Tierschutzhund zieht bald ein — eure Tipps

  • Die für mich wichtigste Lektion bei meinen beiden Ausländern (1x Serbien, 1x Rumänien) war: Gas rausnehmen, Erwartungen erstmal rapide runterschrauben. In den ersten 6 Wochen war ich mit absoluten Basics beschäftigt - Gewöhnung an die Geräusche und Menschen, Möbel respektieren, MICH respektieren und im Gegenzug verstehen, dass keine Ressource verteidigt werden muss, Tag-/Nachtrhythmus einhalten. Der Hündin hat räumliche Begrenzung sehr geholfen, das fiel hier auch schon.


    Ich hab hier zwei sehr unterschiedlich geprägte Ausländer - einer war 6 Jahre auf der Straße und dann nur ganz kurz in einem Shelter, der andere wohl gar nicht oder nur ganz kurz auf der Straße, sondern 3 Jahre in einem dieser riesigen Shelter. Der eine ist sehr auf Menschen und nicht gut auf Kommunikation mit anderen Hunden geprägt, der andere genau andersherum. Beides stand so in keinem Steckbrief, es hat sich einfach mit der Zeit herauskristallisiert, als die Hunde ankamen und ihre Charaktere nicht mehr von Stress verdeckt wurden.

    Es wird sicher Überraschungen geben... Das muss gar nix Dramatisches werden, wenn man die Antennen anhat und früh genug einlenkt. Aber man hat halt einen Hund mit Vorgeschichte, die man auch durch die fachkundigste Erziehung nicht mehr komplett umkrempeln kann. Versäumnisse in der Prägung lassen sich nur bedingt aufholen.


    Spazierengehen

    Mit beiden Hunden konnte ich die ersten 4 Wochen kaum spazieren gehen. Die Hündin hatte außerhalb vom Haus die Hosen voll und wollte sofort wieder rein. Die ersten vier Tage konnte sie kein Geschäft machen und nicht pieseln, sie hat sich einfach nicht getraut. Und auch danach monatelang nur im Garten.

    Der Rüde hatte starke körperliche Defizite, weil er jahrelang in einem engen Zwinger gelegen hatte und fett und total versteift war. Es ist also gut möglich, dass es kein "Geschirr & Leine dran und los gehts" wird, da muss man umdisponieren und gaaaanz klein anfangen.


    Futter

    Zum Futter wurde auch schon was gesagt. Meine Hündin musste ich die ersten 4 Wochen selbst bekochen, und zwar vegetarisch - sie hatte in Serbien auf der Straße überwiegend Abfälle aus einer Bäckerei bekommen und war Fleisch gar nicht gewohnt. Die letzten Monate bevor sie zu mir kam war sie in einem Shelter, wo es eingeweichtes Brot mit Milch gab. Auch heute verträgt sie nur Single Protein und ist mindestens genauso glücklich wenn sie nur einen Teller Nudeln bekommt...

    Der Rüde war da recht unproblematisch. Ich kann aber so oder so nur empfehlen, die Fütterung erstmal dem anzupassen, was der Hund in Ungarn gewohnt war. Für den Umstieg auf etwas Hochwertiges hat man später alle Zeit der Welt.


    Vieles andere wurde schon gesagt, das muss ich jetzt nicht alles wiederholen... ich dachte nur, dass ein paar Erfahrungswerte vielleicht interessant sind. Mich hat das anfangs beruhigt und tut es auch jetzt noch, manche der "Überraschungen" legt man halt nicht ad acta, die hat man gemeinsam mit dem Hund adoptiert und muss mit ihnen umgehen. Ich bin jedenfalls sehr gespannt auf den Buben und freue mich auf Fotos. =)

  • Auja, auf jeden Fall weiter berichten, wie es mit euch und Stan weiter geht!:nicken:

    Ich finde es toll, dass ihr einen Betreuer vom TS Verein habt, das spricht sehr für den Verein.

    Und wir hier sind ja auch gerne da und helfen mit unseren Erfahrungen gerne weiter, wenn es mal haken sollte. Ihr seid herzlich willkommen :schneewerfen_wald:

  • Räumliche Begrenzung fürs erste ist notiert! Die Box steht tatsächlich schon im Wohnzimmer bereit, den Tipp haben wir nämlich auch von anderen HH aus dem Umfeld bekommen :)


    Ich hatte extra zur Abholung meiner Auslandshündin eine Box gekauft und muss sagen, dass das für sie Quälerei war. Sie hatte in der Box absolute Panik. Sie kam in einem Lkw, in dem zig Käfige für die vielen Hunde übereinander und nebeneinander waren. Vielleicht hing es damit zusammen. Zum Glück war ich nicht mit meinem Pkw, sondern mit meinem Wohnmobil zur Abholung gefahren. Kaum war sie aus der Box und angebunden am Haltegriff, konnte sie nach einer guten halben Stunde entspannen und hat die Heimfahrt über auf dem Bett geschlafen.


