Medical- und Kooperations-Training: Allgemeiner Austausch

  • Das ist sehr, sehr feine Kommunikation zwischen Euch und Du hast ein ausgezeichnetes Timing. Bei manch kurzer Beschwichtigung kommts mir vor, als sei das eher dieses "Lade-Warte-Zeichen" wie bei einem PC-Programm, das eher so bedeutet "ich verarbeite das gerade, Moment warten".

    Dankeschön :ops:

    Carlo kann einem die feine Kommunikation sehr schnell beibringen, denn lange Zeit gabs, wenn man die winzigen Anzeichen nicht beachtet hat, sofort die Eskalation und Zahneinsatz. Mittlerweile ist er zumindest im Clicker-Kontext schon so sicher, dass nix Schlimmes passiert, dass wir auch mal ein bisschen diskutieren können und er sein "Nein" anders zum Ausdruck bringen kann.

    Dass es eher ein Verarbeiten als ein Beschwichtigen sein könnte, ist mir noch gar nicht eingefallen. Aber ich denke, du hast da Recht :nicken: Das Bild werd ich im Kopf behalten und bei den nächsten Sessions ein bisschen genauer hinschauen, ob sich danach was an der Qualität des Verhaltens ändert :nicken:


    Was ist ist da nun der Unterschied -auch im Ergebnis- zum simplen „gib Pfötchen“ ?

    Hm, ich weiß nicht, ob ich deine Frage richtig verstanden hab, aber ich versuchs mal mit einer Erklärung.


    "Gib Pfötchen" ist bei uns ein Trick, da gibts ein klares Signal, das zu einem klaren Verhalten führt, das zu einer Belohnung führt. "Gib Pfötchen", so wie ich es mit Carlo verwende, lässt ihm wenig Kommunikationsmöglichkeiten. Entweder er gibt das Pfötchen oder nicht. Entweder er zieht es weg, oder nicht.


    "Gib Pfötchen" ist aber auch ein Teil unserer Verhaltensketten beim Krallenschneidetraining. Wenn Carlo winkt, mir also den SB und damit das Zeichen gibt, dass er bereit ist, ist das für mich das Signal, ihm wiederum das Signal für "Gib Pfötchen" zu geben - also die flache Hand hin zu halten.

    In dem Moment ist das auch nur ein Trick, der ausgeführt wird.


    Wichtiger ist dann wieder das Krümmen der Zehen danach, damit kann er mir verständlich machen, dass er jetzt so weit ist, dass ich die Krallenzange nehmen darf und mich ihm nähern darf. Damit übt er Druck auf meine Hand aus und über die Stärke des Druckes kann ich herauslesen, wie er sich gerade dabei fühlt. Er kann meine Handlung damit jederzeit ganz einfach stoppen.

    Klar, das könnte er natürlich auch, wenn er die Pfote weg zieht. Das möchte ich aber beim Krallenschneiden einfach nicht haben, weils zu Verletzungen führen kann (wenn die Zange schon an der Kralle ist, ich mich erschrecke und blöd zudrücke oder die Zange mir entgegen fliegt).


    An sich gibts, wenn man nur das Element "Gib Pfötchen" anguckt, keinen Unterschied zur Ausführung des Tricks alleine oder in dieser Verhaltenskette und auch keinen Unterschied im Ergebnis. Das ist immer gleich, die Pfote liegt in meiner Hand.
    Der Unterschied ist das, was vorher und nachher an Kommunikation abläuft. Und das Gefühl, das der Hund hat - nämlich die volle Kontrolle über die Situation und darüber, was mit ihm passiert.
    Wer seinen Hund gut lesen kann, hat so einen SB und ein KS wahrscheinlich nicht nötig, das sind halt schon sehr deutliche Signale für den Menschen. An sich bräuchte ich wahrscheinlich auch keinen SB, um zu sehen, wann Carlo bereit ist, aber er machts mir einfacher und klarer. Und wenn ich mich auf die Kralle konzentriere, ists für mich auch angenehmer, wenn er mir direkt über die Pfote kommuniziert, was grad noch geht und was nicht, da muss ich nicht den ganzen Hund im Auge behalten.

  • Habt ihr vielleicht ne Videoanleitung für den Aufbau beim Krallenschleifen?


    Mit der Zange traue ich mich hier nicht ran und bei den wirklich guten Videos von Cadmos ist wirklich alles dabei - außer Krallen. Wir müssen da aber wirklich dringend ran.

  • Pfeffernaserl Ein tolles Video. Die Entspannung bei Deinem Hund ist wirklich schön. Wenn ich mit meinem Nian ansatzweise so weit komme in diesem Leben, mache ich drei Kreuze.

    Dass es eher ein Verarbeiten als ein Beschwichtigen sein könnte, ist mir noch gar nicht eingefallen. Aber ich denke, du hast da Recht :nicken:

    Ich dachte auch sofort, dass es eher Verarbeiten ist.


    Insgesamt finde ich es immer einfach ein konkrete Handlung zu formen. Im Grunde war es für mich einfacher und ging auch schneller voran "nur" das Blut abnehmen zu üben. Jetzt ist mein Trainingsziel bei Nian ja "alles" mit sich machen lassen. Und dann sollen das auch noch fremde Menschen dürfen. Je mehr ich drüber nachdenke, desto klarer wird mir, was für ein großes Ziel ich uns da gesetzt habe. Egal. Ich bastel mal weiter und wir kommen so weit wie wir kommen ...

