Überfordert mit Hund - Bin ich noch die richtige Besitzerin für ihn?

  • Hallo an alle


    Ich wende mich mal wieder an die Profis hier, weil ich einfach nicht mehr weiter weiss.


    Kurz zu uns:

    Mein Hund Tyson ist ein 4 Jahre alter Deutscher Schäfer / spanischer Jagdhund Mix, intakter Rüde.

    Er ist bis zum Alter von 12 Monaten bei einer Familie mit Kind aufgewachsen, bevor er zu mir kam. Offizieller Abgabegrund war Zeitmangel wegen des Kindes. Mittlerweile bin ich aber überzeugt, dass es aufgrund seiner bald genannten Probleme ist, welche mir die Besitzerin bewusst verheimlicht hat.

    Tyson ist grundsätzlich einfach nur super lieb, sehr "höflich" und unkompliziert. Er bleibt problemlos alleine, macht nichts kaputt, liebt alle Menschen, kann extrem gut mit Katzen und fährt gerne Auto, Bahn, Bus etc.


    Seine beiden grossen Baustelle allerdings: Sein sehr stark ausgeprägter und für mich nicht kontrollierbare Jagdtrieb, weshalb er auch immer an der (Schlepp) leine sein muss, sowie seine starke Leinen Aggression gegenüber Artgenossen.

    Die Leinenaggression haben wir schon viel besser im Griff als noch vor 3 Jahren; mit täglichen Training (schauen und benennen, Klick für Blick etc) haben wir es von Austicken und rückwärts überschlagen bei Hundesichtung auf 200 Meter zu 20 Meter Fuss ohne Pöbeln neben einem Hund durch geschafft.

    Allerdings nur manchmal... Je nach Situation und Hund tickt Tyson immer noch komplett aus, wirft seine 35kg in die Leine, knurrt und kläfft wie ein Verrückter.

    Leider hat sich unsere Situation in den letzten Wochen trotzdem irgendwie sehr verschlechtert.


    Ich bin sehr frustriert und so, so müde.


    Auf jedem Spaziergang muss ich zu 110% immer mit meiner vollen Aufmerksamkeit bei Tyson und der näheren und weiteren Umgebung sein, um abzuchecken, ob nicht plötzlich irgendwo ein Hund daher kommt oder irgendwo Wild oder eine Katze etc. ist. Viele schöne Routen hier in diesem herrlichen Wandergebiet sind nicht möglich, weil dort oft andere Hund unterwegs sind und ich mir bzw. uns das nicht antun will, weil man auf den Routen schlecht ausweichen kann etc.

    Das ist extrem anstrengend und macht mich müde. So ist ein Spaziergang auch nie Erholung für mich, sondern immer knallharte Arbeit.

    Ich bin nach dem Spaziergang nicht erholt, sondern deutlich kaputter als vorher. An sehr anstrengenden Tagen kann es deshalb vorkommen, das sich gar nicht mehr spazieren gehe, weil ich einfach keine Nerven mehr habe, nochmals 1,5 Stunden "auf Empfang" zu sein, damit nichts eskaliert.

    Nach jedem Spaziergang bin ich mittlerweile einfach nur froh wenn wir wieder "heil" heimgekommen sind und es vorbei ist. Mittlerweile bin ich so weit, dass mir jeder Spaziergang zuwider ist und ich keine Freude mehr daran habe.


    Dann ist es so, dass Tyson mich und sich überall sehr stark einschränkt. Fast sämtliche Beschäftigungsmöglichkeiten sind nicht möglich, weil andere Hunde dabei sind und ihn das viel zu sehr stresst.

    Das Einzige was wir aktuell machen ist 1 Mal die Woche Mantrailing.

    Ich habe dauernd ein schlechtes Gewissen, weil ich denke, dass Tyson nicht oder falsch ausgelastet ist; einerseits durch die kurzen und zu wenig "freiläufigen" Spaziergänge, andererseits durch die fehlende richtige Aufgabe.

    Zudem habe ich mich so darauf gefreut, mich intensiv mit einem Hund zu beschäftigen und (im Verein) Hundesport betreiben zu können, und das ist nun alles nicht möglich.

    Auch wandern, was ich so gerne mache und Tyson eigentlich auch, ist kaum mehr möglich, weil wenns nicht gerade schneit, immer auch viele andere Hunde unterwegs sind, und so jede Wanderung für uns wieder zum Spiessrutenlauf wird.

