Kastration?
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Kastration macht nicht nur bei medizinischen Gründen Sinn. Wenn man nicht in der Lage ist, seinem unkastrierten Rüden ein angenehmes Leben zu bieten, dann sollte man ihn meiner Meinung nach lieber kastrieren lassen. Auch ein gemischtes Pärchen im eigenen Haushalt wäre ein Grund, oder auch häufige Fremdbetreuung.
Bequem hört sich negativ an, aber wie gesagt, kann es manchmal auch einfach besser und stressfreier sein.
Beim Kastrationsalter würde ich ab 2 Jahren sagen. Allerdings sind dann viele "Vorteile" der Kastration (weniger ausgeprägtes Rüdenverhalten, Markieren, jugendlicheres Verhalten) nicht mehr gegeben. Der Eingriff ist immer der gleiche. Bei der Frühkastration gib es allerdings einige gesundheitliche Probleme, z.B. wird der Größenwachstum gestört.
Chemisch oder komplett kastriert macht natürlich einen ziemlichen Unterschied. Der Chip wirkt meist nicht sofort und endet von der Wirksamkeit her auch nicht abrupt, d.h. du hast mehr auf und ab was die Hormone angeht. Vorteil: wenn du merkst, dass der Hund sehr ängstlich wird, kannst du den Chip auslaufen lassen und dich gegen eine Kastration entscheiden.
Mehr als 2x Chips zu geben finde ich persönlich mega scheiße dem Hund gegenüber. Dann doch lieber ganz kastrieren, als ständig so ein Hormonchaos zu veranstalten. Auch würde ich in der Pubertät keinen Chip geben.Klar ändert sich der Rüde im Verhalten, sonst könnte man sich das ganze ja schenken. Die meisten werden ruhiger und umgänglicher. Weniger an Mädels interessiert. Manche fangen an sich plötzlich für andere Sachen zu interessieren. Der Rüde meiner Mutter z.B. hat nach der Kastration einen ziemlich krassen Jagdtrieb entwickelt. Vor der Kastration war er noch auf andere Gerüche fokussiert.
Einige entwickeln auch Ängste und Unsicherheiten.
Mit anderen Hunden ändert sich auch einiges, vor allem natürlich in der Begegnung mit anderen Rüden. Mein kleiner kastrierter Rüde wurde überhaupt nicht für voll genommen von anderen Rüden, was ihn tierisch nervt. Vorteil ist, dass er eher ignoriert wird, als angegriffen. Aber mein Terriermix würde das nicht als Vorteil sehen
Ich habe hier einen kastrierten und einen unkastrierten Rüden.
Der kastrierte wurde mit 2 Jahren kastriert, als ich ihn aus dem Tierschutz übernommen hatte. Er hat sich wahnsinnig aufgeführt, markiert wie blöd, ständig auf 180, hatte sich regelmäßig selbstbefriedigt und einen ziemlichen Vorhautkatarrh. Nach der Kastration hat er sich immer noch aufgeführt, war auf 180 und den Mädels hinterher. Hatte aber keinen Vorhautkatarrh und wurde nicht mehr ernst genommen von anderen Rüden. Er hat außerdem ein nicht besonders gutes Fell und teilweise ziemliche Ängste/Unsicherheiten, von denen ich aber nicht genau weiß ob die nicht vorher auch schon da waren.
Bereue ich die Kastration? Eigentlich nicht. Ich denke er hätte deutlich weniger Freiheiten haben können wenn er unkastriert wäre. Wahrscheinlich hätte er einige Kämpfe mit sehr ungleichen Gegnern geführt die deutlich größer als er gewesen wären. Also vielleicht habe ich ihn auch vor Verletzungen bewahrt. Ideal sind die Auswirkungen aber natürlich trotzdem nicht.
Der unkastrierte Rüde war schon immer ziemlich brav und leicht zu händeln, mit dem richtigen Maß an Konsequenz und Durchsetzungsvermögen und sehr frühem Training mit Hündinnen. Ich habe ihm von Anfang an gesagt wie man sich zu Verhalten hat. Hündinnen werden nicht bedrängt und Streitereien geht man möglichst aus dem Weg. Inzwischen hat er 3 Hündinnen gedeckt und kann sich trotzdem vernünftig und brav mit ihnen benehmen. Mit seinen 6 Jahren ist er ein gestandener Rüde, wird von anderen Hunden auch durch seine Größe ernst genommen und kommt sehr gut klar mit Rüden und Hündinnen.
