Medical- und Kooperations-Training: Allgemeiner Austausch

  • Ich bin da ja sowieso eher freestyle unterwegs - bei Handlungen, die ein so grosses Problem für den Hund sind, würde ich noch etwas "kreativer" vorgehen.

    Mal so ein paar Gedankengänge:

    Nian ist mit dem Kopf auf dem Hocker schon nicht wirklich entspannt, da steht ihm da schon die Erwartungshaltung im Weg - kommt dann die Hand ans Bein (vermutlich ungesehen vom Hund) sorgt allein die Grundanspannung für ein (Weg-)zucken, bei der "plötzlichen" Berührung.

    Ich markere auch "Kontaktaufnahme zu Gegenständen", wie z. B. das Schnuppern an der Krallenzange.

    Ich will ja mit den Emotionen des Hundes arbeiten und da ist die Verknüpfung "Gegenstände = Wohlfühlbereich" wichtig.


    Der Hocker schränkt Nians Sicht ein - so erschwert sich das schrittweise Vorgehen "Hand kommt ins Bild", "Hand nähert sich dem Bein", "Hand nähert sich dem Bein noch mehr" usw., weil die einzelnen Teilschritte so gar nicht möglich sind. Mir wäre bei ihm das direkte Anfassen des Beines ein schon zu grosser Schritt.


    Wenn Berührungen mit der Hand noch too much sind, fange ich mit der Rückseite eines Fingers an. Das kommt so ein wenig aus dem Tellington-Bereich und hat mir in der Physio bei vielen Hunden sehr geholfen. Einzelner Finger und auch die Rückseite der Hand sind für viele Hunde weit weniger "bedrohlich" als die volle, zugreifende Hand. Da ist also in Sachen Teilschritten noch viel Luft nach oben.


    Mein Kooperationssignal hier mit den Hunden ist viel situativer - wenn der Hund mir seine Bereitschaft zur Mitarbeit durch Kinn in die Hand drücken, signalisiert hat, nehme ich ja die Hand weg. Und dann nutze ich viel feinere Zeichen vom Hund als Signal abzubrechen. Im Video sieht man manchmal, dass Nians Bein schon zuckt oder sogar weggezogen wird, das Kinn liegt aber noch auf dem Hocker. Da hätte ich schon vorher abgebrochen.

    Nians Kooperationssignal wirkt für mich "verkrampft", meine lassen sich da richtig mental fallen, oft mit einem Seufzen verbunden. Da ist alles locker.

    Und diese "Verkrampfung" verzögert bei Nian die rechtzeitige Reaktion, so dass im Grunde der Effekt entsteht, dass der Abbruch der Maßnahme nicht bereits dann kommt, wenns ins Unbehagen zu kippen droht, sondern erst, wenn das Unbehagen schon da ist. Das machts schwieriger, die Emotionen zu ändern. Nian geht mir gefühlt noch viel zu sehr über den Gehorsam "ich soll den Kopf da drauf legen".

    (Gut, das wäre bei meinen auch einfach unvorstellbar :lol: , deshalb hab ich da leicht Reden). Mir fehlt da noch ein wenig, dass er ausstrahlt, begriffen zu haben, dass er jederzeit sofort abbrechen kann und dass er weiss, egal was jetzt kommt, dass er das schaffen kann.


    Das sind nur Eindrücke vom Videos anschauen. Da kriegt man natürlich nicht immer alles mit.

  • Ich glaube, ich würde auch versuchen die Erwartungshaltung zu ändern und da noch langsamer vorgehen. Er beschwichtig quasi dauerhaft, dir Gegenüber, der Sitation gegeben und dem Kooperationshocker gegenüber, weil er schon weiß was passiert. Er macht es halt, weil es eingefordert wird, aber ich denke nicht, weil er bereit ist oder weiß das das die Option ist. Er weiß, wenn Kopf drauf geht es los, aber deshalb meidet er es immer mehr.


    Der ist ja schon zu Beginn in der "töte mich nicht Stellung", schon das Raufsetzen ist Horror für ihn. Und man kommt, das sieht man ja, in einem Bereich wo er denkt "Scheiße" und das Kooperationssignal meidet. Er will gar nicht, aber er machts weil Border und Keks und ich glaube für ihn schon zuviel Druck aufgebaut wird, dem er dann eben nachgibt.


    Sonst hat man als Ergebnis einen Hund der die 1000end Tode eben einfach innerlich stirbt.


