Hat jemand Erfahrungen mit Sascha Bartz gemacht?

  • Mir gehts da ehrlich gesagt ähnlich, ich verstehe den Ansatz hier nicht so ganz. Die Theorien sind das eine - ich hab den zitierten Text gelesen, bevor er entfernt wurde und hab an sich auch keine Lust auf mehr. Was nicht an der Langatmigkeit lag (bin Soziologin und kenne das zu Genüge :lol:)


    :-) Irgendwie scheint für meine Diskussionsidee hier in diesem Thread ein Grundproblem zu sein, dass ich "schürfige" Texte total mag. Ich kann aber absolut verstehen, dass das andere nervt.


    Denn tatsächlich war ich im Unterschied zu euch, echt geflasht, als ich heute den Blog-Text las und das Gefühl hatte: "Hey, da sind ja mal ganz übersichtlich alle seine Thesen und Abgrenzungsversuche zwischen Konditionierung (Ausbildung) und Erziehung versammelt."

    Mein Gedanke wäre, dass Du die Ansätze, die Dir neu und spannend findest, rausziehst, kurz darstellst und zur Diskussion stellst.


    Ja, Du hast recht. Scheint sinnvoller zu sein. Ich will's mit ein bisschen mehr Zeit gerne versuchen.


    „Erziehen“ heißt: Erwünschtes Verhalten verstärken und verfestigen und unerwünschtes Verhalten in der Entstehung vermeiden oder sanktionieren. Und dafür gibt es eine ganz überschaubare Anzahl zur Verfügung stehender Methoden. Phasen am Tag oder im Lebensabschnitt, in denen man da besonders effektiv agieren kann. Rahmenbedingungen, die den Erwerb von Lernerfahrungen begünstigen oder nicht. Biologische Faktoren, die den Erwerb von Lernerfahrungen begünstigen oder hemmen. Biologische Dispositionen für Verhalten ebenso wie sozialisatorisch Erworbene.


    „Konditionierung“ (ohne jetzt im Kopf zu haben, ob der damit klassisch oder operant meint) ist ein inhärenter Teil von Lernerfahrungen und befähigt zum Generalisieren. Ohne das wäre ein Organismus handlungsunfähig, das mitgebrachte „Instinkt- und Reflexset“ reicht zum Überleben in komplexen und wandelbaren Umgebungen 1. nicht aus und kann 2. auch nicht ungehemmt ausgelebt werden. Das gilt für den Straßenhund nicht minder als für den „Working Dog“.

    Danke (!) für Deine hilfreichen Ausführungen. Leuchten mir alle ein. Und beim ersten Lesen würde ich sagen, das widerspricht sich nicht mit Bartz' Erziehungsdingens. Er versucht das nur begrifflich auseinanderzuzwingen. Weil er aus irgendeinem Grund diesen seltsamen "einmaligen Knalleffekt" braucht, der sich bei seiner Erziehungsidee (= *kawusch* totale Verantwortungsübernahme plus *tataaa* strikte Einschränkung des Entscheidungsspielraumes des Hundes) einstellen soll. Keine Ahnung, wie das - legt man alle gängigen Lerntheorien zugrunde - praktisch funktionieren soll.


    Ich schau's mir bei ihm aber nochmal genauer an.



    Danke und liebe Grüße

  • Gegen Konditionierung im Ausbildungsbereich sozusagen hat Bartz nicht das geringste: ...


    Will sagen, es gibt innerhalb dieses Konzepts offenbar mehrere Optionen, die theorieimmanent jeweils widerspruchsfrei neben- oder ohneeinander funktionieren und völlig okay sind:


    Das kann man noch so oft wiederholen: es ist und bleibt unmöglich, ohne Konditionieren irgendeine Verhaltensänderung zu erreichen.


    Ich gehe ja sogar noch mit, wenn jemand sagt: ich möchte an dieser Stelle nicht auf die elementare Ebene fokussieren, sondern eine der anderen Ebenen ins Zentrum meiner Überlegungen stellen (also z.B. eine soziale Ebene). Denn manchmal kann es wirklich hinderlich sein, ausschließlich auf der elementaren Ebene zu denken. Aber wer nur minimal Ahnung von Lerntheorien hat, weiß, dass die elementare Ebene trotzdem immer abläuft. Und genau an diesem Punkt stimmt das vermeintliche "nebeneinander" der von Bartz beschriebenen Konzepte nicht. Denn sein "nebeneinander" stimmt nicht mit den in der Realität nebeneinander ablaufenden Prozessen überein.


    Die Beispiele lassen sich alle auf dasselbe Prinzip eindampfen:

    • "Hinzu-Konditionieren" = Konditionieren mit Hilfe von Belohnung.
    • "Weg-Erziehen" = Konditionieren durch Strafe.

