Der "gefährliche" Hund Teil 2

  • Die Hunde in unserer Rasseliste hier sind da nicht umsonst. Ich geh mit Kat. 1 d'accord:

    Im Falle bei mir zuletzt war es ein Staff Bullterrier (ich kannte die Rasse tatsächlich nicht). Familienhund, lieb mit anderen Hunden (nur an der Leine wohl komisch), in der Konfrontation eher die Rute einklemmend und weglaufend. Lebt auf nem Hof mit Hühnern, Pferden, ein kleines Kind in der Familie, nie irgendwie auffällig gewesen. Da ich die Rasse nicht kannte, war ich, da ich den Hund von klein an kenne, schon erschrocken, als ich hörte, der ist nur aufgrund der vermuteten Rasse abgeholt worden. Da kenne ich andere Hunde , die sehr viel griffiger / kritischer sind, aber da sie einer ‚Schosshunderasse‘ angehören, macht das nichts.

    Ich bin halt Mutter, ich will solche Hunde gefühlsmäßig nicht um mich oder meine Familie haben. Wir wohnen in der Nähe von Sportplatz und der Grundschule, es sind viele Familien hierher gezogen. Diese Art Hunde passen hier nicht her, nur, wo passen sie noch hin?

    Ich kann es jetzt nur bei diesem Hund beurteilen - aber der lebt mit kleinen Kindern zusammen. Ja, gerade bei manchen Hundeführern bin ich auch froh, wenn sie am besten gar keinen Hund mehr führen, und auch kein Muskelpaket wie nen AmStaff, das verstehe ich schon. Für mich sollte aber insgesamt strenger und differenzierter (!) kontrolliert werden… und dann nicht NUR nach Rasse vorgegangen werden, wenn kein Problem vorhanden ist.


    via Firefox Mini

  • Im Falle bei mir zuletzt war es ein Staff Bullterrier (ich kannte die Rasse tatsächlich nicht).

    Staffbulls sind winzig. Die stehen auch nur aufgrund ihres Namens auf der Liste. Man hatte schon den Bullterrier und den Staffordshire Terrier drauf, darum schrieben sie halt den Staffordshire Bullterrier einfach mit dazu. So willkürlich wurde die Liste damals erstellt. Einer der Hauptbeteiligten sagte später, er habe einen Anruf bekommen, schreib mir bis morgen ne Liste von gefährlichen Hunden, so und so viele sollen drauf stehen. Und das hat er gemacht und meinte, er schäme sich heute noch dafür.

    Wer ernsthaft denkt, dass auf diese Weise entstandene Rasselisten irgend einen anderen Zweck erfüllen als die Bevölkerung ruhig zu halten, weil "man ja was getan" hat, der träumt. Zumal es ein paar Bundesländer gibt, die aufgrund von Forschungsdaten die Rasseliste wegen erwiesener Wirkungslosigkeit wieder abgeschafft haben - Niedersachsen zuerst aufgrund der Forschung der TiHo Hannover.

  • Wird aber beim Mali vermutlich nicht anders sein nur das der sich vermutlich (bitte korrigieren ich hab keine Erfahrung mit Malis) gegen den HF wenden wird wenn er das nicht bekommt

    Kann gut sein.

    Meist drehen sie 'harmlos' um, wenn man sie hochfaehrt und es zuviel ist. Zuviel Frust, zuviel fuer die Nerven, Uebersprung.

    'Harmlos' weil das meist keine richtig ueblen Bisse sind. In ' weil es halt nicht gut ist.

    Es gibt aber auch andere Faelle. Eine Bekannte von mir (erfahrene Malihalterin!) wurde von ihrem Mali (hatte eine Vorgeschichte, kam nicht als Welpe zu ihr) echt boese gebissen weil der Herr den Menschen nicht dumm anmachen durfte..


    Malis werden aber vor allem sehr ungemuetlich dem eigenen Menschen gegenueber, wenn dieser Mensch scheisse zu ihnen ist. Unfaires, ueberzogenes korrigieren sollte man da einfach sein lassen. Entweder bricht der Hund ein oder er wehrt sich. Und das sind dann halt keine Abschnapper.


    Und ja...Bewegungsreize sind ein Thema. Wenn man mal in Maligruppen liest, wird da gefuehlt jede Woche von einem Anfaenger gefragt was er tun kann, weil sein Hund auf Radfahrer usw. reagiert |)

    Rennende Kinder koennen natuerlich auch triggern. Gerade wenn der Besitzer vorher den Bullshit betrieben hat, den du beschreibst. Also Bullshit weil ohne Kontrolle.

    Sie springen alle auf Bewegungsreize an. Sollen sie auch. Der Halter muss es halt kontrollieren.





    Wie gesagt, ich verstehe wieso damals so laut nach Regelungen gerufen wurde. Ich kann das total nachvollziehen.

    Es wurde mAn nur komplett falsch gemacht..

