Hilfe! Fehlgeleitetes Jagdverhalten

  • Ich würde einen solchen Hund genauso führen wie jeden anderen Hund mit Jagdtrieb auf bestimmte Beute. In diesem Fall kann man es ja sehr stark eingrenzen.


    Hier sind es zB. Katzen, Marder und ähnliches und ich kann die Hunde nur da laufen lassen, wo keine Katzen weit und breit zu sehen sind (hier auf dem Land sitzen die auch gern mal 1km von der nächsten Siedlung einfach so im Feld rum). Das ist dann meine Verantwortung als Hundehalter, dass ich Antijagd- bzw Jagdersatztraining mache, das Vorstehen übe, einen bombenfesten Rückruf etablierte und sonst den Hund umsichtig führe, dass es da einfach nicht zu einer Situation kommt, in der der Hund ausklinkt und hinterher geht.


    Ungewöhnlich ist das nicht. Auf der Hundewiese kenne ich beispielsweise zwei Salukis, die das ganz genauso machen. Erst suchen sie sich eine "Beute" aus (klein, flauschig), dann wird verzückt zugeschaut, wie sich ein scheinbar lustiges Spiel entwickelt und in letzter Konsequenz klinkt die Birne aus, der Saluki jagt den kleinen Hund und triezt ihn regelrecht. Die Kleinen rennen dann oft zwischen die Beine der Besitzer und alle lachen herzlich über dieses dynamische Spiel....

    Ich persönlich hab auch so ein "Opfer", das Panik kriegen und wegrennen würde, was alles noch schlimmer macht. Deswegen leine ich bei Windhunden aus Prinzip auch erst einmal an. Es gibt durchaus nicht wenige Berichte von Kleinhundehaltern, dass fremde Hunde ihre eigenen zunächst kurz nicht als Hund erkennen und losschießen, dann aber den Kleinhund als Hund erkennen und abdrehen.

  • Ich denke, du bist auf der richtigen Spur. Du brauchst kein Mitleid mit deinem armen Hund zu haben der nun nicht mehr frei drehen darf täglich. Wirklich nicht. Es sieht oft nach Spass aus - aber es kann auch massiv Stress sein, für deinen und/oder die anderen. Und dieses dauernd on sein ist nichts schönes.


    Ich hab eine Vizsla Hündin welche (noch) nicht normal kontakten kann. Sie verfällt in wildes Rennen und auffordern und liest dann den anderen Hund auch gar nicht mehr. Schlicht, weil es ihre einzige Strategie ist. Bekommt sie keinen direkten Kontakt, fährt sie herunter und kann - oh Wunder - dann auch ganz normal. Was mit Kleinsthunden wäre weiss ich nicht. (Wobei grad heute so eine Deppin ihren Dackelwelpen im Naturschutzgebiet frei laufen liess ausser Sicht - der kam zu unserer Badestelle und als Vespa einen Hopser machte, rannte er quiekend neben mir vorbei. Mein Gott war ich froh, hatte ich Vespa an der Leine. Keine Ahnung ob sie den als Hund erkannte.) Ich lass sie nie ran weil es mir zu unsicher ist. Der Hund bekommt also seit er bei mir gelandet ist nur Kontakt zu ausgewählten Hunden und auch das nicht allzu oft. „Spiel“ wird reguliert wenns komisch wird. Ansonsten arbeiten wir an der Jagdkontrolle. Gehts dem Hund schlecht? Nein, überhaupt nicht. Ganz viele Jäger leben so.


    Sie bekommt ernsthafte Arbeit in angemessener Dosis. Mantrailing einmal die Woche und 1-2x Bikejöring oder Canicross. Beides könnte übrigens was für euch sein, dabei ist der Hund angebunden und unter Kontrolle. Dummyarbeit würde sich natürlich auch anbieten. Bloss nicht übertreiben! 17-20h Ruhe am Tag sind wichtig.


    Am Ende ist es ein Hund, kein Wolf. Der Mensch ist der wichtigste Sozialpartner. Dein Teenie wird das ganz gut überleben, wenn er nicht mehr mit jedem Fremden rumsauen darf.


    Hast du irgendwann mal sein „toben“ mit anderen Hunden gefilmt? Wäre spannend das mal zu sehen. Vielleicht zeigt sich auch da schon das Jagdverhalten.

  • Mobbing nicht zu vergessen.


    Ich glaube, ich hab da ein Bild im Kopf, das gar nicht so weit von dem von RafiLe1985 entfernt ist. Ich hab hier im Verlauf der letzten Jahre gleich ein paar junge Labradore erlebt, die nicht nur „distanzlose Rüpel“ sind, sondern mit Verlaub mobben wie Sau und das durchaus gefährlich für kleinere Hunde. Da, wo sie es sich erlauben können. Und wenn sich das und Jagdverhalten gegenseitig befeuert (hormonell betrachtet sind Spiel, Jagd und „Aggression“ nämlich echt nicht groß auseinander), dann ist das schon ziemlich schwer zu handeln und kann echt übel werden.


    Ich denke auch, Dein nächstes Ziel sollte erst einmal sein, dass Dein Hund keinen anderen Hund mehr verletzt oder gar tötet. Wie auch immer. Natürlich ist es wichtig für ein gezieltes Training, Motivation und Auslöser für das Verhalten zu bestimmen. Aber dem Halter des gebeutelten kleinen Hunds ist es wurscht, ob dieser gebeutelt wurde, weil er als übergroßes Quietschie, Hasenersatz, Punching-Ball oder Konkurrenz betrachtet wurde.