    Das ist quasi die Quintessenz der Konditionierung.


    Und genau das will er offensichtlich Verschleiern. Diese Verschleierungstaktik macht ihn doppelt unglaubwürdig: zum einen glaube ich ihm nicht, dass er überhaupt Ahnung hat was er da tut und zum anderen vertraue ich jemandem, der solche Verschleierungstaktiken anwendet nicht mehr. Jede seiner Aussagen wird dadurch fragwürdig, denn hinter jeder Aussage könnte sich ein ähnliches Verschleierungskonzept verstecken.


    Und da ist mir egal, ob er das selbst glaubt, was er erzählt. Ich kann mir gut vorstellen, dass der sich selbst belügt - aber das macht es nicht besser,wenn er diese Lüge für viel Geld weiterverkauft.

  • Darf ich fragen, warum du so eine epische Diskussion gestartet hast und was genau dich anscheinend so angesprochen hat, dass du es hier zur Diskussion stellen wolltest? Also, was genau fasziniert dich so an dem Ansatz, den der von dir so vielfach zitierte Trainer verfolgt?

    Also ich bin davon ausgegangen, ein Neueinsteiger in die Lerntheorien und möglicherweise läuft etwas mit dem Hund (oder den Hunden) nicht rund, es hakelt in der Beziehung. Sascha Bartz, so das www, soll sich ja auf Problem-Hunde spezialisiert habe. Resozialisierungs-Ecke.


    Er spricht einen Nerv bei mir an, wenn er sagt, dass unsere Konflikte, die wir (glaubt man den Statistiken) offenbar zunehmend häufig mit problematisch werdenden Hunden in Hund-Mensch-Beziehungen haben, selbst verschulden, weil wir irgendwie völlig nicht mehr peilen, welchen Hund mit welchen rassetypischen bzw. genetischen Verhaltensdispositionen wir uns eigentlich ins Haus und ins Leben holen. Da macht er einfach einen Punkt, finde ich. Und das habe ich in der Deutlichkeit und in den Konsequenzen, die er sieht, noch nirgends gelesen.

    Echt nicht? Lange liest Du ja hier noch nicht mit. Davon abgesehen, liest man das sehr häufig im Tierschutz (sie haben ja oft die "Probleme" in der Vermittlung). Kürzlich noch eine Dokumentation (WDR, glaube ich) gesehen. U.a. kam auch Perdita zu Wort. Und ja, im V.B.-Thread haben wir auch über derartiges gesprochen. Ja, falsche Rasse, falsche Vorstellungen, immer noch Abgabegrund Nr. 1 und kommt nahezu in jedem Rasse-Beratungs-Thread zur Sprache. (also wenn die Vorauswahl schon nicht passt) :nicken:



    Er erzählt nun - nervenderweise ohne dabei je zum praktischen Punkt zu kommen :rotekarte: - dass, wer das als HH also schon im Ansatz verbockt hat (weil er zum Beispiel einen Hovawart in einer Studentenbuden-Dachgeschosswohnung hält, in der Freunde, Bekannte und Halbfremde ein und aus gehen sollen; oder er einen Jagdhund neben dem Stadtpark hält und gassiführt, in dem stets fröhlich 25 Eichhörnchen durchflitzen) dann verdammt nochmal wenigstens die Verantwortung dafür übernehmen soll und das in seinem Verhältnis zu seinem Hund neu sortieren muss. Er sagt dazu: den Hund "erziehen" soll.

    Nun, das ist aber doch nichts Neues und jeder gute Trainer könnte hier Abhilfe schaffen, der ein oder andere Forist auch:ka: (Auch in seinem Konzept steht nichts Neues, eher viel altes umgerührt).


    Was bei ihm meint, die "totale Verantwortung zu übernehmen" (Achja, und wie?) und die "strikte Einschränkung des Entscheidungsspielraumes des Hundes" einzuführen und durchzuhalten. (Klingt interessant, und wie jetzt?)

    Das stand doch irgendwo, bin zu faul, es zu suchen: "Der Hund darf nur noch atmen, die totale Unterwerfung, Hörigkeit, Hilflosigkeit". Jöhöööö .. andere sagten es schon: Ehrlicher wäre: brechen. Wer brechen muss, um zu führen, hat das Konzept des Führens nicht verstanden.


