Der "gefährliche" Hund Teil 2

  • Man führt halt nicht nur über reine Kraft , da spielt Technik und Equipment durchaus ne Rolle

    Das ist aber ne müßige Diskussion die erfahrungsgemäß eh nix bringt.

    Es hat schon Gründe das diverse Hundetypen grade in anderen Ländern mit entsprechenden Equipment versehen werden unterwegs als Backup im Notfall .

  • Ich kann beide Seiten und ihre Irrtümer verstehen.


    Ich finde es richtig, wenn ein Mensch dafür strafrechtlich belangt wird, wenn er sich grob fahrlässig verhält und das dann gravierende Folgen hat.

    Was *Sascha* meint, ist die Formulierung "Sie hat grob fahrlässig gehandelt, weil sie ihre Hunde nicht unter Kontrolle hatte."


    Allein aus dem Kontrollverlust die grobe Fahrlässigkeit abzuleiten, ist bedenklich: das bedeutet nämlich, dass jedwede Sicherung als strafrechtlich(!) unzureichend gilt, falls etwas passiert. Also alles was weniger als 100%ige Sicherheit bietet, ist grob fahrlässig: Wenn durch einen Unfall ein Fahrzeug den 3m hohen Stahlmattenzaun des Vorgartens durchbricht und beschädigt, und so der Hund ausbricht und einen Menschen anfällt: Grobe Fahrlässigkeit, der Zaun war nicht stark genug.


    Das meint Sascha mit

    Wenn ein Gericht nun zu dem Schluss kommt, dass allein die Feststellung, dass der Halter zum Tatzeitpunkt nicht über eine ausreichende Kontrolle verfügte, ausreicht, um eine Schuld des Halters zu beweisen, dann schrumpft dieser Bereich zwischen Kontrolle und Tiergefahr quasi auf Null, denn jede Verwirklichung einer Tiergefahr hätte durch andere Mittel im Vorwege verhindert werden können.

    Daher der andere Ansatz: Es gibt eine gewisse Anforderung an die Höhe der Sorgfaltspflicht, und wenn dann doch trotzdem noch etwas passiert, hat der Halter strafrechtlich nichts zu befürchten (die zivilrechtliche Tiergefahr würde durch die Haftpflicht geregelt). Und diese Höhe muss eine sorgfältige Person erkennen können.


    Ganz so drastisch war es hier nicht.


    Die grobe Fahrlässigkeit war, als bislang unauffällige Person, mit drei schweren, bislang unauffälligen bis leicht positiv auffälligen (Zuchtuntersuchung, Ausstellungen), aber offensichtlich ungenügend gehorsamen Hunden gleichzeitig Gassi gegangen zu sein. Zumindest ist das der Stand der aktuellen Zeitungsmeldung. Demnach war die Rasse oder etwaige unzuverlässige Maulkörbe irelevant.

    Mal schauen, ob in der schriftlichen Urteilsbegründung auf die Rasse und ihre (welche?) Eigenschaften, individuelle Eigenschaften der drei konkreten Hunde oder der Halterin, oder ungenügende Ausrüstung etc. hingeweisen wird.

  • Hier habe ich noch etwas gefunden:, allerdings aus Deutschland und Zivilrecht, also auch eher falsch:

    Die erforderliche Sorgfalt entspricht nicht notwendigerweise der üblichen Sorgfalt (vgl. dazu u.a. BGHZ 8, 141; BGH NJW 65, 1075). Eine Nachlässigkeit ist jedoch bereits ausreichend für die Verneinung der erforderlichen Sorgfalt (so BGHZ 5, 319), ebenso wie das Bestehen eines „verbreiteten Brauchs“ (vgl. BGHZ 23, 290). Eine erforderliche Sorgfalt ist jedenfalls immer dann gegeben, wenn man sich so verhalten hat, wie es von kompetenten Fachleuten empfohlen wurde (vgl. BGH NJW 71, 1882).
  • Bei manchen oder bei allen grundsätzlich? Genau das ist nämlich der entscheidende Knackpunkt. Ist es grundsätzlich grob fahrlässig mit drei mittelschweren Hunden unterwegs zu sein oder ist es das nur unter bestimmten Bedingungen?

    Ich verstehe schon, worauf du rauswillst. Ich sehe es nur nicht ganz so.


    Wenn jemand zu Tode kommt, weil man seine drei Hunde nicht halten bzw. kontrollieren konnte, dann muss man (offensichtlich) damit rechnen, wegen grober Fahrlässigkeit belangt zu werden. Das ist in meinem Empfinden richtig so.


    Solange es kein Gesetz dagegen gibt, kann man sich entscheiden, ob man dieses Risiko eingeht oder nicht.


    Man kann sich natürlich auch hinstellen und eindeutige Gesetze fordern - dann wird es halt verboten, und dann haben alle Hundehalter den Salat.

    Weil es ein paar wenige gibt, die sich weigern, das Potential der eigenen Hunde anzuerkennen und zu respektieren.