  • Zitat

    Wer ernsthaft denkt, dass auf diese Weise entstandene Rasselisten irgend einen anderen Zweck erfüllen als die Bevölkerung ruhig zu halten, weil "man ja was getan" hat, der träumt.

    Es hatte wenigstens den Effekt, dass man seitdem von Behörden/Polizei mit einem "Hundeproblem" nicht mehr generell abgewimmelt wird, und die wenigen wirklich gefährlichen Hunde, die seitdem hier im Revier auftauchten, allesamt zügig per Auflagen entschärft wurden und bald wieder weg waren. Wäre vor 2000 undenkbar gewesen.


    Hier in NS ist da ja inzwischen auch glücklicherweise individuell geregelt. Er war damals sicher ein ziemlich mißglückter Anfang ,aber es war immerhin einer. So, wie ich das vorher erlebt habe, ging es einfach nicht mehr.

  • Es gibt keine ungefährlichen Rassen und leider gibt es eine Menge Menschen, die das Potential ihrer Hunde unterschätzen oder einfach nur ihren Hund nicht gut lesen können.
    Aber selbst wenn alle perfekt wären, würde es immer Unfälle geben. Wir sind Menschen, Hunde sind Tiere.
    Was mich stört, das ist diese Überregulierung heutzutage. Wenn ein Pferd tritt, dann ist es einfach nur ein Pferd, wo man eben hätte mal Abstand halten sollen. Wenn ein Hund beißt, dann ist er gefährlich. Da fragt keiner, warum oder ob er vllt einfach nur normales Verhalten gezeigt hat oder provoziert wurde.
    Sicher gibt es gefährliche Hunde und ganz sicher gibt es auch unfähige Hundehalter bzw. auch einfach Hundehalter, die mal eine Nachschulung brauchen. Mich ärgert, dass man sich dieser Wurzel nicht annimmt. Stattdessen werden Hunde auf Listen gesetzt oder da, wo es keine Listen mehr gibt, Hunde nach Raufereien oder Unfällen als gefährlich eingestuft. Und nein, es geht nicht darum, dass ein Halter nach einem Vorfall/Unfall nicht haften sollte, aber ob ein Hund "gefährlich" ist, das ist doch nochmal eine ganz andere Frage, die nicht von einem Sachbearbeiter auf dem Amt entschieden werden kann, sondern nur von einem fachkundigen Kynologen.

  • Hunde sind als Gattung erfolgreich, weil sie sich dem Leben mit dem Menschen als Sozialpartner und dem Sein in menschlichen Umgebungen angepasst haben. Nein, es ist absolut nicht normal im Sinn von üblich, dass Menschen ins Beuteschema fallen.

    Das ist für mich der eigentliche Kern, was den Canis Lupus Familiaris (Haushund) ausmacht.


    Menschen gehören genauso wenig zum natürlichen Beuteschema wie Artgenossen.


    Weil der Hund aber sehr "formbar" ist, zum Einen durch menschliche Selektion, zum Anderen aber auch durch Erfahrungslernen (wozu auch Erziehung gehört), lässt er sich für Zwecke einsetzen, die diese beim Hund natürliche Vertrautheit und Freundlichkeit (familiaris = vertraut und/oder freundlich) so weit "verbiegen" lässt, dass sie sich zum Beispiel in fehlgeleiteter Beute(-fang)motivation, aber auch in übersteigerter Aggressivität zeigt.


    Meinethalben dürfte es gerne eine Kennzeichnungspflicht für JEDEN Hund geben, und eine Datenbank, gerne auch genetisch, die allen Ämtern zur Verfügung steht.

    Dazu einen Hundeführerschein, den jeder Hundehalter vor der Anschaffung eines Hundes machen muss.

    Außerdem eine Vorstellung/Wesensprüfung im Alter von 2 Jahren.


    Damit würden aber die Persönlichkeitsrechte, die "Freiheit" der Menschen arg eingeschränkt - was zu einem Aufschrei führen würde.

  • Die Hunde in unserer Rasseliste hier sind da nicht umsonst.

    Öm, doch sind sie.

    Wie bereits angesprochen wurde - wenn man jetzt mal die bayerische Liste ansieht - die Rasse "Bandog" existiert gar nicht.

    Wie kann sie also berechtigt auf der Liste stehen? Da hat irgendjemand damals "Kampfhund" gegoogled und hat den Begriff vermutlich in diversen (schlecht) übersetzten Berichten zu Angriffen gefunden und hat ihn auf die Liste dazu gekritzelt.

  • Die Absurdität der "Rasse-Listen" ist mir damals so richtig bewusst geworden, als ich McYassi aus dem hessischen Tierheim abgeholt habe.

    Wenn ein Schild an der Autobahn den Unterschied zwischen "Kampfhund" und "Nicht-Kampfhund" macht, ist das einfach nur lächerlich.

