Welpenblues?!

  • Gerade hat er angefangen zu pieseln, mitten auf dem Wohnzimmerteppich...ich hab dann nein gesagt, ihn gepackt und raus. Dort kam natürlich nichts. Ich fürchte auch, dass das nicht klappt, so lange er derartige Angst draußen hat. Selbst ein Vogelzwitschern bringt ihn völlig aus der Fassung. Drinnen ist er direkt auf seine Decke und schläft jetzt. Die Blase ist also noch voll, es kamen ja nur 2 Tropfen, bis ich ihn gepackt habe.


    Zusätzlich ist er total verunsichert, wenn man auch nur in einem etwas strengeren Ton „Nein“ sagt. Ich habe wirklich Angst, dass er irgendwann nicht mehr vor mir macht, da er davor dann auch noch Angst hat, das wäre natürlich eine Vollkatastrophe. Bei Sachen wie knabbern an den Händen sage ich ihm auch ein deutliches Nein, biete ihm aber direkt eine Alternative, das klappt sehr gut. Aber beim Pipi versteht er ja auch überhaupt nicht, dass das falsch ist.


    Ich will ihn nicht in Watte packen, aber einen solch verängstigten Hund hab ich noch nie gesehen.

    Natürlich klappt das nicht beim ersten Mal. Was hast du denn gedacht? Der Kleine muss lernen. Das Nein (das soll kein schimpfen sein) signalisiert im Zusammenhang mit dem Hochnehmen und rausgehen: Huch! Da war jetzt was! Der Kleine braucht natürlich mehrere Durchläufe bis er das schnallt.

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    • Wisch die Pieselstellen mit klarem Wasser weg und verteile das Schmutzwasser auf der Stelle, die er draußen bepieseln soll. Dann riecht es vertraut und er faßt hoffentlich Mut. Das klappt erstaunlich oft bei ängstlichen Welpen.


      Im Haus würde ich das Geschirr erst mal dranlassen, und auch eine kurze Hausleine ohne Griffschlaufe einhaken, damit Du nicht überfallartig nach ihm greifen mußt, wenn er pieselt.


      Schimpfe ihn bitte nicht, er weiß Deinen Unmut überhaupt nicht einzuordnen. Ein strenges "NEIN" versteht er nur dem Tonfall nach als gefährliche Stimmung bei Dir, nicht als Handlungsanleitung. Kostbare Teppiche oder Böden würde ich abdecken und lieber weitere Malheure in Kauf nehmen, als das langsam wachsende Vertrauen zu beschädigen.


      Und kuscheln, kuscheln, kuscheln - er muß sich bei Dir wohl und geborgen fühlen. Und bei Dir wird die Endorphin-Produktion angekurbelt, mit so einem Zwerg neben Dir. Das wird schon! Du mußt nicht perfekt sein.

    • Ich glaube teilweise wurde ich hier falsch verstanden, ich schimpfe ihn natürlich nicht. Der Zwerg weiß ja auch gar nicht, was er falsch gemacht hat.

      Ich hab nur solche Sorgen irgendwas falsch zu machen und ihn noch mehr zu ängstigen.


      Ich vermute das einzige was er aktuell braucht ist Liebe und Vertrauen fassen. Ich unterschätze den Kulturschock nicht, aber eine derartige Angst, dass er draußen keinen Meter geht, darauf war ich einfach nicht vorbereitet. Aber auch das ist kein Problem, zur Not kommt er draußen erstmal auf den Schoß und dann wieder rein. Bis er weiß, dass ihm niemand was tut.


      In der Wohnung hat er auf eine Matte gepinkelt, die er eigentlich zum schlafen nutzen sollte. Da lobe ich ihn jetzt erstmal, wenn er wenigstens an diesem speziellen Ort macht, dann kann ich die auf den Balkon verlagern und dann irgendwann ganz nach draußen. Mein Gefühl sagt mir erstmal, dass das in der Situation das beste ist. Weil draußen oder auf dem Balkon wird er in dem Zustand zu 100% nicht machen und das ist für ihn dann vielleicht auch nur unnötiger Stress. Um Böden oder Teppiche mache ich mir als Studentin sowieso keine Sorgen, da ist nichts unersetzbares vorhanden und ich wische ja auch alles direkt weg. Ich hatte eher Angst, dass er das mit der Stubenreinheit dann nicht mehr begreift. Aber Minischritte sind dann evtl. besser. Mich persönlich stört es auch nicht, dass er vorerst in der Wohnung macht, so viel kommt aus einem so kleinen Hund ja nicht raus, aber ein Dauerzustand ist das nicht.