  • Man kann sich natürlich auch hinstellen und eindeutige Gesetze fordern - dann wird es halt verboten, und dann haben alle Hundehalter den Salat.

    Aber genau DAS ist doch jetzt das Problem!

    Das wird offensichtlich von manchen nicht so direkt wahrgenommen.


    Es wurde in Deutschland schon die Gesetzlage verschärft.

    Jetzt denken viele, "ach, betrifft mich nicht, weil ......" - aber genau das ist falsch!

    Es betrifft uns sehr wohl alle.

  • Man führt halt nicht nur über reine Kraft , da spielt Technik und Equipment durchaus ne Rolle

    Das ist aber ne müßige Diskussion die erfahrungsgemäß eh nix bringt.

    Es hat schon Gründe das diverse Hundetypen grade in anderen Ländern mit entsprechenden Equipment versehen werden unterwegs als Backup im Notfall .

    “Entsprechendes Equipment” — sind das dann Maulkörbe?


    Die einzige Idee, die mir kommt: bei Kutschpferden macht man mit Ballast den Wagen zu schwer, dass sie ihn mit angezogenen Bremsen nicht weggeschleift bekommen.


    Bei Hunden hätte man dann einen Wagen oder Wurfanker dabei?

  • Es betrifft uns sehr wohl alle

    Ja klar - meine persönliche Risikoabwägung ist auch entsprechend.

    Ich fühle mich eigentlich relativ sicher, dass ich nicht in die Situation komme, dass mein Hund einen Menschen zerfleischt.


    Ich sehe jetzt nicht, was sich durch das Urteil geändert hat.

    Es ist ein Urteil, in einem konkreten, grausigen Fall, in Österreich. kein neues Gesetz.


    Und:


    genau das - Gesetze für ALLE könnten nach solchen Vorfälle verschärft werden - ist doch der Grund, warum ich so drauf rumgeritten bin, dass eben NICHT alle Hunde gleich gefährlich sind.

    Das wird mir dann als "Kampfhunde-Verteufeln" ausgelegt. Dabei geht es mir nur darum, dass ich es nicht ok finde, wenn alle Hundehalter (abgesehen von der Tiergefahr, mgl. Unfällen etc) in den "alle Hunde sind gefährlich" Topf geschmissen werden.


    Ich sehe bei Haltern von Hunden mit erhöhtem Gefährdungspotential auch eine erhöhte Sorgfaltspflicht und finde es richtig, wenn sich das in Gesetzgebung und Rechtssprechung niederschlägt.

  • Bei manchen oder bei allen grundsätzlich? Genau das ist nämlich der entscheidende Knackpunkt. Ist es grundsätzlich grob fahrlässig mit drei mittelschweren Hunden unterwegs zu sein oder ist es das nur unter bestimmten Bedingungen?

    Fahrlässigkeit wird grundsätzlich angenommen, wenn etwas passiert.


    Das war ja zunächst auch in dem Todesfall mit der Joggerin so. Erst nachdem der Staatsanwaltschaft weitere Informationen vorlagen wurde da die Anklage auf "grob Fahrlässig" erweitert.


    Weil es ein paar wenige gibt, die sich weigern, das Potential der eigenen Hunde anzuerkennen und zu respektieren.

    Grundsätzlich ist das richtig.


    Was damit nicht abgedeckt wird: Die Hunde, bei denen es tatsächlich eine genetische Komponente gibt, die sie einfach aus dem Nichts heraus, ohne jeglichen äußerlichen Anlass, austicken lassen, und zwar so richtig.


    ..............


    Die allermeisten Hunde weisen ein arttypisches Verhaltensmuster auf, und dazu gehört eben das Warnen (Drohverhalten).


    Die Selektion durch den Menschen hat u. A. eben auch an diesem arttypischen Verhaltensmuster rumgeschraubt, und dieses vorherige Warnen minimiert.

    Aggression ohne Vorwarnung, gepaart mit entsprechenden Beutefangsequenzen ist nun einmal eine hochexplosive Mischung, die eben nicht typisch für den Großteil aller Hunde ist.

    Bei bestimmten Rassen sollte der Halter eben auch die Phylogenese (Rassegeschichte) kennen und berücksichtigen.


    Natürlich gibt es auch Hunde, die aufgrund negativer Erfahrungen nicht arttypisches Verhalten zeigen, hier ist der individuelle Halter gefragt, die Eigenheiten seines Hundes zu kennen und in der Haltung zu berücksichtigen.


    Ja, grundsätzlich bin ich mir bewusst, dass ich bei einem durch meine Hunde verursachten Schaden verantwortlich bin und mir dann mindestens Fahrlässigkeit vorgeworfen wird.


    Für meine Hunde halte ich dieses Risiko allerdings für sehr gering.

    Einen Menschen mit Einsatz der Zähne zu Töten - diese Gefahr liegt bei Null.

  • Gehen wir mal weg vom "zerfleischen". Würde hier jeder zu 100% in jeder Situation garantieren, dass der eigene Hund NIE Mensch oder Tier verletzen würde!? Selbst in einer völligen Ausnahmesituation die nicht beeinflusst werden konnten???