  • Zumindest haben diese Listen dazu geführt, dass für das Führen bestimmter Rassen ein Führungszeugnis notwendig wurde - was zumindest den legalen Zugang und das legale Halten von Hunden für ein bestimmtes Klientel verhinderte.


    Das eigentliche Ziel dieser ganzen politischen Maßnahmen war doch, wahrscheinlich gewaltbereiteren Menschen den Zugang zu Hunden zu verwehren, die ein größeres Potential zum Verwirklichen von Gefahr mitbrachten (= Hunde, die zum Kampf zu gebrauchen waren).

    Um auch die illegale Beschaffung zumindest wirksam einzudämmen, wurden dann eben bestimmte Rassen (und deren Phänotypen) gänzlich verboten.


    Dass damit auch vernünftige Hundehalter betroffen waren, war ein Collateralschaden, der in Kauf genommen wurde (bzw. in Kauf genommen werden musste), um überhaupt ein Instrumentarium zur Hand zu haben, um die unmittelbare Gefahr einzudämmen.


    Ein großer Dank an SavoirVivre für ihre Schilderung der Umfeldbedingungen - die für viele, die diese niemals kennen gelernt haben, oft gar nicht oder nur schwer vorstellbar sind.

  • Soweit ich weiß, gibt es keine „angeborene Beißhemmung“ in dem Sinn, dass ein „normaler“ Hund tatsächlich nicht fähig ist zu beißen, wenn ein Gegner deutlich unterlegen ist bzw. sich ergibt. In den 80ern und 90ern noch hat man das tatsächlich noch geglaubt, deshalb greife ich das nochmal auf. Das wäre bei einem Beutegreifer auch ziemlich unpraktisch.


    Was es (nach dem Stand unserer heutigen Wissenschaft) gibt, sind die Regeln der Erhaltung des Selbst, der Familie und der Gattung, die beim Darwinschen Konzept erst dazu führen, dass eine Gattung erfolgreich sein kann. Und dazu gehört beim Hund zum Einen die Prägung auf den Menschen als Sozialpartner (das ist bei sämtlichen gelisteten Rassen auch der Fall), und zum Anderen gute Überlebensstrategien wie nur so viel Energie in einen Konflikt zu stecken, bis er geklärt ist und eigene Verletzungen zu vermeiden. Also eben nicht bis zum Tod zu kämpfen, sondern den Gegner zu vertreiben (bzw. sich selbst vertreiben zu lassen). Das „Aufgabesignal“, das es beim Hund gibt, ist innerartlich. Es hat nicht zwangsweise die Einstellung der Aggression zur Folge.


    Und da geht es auch um Aggression, nicht um Beutefangverhalten. Für die Grube sind die Hunde seinerzeit übers Beutefangverhalten trainiert worden. Was die Besitzer mit Gypsi und Zeus (wohl eher umwissend) auch gemacht haben.


    Es gibt wohl auch genetische Dispositionen für die Erkennung dessen, was potenzielle Beute ist und was nicht. Da ist aber viel auch sozialisationsabhängig.


    Aus dem, was man wissenschaftlich fundiert tatsächlich über Hunde weiss, ist eine generelle Gefährlichkeit bestimmter Rassen tatsächlich schwer zu begründen. Die hessische Verordnung trägt dem zum Beispiel Rechnung, indem sie eingangs formuliert, dass für bestimmte Rassen eine erhöhte Gefährlichkeit vermutet wird. Und das seit etlichen Jahren, ohne dass es jemals wirklich genau evaluiert wurde. Ich finde eine Vermutung als Bestandteil einer Verordnung mit Eingriff ins Recht zur freien Entfaltung nicht gerade zufriedenstellend. Wie unbefriedigend es ist, erlebe ich bei einer anderen Verordnung als Pudelhalterin gerade am eigenen Leib :ugly: Aber das ist ein anderes Thema.


    NRW ist da z. B. mit der 20/40 Regelung noch einen zusätzlichen Weg gegangen, der zwar auch nicht unumstritten ist, aber doch klarere Kriterien hat.


    Die Alternative zum Stand der Verhaltensforschung wäre eine sorgfältige und umfassende Registrierung und Evaluation von Beißvorfällen. Dass es die bei Einführung der Listen nicht gab: Verständlich. Auch dass da heiß gehandelt wurde (wobei es mich persönlich maßlos ärgert, wenn Tragödien und Leid als Politikum missbraucht werden). Aber dass es die jetzt mehr als 20 Jahre später immer noch nicht gibt, das finde ich einigermaßen schwer zu fassen.


    So eine Evaluation ist natürlich schwierig. Auch in den grundlegenden Fragen, wie z. B. was an Gefährlichkeit noch „akzeptabel“ und was deutlich erhöht ist, was in die Wertung fließt und was nicht und adäquate Gegenmaßnahmen sind. Es könnte sehr, sehr gut sein, dass die Ergebnisse einer ganzen Menge Leute mehr nicht gefallen als den Freunden heute gelisteter Rassen.

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