Dieser fürchterliche Schmerz

  • Hallo,


    meine kleine Kimi ist letzte Woche am 19.8.20 gestorben, sie wäre ietzt im November 15 Jahre alt geworden. Auch wenn ich sehr lange nicht mehr hier war so hoffe ich, dass ich in irgendeiner Form Halt finden kann. Ich habe gerade schon versucht "Trost" zu finden, indem ich andere Abschieds-Threads und deren Antworten gelesen habe... irgendetwas, was diesen fürchterlichen Schmerz erträglicher macht. Ich stehe noch immer unter Schock, es ist, als ob ich mit meiner kleinen Maus gestorben bin und ich mir selbst nur noch zuschaue bei dem was ich tue. Alles was hilfreich sein könnte, der Gedanke an die Regenbogenbrücke etc., macht es nur noch schlimmer. Ich habe einfach noch keinen Weg gefunden mit der Trauer umzugehen. Im Gegenteil. Sollte sie über die Regenbogenbrücke gegangen sein und dort auf mich warten, was für viele irgendwie ja ein Trost ist, dann würde ich ihr in dieser Gewissheit sofort folgen. Ich habe nichts und niemanden mehr geliebt als sie, daher gäbe es für mich auch nicht diese tröstende Option auf "irgendwann", sondern nur ein sofort. Um es "hier" weiter auszuhalten hilft mir somit einzig der Gedanke bzw. die Vorstellung, dass es NICHTS nach dem Tod gibt. Sie ist nirgendwo, an keinem "Ort, wo sich mich vermisst, sie weiß nicht dass sie gestorben ist, sie muss nicht auf mich warten, es ist einfach nur "Nichts". Es mag befremdlich klingen, aber anders ist es noch unerträglicher für mich. Ich versuche vielmehr irgendetwas zu finden was mir sagt, dass sie in ihren letzten Minuten nur eingeschlafen ist und sich dessen nicht bewusst war, dass sie stirbt. Dass sie wusste und noch fühlte, als mich ihr Anfall (wie ein epileptischer Anfall) weckte und ich sie neben mir vom Kissen hochnahm, dass ich da bin und sie einfach nur wieder einschläft und nicht stirbt. Sie war schwer krank, sie litt an einem immer weiter fortschreitenden Trachealkollaps, Herzproblemen, Leistenbruch... wir hatten regelmäßige Termine beim TA, sie bekam mittlerweile schon viele Medikamente und dennoch: sie hatte sich in den letzten Jahren vom Wesen her und auch optisch nicht bzw. kaum verändert. Sie war weder blind, noch taub und sie hatte noch alle Zähne, sie schlief nicht mehr oder weniger als die Jahre zuvor. Einzig das Laufen fiel ihr immer schwerer. In den letzten Wochen knickte sie immer mal wieder ein, sie ging dann aber weiter als ob nichts gewesen wäre. Dann nahm in den letzten Monaten der Husten durch den Trachealkollaps immer mehr Überhand, selbst unter dem andauernden Husten wedelte sie aber noch mit dem Schwanz, wollte spielen, trug hustend ihren Kong (ihr Lieblingsspielzeug) im Schnäuzchen zu mir, wollte schnellstens zur Tür wenn es schellte, was aber nicht mehr ganz so schnell funktionierte, sie war bis zum letzten Tag voller Energie und Lebensfreude. Dennoch gab es da so ein Gefühl...auch der TA sprach es mittlerweile vorsichtig an, es war dennoch irgendwie nie "nah" bei mir, ich ließ es vielleicht aber auch nicht zu und verdrängte es. So wie ich mich zuvor auch niemals mit diesem Gedanken befassen konnte, es war mir schlichtweg unmöglich, weil dieser Gedanke schon unerträglich war für mich. Ich hatte unsagbare Angst vor dem Tag an dem ihr Blick mir sagte "ich will und kann nicht mehr", so wie man ja auch oft ließt. Dieser Blick... er kam nie, auch nicht in ihren letzten Minuten. Wir waren in all den Jahren nie länger als mal ein paar Stunden getrennt, sie war mein ein- und alles und ich habe alles für sie getan, ich weiß, dass ich hier niemandem erklären muss wie innig, bedingungslos und tief diese Liebe ist - und auch umgekehrt.