    Ich glaube das ist Dreh- und Angelpunkt. Es ist furchtbar was passiert ist. Absolut schrecklich und ja ich kann verstehen, dass viele das Urteil als gerecht und zu mild empfinden! Aber wenn man Rasse und schwere des Schadens mal für eine Sekunde ausblendet, dann würde dieses Urteil eben doch alle betreffen. Hund hat ein Tier verletzt - Halter hat grob fahrlässig Sachbeschädigung begangen. Hund beißt aus unerfindlichen Gründen - HH hat grob fahrlässige Körperverletzung begangen. Und zwar allein auf der Tatsache begründet, dass man die Tiergefahr unterschätzt hat. Sonst hätte man das Tier anders sichern müssen, selbst wenn es bis zu dem Zeitpunkt eben keinen Anhaltspunkt hatte, dass dies nötig sei. Und eine solche Entwicklung der Rechtssprechung kann man durchaus bedenklich finden, wenn es keine anderen Gründe für das Urteil gibt.

  • Es wurde in Deutschland schon die Gesetzlage verschärft.

    Jetzt denken viele, "ach, betrifft mich nicht, weil ......" - aber genau das ist falsch!

    Es betrifft uns sehr wohl alle.

    Natürlich betrifft es alle Hundehalter, wenn man jetzt verallgemeinert sagt, dass man letztlich für das Verhalten seines Hundes strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden kann. Ich sehe da aber dennoch per se kein Problem, jedenfalls nicht bei Hunden. Der Hund ist allein mein Hobby, die Gesellschaft hat keinerlei positive Wirkungen von meinem Hund. Also muss ich, im Grunde mit allen mir zur Verfügung stehenden Mitteln verhindern, dass jemand durch meinen Hund zu Schaden kommt. Ich persönlich finde das in Ordnung. Der Hund ist mein Wunsch, meine Entscheidung, meine Verantwortung. Genauso wie die Freigängerkatze, das Pferd auf der Koppel usw.


    Ich nehme nicht an, dass man jemanden wegen grob fahrlässiger Körperverletzung verurteilen würde, weil ein 5-kg-Hund an einer kurzen Führleine eine ältere Person zu Fall gebracht hat, die rückwärts in den Hund gelaufen und dabei gestürzt ist (oder so ähnlich). Für mich wäre es aber durchaus fahrlässig, wenn auf einem Fuß- und Radweg ein 5-kg Hund an der ausgefahrenen, quasi unsichtbaren Flexileine einen Fahrradfahrer zu Fall bringt, der in die Leine fährt. Denn DAS hätte der Hundehalter mit etwas gesunden Menschenverstand, Aufmerksamkeit und besserer Sicherung sehr leicht verhindern können.


    Vielleicht ist der Gedanke falsch, aber ich würde erwarten, dass viele Hundehalter bewusster und aufmerksamer in die Welt gehen und lieber einmal mehr sichern, wenn klar ist, dass sie strafrechtlich belangt werden können, wenn etwas passiert. Und damit meine ich definitiv nicht nur drei kräftemäßig überlegene Staffs, die den Halter zu Fall bringen, sondern auch die ausgezogenen Flexileinen von kleinen Hunden auf Radwegen, an der Straße usw. Solange es keine Gesetze gibt (was ich erstmal gut finde), liegt es im Ermessen des Halters, welches Risiko er eingeht, mit dem Wissen um mögliche Konsequenzen. Ich kann also nach wie vor mit 3 großen Hunden rausgehen, wenn ich sage, ich traue mir zu, dass ich sie kontrolliert bekomme, weil sie toll erzogen sind, keine Aggression gegen Menschen haben... Ich muss nur mit den Konsequenzen leben, wenn ich daneben liege, auch wenn sie vorher z.B. noch nicht aggressiv waren und "ich das nicht vorher wissen konnte". Ich hätte es aber mit größerer Sorgfalt verhindern können und das muss ich mir anlasten lassen. Danach ist es nämlich für einen Menschen zu spät und jeder ist einer zu viel. Solange es kein Gesetz gibt, das es verbietet, liegt es im Ermessen des Halters. Mich hätte tatsächlich in einem vergleichbaren Fall wie dem in Österreich interessiert, wie das Strafmaß und die Urteilbegründung aussehen würde, wenn der Fall bei uns in RLP passiert wäre, wo es explizit verboten ist, mit 3 Staffs gleichzeitig spazieren zu gehen.


    Deutlich problematischer finde ich die Situation, wenn man von unseren Hobbytieren weggeht und in den Bereich von Nutztieren geht. Da wird es dann tatsächlich interessant. Welche Sicherungen man haben muss, damit durch den Herdenschutzhund niemand verletzt werden kann, der zur Sicherung der Nutztierherde gebraucht wird, weil die Gesellschaft sagt, der Wolf darf bleiben. Oder die Sicherung von Weidetieren, wenn man unterstellt, dass diese nicht wegen dem "Hobby" des Bauern, sondern zur Gewinnung von Lebensmitteln für "alle" gehalten werden.

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