Herausforderung gehörloser Junghund - Erfahrungen?

  • Hallo peace-sign-dog-face


    seit ca. 3 Wochen sind wir Besitzer eines gehörlosen 6 Monate alten Parson-Jack-Russel Mix. Sie kam von einem Bauernhof, auf dem sie nicht sehr viel Aufmerksamkeit und Erziehung bekommen hat, da man dort schnell merkte, dass sie nicht hören kann (sie bekam ein viel zu kleines Körbchen mit, Futter für bereits ausgewachsene Hunde, ein Halsband, das zu dünn und zu eng war etc...). Da wir mit Gehörlosigkeit in der Familie bereits Erfahrungen gemacht haben, haben wir uns sofort angesprochen gefühlt, uns dieser Herausforderung zu stellen.

    Wir waren bereits 2 Mal in der Hundeschule, üben mit ihr vor allem Blickkontakt, Kommandos, machen Medical-Training sowie das Decken- und Boxtraining und gewöhnen sie gerade an das Vibrationshalsband. Soweit so gut - sie ist, hat sie nicht gerade ihre "Phase", ein Goldstück!


    Allerdings hat sie einige Eigenarten, die mich etwas zum verzweifeln bringen. Leinenführigkeit ist, da sie es vom Bauernhof nicht kannte und sich erst mal an die Großstadt gewöhnen muss, natürlich ein Thema, da sie sehr nervös ist und man die Aufmerksamkeit nur schwer bekommt. Was aber viel schwerwiegender ist, ist das Aufdrehen in der Wohnung (und manchmal auch draußen beim Spielen). Ich glaube, sie hat ihre Gefühle nicht unter Kontrolle und sobald sie sich freut, gefrustet ist oder spielen will, beißt sie wie verrückt in die Beine, rennt einem hinterher und knurrt unaufhörlich. Es ist wirklich extrem und ich mache mir schon um ihr kleines Herz Sorgen, da sie in diesen Momenten so aufgeregt ist. Wir leinen sie dann mittels Hausleine sofort an und ignorieren sie, sodass sie zur Ruhe kommt. Das fällt ihr allerdings SEHR schwer. Sie läuft rechts und links; und wenn sie sich hinlegt, spannt sie die Leine so sehr, dass man denkt, sie möchte sich mit Absicht erhängen eyerolling-dog-face (Frust? Bzw. hofft sie, dass ich die Leine dann lockere und sie "befreie"?) Das Thema Beißen kommt auch beim Tierarzt zum Vorschein, sowie beim Abputzen nach dem Spazieren oder dem von-der-Couch-schicken... (definitiv Frust!)

    Ich weiß, dass Konsequenz der Schlüssel zum Erfolg ist, aber es ist so niederschmetternd, wenn man diese negativen Emotionen zurück bekommt, obwohl man selbst alles tut, damit es ihr gut geht.

    Wir werden nun weiter an der Box arbeiten, damit sie besser runter kommen kann und damit sie dann auch nachts in dieser schläft und eben nicht im Dunkeln wie Falschgeld durch die Gegend marschiert und sich dann unbemerkt ins Bett schleicht (wie im Moment...).

    Ich möchte ja eigentlich gar nicht so streng sein wie z.B. mit dem Anleinen in der Wohnung, aber sie lässt mir keine andere Wahl. Wann wird das denn aber besser werden? Wann wird sie verstehen, dass sie das mit dem Beißen lassen muss, damit ich nicht gezwungen bin, diese Maßnahmen zu ergreifen? Mir ist klar, dass die Erziehung lange dauert, aber eine Besserung sollte doch schon nach 3 Wochen erkennbar sein oder? Vielleicht bin ich einfach zu ungeduldig und möchte zu viel auf ein mal, aber ich möchte nichts falsch machen, sodass sie am Ende toll erzogen ist blushing-dog-face


    Vielleicht hat jemand von euch Erfahrungen mit gehörlosen Hunden oder generell mit Junghunden und erkennt dieses Verhalten wieder und kann mir entweder Hoffnung geben, dass es mit der Zeit besser wird oder wie ich es in die richtige Richtung lenken oder anders machen kann...

  • Der Hund ist seit 3 Wochen bei euch.

    Hat wahrscheinlich nichts kennengelernt so wie du schreibst eventuell Deprivation möglich.

    Und bekommt jetzt bei euch das volle Programm mit Hundeschule und Training aller Art.

    Der ist völlig überfordert.

    Sucht euch einen Trainer der sich mit Verhalten auskennt.

    Dieser Hund hat im Moment keinen Mehrwert von normaler Hundeschule.

  • Für mich klingt es auch nach Überforderung bei dem jungen Kerl.


    Eine Bekannte von mir hat eine taube Hündin, mit der sie sehr erfolgreich trainiert und u.a. im Dogdance aktiv ist. Falls du Instagram oder Facebook hast, kannst du ja mal unter Vierpfotenkünstler nach ihr schauen und bestimmt auch für Tipps anschreiben.

  • Du erwartest da schon einiges von deinem Hund!

    Du trainierst seit drei Wochen erst - schau dir mal zum Vergleich einen Welpenthread an, da gehts quasi um die gleichen Themen und das dauert.

    Der Hund muss euch kennen lernen, die Hausregeln, die neue Umgebung - das braucht halt Zeit.