    Also ich persönlich trage auch die "totale" (war für eine krude Wortwahl :roll:) Verantwortung für meine Hunde und übernehme sie auch (schon nur juristisch, muss ich das, CH, harte Sitten, wenn nicht ;)) und um Umwelt und meine Hunde selbst vor Schaden zu bewahren. Dafür muss ich sie gar nicht so weit bringen, dass sie selbst ihren Charakter und ihre Anlagen am Haken aufhängen müssten. Habe noch niemals einen Hund brechen müssen ... Wer das muss, mit dessen Theorien muss ich mich nicht detailliert auseinander setzen. Wozu auch, habe keine Problemhunde. Hatte ich auch noch nie :ka:

  • Er spricht einen Nerv bei mir an, wenn er sagt, dass unsere Konflikte, die wir (glaubt man den Statistiken) offenbar zunehmend häufig mit problematisch werdenden Hunden in Hund-Mensch-Beziehungen haben, selbst verschulden,

    Frage, was für Statistiken sollen das sein? Beisstatistiken?


    Zu einem Konflikt gehören immer zwei, Mensch und Hund. Nur, im Gegensatz zu meinem Hund kann ich reflektieren, nachlesen, mich weiterbilden, austauschen über das Problem und überlegen, wie ich weiter verfahren will. Ein Hund hat weit weniger Möglichkeiten, auf einen Konflikt in der Mensch- Hund- Beziehung zu reagieren als ich.


    Beispiel jagender Hund. Hund möchte jagen, ich kann das natürlich nicht erlauben. Ein Konflikt. Nun kann ich es verbieten (Gehorsam), unterbinden (Leine), Alternativen schaffen (Nasenarbeit, Mantrailing), Umlenken (zb Dummy werfen, hochwertig belegtes Spielzeug anbieten).


    Je umfassender mein Wissen ist, umso mehr Alternativen kann ich meinem Hund anbieten.


    die Verantwortung dafür übernehmen soll

    Die Verantwortung für meinen Hund liegt natürlich immer bei mir als Halter.


    neu sortieren muss. Er sagt dazu: den Hund "erziehen" soll. Was bei ihm meint, die "totale Verantwortung zu übernehmen" (Achja, und wie?) und die "strikte Einschränkung des Entscheidungsspielraumes des Hundes" einzuführen und durchzuhalten. (Klingt interessant, und wie jetzt?)

    Dass man Hunde erziehen muss, ist ja nun nichts Neues.


    Und ja, es gibt sie, die Hunde, die so "versaut" worden sind, dass man ihnen anfangs keinen Entscheidungsspielraum zugesteht und erstmal ne Zeitlang alles kontrolliert. Irgendwann ist aber das Ziel, die Restriktionen wieder zu lockern, denn am Ende steht ja doch, dass man dem Hund soviel Freiheit zugesteht, wie er verträgt und damit umgehen kann.


    Einen normal geprägten Hund kann ich wahrscheinlich nochmal anders behandeln. Es kommt immer auf den Hund an, es gibt welche, die ordnen sich leicht unter und welche, die hinterfragen mehr und brauchen engere Führung.



    Das zugrunde liegenden Problem in vielen Fällen ist mMn mangelndes Wissen des HH und der Unwillen, konsequent dem Hund zu sagen, was man von ihm erwartet.


    Es gibt so unheimlich viele HH, die ihren Hunden keine Grenzen setzen, "die machen das unter sich aus", "der muss Hallo sagen" , "ich bekomme 5 Kilo Hund jetzt nicht hier weg" und so weiter und so fort.


    Eigentlich gehören diese HH ins Bootcamp gesteckt und nicht deren Hunde.


    Ich finde halt den Ansatz, den Hund zu knebeln und zu knechten, weil ich als HH zu wenig Ahnung hab oder zu faul bin, meiner Verantwortung nachzukommen, unfair dem Hund gegenüber.

    Vielleicht bin ich da aber auch voreingenommen, ich habe seit 2 Jahren einen Terriermix hier, der vom Vorbesitzer massiv nach CM trainiert wurde. Der wirft sich noch heute auf den Rücken, wenn ich ihn anleinen möchte und zu flott nach dem Halsband greife :( :.


    Auf so eine Basis möchte ich persönlich mein Verhältnis zu meinen Tieren nicht stellen.

  • Das wird in den Facebook Beiträgen auch ständig betont ("nach nur 15 Minuten", "nach wenigen Minuten"... findet sich da in fast jedem Post).

    Meine Vorstellungskraft würde nicht ausreichen, mir vorzustellen, dass es IRGENDWEN auch nur theoretisch geben könnte, der jedem in so kurzer Zeit helfen kann.

