TS-Hund - "und nach 3 Monaten packt er aus"

  • Mir ist der Ausdruck "auspacken" beim Lesen im anderen Thema wieder mal etwas säuerlich aufgestoßen. Er hat unterschwellig etwas Drohendes an sich. Immerhin wurde dort hinzugefügt, dass auch Positives "ausgepackt" werden könne.


    Wir haben seit Ende Mai den siebten Hund aus dem Tierschutz, Inn- und Ausland. Bei keinem davon könnte ich sagen, dass der irgendetwas ausgepackt hat. Die Hunde haben sich eingelebt, eingefügt und auf uns eingestellt. Dies ist ein Prozess, auf den man sich einlassen muss und der nicht immer ganz einfach ist. Am Schwierigsten erscheint mir dabei immer wieder, zu entscheiden, welches eventuell schwierige Verhalten man aussitzen kann und wo man eingreifen muss. Erstaunlicherweise habe ich festgestellt, dass sich tatsächlich so manche zu Anfang anstrengende Verhaltensweisen nach einiger Zeit von selbst erledigt haben.


    Auch bei uns wurde es mit allen Hunden stetig besser und einfacher, aber vielleicht haben wir auch einfach nur ein glückliches Händchen und eine gute Intuition bei der Auswahl der Hunde, die gut in unser Leben passen könnten.

  • Als meine Tierschutzhündin war von Anfang an schlimm ?

    Aber nach ein paar Monaten wurde eher in positive Richtung ausgepackt. Thema ankommen und Zuhause ansprechbar sein.


    Aber es hat definitiv länger gedauert bis sie ihren Charakter zeigen konnte, vorher war Überlebensmodus. Kann mir vorstellen das es in positive oder negative Richtung gehen kann.

  • Hm, ich kann mir vorstellen, zumindest wäre es bei uns bestimmt ähnlich gewesen, dass ErsthundebesitzerInnen einfach viel falsch machen (Stichwort Ruhe zB) und es beim Hund dann einfach nach einer bestimmten Zeit im Gebälk scheppert, wenn sie nicht genug Ruhe bekommen, falsche Signale ("Rangordnungsspielchen") o.ä.

  • Was ist dran am auspacken und wo sind die Hunde, die dann überraschend komplett neue Seiten zeigten, die nicht mit Ehrlichkeit schon von Anfang an zu sehen gewesen wären?

    Das erklärt "packt in 3 Monaten aus" m.E. von alleine.

    Denn wenn man von Anfang an ehrlich hinschauen würde, könnte man es sehen und sich darauf einstellen.


    Im Forum kenne ich solche Sätze nur in Verbindung damit, dass man den Eindruck hat, dass genau das fehlen würde, also ein ehrliches Hinschauen und demzufolge ein vorausschauendes Einschätzen. Quasi also als Hinweis, dass man es tun sollte. Sprich, so etwas sagt man zu "Blindfischen".


    Alle anderen wissen, was sie sich ins Haus holen, wie die Entwicklung voraussichtlich laufen wird. Und bei denen ist "Auspacken" eher ein Synonym für "Angekommen sein". Hat sowohl eine positive, wie es auch eine negative Bedeutung haben kann. Nur eines ist es dann nicht, eine Überraschung.

  • Hier ebenfalls Fehlanzeige.


    Ich habe Kami im Tierheim angetestet und alles was ich dort an Grundcharakter gesehen habe blieb tatsächlich auch so. Ich persönlich hätte aber die Vermittlungsanzeige anders gestaltet.


    Und wir hatten schon Hundeerfahrung mit einem verhaltenskreativen Hund, ich hätte nicht gewusst, was da hätte kommen sollen, was mich aus der Bahn geworfen hätte.


    Einzig der moderate Jagdtrieb, kam erst später, davon hat man bei den Spaziergängen nix gesehen.

    Und ein minimaler Schutztrieb, wobei das klar war. Rumänen fielen für uns schon wegen des oft stärker vorhandenen Territorial- und Schutzverhaltens raus, aber ich finde bei den "Ostblockhunden" ist das immer etwas, was kommen kann, wobei ich das moderat auch wünschenswert finde.


    Und das sie Meisterin der Verhaltensketten ist, das sah man auch erst nach einiger Zeit. Fluch und Seegen :lol:

    Die einzige Überraschung war der Jagdtrieb, aber nach 9 Monaten Training, konnte sie nahezu überall in der Botanik frei laufen.