    Du kannst ja mal eine Liste der Dinge machen die du gerade trainierst und dann nochmal prüfen, was davon eigentlich wirklich (!) wichtig ist aktuell.

    Man kann nicht alles auf einmal erreichen und ein Hund lernt ein Leben lang, da ist nix verloren wenn man es zurück stellt (nur manchmal ist man halt genervt ?)


    Aber man muss sich eben auch eingrooven, heißt tief durchatmen weitermachen und immer mal wieder inspizieren ob es in die richtige Richtung geht.

  • Hallo :winken:


    Also erstmal danke Eni46 fürs rufen. =)


    Wie meine Vorredner schon erwähnten ist er sicher viel zu überfordert mit eurem Programm von nichts auf alles quasi. Außerdem kommen nun die Hormone dazu und seine Murmeln sitzen noch weniger als vorher. Lasst euch Zeit!
    Gehörlose Hunde sind anders, setzen andere Schwerpunkte und brauchen ganz ganz viel Sicherheit. Das hab ich herausgefunden. Es ist wie bei Menschen und damit habt ihr doch Erfahrung gemacht? Inwieweit habt ihr damit Erfahrungen gemacht? Habt ihr ein Familienmitglied mit Gehörlosigkeit? Ich arbeite mit Menschen mit Gehörlosigkeit und Taubblindheit und hatte letztes Jahr genauso überlegt eine Hündin aufzunehmen die Gehörlos ist. Das hat aber aus anderen Gründen nicht geklappt.

    Womit ich bei so einem Hund definitiv nicht arbeiten würde, wäre eine Box. Der Hund braucht Nähe, er muss euch Sehen und riechen können. Wenn ihr ihn in eine Box sperrt und dann weg geht, schiebt er Panik. Er hört nicht was passiert, er sieht nicht was passiert (weil kleine Box) und dazu kommt er dann von einem Bauernhof wo er den ganzen Tag den Überblick hatte in eine Großstadt. Diese Hunde nehmen anders war, viel intensiver mit den Sinnen die noch vorhanden sind.

    Das einzige und erste was ich versuche würde, wäre ihn Schritt für Schritt in der Wohnung ans Vibrationshalsband gewöhnen. Und nur so wenig wie möglich raus zu gehen in den Trubel der Großstadt. Versucht ihm in der Wohnung Sicherheit zu geben, ihm zu zeigen das ihr da seid und nicht weg geht. Es ist NORMAL das er euch folgen wird, er hört ja nicht wo ihr hin geht.

    Packt ein Geschirr drauf und dann wäre mir Leinenführigkeit erstmal wurscht. Gerade geht es primär und als aller erstes um Beziehungsaufbau. Das ist das A und O, besonders bei so einem Hund.


    Viel Erfolg :D

  • Danke für eure Antworten! Ich bin regelrecht beruhigt, dass es wohl an meinen (zu hohen..) Anforderungen liegt. Ich hatte tatsächlich Angst, etwas in der jetzigen entscheidenden Junghund-Phase, in der sie ja so viel lernen, falsch zu machen oder zu verpassen, was dann nicht wieder rückgängig gemacht werden kann.


    Was das Konzentrieren auf die momentan wichtigen Dinge angeht, bin ich eigentlich der Meinung, dass wir das machen. Und zwar:

    1. Blickkontakt/ Aufmerksamkeit (Vibrationshalsband)

    2. Deckentraining (für Ruhepausen)

    3. Leinenführigkeit


    Ich hoffe, dass sich das mit dem Beißen legt, sobald sie sich besser eingelebt hat (und vielleicht auch etwas älter geworden istdog-face-w-monocle)

  • Vielen Dank für deine Antwort und deine Erfahrungen!! Wir haben auf beiden Seiten mehrere gehörlose Familienmitglieder (Elternteile, Geschwister, Tanten).

    Das mit dem Hinterherlaufen macht tatsächlich Sinn - warum bin ich da noch nicht drauf gekommen? thinking-dog-face

    An die Box möchten wir sie eben auch gerade fürs Autofahren gewöhnen... wir würden sie niemals in die Box stecken und dann weg gehen, sondern immer im Blickkontakt bleiben.

  • An die Box gewöhnen ist ja auch eine gute Sache - an sich. Nur würde ich bei einem Gehörlosen Hund wirklich schauen, dass er euch wahrnimmt.

    Wie das mit dem Boxen Training am besten läuft würde ich auf andere Antworten warten, hier gibt es sicher viele Erfahrene User. Unsere Hündin hat dir Box gehasst und ist erst in einem kleinen Auslauf wo sie sich bewegen kann zur Ruhe gekommen. Daher kann ich da nichts großes zu beitragen.


    Manchmal braucht man einfach nochmal einen anderen Blickwinkel. :D Wenn ihr einige Familienmitglieder mit einer Gehörlosigkeit habt, wisst ihr ja bestimmt woraus es ankommt. Aber manchmal übersieht man dann eben solche Dinge. Zwischen Menschen und Hunden ist ja doch nochmal ein Unterschied.

  • Wie geht ihr denn mit dem Hund raus und wohin ? Sie kommt von einem Bauernhof wo sie vermutlich nichts Anderes kennengelernt hat... Ich würde mit ihr erstmal irgendwo hinfahren wo nichts los ist, diese Umstellung ist ja für einen Hund, der nicht gehörlos ist schon schwer.

    Wie läuft das in der Hundeschule ab? Seid ihr da im Einzeltraining?

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!