    Deshalb würde ich an Deiner Stelle bis zum Beginn eines ernsthaften Trainings mit einem Profi auch gar nicht so im Detail analysieren, was da wann wo genau möglicherweise welcher Auslöser gewesen sein könnte und was die zugrundeliegende Motivation war (denn da bist Du in der Rationalisierung, und die kann ja auch ein Stück weit „Verarbeitungsmauer“ sein). Sondern einfach akzeptieren, dass Dein Hund nicht frei mit anderen Hunden interagieren kann und entsprechend rangehen. Nicht mit dem Blick in eine wieder „heile“ Zukunft schielen, sondern den Hund so nehmen, wie er jetzt ist.Das erstmal zu akzeptieren schützt Dich - und andere - davor, dass sich das „zweite Mal“ wiederholt.


    Das soll nicht heißen, dass es nie irgendwie klappt :smile: Ich drücke Dir dafür alle Daumen und finde nebenher vermerkt den Tipp von hasilein75 zum Trainer beherzigenswert.

  • Ich finde es super, wie überlegt Du an dieses Problem rangehst :bindafür: und Vorschläge annimmst! Manch anderer HH würde vermutlich bei diesem Thema erstmal abblocken und hundert Ausreden finden für das Verhalten seines Hundes...


    Nebst allen andern Massnahmen (Leine natürlich) und Trainings-Ansätzen würde ich dem Hund vor allem auch Kopf-Arbeit anbieten, damit er von seinem "Trip" runterkommt, uuuunbedingt stundenlang toben zu müssen. Ich glaube, Du hast Dir hier einen Junkie herangezogen.


    Ich würde da z.B. Longieren vorschlagen, weil sich das in einem völlig anderen Verhaltens-Bereich abspielt und nichts mit Jagdverhalten zu tun hat. Dabei muss sich der Hund enorm auf Dich konzentrieren und auf alle Deine Signale achten, sein Kopf ist dabei heftig beschäftigt und ausgelastet. Du selber kannst seinen Bewegungsdrang ganz gezielt steuern und in die richtigen Bahnen leiten, ohne dass er dabei in einen Jagdeifer kommt, denn sein Rennen basiert dann nicht auf Jagd, sondern das Befolgen Deiner Zeichen und natürlich das Warten auf Belohnung.


    Vielleicht findest Du bei Dir in der Nähe ein Longier-Training?


    Edit: Ja, gibt es offenbar, ich habe gleich mehrere gefunden beim Googeln

  • Ich empfehle dir dich mal bei der Ziel Objekt Suche um zu sehen, das ist eine Methode den Hund auch ohne ihn körperlich hoch zu pushen geistig völlig müde zu kriegen. Mein Labrador schläft nach 45 Minuten Training, wobei er nur circa 15 Minuten dran ist bis zum nächsten Morgen. Er hat dabei das warten gelernt und sich zu konzentrieren.

  • Hallo, ich habe jetzt nicht alle Seiten gelesen, ich hoffe mein Beitrag ist trotzdem etwas hilfreich.


    Ich hatte zu dem Thema letztes Jahr eine Weiterbildung. Ein fehlgeleitetes Beutefangverhalten ist in vielerlei Hinsicht tatsächlich schwieriger zu handhaben als ein Aggressionsproblem und teilweise auch gefährlicher. Das Seminar war mit Michael Eichhorn, du könntest ihn kontaktieren um nach kompetenten Tipps zu fragen. Ich glaube er wäre ein sehr guter Ansprechpartner was genau dieses Thema angeht. Er hat viel Erfahrung mit Hunden die in diese Richtung gehen und bspw. Beutefangverhalten bei Kindern zeigen.

  • Ich empfehle dir dich mal bei der Ziel Objekt Suche um zu sehen, das ist eine Methode den Hund auch ohne ihn körperlich hoch zu pushen geistig völlig müde zu kriegen. Mein Labrador schläft nach 45 Minuten Training, wobei er nur circa 15 Minuten dran ist bis zum nächsten Morgen. Er hat dabei das warten gelernt und sich zu konzentrieren.

    Genau, das wäre mein zweiter Vorschlag gewesen.

    Die TE kann ja mal beides anschauen und je nach Vorliebe entweder longieren oder ZOS (oder beides) wählen...

  • Das Seminar war mit Michael Eichhorn, du könntest ihn kontaktieren um nach kompetenten Tipps zu fragen.

    Ich habe mir die HP durchgelesen, der scheint mir sehr kompetent und vor allem erfahren zu sein.

    Dass dabei sehr viel von der neueren Verhaltensforschung (Zimen, Trumler und Co. waren meine bevorzugten Autoren!) in sein Training mit einfliesst, finde ich super.:bindafür:

  • Nur nochmal so nebenher: Ich kannte eine Dogge, die zwar wunderbar mit Artgenossen war, aber Wild jagte wie Sau. Ihre Nachzucht auch. Einer davon ist beim Rehreißen erschossen worden. Dogge im Mix würde ich daher nicht so als Anti-Jagd-Garantie sehen.

  • Mantrailing wehre auch eine gute Idee für die Auslastung denke ich.

    Das findet ja angeleint statt.

    Meine beiden haben danach immer schon im Buss gepennt.

    Fürs Dummi bräuchtest du ja erstmal ein eingezäuntes Grundstück zumindest bist du weißt ob die Beschäftigung für ihn höherwertiger ist als alleine jagen zu gehen.


    Ansonsten würd ich erstmal und vielleicht für immer die Schleppleine dann lassen dann hast du ihn im Fall der Fälle noch unter Kontrolle.

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