Junghund (Straßenhund) Gassitraining

  • Hallo zusammen,


    an dieser Stelle erst einmal ein herzliches "Hallo" und danke für die Aufnahme bei euch :)

    Wir haben vor zwei Monaten einen jungen Straßenhund (damals knapp vier Monate alt) aus dem Ausland bei uns aufgenommen. Aus Kindheitstagen besteht bereits etwas Erfahrung in Umgang und Erziehung mit Hunden, ist aber natürlich einige Zeit her. Zudem haben wir immer wieder vorübergehend Hunde von Freunden beherbergt und Tierheimhunde ausgeführt.


    Mit unserem eigenen Kleinen läuft es soweit "okay". Er hat sich relativ schnell an uns sowie Haus und Garten gewöhnt und fühlt sich hier definitiv wohl. Stubenreinheit, etc. hat schnell geklappt. Er ist generell eher ein ruhiger Zeitgenosse, bellt mit wenigen Ausnahmen nicht, etc. Das Spielen klappt ohne Probleme (bzw. mit viel Spaß) und auch die ersten Kommandos wie "Aus" oder "Sitz" funktionieren inzwischen sehr gut.

    Problematisch wurde es mit dem Hören auf uns/seinen Namen – die ersten zwei bis drei Wochen war es im herzlich egal, wenn wir ihn gerufen haben. Egal ob im Haus, Garten oder (angeleint) auf der Straße: Das Rufen des Namens hat quasi keine Reaktion bei ihm hervorgerufen. Auch hier ist es inzwischen besser, wir sind aber noch viel am Trainieren.


    Nun aber zum eigentlichen Thema und dem Grund dieses Posts – das Gassigehen:

    Dies funktioniert nämlich noch sehr schlecht. Im Prinzip haben wir hier zwei Extreme:


    1) Meistens möchte er einfach nicht wirklich gehen. Die ersten zwei Wochen war es fast unmöglich überhaupt vom Grundstück zu kommen. Soweit ich das einschätzen kann, ist das für sehr junge Hunde jedoch noch relativ normal, wir sind hier mit viel Geduld immer besser geworden. Jetzt hakt es aber seit mehreren Wochen quasi ab Ende der Straße. Er schnuppert interessiert an Zäunen & Co. aber irgendwann "reicht" es dann und er zieht zurück. Kommen wir dem nicht nach wird sich erst einmal hingesetzt und die Hinterradbremse gezogen ;). Egal ob mit Zureden, Ignorieren oder leichten Impulsen – er mag dann partout nicht mehr weiter. Zurück ist dann jedoch sehr beliebt, eben Hauptsache nicht mehr weiter. Noch problematischer ist dies bei externen Eindrücken; sobald in der Entfernung ein Hund bellt, er Menschen/Kinder hinter Zäunen sieht/hört wird er sehr defensiv, fährt den Schwanz ein und beobachtet. An ein Gehen ist in diesem Sinne nicht zu denken. Anfangs dachten wir, dass sich dies über die Routine und Gewöhnung legt. Nach zwei Monaten haben wir hier aber wie gesagt kaum Verbesserung und machen uns langsam Sorgen.


    2) Auch wegen 1) haben wir inzwischen öfter einmal das Auto genommen und sind in abgelegene Waldstücke o. Ä. gefahren. In der Tat bewegt er sich hier deutlich aktiver und freier. Solange keine anderen Hunde oder Menschen kommen, kommen wir gut voran – zu gut leider:

    Er zieht wie ein Irrer an der Leine. Soweit verständlich, es ist aufregend, etc. Das kennen wir auch von den früheren Hunden. Hier ließ sich dies aber relativ gut mit klaren Ansagen von unserer Seite unterbinden. Start-Stopp, auf Kniehöhe bestehen, "lockere Leine" und auch Richtungswechsel haben sonst immer schnell geholfen. Dieses Mal sehen wir jedoch auch hier 0,0 Verbesserungen. Er zieht und zieht, ist mit den Gedanken also überall aber nicht bei uns.


    Allgemein könnte man also sagen, dass er, sobald wir außer Haus sind, keine Aufmerksamkeit mehr für uns hat. Wir arbeiten seit 8 Wochen mit einer Trainerin vor Ort welche u. a. die "typischen" Trainings (siehe vorheriger Absatz) mit uns durchspricht. Wie gesagt sehen wir aber kaum Verbesserung. Ihrer Aussage machen wir die verschiedenen Übungen (in ihrem Beisein) korrekt – ansonsten üben wir fast täglich. Es liegt also entweder am etwas schwierigen Charakter unseres Hundes, an der (falschen?) Trainings oder unserer Ungeduld ;).


    Lange Rede, kurzer Sinn:

    Wie habt ihr die ersten Wochen/Monate Gassitraining gehandlelt? Habt ihr versucht bei wirklich jedem Gang zu "trainieren", d. h. sehr hart bestanden auf z. B. Kniehöhe, etc. oder gab es spezielle Trainingsgänge 1x am Tag.

    Habt ihr allgemeine Tipps?


    Ursprünglich wollten wir ab kommenden WE in Gruppentrainings. Voraussetzung dafür ist aber u. a. (grundlegender) Gehorrsam des Hundes bei Gassi, auf Zuruf, etc. – und das ist eben noch nicht der Fall.


    Liebe Grüße :)

  • Hallo :)


    Mir fehlt die Erfahrung mit Hunden aus dem Tierschutz aber Junghunde die wie bekloppt ziehen kenne ich. :ugly:


    Wir trainieren nicht immer sondern unser darf ziehen wenn wir die Leine im hinteren Ring des Geschirrs einhängen.

