwortung des Menschen mit Hundephobie liegt, sich Rahmenbedingungen auszusuchen, die seine Phobie berücksichtigen.

  • Hmmh. Mir stellt sich diese Frage so ehrlich gesagt nicht. Ausnahmslos jeder Mensch lebt zuerstmal in seinem eigenen Kopf und hält seine eigenen Belange für das Vernünftigste und Nachvollziehbarste von Welt. Wird schwierig, wenn's dann kollidiert mit einem anderen Kopf.


    Ich rege mich da meistens einfach gar nicht auf, sondern entscheide situativ aufgrund einer oberflächlichen Kosten-Nutzen-Abwägung für mich und den Anderen. Meine Meinung grundsätzlich: Man kann jede potentiell konfliktbehaftete Begegnung als Neuauflage von Hegels "Herr/Knecht-Dialektik" betrachten. Muss man aber nicht. Und ich mag das meistens nicht.


    In dem Sinne spring ich auch einfach nicht auf jeden "blöden" Ton an, der geht mir auch nicht ins Selbstwertgefühl.

  • Mhm ist bei mir Situation s abhängig. Ich mache zum Beispiel keine Leine dran wenn ich da unterwegs bin wo ich das nicht muss. Meine Hunde laufen dann am Fuß.


    Ich mache aber zum Beispiel Müttern mit Kindern (Kinderwagen) aus oder warte kurz damit diese passieren können (aus platzgründen)


    Wenn mich jemand anspricht das er Angst hat sorge ich dafür das meine Hunde bei mir bleiben (wenn angeleint weise ich darauf hin , halte die Leinen hoch ) bleib mal stehen lass die sitzen je nachdem.


    Und ja jeder muss sich selber um seine Ängste kümmern. Oder halt eben vermeiden konfrontiert zu werden. N freifahrtschein ist das nicht.

  • Der Mann hatte vielleicht tatsächlich Panik und dann ist man nicht mehr Herr seiner Sinne und auch Worte.


    Mir kam vor einigen Jahren auf einem Feldweg ein Pärchen entgegen. Elvis lief neben mir bei Fuß. Plötzlich fing die Frau an etwas zu brüllen, aufgrund der noch zu großen Entfernung habe ich sie zuerst nicht verstanden. Sie hat meinen Hund fixiert und schrie, „leinen Sie den Hund an, leinen Sie sofort den Hund an“. Habe ich dann gemacht und sie brüllte „halten Sie den Hund fest, halten Sie ja den Hund fest“. Ich bin dann mit dem angeleinten Elvis gut zehn Meter in den Acker rein und sie drückte sich an ihren Mann , versteckte sich quasi hinter ihm, als sie etwa auf unserer Höhe war und brüllte weiterhin „halten Sie ja den Hund fest“.


    Als das Pärchen an uns vorbei war, drehte sich der Mann um, rief mir einen Dank zu und entschuldigte sich, dass seine Frau panische Angst vor Hunden habe.

    Ich zitiere mich mal aus dem anderen Thread.


    In der geschilderten Situation hatte die Frau tatsächlich Panik, ich würde sogar sagen, sie hatte Todesangst. In einem solchen Fall bin ich zu großen Zugeständnissen bereit, weil es für mich keine große Sache ist, anzuleinen und auszuweichen, während mein Gegenüber offensichtlich ein sehr heftiges Problem hat.


    Die Sache geschah übrigens auf einem Feldweg, der zum Wald führte. Bei uns herrscht im Dorf Leinenpflicht, außerhalb nicht, solange „der Hund unter ständigem Einfluss des Hundeführers steht“.


    Nun weiß ich nicht, ob sich die Frau vielleicht in Behandlung befand. Ich weiß auch nicht, ob sie von ihrem Partner zu diesem Spaziergang überredet wurde. Und ich möchte auch Menschen mit Hundephobie nicht absprechen, sich in Feld und Wald bewegen zu dürfen.


    Für mich ist eine Phobie eine ganz andere Nummer, als rücksichtslos heranrasende Radfahrer oder Hundehasser, die ihre eigenen schrägen Regeln aufstellen und durchsetzen möchten. Entsprechend differenziere ich da auch sehr stark in meinem Verhalten und meinen Zugeständnissen.

  • Ich nehme gern Rücksicht und mache Kompromisse. Meistens sind es ja nur Kleinigkeiten, bei denen mir kein Zacken aus der Krone bricht. Anleinen wenn mir jemand begegnet, Eigentum nicht anpinkeln lassen, Platz machen wann immer es mir möglich ist,...

    Und ich freue mich immer sehr, wenn diese Rücksicht auf gleiche Weise beantwortet wird und ich bedanke mich immer, wenn jemand Rücksicht nimmt.

    Und meine kleine Welt wäre sehr glücklich wenn einfach jeder so handeln würde. Aber so ist das Leben halt nun mal nicht ??‍♀️ ist für mich aber kein Grund, auf meinen Standpunkt zu pochen.

  • Ich nehme fast immer Rücksicht. Zum einen weil es mich nur selten Mühe kostet, ich meinen Teil am guten Ruf von Hundehaltern beitragen möchte, und zum anderen weil ich manchmal auch keine Wahl habe. Ich habe einen unsicheren Leinenpöbler und wenn die Stimmung zwischen den Menschen kippen würde, müsste ich zusätzlich auch noch ihn managen. Ich habe wenig Lust auf die Listenhund-Mix-Diskussion die zwangsläufig ausbrechen würde.