    Ich suche nach einem Strohhalm an den ich mich klammern kann, an etwas was mir sagt "ich habe nichts falsch gemacht". Dass sie nicht in der Gewissheit gegangen ist dass sie stirbt und dass sie nicht das gefühlt hat was ich gefühlt habe als sie in meinen Armen gestorben ist. Ich wollte ihr Ruhe vermitteln, ich sagte ihr "es ist alles gut", ich wollte nicht dass sie spürt dass auch ein Teil von mir stirbt. Es ging alles so schnell, ihr Husten wurde am Dienstagabend wieder schlimmer, wobei er so gut wie immer da war, es gab keine Chance auf eine OP (für einen Stenz), das hätte ihr Herz nicht mehr mitgemacht. Ich schlief ja seit vielen Jahren auf einem flachen Luftbett im Wohnzimmer wegen meiner Kleinen, da sie aufgrund ihrer Gelenke, was sie aber schon in jungen Jahren hatte, nicht mehr hoch ins Bett kam bzw., selbst mit einem davor gestellten Treppchen war es heikel, da ich Angst hatte, dass sie sich beim Herabsteigen Nachts verletzten könnte. Daher der Umzug auf die flache Luftmatratze ins Wohnzimmer. Dort schliefen wir dann zuerst ein nachdem sie, wie öfters in der letzten Zeit, unruhig und hustend umherging. Um 5:45 Uhr wurde ich dann wach von ihrem heftigen Zittern. Sie lag neben mir, auf dem Bauch, halb nach vorne runtergerutscht von ihrem Kissen, ich umfasste sie (fast panisch, auch wenn ich ruhig bleiben wollte) hinter den Vorderbeinchen und zog sie hoch, das extreme Zittern hörte in dem Moment schlagartig auf. Sie fühlte sich leblos an, nicht verkrampft oder Ähnliches, nur völlig leblos, ihr Atem war ganz flach und sie reagierte auch nicht. Ich habe dann wie im Reflex versucht sie zu beatmen, aber sie wurde immer ruhiger, blutete etwas aus der Nase, und ich nahm dann ihr Köpfchen in beide Hände und sprach mit ihr. Das alles gut sein, dass sie gehen kann wenn sie möchte, dass ich bei ihr bin. Dann schlief sie ein.. am späten Nachmittag kam der Bestatter und holte meine kleine Maus ab. Ich hatte sie in ihr Körbchen gebettet, in dem sie immer lag wenn ich im Arbeitszimmer am Schreibtisch saß. Zugedeckt habe ich sie mit dem T-Shirt was ich in der Nacht trug und ich habe ihr ihren Kong mitgegeben. Ich selbst habe regelrechte Filmrisse von dem Tag, mein Lebenspartner (wir wohnen nicht zusammen) hat das mit dem Bestatter dann in die Wege geleitet. Wie haben die gemeinsame Zeit am Tag noch genutzt für den Abschied, wie nahmen sie in unsere Mitte und lagen noch einige Stunden zusammen mit ihr auf dem Bett. Der völlige Zusammenbruch meinerseits kam erst dann, als sie weg war, als ob ich erst da realisierte was passiert ist. Als ob ich bis zuletzt stark sein wollte für sie. Auch jetzt, wo ich all dies schreibe, fühlt es sich an als ob ich neben mir stehe. Ich schreibe, und es geht irgendwie gar nicht um meine kleine Maus. Ich schlafe seitdem nur noch phasenweise, wache schweißgebadet auf, kann nichts essen und will niemanden sehen.


    Ich hoffe dieser unsägliche Schmerz wird irgendwann einmal besser. Ich habe schon einige Schicksalschläge hinnehmen müssen in meinem Leben, so auch den Tod meines damaligen Lebensgefährten, der 2017 an Krebs gestorben ist (sein Geburtstag ist jetzt auch Kimis Todestag...der 19.8.). Meine Mutter ist im darauffolgenden Jahr an Demenz erkrankt und musste in ein Pflegeheim. All dies ist nicht vergleichbar mit dem was ich jetzt gerade durchmache.


    Ich musste mir das alles jetzt einfach mal von der Seele schreiben. In der Gewissheit, dass ich hier bzgl der Trauer auch verstanden werde und wahrscheinlich in der Hoffnung, dass es irgendwie dazu beiträgt, dass es mir dann etwas besser geht.



    Karin

  • Hallo Karin,


    Dein Post hat mich gerade sehr berührt. Ich kenne diese Gefühle die du hier beschreibst sehr gut, und auch diese ewig langen schlaflosen Nächte.
    Ich weiß garnicht so Recht was ich nun schreiben soll, aber ich weiß wie das ist, wenn man in diesen langen Nächten dann meist allein ist, weil rundherum schon alles schläft, man zermürbt sich noch mehr den Kopf. Mir hat es in solchen Momenten immer geholfen, Jemandem einfach von den schönen und fröhlichen Seiten meines geliebten Tieres zu erzählen - wenn du magst.


    Ich kann diesen unsagbaren Schmerz, den der Verlust deiner geliebten Kimi auslöst sehr gut nachvollziehen... wir haben alle diesen einen Herzenshund, dessen Verlust ist mit nichts vergleichbar oder aufzuwiegen.

    Ich bin mir aber sicher, dass du in dieser Situation alles richtig gemacht hast, indem du einfach bei ihr warst, und sie deine Liebe und Nähe bis zur letzten Sekunde gespürt hat. Sie ist eingeschlafen, und sie ist hin gegangen wo immer du sie dir vorstellst. Ob das nun eine Regenbogenbrücke ist, oder eben ein "nichts". Schlussendlich tragen wir sie sowieso immer in unseren Herzen bei uns. :bussi:

  • Hallo bobbysgirl.


    ich wünschte, ich könnte jetzt von den schönen und fröhlichen Seiten erzählen. Aber es tut zu weh, vielleicht gerade noch zum jetzigen Zeitpunkt, ich müsste jetzt knapp 15 Jahre in Worte fassen, da jeder einzelne Tag mit und durch sie ein solcher war. Auch wenn es ihr mal nicht gut ging, sie war die pure Lebensfreude und ein Sonnenschein, sie hat es sich nie anmerken lassen. Davon ganz abgesehen hat sie mich in schwierigen Zeiten vor großen Dummheiten bewahrt....allein schon wie sie mich gefunden hat 2005, als sie zu mir und in mein Leben kam, war nicht der ganz "normale Weg".


