TS-Hund - "und nach 3 Monaten packt er aus"

  • Da sieht man mal wieder, wie wichtig es ist, sich über die Definition von Begrifflichkeiten auzutauschen. Das Beispiel mit dem "Köfferchen, dass der Hund auspackt, wenn er sich zuhause fühlt" als Synonym für "er fühlt sich jetzt so sicher, dass er seine Persönlichkeit zeigt" finde ich sehr nett. Vielleicht kommt der bedrohliche Klang des Wortes "auspacken" ja in meinen Ohren aus den Krimis, wo der Verdächtige im schummrigen Verhörraum sitzt, mit einer Lampe geblendet und angeschrien wird, er solle doch endlich auspacken. :ka:

  • Ich kenne es aus der Jugendhilfe. Da heißt es entweder, wenn ein Kind ein paar Wochen da ist "jetzt hat er / sie die Koffer ausgepackt" (zum ersten Mal frech geworden o.ä.).

    Bei Silver war es so, dass mein Mann und ich mit 'liebevollem Spott' immer gesagt haben "Warte mal...." Weil uns das Auspacken auch prophezeit wurde. Da ich hier von vornherein wirklich viel mitgenommen habe, teils verzweifelt, teils ängstlich, teils einfach optimistisch war und immer irgendwen fragen konnte, haben wir das glaub ich ganz gut abgefedert. (nochmal #teamruhe :) ) und das Auspacken begleitet. Es war allerdings keine Wesensveränderung oder so. Ich hab sie einfach falsch gelesen, weil Hundesprachenlegasthenikerin gewesen. Jetzt bin ich so auf Grundschulniveau. Es wird.

  • Naja..."auspacken" kann für Ersthundehalter schon heftig werden...wurde ja auch schon geschrieben.

    Ich nehme jetzt mal unser Tierheim aus der Nähe....da werden die Hunde regelmäßig aus der Smeura rangeholt. Also ehemalige Straßenhunde.

    Angeboten werden die Hunde einfach als Mixe oder als Schäfimix oder als Labbimix, gerne auch süße Welpen. Sehe ich mir die Bilder an, ist da fast immer eine gewaltige Portion HSH dabei. Die Beschreibungen dazu sind dann recht hübsch. ..."ein Rohdiamant", "ein Goldstück", "ein Schmuser"...alle werden mit etwas Geduld supertolle Familienhunde, freuen sich über eine liebevolle Familie, werden mit etwas Agility und Hundeschule zu treuen und dankbaren Begleitern....usw. Also die üblichen Beschreibungen.

    Als Ersthundehalter holst du dir so nen "Rohdiamanten" nach Hause und freust dich, dass dieser erstmal diamantmäßig die Wohnimmerecke ziert. Weiß der dankbare Hund dann, wie der Hase läuft in seinem neuen Heim, "packt" er aus und fängt an zu jagen, zu bellen, zu hüten, Sofas und Kissen auf innere Werte zu prüfen usw.

    Als Ersthundehalter kann man das nicht vorhersehen....denke ich.

    Hat man wenigstens etwas Plan von der Materie Hund, sieht man im Vorfeld schon Hunderassen, die im "Labbimix" eher enthalten sind, als der Labbi und kann zumindest ne gedankliche Prognose erstellen und sich entsprechend einrichten.Dann packt halt der Hund nicht aus, sondern entwickelt sich wie erwartet oder man lenkt von Anfang an in eine andere Richtung.

  • Ausgepackt in dem Sinne hat Vespa nicht. Was aber schon aufgefallen ist, war ihre Reaktion auf „Tadel“. Anfangs reichte ein strenger Blick und sie reagierte sofort und krebste zurück. Das hat sich dann nach paar Wochen deutlich geändert und Korrekturen dürfen auch heute noch recht klar sein. Das beeindruckt sie auch nicht sonderlich nachhaltig. Ihre freche und auch eher dickfellige Seite war also anfangs noch nicht ersichtlich, sie hat halt kleine Brötchen gebacken. Ich fand das nicht weiter überraschend - aber hätte ich bewusst nach einem sehr leicht und nachhaltig zu beeindruckenden Hund gesucht, wärs ein Griff ins Klo gewesen.

  • Ich kenne das in der Form auch tatsächlich nur als Mahnung aus diversen Foren, aber nicht aus dem wirklichen Leben. Wobei es vielleicht auch wieder darauf ankommt, was genau man darunter versteht :denker:


    Einen Jagdhund, der anfangs zu eingeschüchtert ist, um jagen zu gehen oder einen territorialen Hund, der erst anfängt, das Grundstück zu bewachen, wenn er sich eingelebt hat... Das würde ich jetzt tatsächlich nicht als "auspacken" bezeichnen. Genauso wenig, wenn ein noch nicht ausgereifter Hund mit der Zeit erwachsen wird und sich auch so benimmt.


    Aus persönlicher Erfahrung:


    Hund 1, mit 1 Jahr eingezogen, da schon mit Vorsicht zu genießen in Bezug auf andere Hunde, war später dann größtenteils unverträglich, was absehbar war und bei einem AmStaff auch nicht ungewöhnlich ist.


    Hund 2, Jagdhund-Mix, mit 2 Jahren eingezogen, ist einfach mit der Zeit sicherer geworden und hat sich ansonsten nicht verändert. Ist weiter nett mit allem und jedem.


    Pflegi, Jagdhund-Mix, 2 Jahre und war 6 Monate hier. War anfangs eine totale Katastrophe da beständig auf 180. Hat hier gelernt, zur Ruhe zu kommen und wurde richtig gut händelbar. Ansonsten eine unkomplizierte Schmusebacke, was er auch im neuen zu Hause geblieben ist.