      In 2 Wochen sieht die Welt vermutlich schon ganz anders aus.


      Eben hatte er das erste Mal keine Angst mehr vor dem Rascheln des Futters und kam freudig angelaufen zum Fressen, ich hab mich gefreut wie ein Schneekönig, es sind die kleinen Dinge :nicken:

    • Dein Welpchen klingt ja mördermäßig verschreckt. Ganz wichtig wäre es, das sozialisieren und generalisierte lernen (das er ja bis jetzt offensichtlich nicht üben konnte) voranzubringen. Er braucht gaaaanz viele positive Eindrücke, es werden nur winzige Schritte sein, die du mit ihm jetzt machen kannst.


      Ein ängstlicher Hund braucht absolut souveräne, ruhige Menschen. Das hat mit "in Watte packen" nichts zu tun. Viel Geduld und Humor, so viel Nähe wie der Welpe zulässt und vieeeel Zeit für alles! Was ihn zusätzlich zu all den neuen Eindrücken verunsichert: eine unklare Körpersprache, Hektik und ein unbeherrschtes, emotionales Auftreten.


      Wenn drinnen was passiert: nicht der Welpe ist schuld, er hat es noch nicht gelernt, du warst schlichtweg zu langsam. Ist aber auch egal, kann passieren. Das nächste Mal klappt's vielleicht. Ein Baby würdest du auch nicht packen und streng auf die Toilette setzen sondern selbstverständlich die Windeln wechseln und fertig.


      Du hast einen Welpen, der sehr schlecht sozialisiert ist und der evtl. lebenslänglich seine Defizite und Baustellen hat. Das sind sicher wesentlich schlechtere Voraussetzungen, als ein Welpe von einem guten Züchter hat.


      Ich kann mir vorstellen, dass es wahnsinnig schwierig ist, die Gratwanderung zwischen der notwendigen Erziehung und dem behutsamen Umgang zu finden, den ein total verängstigter Hund braucht.

    • Hab grad dein letztes Post gelesen...

      ?????Find ich klasse, dass du auf dein Gefühl hörst! Die Idee mit der Matte ist super, hoffentlich nimmt das erst Mal Druck raus. Du bist am richtigen Weg!

    • Also Welpenblues kenne ich nicht aber:


      Die Auslandshunde haben in ihren Boxen oft ein Handtuch oder ähnliches, wo sie drauf machen (sollen).

      So ist das am einfachsten zu reinigen.

      Das ist das, was er kennt und nun auch bei Euch versucht.

      Auch viele 4 Monate alte Hunde aus bester deutscher Zucht sind nicht sicher stubenrein.
      Eurer Hund ist jetzt 2 Tage da, war noch nie stubenrein - er kann das gar nicht kennen/ können, dass er draußen machen soll.

      Also alles wertvolle wegräumen und es weiter so mit der Matte oder Handtüchern (die lassen sich auskochen 90° Wäsche) ganz langsam aufbauen.


      Der Hund kennt kein "Nein".

      Klar mußt Du das aufbauen und immer wieder sagen, aber Erfolge vielleicht mal nach 14 Tagen erwarten.


      15 Minuten draußen sind viel zu viel für einen solchen Hund.

      Gerade wenn ringsum auch noch Betrieb ist/ belebte Gegend.

      Schon das Treppenhaus und die Stufen sind ein Adventure.


      Geschirr und Pulli oder ähnliches überziehen, ist extrem beängstigend.

      Du mußt Dich dazu über ihn beugen (extrem gruselig).

      Die Beine/ den Kopf in was reinstecken...:shocked:

      Also nach Möglichkeit alles erstmal anlassen.

      Und dann unabhängig vom Rausgehen unabhängig ganz langsam üben.


      Du mußt Dir das so vorstellen.

