Junghund hat panische Verlassensängste (alleine Zuhause bleiben)

  • Was macht ihr denn bevor ihr übt? Geht ihr vorher raus und macht etwas fürs Köpfchen, dass er dann auch müde ist und sich entspannen kann? Das würde ich vor dem weggehen immer machen. Außerdem könnt ihr euch einen Futterkong besorgen und Futter drin einfrieren, zB das normale das er bekommt (was füttert ihr? Trockenfutzer geht besonders gut, bisschen in Wasser einlegen und dann im Kong einfrieren) und dem Hund geben bevor ihr geht. Dann hat er was anderes zu tun als in seiner Angst zu sein wenn ihr geht. Ungesüßte Erdnussbutter geht wohl auch gut, weiß aber nicht wie gesund das auf Dauer ist aber die meisten Hunde lieben das sehr.

    Was auch helfen kann: habt ihr bestimmte Rituale wenn ihr geht? Das bekommen Hunde sehr schnell mit (zB Jacke anziehen, Schlüssel nehmen, Tasche hochheben, los) und fahren sich schon hoch wenn ihr damit anfangt. Manchen hilft es, wenn man die Rituale ändert (zB Butterbrot schmieren, damit rausgehen, Buch lesen beim rausgehen, Jacke anziehen&Schlüssel nehmen und dann aufs Klo), also dass ihr die Rituale aufbrecht und er nicht mehr weiß was für Signale das Losgehen andeuten.

    Dann würde ich auch den Platz im Flur verbieten, dass er lernt an anderen Stellen der Wohnung wirklich zu ruhen. Vllt eine Box, positiv verknüpfen, wenn er da reingeschickt wird ist Ruhe auch wenn ihr da seid und er soll euch dann auch nicht in der Wohnung folgen. So aufbauen, dass er mit offener Tür drin bleibt und weiß, ihr holt ihn schon wieder ab wenn wieder Action ist, bis dahin kann er sich wirklich entspannen.


    Ist etwas lang geworden (mein Sitterhund hatte das Problem auch ganz extrem die ersten Wochen, er war da 1 Jahr alt, Tierschutz). Also in Kurz:

    - Vor dem Üben ruhige Action, also gemütlicg spazieren/bisschen Kopfarbeit

    - Flurplatz streichen, anderen Ruheplatz als echten Ruheplatz etablieren

    - ggf mal den Kong mit eingefroremenem Futter probieren (alternativ richtig leckeres Kauzeug wo er lange zum zerlegen braucht)


    Noch eine Ergänzung: das mit dem Futterzeug würde ich auch erstmal in ganz kleinen Schritten üben, also erstmal innerhalb der Wohnung, dann mal ins Treppenhus etc)

    Viel Glück! Das wird schon, es braucht hakt Zeit. Verständlich, wenn man da irgendwann verzweifelt wird, aber versuch einfach dich in den Hund hineinzuversetzen wenn du die Geduld schwinden spürst. Er denkt jedes mal, sein Lebensmittelpunkt ist für immer verloren, das braucht einfach seine Zeit um Vertrauen aufzubauen :streichel:


  • Ich danke dir erstmal für diesen super Beitrag. Das waren wirklich sehr konstruktive und objektive Tipps, ohne anmaßend zu sein!

    Dass wir das Alleinebleiben immer dann geübt haben, wenn er sportlich oder kognitiv ausgelastet war, haben wir vorher immer gemacht.

    Aber gerade die beiden Tipps mit dem Abändern der Rituale und dem Flur als Raum, in dem er nicht abruhen soll, werden wir uns zu Herzen nehmen.

    Denn es ist uns nun auch erst bewusst geworden, dass der Hund eben doch nicht alleine bleiben kann in anderen Räumen.
    Im Flur, wo er Sicht und Gehör zu allen Räumen hatte und er alles mitbekommt, war das kein Problem. Aber Schlafzimmer und wir Wohnzimmer klappt auch gar nicht.

    Das habe ich jetzt 5 Minuten geübt mit mäßigen Erfolg. Denn auch das Verweilen im Schlafzimmer, während ich im Wohnzimmer war glich einem Wegsperren und gipfelte mit Kratzen an der Glastür, Gewinsel und kurzen Bellen.

    Wie sollen wir das denn handhaben? Beruhige und tröste ich ihn beim Kratzen an der Glastür, verbindet er es ja nur noch mehr mit etwas Negativen.
    Hinzukommt ja, dass das Kratzen an der Glastür hässliche Kratzer hinterlässt. Das wird dann spätestens ein Problem beim Auszug mit dem Vermieter.



  • Da habt ihr aber schon ein großes Problem in der Wohnung, da wundert es mich nicht, das ihr keine Fortschritte macht.


    Bei so einem manifestierten Verhalten würde ich keine so großen Schritte machen. Hund soll nicht im Flur liegen gut. Hund schafft es noch nicht im Schlafzimmer zu bleiben. Hat das Prinzip von alleine bleiben noch nicht verstanden oder Verlustängste.


    Ich persönlich würde erstmal einen festen Platz im Wohnzimmer einrichten. Möglichst geschützt, dass alles beobachten und überwachen nicht drin ist, aber schon noch dabei.

    - Hund lernt das ist sein Platz, positiv besetzen, Hund lernt Ruhe

    - Hund lässt sich auf seinen Platz schicken

    - Hund bleibt auf seinem Platz

    - Hund bleibt entspannt auf seinem Platz

    - Hund bleibt auf seinem Platz, obwohl du rumläufst, gruschbelst, ...

