Die grosse Hundeschwemme

  • Hallo, liebe Alle,

    ich habe mir gerade den gesamten Thread durchgelesen, fühle mich als "Corona-neu-Ersthunde-Halterin-mit-Auslandtierschutzhund-die-im-Forum-bereits-nach-Unterstützung-gefragt-hat" sehr angesprochen und bin traurig darüber, offensichtlich mit so einem Stempel rumzulaufen, sowohl draußen als auch hier im Forum, in dem ich mich eigentlich bisher sehr wohl und angenommen gefühlt habe.


    Ich verstehe euren Unmut auf jeden Fall absolut, vermutlich habt ihr ja, so schlimm es ist, auch Recht mit vielen Punkten und ich finde es richtig und wichtig, sich Räume zu schaffen, in denen man sich auch mal gemeinschaftlich auskotzen kann. Trotzdem würde ich mir gleichzeitig an irgendeinem Punkt auch einen Perspektivwechsel wünschen, wenn ihr durch eure Straßen und Felder geht und auf einen "Neuhund" trefft. Die meisten von euch haben sich auch irgendwann einmal für ihren ersten "eigenen" Hund entschieden, bei manchen war das vielleicht auch immer schon der Normalzustand, dass Hunde da sind, auch gut so, ihr Glücklichen! So oder so haben alle hier mit Sicherheit Fehler gemacht, vielleicht hin und wieder gezweifelt, sich mal unsicher gefühlt. Ich fände es schön, wenn mir und zahlreichen anderen Menschen, die grade ihren ersten Hund in ihrem Leben begrüßen und sich darüber freuen möchten, nur weil Corona ist, nicht abgesprochen wird, dies alles auch zu dürfen, ohne gleich als verantwortungslose, impulsive Gelegenheitshundekonsument*innen gesehen zu werden.


    Ich habe mir einen Herzenswunsch erfüllt, den ich seit 15 Jahren hege und immer verschoben habe, weil ich mich noch nicht bereit dafür gefühlt habe. Aber wie junge Eltern auch mal am Rande der Verzweiflung stehen, weil das Baby Koliken hat und sie endlich, endlich mal wieder schlafen wollen haben auch wir jungen Hunde"eltern" (nicht mein Lieblingsbegriff dafür) das Recht, mal drüber zu sein, wenn es nicht so läuft wie wir uns das mit Sicherheit, natürlich auch mal romantisiert, vorgestellt haben. Und es wäre schön, und gerade jetzt auch super wichtig, Verständnis und Support zu finden, statt Unmut und Vorurteile.


    Ich habe mich für meinen Hund entschieden, weil ich jahrelang wusste, dass ich das irgendwann will. Ich habe mich über ein Jahr intensiv gedanklich damit auseinandergesetzt, mich bewusst für den Auslandtierschutz entschieden (ja, ich kenne die Kritik und ich teile sie an vielen Stellen, dennoch muss es nicht automatisch falsch sein, einen Hund aus dem Ausland zu sich zu nehmen) und natürlich werde ich alles tun, um diesem, leider ganz und gar nicht unkomplizierten und trotzdem unglaublich tollen Hund bei mir ein sicheres und schönes Leben zu ermöglichen und ich freue mich darauf, weiter von kompetenten, netten Hundefachmenschen hier gedankliche, moralische, konkrete Unterstützung zu bekommen. Für mich ist übrigens alles wie immer. Ich arbeite "systemrelevant" und habe alles in meinem Leben so eingerichtet, dass ich trotzdem eine Ankommenszeit mit meinem Hund haben kann.


    Damit will ich eurer Kritik überhaupt nichts absprechen, denn ich individualisiere jetzt natürlich stark und das ist nicht allgemeingültig. Verallgemeinerungen, wie der Name es schon sagt, sind es aber auch nicht und eine offenere, wertschätzendere Diskussionskultur fände ich an dieser Stelle sehr wünschenswert.


    Danke, das brannte mir grade sehr auf der Seele!

  • Ich weiß auch ehrlich gesagt nicht, wie die Regelung für Hundeschulen ist. Wir als Verein müssen aktuell zumachen. Wäre ja schön, wenn die Hundehalter wenigstens diese Anlaufstelle hätten.


    In unserer Stadt (NRW) wurden Hundeschulen als "außerschulische Bildungseinrichtungen" eingestuft und mussten komplett schließen, auch Einzelstunden dürfen aktuell nicht mehr gegeben werden. Davor war Einzeltraining und in den Gruppen Training mit max. 5 Personen plus Hund draußen zulässig.

    Eine Nachbarstadt stuft Hundeschulen anders ein, da darf weiterhin zumindest Einzeltraining stattfinden.

    Blicke mittlerweile schon fast nicht mehr durch.

  • Sehr viele sehen nur die jetzige Situation und bedenken nicht was ist, wenn mal wieder Normalität einkehrt.


    Da wäre die Frage, was "Normalität" ist. Ich für meinen Teil bin mir sicher, dass die Home Office Situation bei uns zur neuen Normalität gehört.

    Wir können unsere Arbeit remote auch machen, sind flexibler, haben weniger Reisezeiten und Reisekosten. Alle unsere Kunden, auch die, bei denen es vor einem Jahr noch absolutes NoGo und undenkbar gewesen ist, dass wir Remote Zugriffe erhalten, haben inzwischen auf Remote Arbeit umgestellt.

    Und je länger diese Lockdown Geschichte geht, desto normaler wird diese Art des Arbeitens.

  • Natürlich hast du da recht - leider trifft sowas immer auch die Falschen. Das Problem ist einfach: die netten ,fähigen Halter, die es sicher gibt, fallen eben nicht auf. Im Gedächtnis bleiben immer die, deren Hund du von deinem abhalten/abpflücken mußt, und die dir dann noch einen Spruch reindrücken.