    Nun, das lässt sich im Grunde recht einfach erklären: Wenn der Hund durch einen ganz radikalen Wechsel richtig geschockt ist, zeigt er erst mal ein innerliches "Freeze". Sprich, ein Großteil ALLER Verhaltensweisen wird eingestellt. Voila, Hund geheilt! Und war der Eindruck nur heftig genug, hält das sogar eine Weile an. Tja, und dann? Mancher Hund macht, nachdem er merkt, sein Mensch ist eigentlich der gleiche geblieben, irgendwann weiter wie zuvor. Andere Hunde suchen sich schlicht andere Ventile - manche vielleicht für den Menschen angenehmer, aber für den Hund - das steht auf einem anderen Blatt. Und mancher eher sensible Hund ist vielleicht so beeindruckt, dass er gleich in seinem inneren Schneckenhaus bleibt.


    So weit zum Hund. Was ich aber noch viel sportlicher finde: Wie schafft man es, einem MENSCHEN so schnell so eindrücklich beizubringen, wie er sein Verhalten ändern muss? Und zwar so, dass er es auch wirklich richtig umsetzen kann? Auch da gibt es für mich eigentlich nur wenige Möglichkeiten: Entweder, die Anleitung ist sehr simpel und baukastenartig. Oder der Mensch fällt früher oder später, spätestens aber bei der ersten unerwarteten Situation, zurück in alte Muster. Aber ein tiefgreifendes, detailliertes und verinnerlichtes Verständnis beim Menschen in nur einer Sitzung?



    So gesehen finde ich den Widerspruch zwischen Form und Anspruch schon irgendwie faszinierend. Die Texte sind von epischer Länge, verschwurbelt - aber das Training selbst dann kurz und absolut auf den Punkt? Kommt nur mir das irgendwie nicht sonderlich stimmig vor?

  • Fuer mich gibt es exakt einen Weg wie man extrem schnell beeindruckende Erfolge bei 99% aller Hunde erzielt (zumindest mal kurzfristig). Und obwohl ich nicht mit Watte um mich werfe, lehne ich diesen Weg ab ;)

    Trainer die so arbeiten sind fuer mich vieles, aber meilenweit von 'perfekt' weg :hust:

  • Oh Mann, Fluch (m)einer Gründlichkeitsmacke ... :-)


    Jeder Beitrag, der hier gerade eintrudelt, ist klasse und hätte eine angemessen lange Antwort verdient. Ich kann's aus Zeitgründen im Moment nicht. Ich lese alles (!), picke mir immer wieder was raus, um irgendwann später darauf zu reagieren und sag zwischendurch einfach mal: danke für das viele Denkfutter. :smile:

    Ein tolles Forum!


    Grüße

  • Das zugrunde liegenden Problem in vielen Fällen ist mMn mangelndes Wissen des HH und der Unwillen, konsequent dem Hund zu sagen, was man von ihm erwartet.

    DAS ist der springende Punkt.

    Woran soll Hund sich orientieren, wenn ich ihm keinen Rahmen vorgebe. Sage ich ihm nicht, was ok ist und was nicht, dann überlegt er sich da selbst was zu. Absolut verständlich. (und bei uns aufgrund Fehler meinerseits genau so gelaufen)

    Man muss auch gelegentlich mal ein deutliches "so nicht" in Form eines Abbruchs praktizieren, damit Hund versteht, eben möglichst in einer für ihn verständlichen Form, was ein absolutes NoGo ist. Hat er diese Grenzen für sich ausgelotet kann er dazwischen Hund sein.

    Und das meine ich damit, dass es nichts neues ist, dass Leute sich Hunde holen, deren rassespezifische Eigenheiten, oder deren individueller Charakter sie überfordert und dann eben Hilfe benötigen.

  • Und das meine ich damit, dass es nichts neues ist, dass Leute sich Hunde holen, deren rassespezifische Eigenheiten, oder deren individueller Charakter sie überfordert und dann eben Hilfe benötigen.

    Genau. Und genauso wenig ist es neu, dass Trainer predigen "du musst für deinen Hund klar sein". Wie es immer wieder einzelne hinkriegen, daraus einen neuen Stein der Weisen machen zu wollen - irgendwie faszinierend, aber andererseits, nach einer ganzen Geröllhalde voller Steine der Weisen...

  • Ihr habt total Recht und ich mich wahrscheinlich auch nicht gut ausgedrückt:headbash:

    Mir würde auch ein Weg einfallen, wie man schnell solche "Erfolge" erzielen kann.

    Aber ich glaube nicht, dass das der Weg ist, den die TE hinter der Website vermutet.

    Zumindest bis jetzt schreibt die TE ja so, als würde sie einen ernsthaften Trainingsansatz, der über extremes Deckeln hinaus geht, bei Herrn Bartz vermuten. Und wenn sie das tut, dann würde mich eben interessieren, ob sie glaubt, so einen Ansatz gibt es. Einen nachhaltigen und tiergerechten, der für jede Tier-Mensch Konstellation funktioniert und den man jeder Tier-Mensch Konstellation auch in anscheinend 15 Minuten beibringen kann.

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