    - Hund bleibt entspannt auf seinem Platz, obwohl du rumläufst, gruschbelst, ...

    - Hund bleibt auf seinem Platz und du gehst kurz aus dem Raum

    -...


    Langsam vortasten, konsequent bleiben, den Hund nicht überfordern, aber deutlich vermitteln was gewünscht wird. Trainer hinzuziehen, man wird so schnell betriebsblind. Und langsam ist euer Verhalten etabliert und es wird schwierig aus der Spirale rauszukommen.

  • Den Liegeplatz (niemals im Flur wie bereits erkannt) positiv aufbauen würde ich auch als allererstes machen wie Vriff beschreibt. Wichtig wäre noch anzufügen, jeder der Schritte kann Tage dauern bevor man den nächsten Schritt angeht. Je nach Entwicklung des Hundes. Nur weil 30 Leckereien auf dem Platz angenommen wurden, ist der Schritt noch nicht verfestigt. Also wirklich langsam machen.


    Und bei so massiven Problemen wäre Begleitung durch Trainer keine schlecht Idee. Auch um Dir die Last zu nehmen.

  • Wenn ihr auf sein Bellen/Jammer/Winseln immer wieder zurückkommt, dann lernt der Hund nur, dass er nur ausdauernd genug sein muss damit ihr wieder kommt.

    Was passiert denn wenn ihr die Treppe nur ein Stück runtergeht und ihn dann von außen mal mit einem Abbruchkommando schimpft sobald er mit Bellen anfängt?

    Wenn er dann ruhig ist und sich da durch den Abbruch nicht reinsteigern kann, erst dann würde ich zurückkommen.

  • naijra , ich erlaube mir mal, Deinen klugen Beitrag aus einem anderen Alleinebleib-Thread zu zitieren, weil er meine eigenen Gedanken dazu genau auf den Punkt bringt:

    Aber das rein mechanische Training hat für mich tatsächlich auch etwas Sinnfreies. 100x raus und nach 2, 3 5, 10 Sekunden wieder rein - Hunde sind nicht blöd, die durchschauen diese Künstlichkeit sofort. Klar, manche scheren sich nicht drum, verbuchen das unter "bescheuerte menschliche Aktionen, die man nicht verstehen muss". Das wird dann als Trainingserfolg verbucht.


    Allerdings ist sehr oft noch was schief in der Hund-Mensch-Beziehung. Das muss nicht "schlecht" sein, das kann auch eine verschobene Gewichtung sein, teils unbewusst befördert, teils wegen prioritären Baustellen mit dem Hund. Der Hund steht zu oft zu sehr im Mittelpunkt, man macht "Bindungsarbeit", der Alltag dreht sich weitgehend um den (evt.problematischen) Hund.... Da passt das Alleinbleiben nicht dazu. Im Bestreben nach einem perfekt funktionierenden, gehorsamen Hund, für den man alles regelt entsteht zu enge Bindung, die eine ausbalancierte Beziehung verhindert, tendenziell Richtung Abhängigkeit führt....


    Und wie immer: bei manchen Hunden ist es easy, andere tun sich schwer. Tendenziell sind es schon eher die gut ausbalancierten Hunde mit einem gewissen Grad an innerer Ruhe und Vertrauen, die problemlos alleine bleiben. Die unsicheren, verängstigten, die sich an ihren Menschen klammern können das logischerweise nicht leisten. Und da ist ein Training an den Symptomen wirklich nicht sehr effizient.


    Als persönliche Erfahrung: mit beiden meiner WSS war das formelle Training nicht erfolgreich. Beide können aber prima allein bleiben. Die Wende kam, als ich mit dem mechanischen Training aufgehört habe, und auf Normalität gesetzt habe. Ohne den Hund zu überfordern, den Entwicklungsstand muss man immer im Auge behalten, individuelle Charakteristika auch.... Aber halt mit echter Normalität meinerseits.

    An den letzten, von mir fett markierten Satz möchte ich anschließen und anstelle von "Normalität" den Begriff "Authentizität" verwenden, denn ich frage mich, warum Ihr den Hund - wenn ich mich recht erinnere, ein Landei, den Ihr in die Großstadt verfrachtet habt? - gleich 5 - 10 Minuten alleine gelassen habt?


    Gab es irgendeine Notwendigkeit, oder habt Ihr es nur getan, weil "man" das nach Methode X, Y oder Z halt heutzutage so macht?


    Meiner Erfahrung nach klappt Hundeerziehung dann am besten, wenn man meint, was man sagt, also "authentisch" ist, sprich, ich bin davon überzeugt, dass die Bedürfnisse des Hundes so befriedigt sind, dass ich ihn jetzt alleine lassen kann, und ich muss es auch tatsächlich tun.


    Z. B. um Müll runterzubringen oder Post reinzuholen, also kurze Routineabwesenheiten.


    Außerdem drängt sich mir beim Lesen irgendwie der Gedanke auf, dass dem Hund der Wechsel in die Großstadt, auch rassebedingt (denn Pulis gehören ja auch zu den Treibhunden?), evtl. ziemlich viel abverlangt, er daher sowieso schlecht abschalten kann; wäre das auch eine Möglichkeit? Außerdem seid Ihr Hundeanfänger, wenn ich mich recht erinnere? D. h. dass es sein kann, dass sich Eure Unsicherheit teilweise auch auf den Hund überträgt, weil Ihr nach "Methoden" und nicht aus dem Bauch heraus vorgeht?


    Daher der andere fett markierte Satz und die Vermutung, dass da irgendwo noch irgend etwas "schief" ist.


    Caterina

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