    Ich sehe eigentlich nur positive Entwicklungen, sie ist selbstbewusster geworden und auch lustiger, aber ihr Grundcharakter ist so geblieben und der macht sie für mich nahezu selbsterziehend. Obwohl sie seit Tag 1 quasi problemlos mitläuft, bin ich sicher hätte sich das bei unerfahrenen Leuten auch in eine weniger optimale Richtung entwickeln können.


    Sie kam in die Wohnung, trank etwas, legte sich in die Mitte des Wohnzimmers und schlief, das beschreibt sie ziemlich gut, stoische Ruhe.

  • Nein sowas kenne ich nicht. Die Hunde verändern sich , aber nicht grundlegend. Gerade von den erwachsenen Hunden die hier einzogen bzw bei mir in Pflege waren hat sich kaum einer großartig verändert. Klar es gibt jene die in der ersten Woche ruhig und still sind und dann aus sich rauskommen (egal ob positiv oder negativ , wenn man das so nennen will) oder viel öfter solche die in den ersten 2 Wochen unheimlich anstrengend sind und dann zur Ruhe kommen. Viele machen nach ca 6 Wochen einen Sprung - fast immer positiv, gerade die unsicheren Hunde. Das könnte man gerne auspacken nennen - aber das ist toll und großartig.


    Vielleicht könnte man meine erste Tierschutzhündin in die Kategorie stecken. Aber gut sie war ca 5 Monate alt als sie hier einzog und 3 Monate später kam sie in die Pubertät . Passt also auch nicht so recht.


    Wenn es Probleme in der Vermittlung gibt dann meistens sofort oder bei Welpen halt später. Das hat aber weniger mit auspacken zu tun als mit der Entwicklung.


    Mag vielleicht sein das viele mit auspacken meinen das der Hund sich traut Unsinn zu machen. Für mich persönlich ist das ein gutes Zeichen, denn ein Hund der Unsinn im Kopf hat fühlt sich wohl. Auch wenn uns das nicht gefällt :D Der Rest ist Erziehung .Richtige Verhaltensprobleme erkennt man meist schneller, zumindest wenn man auf die Signale achtet und hinschaut.

  • Ich schreibe das öfter, dass der Hund erst einige Zeit nach Ankunft - meiner Erfahrung nach aber eher nach 6-8 Wochen - wirklich anfängt, sein „Köfferchen auszupacken“. Im Sinne von „kommt wirklich an und zeigt damit neue oder ausgeprägtere Verhaltensfacetten“. Ob positiv oder negativ liegt im Auge des Betrachters. Drohend finde ich das auch nicht.


    Bei unserem ersten Tierschutzhund gabs das nicht, die war nur schwer krank und musste eine zeitlang gepäppelt werden. Vom Verhalten her ein absoluter Schatz. Die zweite Tierschutzhündin (Vermehrerhündin, die nur im Wohnwagen gehalten wurde) hatte um diese Zeit herum eine Entwicklung zu deutlich mehr Vertrauen in die neue Umgebung und Stubenreinheit. Unsere aktuelle Hündin Lilly hat um diese Zeit herum ausprobiert, aus Angst resultierende Konflikte nicht mehr nur mit Angststarre, sondern auch nach vorne zu lösen - sich den Gassigang also mit den Knurren und den Zähnen vom Hals zu halten. Was von mir positiv gewertet wurde, da es ein Zeichen für Erweiterung der Handlungskompetenzen war. Die Entwicklung lief natürlich noch weiter.


    Während meiner aktiven Tierschutzzeit habe ich es oft erlebt, dass der Hund nach ein paar Wochen ein Verhalten gezeigt hat, von dem durchaus im Vorfeld gewarnt bzw. auf das aufmerksam gemacht wurde, das er laut Besitzer aber „noch nie gezeigt habe“. Auch hier im Forum gabs das schon :smile: Ob der Hund da tatsächlich erstmal Zurückhaltung geübt und erstmal die neue Situation eingeschätzt hat oder ob da Warnzeichen einfach übersehen oder falsch eingeschätzt wurden - :ka:. War aber ein häufigerer Rückgabegrund.