    Auch ist mir klar, dass durch die fehlende oder falsche Auslastung solche Probleme erst entstehen bzw.

    sich stark verschlimmern können.


    Zudem begleitet mich ständig der Gedanke, ob Tyson es bei einem fährigeren und geeignetere HH nicht besser hätte und seine Probleme dort vielleicht innerhalb weniger Wochen behoben wären und er ein viel glücklicheres, ausgeglichenes Leben führen könnte.


    Das Problem ist, das ich grundsätzlich kein sehr selbstbewusster Mensch bin und noch unter einer Angststörung leide, die mich täglich begleitet und einschränkt. Also alles absolut nicht ideale Voraussetzungen, um einen sehr unsicheren, auf Führung angewiesen Hunde Typ zu führen...


    Es zefrisst mich einfach innerlich, die Anstrengung, der Frust, das permanent schlechte Gewissen. Was würdet ihr mir raten?


    Wir haben seit ca. 4 Wochen einen neue Trainerin (wegen Umzug), die ich sehr toll finde.

    Ich habe ihr gestern all meine Gedanken mal per WhatsApp mitgeteilt, und nächste Woche haben wir einen Termin für ein Gespräch und das Zusammenstellen eines Trainingsplanes.


    Danke für eure Inputs!!


    Eine verzweifelte Caro

  • Hallo Caro


    Ich verstehe deine Überlegungen sehr gut... Ich schicke dir etwas Kraft rüber...:sweet:

    Ich weiss wie anstrengend sowas ist und das Zweifel auftauchen, kann ich nachvollziehen.


    Zu der Entscheidungsfrage kann ich nicht wirklich viel dazu beitragen. Aber da werden dich bestimmt noch einige melden, die dir weiterhelfen können.


    Falls du nicht zu weit weg gezogen bist, kann ich dir aber anbieten, dir Tyson auch mal für einen Spaziergang abzunehmen, damit du etwas durchatmen kannst.

    Melde dich einfach per PN.


    Ich lese weiter mit und hoffe es kommen hilfreiche Antworten für dich...

  • Zudem habe ich mich so darauf gefreut, mich intensiv mit einem Hund zu beschäftigen und (im Verein) Hundesport betreiben zu können, und das ist nun alles nicht möglich.

    Auch wandern, was ich so gerne mache und Tyson eigentlich auch, ist kaum mehr möglich, weil wenns nicht gerade schneit, immer auch viele andere Hunde unterwegs sind, und so jede Wanderung für uns wieder zum Spiessrutenlauf wird.

    Rein vom Schreiben und Lesen her, würde ich auch meinen, dass es absolut kein passender Hund für Dich ist und ihr nicht ganz zueinander passt.

    Was nicht schlimm ist- kommt vor!


    Hast Du Dir schon einmal vorgestellt, wie es wäre, wenn Du Deinen Hund an passende Hände abgeben würdest und ihn nicht mehr hättest?

    Wäre es eine Erleichterung oder wird Dir bei dem Gedanken schon ganz mies?

  • Tut mir arg leid, deine Worte zu lesen. :no:

    Du klingst sehr abgeschafft und trotzdem liest man die Zuneigung zum Hund raus...


    Mein Rat wäre, das Gespräch mit der Trainerin abzuwarten und mit ihr zusammen nochmal abzuwägen, wie es weitergeht. Sieht / kennt sie dich, den Hund und euren Umgang, dann wird sie sicherlich auch eine Meinung dazu haben, ob es für die Zukunft Sinn macht, dass du Tyson behältst. Und vor allem würde ich schauen, ob ihre Ansätze und ihr Training nicht vielleicht dazu beitragen, doch zumindest etwas weiter voran zu kommen mit ihm und vielleicht entspannter miteinander leben zu können :smile:


    Ansonsten würde ich aber völlig verstehen, falls du dich zu einer Abgabe entscheidest. Da geht so viel Lebensqualität dahin und deine Psyche ist ja so schon nicht die stabilste (da kann ich absolut mitfühlen - leider). Also wie du es auch machst, denke auf jeden Fall auch an dich selber!! :streichel:

  • Deine Geschichte ist meiner ganz ähnlich. Nur hab ich 25kg weniger in der Hand.