    Und noch der Wuff von meinen Eltern, mit 6 Jahren aus dem TH geholt (hat vorher aber schon in einer Familie gelebt), der hat sich eigentlich gar nicht verändert.


    Ansonsten kenne ich halt noch viele TS-Hunde, die man so beim Spaziergang trifft. Da wüsste ich jetzt auch von keinem, der in negativem Sinn "ausgepackt" hätte.


    Ich glaube, oft ist damit einfach gemeint, dass man darauf gefasst sein sollte, dass Hund eventuell grad einfach noch zu verunsichert ist, um sein ganzes Verhaltensrepertoire zu zeigen. Besonders bei Hunden, die bis vor kurzem noch unter völlig anderen Bedingungen gelebt haben.

    Ich finde diese "Warnung" grad bei Hundeanfängern durchaus nicht verkehrt, es kommt nur manchmal nicht so ganz rüber, was man damit meint.

    Und natürlich wird das leider wie vieles dann teils auch übertrieben, wodurch man das Gefühl bekommt, jeder Hund aus 2. Hand ist eine tickende Zeitbombe und die Katastrophe eigentlich schon vorprogrammiert. Finde ich auch schade.

  • Ich kenne das eher in Zusammenhang mit Auslandshunden welche noch gar nicht in Deutschland sind. Wo die Hunde direkt vom Flughafen abgeholt werden und zu ihren neuen Besitzern kommen. Das Leben hier also auch noch gar nicht kennen und aus völlig anderen Verhältnissen stammen.


    Da kenne ich es eben, dass man den Hunden erstmal Zeit zum ankommen und einleben lassen soll bevor man zu schnell Rückschlüsse zieht. Der Hund muss halt erstmal „auspacken“.

  • Was ist dran am auspacken und wo sind die Hunde, die dann überraschend komplett neue Seiten zeigten, die nicht mit Ehrlichkeit schon von Anfang an zu sehen gewesen wären?


    Ich würde das "vorher schon sichtbar" nicht auf Ehrlichkeit reduzieren. Gerade beim ersten Hund (oder auch beim ersten Hund vom Typ xyz) fehlt dem Menschen die Erfahrung um die ersten Anzeichen zu sehen. Und weil das nur bei unerwünschtem Verhalten zu echten Überraschungen führt (bei erwünschtem Verhalten schreibt man es vermutlicher eher einem Erziehungserfolg zu, wenn der Hund nach einigen Wochen plötzlich genau das tut, was man sich gewünscht hat), wird "auspacken" eben häufig mit "unerwartet" auftretenden Baustellen assoziiert.


    Wenn meine Erinnerung nicht völlig falsch ist, dann hat es nur 4-5 Wochen gedauert, bis meine erste Hündin für mich erkennbare Absichten in Richtung "gepflegte Kneipenschlägerei" zeigte. Aber ich bin sicher, dass ein erfahrener Mensch das schon viel früher erkannt hätte als ich. Da passte das mit dem "Auspacken" durchaus, auch wenn es damals niemand so nannte.

  • Wir hatten in der Familie immer erwachsene Tierschutzhunde und der Charakter des Hundes, das positive und negative Verhalten hat sich immer anfangs schon gezeigt. Es gab kein Auspacken. Ich habe seit einem Jahr meine erste eigene Tierschutzhündin und ich fand die ersten Wochen/ Monate am anstrengendsten. Man muss sich aneinander gewöhnen... Das negative Verhalten wird immer besser mittlerweile und ich kann keinerlei Steigerung feststellen, genau das Gegenteil...

    Ich denke aber schon, dass dies stark davon abhängt, wie gut man die Hunde anfangs lesen kann.

  • Das Beispiel mit dem "Köfferchen, dass der Hund auspackt, wenn er sich zuhause fühlt" als Synonym für "er fühlt sich jetzt so sicher, dass er seine Persönlichkeit zeigt

    Ja, ich finde auch, dass das eine treffende Beschreibung ist.


    Ich kenns von mehreren Hunden so. Die kommen hier an, lernen das Leben hier kennen und wenn sie allmählich wissen, wie es hier läuft, kommen sie immer mehr aus sich raus. Ich seh das als bereits vorhandene Verhaltensweisen, die einfach vorher von all dem Neuen überlagert waren.


    Das kann was Angenehmes sein, aber es kann halt auch was Schwieriges sein.


    Ähnlich ists bei rassetypischen Eigenschaften, die erst mit einem gewissen Entwicklungsgrad ausgepackt werden - bei HSH ist das gern mit 2 - 3 Jahren so. Da gibts tatsächlich genug Leuts, die bis dahin dachten, sie hätten doch da einen superverträglichen, überall-hin-Begleiter an der Leine, bis der seine Genetik auspackt, ausschüttelt und frisch gebügelt anzieht. Das ist auch "Auspacken" - nur in einer anderen Variante.


    Mein schönstes Erlebnis in Sachen "Auspacken" eines neuangekommenen TS-Hundes war mein Doggen-Mädel Doba. Die kam furchtbar ängstlich an und konnte nach etwa 6 Monaten ihr wahres Wesen erst so richtig zeigen. Sie war unsere "Mutter Oberin" hier auf der Ranch, ein herzensguter Hund, der andere Hunde unter seine Fittiche genommen hat, auf tüdelige Hunde-Ömchen aufgepasst hat und sogar Stützrad beim Vestibular-Syndrom der Omi gespielt hat.

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