    Die Botschaft ist mMn keineswegs eine Drohung, sondern einfach nur der Hinweis: „Lern Deinen Hund gut kennen und schau, was sich entwickelt (und nicht, was Du sehen möchtest)“. Daran, dass das nicht passiert, sind Vermittlungen nämlich leider schon oft gescheitert.

  • Ich denke, das ist oft einfach tatsächlich als mahnender Zeigefinger an Ersthundehalter gemeint. Vor allem solche, die die erste "Schockstarre" des Hundes für besonderes Bravsein halten, die Vorsicht bei der Erkundung der neuen Situation bereits für eine tolle Bindung... Da ist es nicht verkehrt darauf hinzuweisen, das ist noch nicht alles, da entwickelt sich noch so einiges!


    Im Prinzip gar nix anderes als bei Ersthundehaltern mit ihrem Welpen auch. Da macht es auch oft Sinn, sie dezent darauf hinzuweisen dass der kleine Engel in ein paar Wochen nicht mehr brav hinter ihnen hertappen wird, nicht mehr auf jeden Ruf sofort angesaust kommt, nicht mehr unbedingt mit jedem Hund nett spielen will und vielleicht mehr tut als dem Bambi nur lieb hinterherschauen...

  • Mit "auspacken" meine ich immer, dass der Hund sich so eingelebt hat, dass er sich traut "sein wahres Gesicht" zu zeigen.


    Soll heißen, dass es Hunde gibt, die sich erstmal recht zurückhaltend im neuen Zuhause zeigen, weil sie vielleicht noch zu unsicher/ängstlich sind um bestimmte Verhaltensweisen zu zeigen, dann aber mit wachsender Sicherheit anfangen Verhaltensweisen zu zeigen, die sie zuvor so eben noch nicht gezeigt haben.


    Beispiel: Pflegehund zieht ein, klebt einem ständig am Rockzipfel auf den Spaziergängen, verhält sich auch sonst sehr ruhig auf den Runden. Im Haus eher zurückhaltend, bleibt mit anderen Hunden auch mal kürzere Zeit alleine.


    Hätte ich den Hund, so beschrieben, innerhalb der ersten Zeit vermittelt, hätten die Leute ihr blaues Wunder erlebt, denn nach und nach fühlte sich dieser Hund immer sicherer und hat dementsprechend auch Verhaltensweisen gezeigt, die so vorher nicht erkennbar waren.


    Insgesamt war der Hund 6 Monate bei mir in Pflege, auf den Spaziergängen wurde er mutiger, sein Dunstkreis größer. Er fing an sich unglaublich auf mich zu fixieren, alleine bleiben war kaum mehr möglich (macht vielleicht auch Sinn, dass er diesbezüglich Ängste hatte, laut Verein würde er im Wald ausgesetzt). Bei jedem Versuch den Hund zu streicheln/zu berühren fing dieser an wie besessen auf den Händen herumzukauen, damit war klar, dass ein Haushalt mit kleinen Kindern nicht in Frage kommt, weil das ne Menge Training/Geduld gebraucht hat um das runterzuschrauben.


    Man hat den Hund erst nach einiger Zeit richtig kennen gelernt und dementsprechend einschätzen können.


    Es ist ja auch so, dass die Hunde aus Vereinen und Orgas oft ganz anders leben ( das könnte zum Beispiel Gruppenhaltung, wenig Kontakt zum Menschen sein). Wenn dazu noch kommt, dass der Hund aus dem Ausland kommt und es gar nicht kennt mit dem Menschen in einem Haus zu leben, kommen da nochmal andere Punkte hinzu.


    Ist letztendlich nichts schlimmes oder unnormales, dass Hunde mit der Zeit "so richtig auspacken".


    Ich stell es mir immer so vor, dass diese Hunde sich viel in ihrem Leben anpassen mussten und sich stets nur trauten einen kleinen Teil aus ihrem mitgebrachten Köfferchen auszupacken, vielleicht die Zahnbürste und Zahnpasta. Nach einiger Zeit stellen sie dann fest, dass sie sich so wohlfühlen, dass sie davon ausgehen länger zu bleiben und packen dann schließlich den ganzen Koffer aus :)


    Es ist gut zu wissen, dass es solche Hunde gibt, damit man entsprechend drauf eingeht und weiß worauf man sich eingelassen hat, denn nicht selten kommen Hunde zu den Vereinen/Orgas zurück, weil die Leute mit einer Veränderung im neuen Zuhause nicht gerechnet haben.

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