Aber es ist halt auch nicht jeder Rüde so souverän, deswegen finde ich es nicht verwerflich seinen Hund kastrieren zu lassen. Man muss das je nach Hund und Lebenssituation entscheiden.
(Kastrieren ist natürlich erlaubt, da man immer begründen kann evtl. nicht ausreichend aufpassen zu können und so ungewollten Nachwuchs zu produzieren. Das ist rechtlich logischerweise kein Problem.)
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Ich schließe mich Murmelchen bei allem was sie sagt an.
Baxter hat ziemlich früh angefangen unheimlich Stress aufzubauen bei dem Geruch der Mädelswelt. Allerdings hat er normal gefressen und war hier Zuhause auch normal... nur eben draußen nicht.
Er bekam dadurch immer und immer wieder Magen-Darm (mit allem was dazu gehört...). Allerdings haben wir immer gedacht er wäre generell Stressanfällig (neue Umhebungen, neue Leute usw). Wir haben also bis er 2 Jahre war viel herumgedoktert und nie etwas gefunden, bis ich sagte wir probieren mal den Chip, da war er 2,3 Jahre.
Mit Wirkung des Chips nach einigen Wochen hörte die Magen-Darm Geschichte urplötzlich auf und er war 9 Monate Symptomfrei. Wir haben den Chip aber absichtlich auslaufen lassen, weil wir wissen wollten ob es wirklich nur daran liegt... joar und dann lief der Chip aus und alles fing wieder von Vorne an... heftiges Sodbrennen, Magen Darm, Durchfall bis hin zu blutigen Durchfall, ständiges erbrechen usw usf. Also stand für mich und auch der TÄ fest das Baxter kastriert wird. Das wurde dann mit 3,5 Jahren gemacht und in dieser Hinsicht bereue ich es kein einziges Stück denn er hat wieder Lebensqualität und ist seitdem gesund.
Was natürlich gut war war das er schon recht erwachsen war als der Chip gesetzt und die Kastration gemacht wurde.
Ich hoffe das es bei unserem nächsten Hund nicht mehr so wird und dieser normal intakt leben kann.
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Vielen Dank erstmal für den ganzen enorm hilfreichen Input. Ich habe das Thema auch nochmal mit meiner Freundin besprochen. Eine Kastration ist für uns, insofern kein ernsthafter "Grund" vorliegt, erstmal kein Thema. Wir warten die Adoleszenz erst einmal ab.
Ich habe aber trotzdem weiterhin Interesse an dem Thema. Das Werk von Gansloßer und Strodtbeck klingt erst einmal sehr interessant. Allerdings ist dieses mit über 160 Seiten auch ein ziemlicher Schinken. Mir fehlt leider aktuell wirklich die Zeit um dieses ernsthaft durcharbeiten zu können. Steht aber auf meiner Leseliste. Hat vielleicht noch jemand Empfehlungen für etwas kompaktere, wissenschaftlich aktuelle, Literatur? Gerne auch wissenschaftliche Studien o.Ä.
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Vielen Dank erstmal für den ganzen enorm hilfreichen Input. Ich habe das Thema auch nochmal mit meiner Freundin besprochen. Eine Kastration ist für uns, insofern kein ernsthafter "Grund" vorliegt, erstmal kein Thema. Wir warten die Adoleszenz erst einmal ab.
Ich habe aber trotzdem weiterhin Interesse an dem Thema. Das Werk von Gansloßer und Strodtbeck klingt erst einmal sehr interessant. Allerdings ist dieses mit über 160 Seiten auch ein ziemlicher Schinken. Mir fehlt leider aktuell wirklich die Zeit um dieses ernsthaft durcharbeiten zu können. Steht aber auf meiner Leseliste. Hat vielleicht noch jemand Empfehlungen für etwas kompaktere, wissenschaftlich aktuelle, Literatur? Gerne auch wissenschaftliche Studien o.Ä.
Das Buch. Erst mal nur das Buch.
160 Seiten sind ned Die Welt, sind auch Fotos drin.
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Das Buch. Erst mal nur das Buch.