    Ich würde auch früher reinklicken. Baust du das irgendwie ein? Vielleicht wäre das noch eine Idee, das in den Trickablauf einzupflegen. Seine Grundstimmung ist ja jetzt schon vorm Training super ängstlich und es geht ja darum das zu verändern. Ich würde es wohl in eine Trainingseinheit einbauen und deutlich weniger machen. Das er mehr ins "Jippieee Training" und nicht in ein "Oh Gott oh Gott Training kommt".


    Finde die Videos auch toll, danke für's zeigen.

  • Das heutige Video zeigt find ich total gut den Unterschied zwischen "normales Training" und "Vorderbein". "Normal" kommt das Kooperationssignal ganz von allein, von ihm aus. Gehts ans Vorderbein (und es ist immer wieder irre, wie gut die uns lesen können), fällt es ihm so schwer, dass er manches Mal gar nicht die Traute hat, überhaupt Kooperation zu signalisieren.

    Man merkt auch, wie fest er sich macht. Manches Mal siehts aus, wenn das Vorderbein angehoben wird, als würde er jeden Moment umfallen, weil er nicht nachgibt, sondern starr bleibt. Rein aus physiotherapeutischer Sicht, ist das Kinn-Hocker-Target da vielleicht tatsächlich kontraproduktiv, denn wenn man sich selbst mal in diese Haltung begibt und das Kinn auf etwas drauf presst, merkt man, wieviel Grundspannung dadurch in den Armen/Vorderbeinen entsteht, allein für diese Haltung. Dann müsst Ihr nicht allein die Erwartungshaltung überwinden, sondern auch die körperhaltungsbedingte Spannung. Das machts Euch schwerer, als es nötig ist.

  • Ich bin da ja sowieso eher freestyle unterwegs - bei Handlungen, die ein so grosses Problem für den Hund sind, würde ich noch etwas "kreativer" vorgehen.


    Mein Kooperationssignal hier mit den Hunden ist viel situativer - wenn der Hund mir seine Bereitschaft zur Mitarbeit durch Kinn in die Hand drücken, signalisiert hat, nehme ich ja die Hand weg.

    Ja, so läuft da ja eigentlich bei uns auch zum größten Teil. Ich habe ihn zum Beispiel gestern gebürstet. Für ihn ist alles körperliche ein Thema. (Er war als Welpe schon so ein Zappelphilipp, der es schwer aushalten konnte körperlich zu entspannen, wenn man ihn anfasst und seine Erkrankung mit den Muskelkrämpfen, die sich vermutlich hauptsächlich in einem Bereich abgespielt haben, den ich nicht mitbekommen habe, hat das Körpergefühl jetzt nicht besser gemacht.) Gestern habe ich ihn zum Beispiel abends noch gebürstet. Da hocke ich auf dem Boden, er schmeißt sich mal hin und signalisiert dann, dass ich jetzt darf, mal macht er es im Stehen etc ... in diesem Kontext kann er das dann auch einigermaßen stressfrei.

    Mir fehlt da noch ein wenig, dass er ausstrahlt, begriffen zu haben, dass er jederzeit sofort abbrechen kann und dass er weiss, egal was jetzt kommt, dass er das schaffen kann.

    Ja, genau das sehe ich auch: Er hat noch nicht gemerkt, dass er Kontrolle hat. Kommt natürlich dadurch, dass ich durch die scheiß Blutabnahme alle drei Wochen genau da ja drübergehen muss ... und ich bin jetzt nicht so geschickt wie ein Tiearzt. Es tut vermutlich auch weh und ich treffe auch nicht immer beim ersten Mal. Und, wenn ich mal getroffen habe, dann muss ich mit der Hand den Schraubstock am Bein machen, egal, ob er das jetzt ertragen kann oder nicht ...

    Der ist ja schon zu Beginn in der "töte mich nicht Stellung", schon das Raufsetzen ist Horror für ihn.

    Leider gibt es kein Video davon wie das aussah, als ich angefangen habe. Ich musste ihn mit Leine unterm Schreibtisch rausoperieren und auch die Leine dran lassen, sonst ist er weg gewesen. Dagegen ist das jetzt ein richtig guter Stand. Er kommt, wenn ich ihn rufe. Er lässt sich heben ohne mich anzuknurren. (Als er seinen schlimmen Krampfanfall mit sehr hohen Fieber hatte, an dem er fast gestorben ist, habe ich den Hund auf dem Arm in die Klinik getragen. Er hat ein Problem bei mir auf dem Arm zu sein.)