    Deine Zeilen tun mir dennoch gut, ich Danke Dir aus ganzem Herzen dafür. Auch wenn ich dieses fürchterliche Gefühl habe, dass mir nur die absolute Gewissheit helfen könnte die Trauer irgendwie zu verarbeiten, dass sie mich noch wahrgenommen hat in den letzten Minuten. Das sie alles gehört und gefühlt hat, dass sie nicht gelitten hat (das wäre die Hölle für mich) und auch gehen wollte. Auch wenn ich es glauben MÖCHTE, ich weiß es ja dennoch nicht sicher und ich werde die Gewissheit auch nie haben. Dazu diese Hilflosigkeit... sie hat mir nicht nur einmal das Leben gerettet und ich habe es nicht geschafft ihres zu retten. Wäre ich doch vielleicht nur eine Minute früher aufgewacht, vielleicht habe ich auch ihr Blicke an dem Abend nicht richtig gedeutet bevor sich sich zu mir legte. Sie waren anders, aber es war nicht dieser Blick der einem sagt "ich möchte nicht mehr". Es sind erst jetzt die Kleinigkeiten die mir auffallen bzw. die sich anders für mich deuten. In den Tagen zuvor setzte sie sich Abends oft vor mich hin, sie schaute mich an, sehr lange zum Teil. Ich frage mich ob sie mir etwas sagen wollte und falls ja, warum habe ich es nicht verstanden.


    Vielleicht verzerrt der Schmerz das alles noch. Der Bestatter bringt sie mir in dieser Woche zurück, in der Urne sie ich ausgesucht hatte. Ich habe seit gestern Angst davor... Angst davor sie so zu "sehen", dass ihre Asche (dass SIE) dort drin ist. Als ob mir dadurch vor Augen geführt wird, dass das alles kein böser Albtraum ist gerade. Ich komme damit überhaupt nicht zurecht im Moment, alles fühlt sich seid ihrem Tod im Wechsel immer falsch und richtig an.



    Es ist mir auf jeden Fall eine große Hilfe mit meinen Gefühlen und der Trauer hier nicht alleine zu sein. Danke...



    Karin

  • Hallo. Ich hatte gerade mehr als Tränen in den Augen und es hat mich sehr berührt deinen Text zu lesen.

    Wir mussten auch letztes Jahr unseren Familienhund einschläfern & ich kann dich so gut verstehen. Mein aller erster Hund & ich dachte wirklich ich sterbe mit. Ich war so unendlich traurig und mich quälten auch die Gedanken, dass er es vielleicht mit bekommt. Ich hatte regelrecht ein schlechtes Gewissen diese Entscheidung für ihn treffen zu müssen. ABER! Wenn es nicht mehr geht, geht es nicht mehr und dein Hund hatte 15 Jahre ein tolles Leben an deiner Seite. Da bin ich mir sicher, so wie du über sie schreibst.

    Ich kann deinen Gedankengang verstehen, da sie uns nicht sagen können, das sie nicht mehr können, aber du wirst mit Sicherheit in ihrem Sinne entschieden haben.


    Ich glaube es gibt gar keine richtigen Worte die man jetzt schreiben kann, aber es tut mir unfassbar leid.

    Fühl dich mal gedrückt.


    Lg, Jessi

  • Das, was Du schreibst, berührt mich gerade ganz besonders, denn mein Seppi hat heute seinen 7. Geburtstag - aber er muss ihn mit seinen Freunden im Regenbogenland feiern, denn er ging am 7. Januar diesen Jahres dorthin. Deine Maus durfte doppelt so alt werden...

    Wenn wir uns für die Anschaffung eines Tieres entscheiden wissen wir, dass wir es überleben werden, wenn es nicht gerade ein Elefant oder ein Blauwal ist....Trotzdem trifft es uns wie ein Blitzschlag wenn der Abschied kommt - egal wie alt es da ist.

    Auch mich überkommt noch oft dieser elende Verlustschmerz, er war mein Schätzchen, mein Baby, mein Engelchen.

    Aber ich bin schon älter und habe einige Hunde im Regenbogenland - und ich freue mich auf den Augenblick, da ich sie wiederhaben werde. Wenn ich das nicht könnte, würde ich wohl verzweifeln.

    Mir helfen meine 3 Hunde, die noch mit mir zusammenleben und das Forum bei Anubis, dort trauern alle.

    Ich wünsche Dir Kraft, dass Du an ein Wiedersehen glauben kannst und Menschen, die Dich auffangen können. Auch hier wirst Du immer ein offenes Ohr finden.

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