    Damit du siehst, wie eindrucksvoll (und tragikomisch) sowas sein kann, hier mal ein Beispiel aus letzter Zeit: Ich gehe mit angeleintem Siebenkiloterrier einen Parkweg runter. Gut fünfzig Meter weg ,auf der Wiese, sieht uns ein freilaufender Hund, mittelgroß, Spitztyp, und wie ich inzwischen weiß, gerade aus Rumänien gerettet.


    Hund sieht uns also, rast sofort kerzengerade und ziemlich aggressiv bellend über die ganze Wiese auf uns zu und versucht sofort und ohne Vorverhandlungen, nach dem Terrier zu schnappen. Wohlgemerkt nicht, sich festzubeißen oder so, dieses typische keifende Schnappen und Zurückweichen, mit dem man Schwächere anpöbelt.


    Es passier dreierlei: 1.)der Terrier und ich werden ziemlich sauer, 2.)der Terrier packt zu, es gibt ein Knäuel, das damit endet, dass der Spitz 3.) ganz schnell am Boden liegt und panisch schreit. Daraufhin - und erst daraufhin -setzen sich die Besitzer, ein junges Paar, hastig in Bewegung. Und unterwegs schreien sie sich lauthals an:


    Er zu ihr "Warum lässt du den immer wieder laufen? Du weißt doch, wie der ist!"


    Sie zu ihm: "Ich dachte doch, das ist bloß so'n Kleiner!!"


    Fand ich dann insgesamt doch wieder eher komisch, der Terrier zog als stolzer Sieger von dannen - aber was, wenn ich die halb gelähmte alte Dame mit dem winzigen Bolonka gewesen wäre, die auch regelmäßig da geht?


    Jedenfalls: Das und sehr viel Ähnliches ist eben das ,was hängenbleibt - so ungerecht das ist.

  • Trotzdem würde ich mir gleichzeitig an irgendeinem Punkt auch einen Perspektivwechsel wünschen, wenn ihr durch eure Straßen und Felder geht und auf einen "Neuhund" trefft.

    Mir ist wurscht wer wo spazierengeht. Ich bin ja nicht der Konig hier. Wenn sich jeder um sein Tier kümmert, ist alles in Ordnung.

    Nur du wirst es auch noch erleben, dass das nicht der üblichen Realität entspricht. Hundehalter sind zu eine grossen Anteil einfach asozial. Hauptsache sie und ihrem Hund geht es gut.


    Wenn du dann neben deinem zerbissenen oder getöteten oder NUR gemobbten Hund stehst, dann wirst du deine Perspektive wechseln.


    Und dennoch kann man die Hunde in der Summe weiter toll finden, denn die sind meist ja nicht Schuld an dem Dilemma.

  • Sie zu ihm: "Ich dachte doch, das ist bloß so'n Kleiner!!"

    uihhhh, wenn ich das gehört hätte, hätte die Tussi was erleben können.


    Eben genau aus dem Grund "was wäre gewesen, wenn es die ältere halbgelähmte Dame mit dem kleinen Bolonka gewesen wäre".

    Nein, Ich komme nicht aus deiner Ecke, aber da ich sowohl grosse als auch kleine Hunde habe/hatte, habe ich die Typus Vollpfosten auch schon das eine oder andere Mal erlebt.

  • Die Hundepreis explodieren zur Zeit, da sind schon echt unverschämte Preise dabei wie knapp 3000 Euro für einen Malteser Pudel Mix oder eine Franz. Bulldogge. Wahnsinn.

    Naja, wie sind gerade auf Züchtersuche und bisher ist uns keiner begegnet, der mehr als 1500€ nehmen würde :nicken:

    Schon lustig, auf einmal sind die teuren Züchterhunde die 'günstigere' Alternative. Ich frage mich allerdings, ob wirklich jemand diese Hunde für 3000€ kauft, oder die Leute dann doch im Preis noch einmal heruntergehen.

  • da sind schon echt unverschämte Preise dabei wie knapp 3000 Euro für einen Malteser Pudel Mix oder eine Franz. Bulldogge. Wahnsinn.

    Ganz ehrlich, wenn die Leute so bescheuert sind, solche Mondpreise zu zahlen.....

  • Zitat

    Trotzdem würde ich mir gleichzeitig an irgendeinem Punkt auch einen Perspektivwechsel wünschen, wenn ihr durch eure Straßen und Felder geht und auf einen "Neuhund" trefft.

    Der Perspektivenwechsel ist hier ja gerade das Traurigste. Ich gehe seit Jahrzehnten in diesem Revier, mit verschiedenen Hunden, und ich habe überhaupt noch nie erlebt, dass neuen Hunden anders als mit freundlichem Interesse begegnet wurde. Hier hat immer jeder ganz schnell Spaziergangs- und Spielpartner gefunden, die passten, und oft sogar Freunde. Natürlich gab es immer auch Abneigungen, Feindschaften und den einen oder anderen Vollpfosten. Das ist einfach menschlich, aber alles in allem klappte es echt gut.


    Seit ein paar Monaten beginnt sich das spürbar zu ändern, unter einer regelrechten Schwemme von unbedarften und oft einfach rücksichtslosen Neuhaltern. Ich merke inzwischen auch, dass ich sehr viel vorsichtiger werde - die Unbefangenheit Fremden gegenüber, die wir hier im Großen und Ganzen hatten, ist ziemlich weg. Jetzt biegt man eben doch lieber ab, statt aus freundlicher Neugier eine Begegnung zu riskieren.


    Kann sein, dass sich alles wieder einspielen wird, sobald der Hype vorbei ist - aber schade ist es schon.

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