  • Nochmal zu meinem Beitrag: Üblicherweise kostet mich Rücksichtnahme nichts oder nicht viel, dem Gegenüber bringt es was, also nehme ich Rücksicht. Da, wo es mich wirklich was kostet, auch einmal nicht.

  • Im Gemarkungsgebiet meiner Stadt ist es so geregelt dass die Hunde frei laufen dürfen. Sobald Menschen in die Nähe kommen müssen die Hunde angeleint und kurz geführt werden. Ich finde die Regelung gelungen und verhalte mich eigentlich überall so.

    Wenn ich als Radfahrer unterwegs bin iist mir ein begegnender angeleinter Hund auch lieber. Ein Abflug vom Rad wegen einem Border, der zuerst brav neben der Besitzerin sass und dann geschossen kam, reicht mir.

    Mir tut das kleine bisschen Rücksicht nicht weh und wenn nur ein Hundeskeptiker von uns Hundebesitzern eine etwas bessere Meinung bekommt hat sich die kleine Mühe schon gelohnt.

  • Ich bin ja per se nicht der Typ "Rücksichtsvoll und Sensibel" sondern eher grober Klotz, dennoch versuche ich, wenn jemand für mich erkennbar Angst vor Dako hat diesen Leuten aus den Weg zu gehen, Platz zu machen, je nach Situation/Möglichkeit.

    Auch im Freilaufgebiet, wenn wir nicht gerade von einer expliziten Hundewiese sprechen, würde ich Dako zu mir holen und am Geschirr halten, ohne Kommentar. Alleine dafür liebe ich Geschirre mit Griff, ich behaupte immer wieder zu merken wie es die Menschen beruhigt wenn man die Hand am Griff hat, mehr wie an der kurzen Leine.


    Wo es bei mir aufhört ist wenn die Leute aus ihrer Angst meinen einen Anspruch, ein Recht, ein Privileg ableiten zu können.

    Angst ist Angst, dem kann man sich evt. stellen, sich teilweise Therapieren lassen, das ist jedem Freigestellt, aber Angstbewältigung auf meine Kosten in Form von ausgedachten Sonderrechten? Da bin ich wieder bei der Einteilung oben, da gibt es den groben Klotz.


    Wobei da Angst und Panik noch mal einen Unterschied macht. Wenn jemand auf gefühlte 100km schon anfängt zu schreien und Schweißausbrüche zu bekommen, ist das für mich eine andere Hausnummer wie jemand der 4m vor mir steht und nervös versucht mir zu erklären warum mein Hund nicht da sein darf.

    Zum einen habe ich bei Typ 1 viel mehr Zeit auszuweichen (umzudrehen, was auch immer), aber für mich persönlich auch viel mehr Grund auszuweichen, als bei jemandem der wie selbstverständlich schon aus normale Sprechdistanz kommt und dann Ansprüche stellt.


    Ich hatte auch schon eine Dame die sich nicht getraut hat uns zu überholen, als Dako dann seinen Haufen gemacht hat schon doof. Da haben wir uns beim Haufen aufsammeln kurz ausgetauscht (ich hatte sie vorher gar nicht richtig bemerkt) und ich habe die Straßenseite gewechselt, um die Dame vorbei zu lassen. Kein Problem. Auch ohne das sie mich gebeten hätte.

    Aber hätte ich die Option nicht gehabt, wäre ich sicher nicht angefangen mit Dako weg zu joggen um der Dame Raum zu schaffen. Aber dann die nächste Straße abzubiegen oder mich in eine Einfahrt zu verkriechen, finde ich wieder selbstverständlich.

    Hätte die Dame allerdings verlangt das ich die Straße wechsle oder sowas, no-way.

  • Hier bin ich gerne dabei.


    Meine Rücksichtnahme ist generell: Niemanden belästigen - in einem vernünftigen Rahmen.


    Meine Hunde dürfen niemanden anspringen, dürfen nicht ungefragt zu anderen hinrennen.

    Ausweichen soweit möglich ist kein Problem.


    Aber:

    Ich kann mich nicht in Luft auflösen. Ich werde nicht über eine stark befahrene Straße rennen, um Platz zu machen.

    Wenn ich jemandem schon entgegenkomme, indem ich stehenbleibe, möglichst viel Abstand zwischen uns bringe und kommuniziere, dass er jetzt passieren oder in Ruhe ausweichen kann - und dann kommen weitere Forderungen oder was Patziges zurück.... Das mache ich nicht mehr mit.


    Angst ist schlimm, Angst ist irrational. Aber es ist kein Freifahrtsschein für übertriebene oder gar unverschämte Forderungen an die Umwelt. Leider benutzen manche das aber genau so. Als Ausrede, als Freifahrtsschein oder als Machtspiel.


    Ich erinnere mich da an mehrere Menschen, die mich angegangen sind. Ich soll mit meinen an kurzer Leine geführten Hunden die Straßenseite wechseln. Immer. Sofort. Sie haben schließlich Angst vor Hunden. Lustigerweise können dann eben diese Leute bei Menschen mit großen Hunden selbst die Straßenseite wechseln und stellen keine Forderungen an die Halter. Selbst dann nicht, wenn die Hunde nicht einmal angeleint sind oder semi-unkontrolliert in der Flexi hängen. Da nehme ich dann keine Rücksicht mehr. Wenn sie bei anderen problemlos ausweichen und Verantwortung für ihre Angst übernehmen können, können sie das bei mir auch.

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