      Geschirr anziehen - super Streß.

      Aus der nun halbwegs vertrauten Wohnung raus - super Streß

      Treppenhaus/ Stufen laufen ggf. fremde Menschen (auch nur hören und riechen) - super Streß

      Draußen 1000 Eindrücke, die aktuell noch Angst machen - super Streß

      Da sind 15 Minuten die Hölle mit einem hohen Adrenalinspiegel, der sich nur langsam abbaut und dann beginnt das Ganze schon wieder von vorn.


      Da kannst Du auch noch nichts trainieren mit oder ohne Leckerlie.

      Der Kopf muss erstmal frei sein.

      Dann Leckerlies pur antrainieren ohne Gegenleistung und dann ganz ganz langsam Leckerlie nur noch als Bestätigung/ Belohnung.


      Auch das Hochnehmen ist so eine Sache.

      Du meinst das sicher gut.
      Aber der Hund kennt Dich seit 2 Tagen.

      Du nimmst ihn hoch und ihm damit jede Möglichkeit zu flüchten.


      Lass den Kleinen mal ankommen.

      Macht wie hier schon geschrieben ganz kleine Babyschritte und dann wird das alles.

    • Genau richtig machst du das ?? Ich habe tatsächlich für meine - nicht verängstigten und gut vorsozialisierten Welpen - auch eine “Drinnen”-Toilette gehabt am Anfang (begehbare Dusche), obwohl es eher dem Zufall geschuldet war (die war eigentlich für meine Nierenkranke Hündin gedacht, aber sie durften sie mit nutzen), Inzwischen nutzen sie sie nicht mehr, das draußen machen wollen kommt irgendwann eh. Ich glaube die meisten Hundehalter machen sich mehr Stress mit der Stubenreinheit als notwendig. Auf dein Gefühl zu hören ist richtig und mach ruhig weiter mit den Minischritten und Kuschel ihn ganz viel ?

    • Welpenblues vergeht mit der Zeit von allein. Das findet mehr im Kopf statt und wenn man das weiß und die Erfahrungen anderer hört, denen es anfangs genauso ging, ist schon viel geholfen.


      Was nicht so einfach vergeht, ist das Angstproblem deines Hundes. Da sehe ich eine Diskrepanz zwischen deinen Ansprüchen, die sich einfach aus deinen Lebensumständen ergeben und dem Hund, den du in dieses Leben hineingeholt hast. Allein die Tatsache, daß du von der Ängstlichkeit des Welpen überrascht bist, zeigt, daß du darauf nicht wirklich vorbereitet bist. Denn diese Ängstlichkeit ist genau das, womit man bei einem Welpen rechnen muß, der im Shelter aufgewachsen ist.


      Ich vermute - korrigiere mich, wenn es anders ist - daß du dir gedacht hast, wenn du einen Hund aus dem Auslandstierschutz nimmst, dann besser einen Welpen, denn da kann man noch viel formen.

      Das trifft zweifellos bei einem gut sozialisierten Welpen vom Züchter zu, der vielfältige Erfahrungen machen durfte und daher Anpassungsfähigkeit mitbringt. Er hat sozusagen das Lernen gelernt, die Synapsen im Hirn konnten sich ausformen.


      Bei einem reizarm aufgewachsenen Welpen mit mangelhafter Sozialisation ist das nur eingeschränkt der Fall. Das nennt man Deprivation. An sich brauchen solche Hunde ein Umfeld, in dem sie sich ganz in ihrem Tempo - alsao sehr langsam - an neue Reize gewöhnen können, ohne das irgend etwas funktionieren "muß". Da reden wir nicht von einigen Tagen oder Wochen Eingewöhnung wie bei einem gut aufgezogenen Welpen, sondern von Monaten und Jahren, und einiges geht vielleicht nie. Man muß sich an den Hund anpassen und kann nicht verlangen, daß der Hund sich so wie üblich an den Menschen anpasst.


      Ich will dir mit all dem keine Angst machen, nur dringend bitten, daß du dich über Deprivation und alles was damit zusammenhängt, informierst und deine Erwartungen an den Hund stark zurückschraubst. Und ihm vor allem neben Zuneigung viel, viel Zeit zur Eingewöhnung einräumst.