160 Seiten sind ned Die Welt, sind auch Fotos drin.
Steht ja auf der Leseliste. ;-) 160 Seiten sind normalerweise in 3-4 Tagen weggelesen. Aktuell hab ich durch Umzug und Umbau/Renovierung und "normaler Arbeit" aber eher 12-14 Stunden Arbeitstage. Mir fallen abends einfach die Augen zu. Ich muss mir die Informationen also in möglichst kompakter Form ins Hirn schießen.
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Hier hast nen Blogpost von einem TA da wird unten auch uA auf nen Artikel von Gansloßer/Strodtbeck verwiesen
https://www.tierarzt-rueckert.…nde=1489&Modul=3&ID=20006
Und hier Teil 1 und 2 zum allgemeinen Thema Kastration, schon was älter aber auch da war er gg pauschales kastrieren
https://www.tierarzt-rueckert.…nde=1489&Modul=3&ID=18951
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Klasse, tausend Dank!
Für Interessierte hänge ich den Link zum Artikel von Gansloßer und Strodtbeck hier mal rein: Kastration aus verhaltensbiologischer Sicht - Gansloßer & Strodtbeck
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Dein Hund ist erst 9 Monate, du hast also noch genug Zeit zum Lesen!
Das schon erwähnte Buch "Die Kastration beim Hund" liest sich flüssig und schmeißt einen nicht mit unerklärten Fachbegriffen zu. Auch von mir eine Empfehlung.
In der Regel wäre der Tierarzt hier ja die erste Ansprechstelle. Der Tierarzt in der Kleinstadt, in die wir ziehen, vertritt hier m.E. nach aber etwas komischer Ansichten. Einen Bekannten Paar hat er geraten ihren 6 Monate alten Aussi-Rüden zu kastrieren und diese auch durchgeführt. Begründung dafür war, dass der Rüde möglichst "welpig" bleiben soll, da er zum Begleithund ausgebildet werden soll. Der Hund ist mittlerweile etwa 11 Monate alt und wirkt irgendwie "hängen geblieben". Völlig überdreht und total unreif. Es wirkt irgendwie so, als hätte man Ihm die Chance genommen sich normal zu entwickeln und reifer zu werden.
Längst nicht alle Tieärzte sind bei diesem Thema auf der Höhe. Du hast eines der Probleme bei der Frühkastration ganz richtig erkannt: Der Hund kann in einem unreifen Zwischenstadium hängenbleiben. Welpiges Verhalten bedeutet nicht nur Verspieltheit und freundlich- unterwürfiges Benehmen gegenüber anderen Hunden, (was man ja eventuell für wünschenswert halten könnte) sondern zB auch mangelnde Frustrationstoleranz, kurze Aufmarksamkeitsspanne, wenig Ausdauer bei ernsthaften Tätigkeiten. Ein 40-jähriger Mann, der auf dem emotionalen Niveau eines 10-jährigen stehengebleben ist, ist auch für einen Hund nicht meine Wunschvorstellung.
Es gibt gute Gründe für eine Kastration im Einzelfall. Neben Hypersexualität gehört auch extreme Rauflust mit anderen Rüden dazu. Vorausgesetzt allerdings, daß diese Rauflust nicht in Unsicherheit begründet ist, sondern im Starker-Max-Gehabe.
Unsichere Rüden werden durch Kastratioen noch unsicherer, weil Testosteron Selbstsicherheit verleiht. Die können also leicht durch eine Kastration erst zum Angstbeißer werden.
Das sind nur einige wenige Gesichtspunkte, die vor einer Kastration in Erwähgung gezogen werden müssen. Vor 10,15 Jahren gab es allerdings die Tendenz "Eier ab, braucht er eh nicht", die auch von so manchem Tierarzt vertreten wurde, Wer sich seither nicht weitergebildet hat, gibt immer noch Empfehlungen in diesem Sinne ab. Der aktuelle Stand der Tiermedizin ist aber weitaus differenzierter, siehe die Blogartikel von Herrn Rückert. Das betrifft auch Krankheitsrisiken.
Dagmar & Cara
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Was man halt auch bedenken sollte ist das Menschen zwar welliges Verhalten bei erwachsenen Hunden oft niedlich finden, andere Hunde es aber eher nervig bis befremdlich finden wenn ein eigentlich ausgewachsener sich so kindisch verhält.
Es kann also sein das der Hund dann bei anderen Hunden öfters ungewollt aneckt.
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