    Ja, ich hätte gerne auch einen Hund, der das alles total fröhlich mitmacht. Aber ich habe eben auch Zeitdruck. Der Kerl wird zehn in diesem Jahr. Er ist seit vier Jahren nicht abgehört worden, weil man bei Herzrasen nix gescheit hören kann. Hast Du schon mal ein Panikblutbild gesehen. Kann ich mal raussuchen und zeigen. Ich hätte nie gedacht, dass Panik akut so was machen kann. Zum Glück hat meine TA mich vorgewarnt, weil ich sonst vor Schreck wohl ohnmächtig umgefallen wäre.

    Das heutige Video zeigt find ich total gut den Unterschied zwischen "normales Training" und "Vorderbein".

    Ich war neugierig, ob irgendwem der Unterschied auffällt, warum er auf dem Video so viel besser mitmacht. Ich weiß es. Aber ich warte mal, ob noch wer eine Idee hat.

    Rein aus physiotherapeutischer Sicht, ist das Kinn-Hocker-Target da vielleicht tatsächlich kontraproduktiv, denn wenn man sich selbst mal in diese Haltung begibt und das Kinn auf etwas drauf presst, merkt man, wieviel Grundspannung dadurch in den Armen/Vorderbeinen entsteht, allein für diese Haltung. Dann müsst Ihr nicht allein die Erwartungshaltung überwinden, sondern auch die körperhaltungsbedingte Spannung. Das machts Euch schwerer, als es nötig ist.

    Ja, das verstehe ich. Aber ich brauche irgendwas, was den Hund auf den Beinen hält und meine Hände freilässt ... und gut überall mit hinzunehmen ist. Hast Du eine Idee?


    Heute waren wir übrigens bei meiner Tierärtzin für Bewegungsapparat, weil er ja immer noch eine Entzündung am Ansatz der Sehne am Knie hat. Sie macht auch physiotherapeutische Behandlung. Sie hat ihm noch nie Blut abgenommen, wir hocken bei ihr immer auf dem Boden und sie macht "ganz andere" Sachen als ein anderer Tierarzt. Er liebt sie. Hier kaspert er nach der Behandlung noch mit ihr rum:


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  • Hast Du eine Idee?

    Vielleicht einfach einen Nasen-Touch im Stehen, so dass er bequem stehen kann, die Sicht nicht versperrt ist und er keine Muskeln dafür anspannen muss, um das Kooperationssignal aufrecht zu erhalten.

    Beim Blutabnehmen hatte ich da ja mit dem Hocker angefangen. Irgendwann musste ich ja ran und er stand mit dem Kopf über dem Stuhl schwebend oder hat manchmal nur mit der Schnauzenspitze aufgelegt ... das wäre doch vielleicht auch eine Idee, oder? Weil, wenn ich jetzt wieder mit was Neuem anfange ... mir läuft irgendwie auch die Zeit weg.

  • .. das wäre doch vielleicht auch eine Idee, oder? Weil, wenn ich jetzt wieder mit was Neuem anfange ... mir läuft irgendwie auch die Zeit weg.

    Ja, möglicherweise.

    Wobei ich finde, dass es leichter ist, was gänzlich Neues zu etablieren, als was Etabliertes zu ändern.

    Wahlweise könnte ich mir noch vorstellen, dass Du noch was Kleines auf den Hocker legst, was er nur leicht berühren muss.

  • Er hat ein Problem bei mir auf dem Arm zu sein

    Das wäre z. B. auch was, was ich aus dieser Gesamt-Situation raus haben wollen würde.

    Weil ich denke, dass damit ja schon der Start des Übens durchs auf den Tisch heben sozusagen unter einem unwohlen Stern steht. Ist verständlich, wie ich das mein?

    Vielleicht machts Sinn bei Nian, die einzelnen Elemente tatsächlich für sich zu üben. Wenn da soviel Angst im Spiel ist, blockiert das ja auch ungemein. Und erst wenn alle Elemente für sich leicht und motiviert klappen, allmählich anfangen, sie in die richtige Reihenfolge zu bringen.

    Vom Bauchgefühl her hätte ich einen Hund wie Nian gern dahin, dass er mir die Pfote freiwillig auf die Hand legt. Das wäre dann die Oberliga der Freiwilligkeit, mit der er signalisieren kann, dass er sich das jetzt zutraut.

    Meine Brauni bekommt z. B. immer noch Herzklabaster, wenn ich das Röhrbein umgreife, um den Fuss anzuheben (das kommt wohl von elektrischen Klauenpflegeständen, die das Bein grabschen und hochwinden). Wenn ich aber das Bein leicht mit einer Gerte antippe, hebt sie es freiwillig und ich darf es nehmen. Das ist für sie ein himmelweiter Unterschied.

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