      Dagmar & Cara

    • Danke für diesen Beitrag und natürlich auch für alle anderen.

      Nachdem ich mich in die Thematik eingelesen habe, rollen die Tränen wieder.


      Ursprünglich war ein Welpe vom Züchter geplant, dann kam aber der Gedanke auf (auch angeregt durch meine Familie/Freunde) doch einen Welpen aus dem Tierschutz zu nehmen. Der klassische Gedanke eben „man gibt einem armen Hund ein Zuhause“.


      Ich hab mit zwei Leuten gesprochen, die Tierschutzwelpen haben und keiner hatte diese Problematik in so einem Ausmaß. Schüchtern und etwas ängstlich, ja, aber über Sams Charakter/ Verhalten waren beide geschockt.


      Das soll nicht so klingen, als wäre er das Problem oder gar Schuld daran, er hat diese reizarme Aufzucht scheinbar einfach nur extrem schlecht verkraftet.

      So gerne ich ihn behalten würde und ich mir der Arbeit, die damit verbunden ist, bin ich mir im Klaren, weiß ich einfach nicht ob es ihm gegenüber fair ist.


      Bis zum ersten Park müssen wir 15 Minuten an stark befahrenen und belebten Straßen lang und auch dort ist jede Menge los. Der normale Großstadttrubel eben. Ich bin mir wirklich nicht sicher, ob er sich daran gewöhnen wird. Mir ist es so natürlich auch nicht möglich ihn Schritt für Schritt daran zu führen, sobald wir die Haustür verlassen stehen wir mittendrin. Für ihn ist es die absolute Hölle draußen zu sein. Sobald wir reinkommen hat er Schluckauf, ich schätze weil er so starken Stress hat. Inzwischen kommt Durchfall hinzu und trotz ausreichend Futter wird er leichter.


      Für mich ist die ganze Situation auch denkbar schwierig. Ich habe eine 2 Zimmerwohnung mit offener Küche und Wohn-/Essbereich. Inzwischen stinkt es hier, dass man es kaum aushalten kann. Sobald ich das einzige, bodentiefe Fenster in dem Raum öffne, geht bei ihm der Stress los, weil er die Geräusche hört (es ist wirklich extrem laut hier, aus dem Grund suche ich seit Monaten eine neue Wohnung, aber leichter getan als gesagt).


      Weitere Gedanken die da eine Rolle spielen: Wird er alleine bleiben können? Ich bin alleine und seine einzige Bezugsperson, ich hab Angst, dass er sich so stark an mir orientiert, dass das zum Problem werden könnte. Ab Mai muss ich wieder arbeiten, zwar nur 12 Stunden pro Woche, aber ich sehe aktuell nicht, dass er das packen wird. Eigentlich war geplant, dass meine Mutter ihn dann jeweils nimmt, aber mit so einem Hund natürlich schwierig, für ihn auch nur Stress.


      Ich weiß nicht, ob ich die Welt gerade schwarz sehe, aber ich stehe wirklich kurz davor den Kleinen abzugeben. Mir bricht der Gedanke das Herz, aber ich bin mir sicher, dass er in einer sehr viel reizärmeren Gegend (Feld, Wald, Wiese und einfach ländlich) sehr viel glücklicher wäre als hier, vielleicht sogar mit einem Zweithund, der ihm Sicherheit geben kann. Ich möchte einfach nicht, dass Sam bei mir leidet und unglücklich ist. Wenn ich mit raus muss, bricht es mir das Herz.


      Ich frage mich wie lange ich ihm geben soll, bevor ich die Entscheidung endgültig treffe. Für ihn ja auch eine Katastrophe, wenn er sich zwar an mich gewöhnt und das tut er ja, er ist der kuscheligste Hund der Welt.

    • Gib den Hund zurück. Ein so ängstlicher Welpe gehört weder in Anfänger Hände noch mitten in die Großstadt.

      Und was dem Welpen überhaupt nichts nützt, ist ein Besitzer, der selber total verunsichert ist, dass macht den Hund nämlich noch unsicherer.


      Sorry für die offenen Worte, aber es nützt euch Beiden wenig, wenn man um den heißen Brei drumherum schreibt.

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