    Wenn er allerdings durchgehend zieht rufen wir ihn ran, setzen ihn ab, atmen durch und dann geht es wieder weiter. ;)


    Das richtige Fuß gehen übe ich nur in kurzen Sequenzen und zu Beginn auch ohne Ablenkung.


    Macht ihr auch für den Hund schöne Dinge um seine Aufmerksamkeit zu bekommen? Wir waren erst vor kurzem bei einem Training zu genau dem Thema und haben dort, allerdings passend zu unseren Pudel, gelernt wie man spannender wird.

  • Sehr viel, eher viel zu viele, Trainingsversuche für sehr wenig Zeit.

    Ferndiagnose: sehr unsicherer, nicht auf die hier üblichen Umweltreize sozialisierter Hund, der draußen völlig reizgeflasht ist und gar nicht hören kann, weil viel zu hoher Stresslevel.


    Was hilft: Zeit. Geduld. Geduld. Zeit. Ansprüche massiv zurück schrauben. Routine. Sicherheit geben.


    Hat er irgendwo die Möglichkeit in abhausicherer Umgebung etwas frei zu laufen? (Bzw bewegt er sich im Garten halbwegs?)

  • Im Haus erkundet und erschnuppert er interessiert jede Ecke (nur die obere Treppe sieht wohl noch zu gefährlich aus halo-dog-face ). Garten ist ebenfalls bereits ausgiebig besichtigt. Er hat seinen Platz im Schatten wo er tagsüber gerne am dösen ist, ansonsten erkundet er aber auch eigenhändig alle anderen Orte bzw. folgt uns interessiert, wenn wir irgendwo hingehen.

    Es ist wirklich nur ab verlassen der Haustür schwer und auch eher dann, sofern Ablenkung da ist. Wie gesagt, im einsamen Wald kann man ihn kaum halten.


    Vermutlich hast du Recht; wir verlangen zu viel. Nach einigem Lesen hier im Forum haben wir bewusst versucht eigentlich nicht "zu viel" zu wollen – aber wer weiß, ob wir noch immer zu viel wollen. Da kommt sicherlich auch die fehlende Erfahrung durch bei uns mit jungen, untrainierten Hunden :).

  • Aus welchem Land kommt der Hund und was für eine ungefähre Mischung ist er? Habt ihr da eine Ahnung?

    Klassisch Rumänien. Rasse ist daher schwer, da keine Info seitens der Organisation. Optisch gefühlt ein Mix aus Schäferhund und Dackel :D.

    Momentanes Gewicht sind 9KG bei Höhe etwas unter Kniescheibe. Die Tierärztin schätzt ihn ausgewachsen auf ca. 12KG.

  • Danke auch für deine Antwort.


    Das mit dem ranziehen werden wir auch mal probieren. Haben ihn bisher etwas vorsichtig nur nicht "weiter" gelassen – aber eben auch nicht versucht zurückzuholen. Was uns verwundert ist die Tatsache, dass er uns auch dann nicht wahrnimmt, wenn wir ihn mit Leine stoppen: Er dreht sich nicht um, schaut uns nicht an (auch nicht bei akustischen Signalen) sondern versucht weiter stur gegen den Wiederstand zu laufen.


    Kannst du den unteren Punkt etwas mehr erläutern? Wir versuchen am Tag immer wieder Spielsessions von 5-10min einzusträuen. Dazu natürlich viel streicheln, kuscheln, Leckerli.

  • Mein Rumäne verhält sich auch so, dass er sich immer alles erst einmal in Ruhe anschauen will, wenn es nach ihm ginge, könnte man auch eine Stunde auf der Stelle stehen und nur gucken ;-)


    Irgendwie steckt das wohl bei denen drin. Es braucht Zeit und jede Menge Geduld.

  • Ich glaub nicht, dass das "Rumänien-spezifisch" ist, sondern ein Stück weit "Strassenhund-spezifisch" (egal aus welchem Land).

    Wenn man sich das Leben dieser Hunde auf der Straße mal vorstellt, ist dann so ein Verhalten nicht ganz normal?

    Auf der Straße hat doch nur ständiges "Auf der Hut sein" das Überleben gesichert. Da waren viele Gefahren, andere Hunde die einem das gefundene Futter wegnehmen wollen, Autos etc die gefährlich sind, Menschen, die den Hund vielleicht treten, verjagen usw.

    Wie soll denn so ein Hund es entspannt genießen, wenn er "Gacssi gehen" soll und dazu die Umgebung, in der er sich jetzt erstmal sicher fühlt, verlassen muss?


    Dazu braucht es doch erst mal ganz viel Sicherheit, Geborgenheit und Vertrauen (und das wiederum braucht Geduld) und wohl noch kein reglementiert Gehen in Kniescheibe usw.

  • Eulili



    So straßenerfahren kann ein damals 4 Monate alter Hund, der mindestens 21 Tage in nem Shelter gewesen sein muss, wegen der Impfungen, allerdings nicht sein.

    Je nach dem, wie lange bzw ab wann die Welpen im Shelter waren und wie engagiert mit ihnen umgegangen wurden, haben "Shelterwelpen" und Junghunde oft sogar Entwicklungsnachteile im Gegensatz zum klassischen Straßenhund, weil sie im besonders relevanten Zeitfenster weniger Umwelterfahrungen gemacht haben und womöglich nur Sheltermassenzwinger kennen, also oft schlechtere Voraussetzungen haben als Junghunde, die die "echte" Welt schon ein bisschen kennen.

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