    Damit will ich nur sagen, dass nicht jeder Hund eine Box toll findet. Man kann es anbieten, aber ich würde da nichts erzwingen.

  • Babygitter als Raumteiler.


    Box ist unwahrscheinlich, dass Hund kennt und kann. Jedenfalls geschlossen.

  • Am Anfang würde ich vom gedanklichen Herangehen her nicht „belohnen“, sondern ganz erwartungsfrei Leckerchen rieseln lassen. Wenn die klein geschnitten sind und der Hund mit einem gesunden Darm ankommt, kann das auch was „Ergiebigeres“ sein.


    Guckt mal, wie er so drauf ist. Aber je nachdem, wie verunsichert er hier ankommt, kann „belohnt werden“ (setzt ja voraus, dass ihr ihn beobachtet und einen besonderen Fokus auf erwünschtes Verhalten legt) schon stressig sein. Wartet damit lieber ein bisserl ab, bis sich das Wirrwarr im Kopf etwas gelegt hat und er auch erkennen kann, dass er sich ein besonderes Goodie verdienen kann.


    Ansonsten ist hier ja schon viel gesagt worden. Eine Frage noch: Wie wohnt Ihr? Eher ländlich oder städtisch, allein im Haus oder mit anderen Partien, Eigentum oder Miete?


    Legt Euch nicht so sehr darauf fest, dass das mit der Stubenreinheit schnell geht, ein guter Reiniger, genug Zewa und Toleranz dafür sollten da sein :smile:


    Und deckt Euch nach Geschmack mit was schönem Gemütlichem zum Gucken (kein Krachbummkawäng-Kino) oder Lesen ein und Nervennahrung je nach Gusto ein. Auch wenn alles neu und spannend ist, sollte der Hund nicht allzu sehr im Fokus stehen.


    Und schaut mal aus Hundeperspektive durch die Wohnung, was leicht und verführerisch zum Kaputtmachen oder eine Gefahrenquelle sein könnte.


    Habt Ihr Empfehlungen für gute Geschirre?

  • Räumliche Begrenzung fürs erste ist notiert! Die Box steht tatsächlich schon im Wohnzimmer bereit, den Tipp haben wir nämlich auch von anderen HH aus dem Umfeld bekommen :)


    Ich hatte extra zur Abholung meiner Auslandshündin eine Box gekauft und muss sagen, dass das für sie Quälerei war. Sie hatte in der Box absolute Panik. Sie kam in einem Lkw, in dem zig Käfige für die vielen Hunde übereinander und nebeneinander waren. Vielleicht hing es damit zusammen. Zum Glück war ich nicht mit meinem Pkw, sondern mit meinem Wohnmobil zur Abholung gefahren. Kaum war sie aus der Box und angebunden am Haltegriff, konnte sie nach einer guten halben Stunde entspannen und hat die Heimfahrt über auf dem Bett geschlafen.


    Damit will ich nur sagen, dass nicht jeder Hund eine Box toll findet. Man kann es anbieten, aber ich würde da nichts erzwingen.

    Das ging mir so ähnlich mit meiner ersten TS Hündin vor 20ihg Jahren, die im Alter von 4 Monaten zu mir kam. Ich hatte einen Karton mit Kissen und Decken gemütlich ausgestattet um ihn neben mein Bett zu stellen. Darin sollte der Welpe schlafen und ich würde ihn dann hören wenn er Pipi in der Nacht müsste. Die Kleine hatte totale Panik, da ging gar nicht!

    Nachher hab ich erfahren, dass sie mit ihren Welpengeschwistern in einem verschnurten und verschlossenen Karton an der Autobahn ausgesetzt wurde.:shocked:

  • Nachher hab ich erfahren, dass sie mit ihren Welpengeschwistern in einem verschnurten und verschlossenen Karton an der Autobahn ausgesetzt wurde.


    Da sagst du was. Meine Hündin war mit ihren Geschwistern in einem Karton auf den Müll geworfen worden. Kann auch sein, dass da die Erinnerung hochkam. Sie hatte auch lange Panikanfälle, wenn wir über eine schmale Brücke gegangen sind. Da habe ich drauf getippt, dass das Geländer rechts und links an einen Käfig erinnert. Ich weiß es nicht genau, aber ich denke es kann nicht schaden, wenn man damit rechnet, wenn der neue Hund kommt, dass er auch Ängste mitgebracht haben kann. Wenn nicht, umso besser.