    Alles in allem nachvollziehbar.


    Gibt es einen Grund für sejn Verhalten? Will er alles schreddern? Ist er unsicher? Oder ist es territorial? Oder? Oder?


    Ich würde den Ansatz der neuen Trainerin anhören. Bei uns gibt es zum Beispiel deutliche Änderungen seitdem wir kein Gassi auf Strecke mache, sondern an ruhigen Orten verweilen usw. Das ist zumindest auch für mich erholsamer. Ich brannte regelmäßig im Kopf durch, weil ich zu viel managen musste beim Spaziergang.


    Aber ja, es ändert nichts daran, dass es keine einfachen, unbedachten Wanderungen geben wird oder er mit dir auf Familienfeiern kommt oder in den Park zum Entspannen kommen kann.


    Da muss man für sich selbst die Entscheidung treffen. Ich plane das alles erst wieder in so 7 Jahren (oder es gibt ein Trainingswunder).


    Das kannst du nur mit dir ausmachen. Ich kann meine Trulla nicht mehr abgeben. Aber es ist nichts verwerfliches dran, wenn du das kannst. Vielleicht kann dir die Trainerin helfen jemanden passenden zu finden.

  • Caro1993

    Das Problem besteht ja nicht erst seit gestern und ging los, als recht typisches Schäfiverhalten beim Erwachsenwerden, wenn der Hund keinen Halt bekommt.


    In deinem Thread über die Leinenaggression hast du x Tipps bekommen, auch für Trainer, die dir helfen können, dem Hund Sichherheit zu vermitteln und seiner Art entsprechend zu führen.


    Meine Frage wäre jetzt, ob ihr in den letzten 1,5-2 Jahre nichts anderes als Z&B gemacht habt?

    Habt ihr an weiteren Lösungsstrategien gearbeitet, die Tyson für sich abrufen kann?

    Am Thema Stress?

    Und vor allem nicht zuletzt an dir und deiner Unsicherheit?


    Ich mein, dass Thema wurde damals ja schon angesprochen, eine Artgenossenunverträglichkeit und Jagdtrieb lösen sich ned in Luft auf und du wirst kein fröhliches Blumenkind aus dem Hund machen und dass da echt einfach der Halter gefordert ist.

  • Hallo


    Ich habe auch vor kurzer Zeit einen Thread zu diesem Thema aufgemacht und kann dich und deine Situation sehr gut nachvollziehen! Der Untetschied ist dass wir unsere Safira erst seit 4 Monaten bei uns haben was nichts ist gegen deine "Leidenszeit".

    Im Moment habe ich eine gewisse Motivation und auch Hoffnung dass wir es in den Griff bekommen obschon ich mit der Leinenaggression an sich noch sehr sehr geringe Erfolge zu verbuchen habe.

    Mir hat ein alter Thread hier im Forum von @Fantasmia aus dem Jahr 2010 oder 2009 sehr geholfen, welchen ich zur Gänze durchgelesen habe.

    Ich habe die ersten Monate viel mit positiver Umlenkung probiert und ehrlich gesagt die Situation damit eher verschlimmert, da sie zwischenzeitlich auch vereinzelt Menschen anbellt welche uns von weitem entgegenkommen.

    Seit 1 Woche habe ich damit angefangen den Hund so wenig wie möglich zu beachten und gewisse "Furzregeln" sehr konsequent durchzuführen. Am Morgen oder am Abend wenn ich nach hause komme beachte ich ihr Gewedel im Korb nicht und kümmere mich erst mal 10min. um andere Dinge ect..

    Ihr Verhalten hat sich nach meiner Wahrnehmung schon nach 5 Tagen sehr verbessert inkl. Leinenzug ect..

    Wie weit es uns mit der Leinenaggression bringt weiss ich noch nicht. Am Freitag habe ich die 1. Stunde bei einem Trainer der ohne Guddeli arbeitet sondern mit Spiel und vor allem training am Halter selbst um mehr Führung zu erlangen.

    Wieso schreibe ich das Alles... Wir waren auch schon öfter an dem Punkt wo wir gesagt haben, dass der Hund nicht zu uns passt und wir uns gegenseitig am Leben hindern. Ich bin aber der Meinung dass man zuerst alles einem Möliche versucht haben sollte und wenn es dann immer noch nicht geht für den Hund einen besseren Platz suchen.