    Meine erste Hündin aus dem Tierschutz kam Anfang Januar 2002 zu mir. Damals per Flugpate. Sie hat über ein Jahr auf jeder Autofahrt erbrochen. Damals habe ich überlegt, dass sie vorher Autofahrten evtl. nur negativ verknüpfen konnte. Also von der Straße eingefangen und mit dem Auto ins Tierheim gebracht und dann mit dem Auto zum Flughafen. Und so ein Flug ist sicher auch ängstigend. Das war mein erster Hund, der solchen Stress bei der Autofahrt hatte. War gar nicht auf die Idee gekommen, dass es sowas geben könnte. Sie war erst mein 2. eigener Hund und mein erster Hund kam als Welpe und da hatte ich natürlich mit dem Auto langsam geübt. Zum Glück legte es sich später. Sie war knapp 17 Jahre bei mir und fuhr später immer gerne mit, da war das eine Jahr, wo ich extra wenig gefahren bin im Nachhinein doch eine kurze Zeit.


    Man nimmt so viel als selbstverständlich hin. Meine jetzige Hündin fuhr ab Tag 1 gerne Auto. Das weiß ich jetzt viel mehr zu schätzen.

  • Vieles wurde ja bereits geschrieben.

    Was ich dir noch unbedingt ans Herz legen möchte, ist die hündische Kommunikation. Ich finde das, gerade bei Auslandhunden die bis dato eventuell wenig mit Menschen zu tun hatten, essentiell.

    Es gibt hierzu viel gute Literatur.


    Vorallem die "calming signals" finde ich sehr sehr wichtig, wird der Hund doch leider zu oft missverstanden.

  • ............

    Vom Wesen her ist er laut Vermittlern ein sehr freundlicher und sozialer Hund, der mit Menschen, anderen Hunden und auch Kindern gut verträglich ist; nur Katzen sollten gemieden werden, da er einen sehr ausgeprägten Jagdtrieb hat. Vorerkrankungen und Handicaps scheint er keine zu haben.


    ..............

    Ich habe derzeit zwei Auslandshunde und davor auch schon welche gehabt. In allen Fällen stimmte die Beschreibung NULL. Außerdem hatte alle Hunde die Ohren entzündet und Giardien.


    Selbst wenn sich euer Verein jetzt erst einmal sehr gut anhört für euch, ist es in den seltesten Fällen tatsächlich später so.

    Bei meinem letzten aufgenommenen Hund, schien der Verein erst auch gut zu sein und ich habe jede Menge Hunde Erfahrung und dachte, ich könnte es einschätzen, Pustekuchen. Tja, das "Gute" am Verein hörte am Tag nach der Ankunft hier auf, als ich darauf hingewiesen habe, dass der Hund mit massiv entzündeten Ohren und entzündeter frischer Kastrationswunde hier angekommen ist. Da wurde ich dann erst einmal runtergeputzt, wieso ich mit dem Hund (zu dem Zeitpunkt noch Pflegehund) zum Tierarzt gehen will.

    Beschrieben vorher war der Hund als nett, unproblematisch und mit allem und jedem verträglich. Angekommen ist ein völlig verängstigter Hund, der auf Alles und jeden losgegangen ist. Es hat viele Monate gedauert bis er einigermaßen "normales" Hundeverhalten gelernt hat und nicht mehr jeden Attackieren will.


    Lange Rede kurzer Sinn: stellt euch innerlich darauf ein, dass ihr evtl. eine Großbaustelle bekommt, ist es dann nicht der Fall umso besser. Aber zumindest habt ihr den Gedanken dann vorher schon mal durchgespielt. Vielleicht habt ihr natürlich auch wirklich Glück und ihr bekommt einen netten unkomplizierten Hund, ist aber meiner Erfahrung nach eher selten bei einem Auslandshund.


    Das Unproblematischte an meinem Hund war übrigens Stubenreinheit und Leine gehen, dass ging super.

  • Mein Kleiner kommt aus dem spanischen Tierschutz, war allerdings schon im Lande auf einer Pflegestelle. Er wurde auf 1Jahr geschätzt als er bei uns eingezogen ist. Er ist auch unser erster Hund.

    Wir haben ab der zweiten Woche mit einer Trainerin gearbeitet. Nicht um schon gross etwas zu trainieren, sie hat den Hund eingeschätzt und uns erstmal ganz viele wichtige Dinge zum eingewöhnen an die Hand gegeben. Da wir ja auch keine Erfahrung hatten fand ich das extrem hilfreich. So liessen sich wenigstens ein paar Fehler vermeiden und wir haben direktes Feedback zu unserem Umgang mit ihm bekommen.

    Ausserdem konnten wir so auf den grossen eingezäunten Platz von ihr wo er mal so richtig flitzen konnte. Das hat ihm sehr gut getan. Unterwegs von der Leine gelassen haben wir ihn erst sehr dosiert nach Monaten.

    Wir hatten übrigens auch Glück und der kleine Kerl ist ein echter Schatz. Grössere Baustellen sind auch nach jetzt einem Jahr nicht zum Vorschein gekommen.

    Ich drücke euch die Daumen, das ihr mit eurem Stan einen guten Start habt und ein Team werdet.

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