    Ich möchte keinesfalls so weitere 10 Jahre durch das Leben gehen, denn es belastet einem ja nicht nur während den Spaziergängen, sonder nahezu immer wenn man eine ruhige Minute hat um nachzudenken.. bei mir ist es jedenfalls so seit wir Safira haben und ich denke diese innere Zerissenheit ist enorm ungesund auf Dauer.

    Die Frage nach dem Egoismus und für wenn (Hund/Halter) ist was, in welchem Moment, die richtige Entscheidung finde ich extrem schwierig! Ich hoffe dass wir es geregelt kriegen und nicht in einem Jahr vor dieser stehen.


    Liebe Grüsse

    David

  • Der Hund wird bei einem neuen Besitzer ja nicht plötzlich ein Butterblümchen ... und ganz ehrlich: Wer nimmt schon einen solchen Hund freiwillig auf? Ich würde die Arschbacken zusammenkneifen und vernünftig mit ihm weiterarbeiten.

  • Caro1993

    Hallo!

    Ich finde erstmal nix verwerfliches dran, müde und dem Training überdrüssig zu sein.

    Hatte eine ähnliche Situation vor Jahren und mir persönlich hat geholfen:

    - aktiv an einem Alltag arbeiten der sich nicht nur um den Hund dreht, um Ausgleich zu schaffen


    - Management Möglichkeiten kennen und nutzten!

    Beispiel: Maulkorb nutzen und Leinentechik verfeinern. Dann sollte doch ein wandern drin sein? Soll er halt pöbeln, aber warum verzichtest du aufs wandern? Da wurde ich stur und habe mir einfach gedacht: ich will das unbedingt, also MUSS es eine Möglichkeit geben.

    Ich habe mir eben Karten und Wege gesucht die nicht die typischen Touristentrampelpfade sind und habe wirklich wenig Begegnungen. Wenn man dazu noch Samstags statt Sonntags geht, war bei mir die Erfahrung, dass man sehr viel wandern ohne Mensch-Hund hat.


    - von der Gelassenheit anderer Menschen lernen: immer wenn ich wen dabei hatte, der meinen Hund einfach kommentarlos mal festgehalten hat oder einfach sagte: ja, iss halt so, ist mir klar geworden, dass so viel innere Haltung ist. Je entspannter und souveräner ich wurde, desto entspannter die Situation.


    VG,

    Annika

  • Bezüglich der Spaziergänge: es gibt mehr als genug Hunde, bei denen der Spaziergang NIE was anderes ist als 100 % Aufmerksamkeit beim Hund. Ob Wild, Katzen, andere Hunde, Menschen, Vögel, fallende Blätter - ALLES kann den jeweiligen Hund zum Durchstarten veranlassen und ist die Ursache, daß er an der Schlepp, wenigstens aber im permanenten Fokus seines Besitzers läuft. Vielleicht hilft es Dir, ruhiger zu bleiben, wenn Du ein Halti harness Geschirr nutzt, da hast du Deinen Hund erst mal passiv besser unter Kontrolle, kannst beruhigter die Situation durchstehen und am Problem arbeiten.


    Bezüglich Verein: ich bin dieses Jahr auch frustriert, weil ich mit meinem jungen Hund zwar die gesteckten Ziele im Spätherbst noch erreichen konnte, die Weichen fürs neue Jahre aber auch schon aufs Abstellgleis zu führen scheinen. Na gut, muß ich mir eben selbst was einfallen lassen! Du machst Mantrailing, was hindert Dich, Zielobjektsuche oder Fährte zusätzlich zu testen? Kann man alleine machen! Oder Tricks üben, Geschicklichkeitsparcour etc. - vielleicht hilft es Deinem Hund ja auch, in Stresssituationen mehr Dich zu beachten und weniger das drumherum.


    Ich finde, Deine geschilderten Probleme sind nicht unlösbar, und Dein Hund hat doch mehr als genug gute Eigenschaften für Dich. Perfekt ist kein Lebewesen, mit Trainerhilfe ist bestimmt was zu verbessern, und wenn Du Deine Ansprüche etwas herunterschraubst, kannst Du bestimmt wieder Freude am Zusammensein mit Deinem Hund empfinden.

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