  • Mal schauen, wies mit der Entspannung so aussieht, wenn wir wirklich an die Krallen gehen. Ich war im Sommer mit einer anderen Methode schon so weit, dass ich regelmäßig an den Krallen herumknipsen konnte, das war dann aber auch quasi von heute auf morgen wieder vorbei und nur die Idee der Krallenzange in der Nähe des Hundes hat schon ein deutliches "Nein" provoziert.

    Deshalb diesmal also alles noch langsamer, noch kleinschrittiger mit noch mehr Möglichkeiten für Carlo, sein Veto einzulegen.


    Je mehr ich drüber nachdenke, desto klarer wird mir, was für ein großes Ziel ich uns da gesetzt habe. Egal. Ich bastel mal weiter und wir kommen so weit wie wir kommen ...

    Ja, das ist schon eine ordentliche Aufgabe, gerade vor seinem Hintergrund.

    Meinst du, es könnte leichter für ihn werden, wenn du ankündigst, wo du ihn anfasst? Aktuell ist da ja immer noch so das Überraschungsmoment da, dieses "OMG, wo werd ich diesmal angefasst". Ich könnte mir vorstellen, dass es ihm ein wenig leichter fallen könnte, es zu ertragen, wenn diese Unsicherheit weg fällt.

  • Am Samstag habe ich meinen Unterricht genutzt und Abhören auf dem Tisch mit allen geübt. Natürlich auch mit Nian. Da habe ich es genutzt und geübt, dass eine fremde Person Ansätze zum Anfassen macht. Also, mit meinem Kooperationshöckerchen. Hat ganz gut geklappt. Er war aber echt platt danach.


    Und nu tut sich direkt ein neues Fass auf: Der Kerl soll aufs Unterwasserlaufband. Neue Sachen gehen ja immer so oder so aus - also entweder wird es total easy und ich habe umsonst schon Schiss, dass es nicht klappt oder es wird ein Drama ... |)

  • Achso, ganz vergessen. Im Grunde fände ich Chris Idee gut das Kooperationssginal so zu verändern, dass er besser sehen kann. Ich würde mal versuchen dazu überzugehen, dass das "Kopf schwebend über dem Stuhl halten" noch ein Ja ist und ihn da wegdrehen ein "Nein". Weil ... ich wüsste jetzt nicht wie viele Körperteile ich benennen müsste ... Achja, und ich versuche jetzt immer von vorne zu kommen, so dass er mitbekommt, wenn was kommt und er sich nicht erschreckt.

  • Lucifer hat leider auch ein riesen TA-Thema. Das erste Mal TA (nach der Welpenzeit, da klappte alles super) war ein Wespenstich am Auge. Es tat ihm weh, das Auge war fast zu und die TÄ wollte halt sicher gehen, dass keine Augenverletzung vorliegt, sondern wirklich "nur" ein Stich und hat das Auge betäubt um die Nickhaut vor zu ziehen, da war von jetzt auf gleich Schluss. Der Hund hat getobt wie ein Irrer, ich hatte seine langen Gräten überall und wir waren froh ihn vom Tisch zu kriegen, ohne dass er sich den Hals bricht. Im Gegensatz zu Fiete versucht er aber niemals zu schnappen.

    Danach hab ich Lucifer immer wieder mit gehabt, wenn einer der anderen zum TA musste, einfach dasitzen, mal kurz Auge, oder Zähne angucken, immer viel Lob, auf die Waage steigen und Kekse abstauben. Impfen, am Boden, ging auch recht gut. Das hat dann auch alles immer geklappt, aber er ist ein Häufchen Elend wenn wir da sind. Und das ist für ihn total untypisch. Er ist ja eher der Typ Fröhlicher Chaot, fremde Menschen und Hunde sind an sich super, da ist er eher der Labbi im Colliekostüm.


    Denkt ihr ein Handtarget könnte da was bringen? Fiete kann das, aber ohne MK kommt der beim TA nicht auf den Tisch, er kennt das und alle sind entspannter. Fiete bleibt aber auch auf dem Tisch, da gehen halt nur die Lefzen hoch.

    Aber wenn 25 agile Kilos auf 65cm Risthöhe beschliessen aus zu flippen, dann hält das niemand.

  • Ich muss mal meine Freude mitteilen.


    Heute war ja Tierarzttermin. Mein Plan mit Nian: Das Höckerchen einfach mal in der Praxis auf dem Boden üben.


    Leider musste ich heute morgen Blut abnehmen - die Kontrolle steht wieder an. Aber auch da merke ich schon mein intensives Training der letzten Zeit. Ich habe vom Blutabnehmen selber ja schon die Finger gelassen und nur andere Sachen geübt. Er war heute auch dort noch cooler. Also, cool ist er nicht - das wäre ja traumhaft, aber viel cooler. Nachdem ich beim dritten ( |) es tut mir immer so leid, aber ich kann es nicht besser) Stich getroffen hatte, entspannte er schneller als sonst und blieb auch entspannt. Wenn wir fertig sind, bekommt er meist eine Hand voll Futter, weil ich ja währenddessen nix belohnen kann (ich bräuchte da noch so ein bis zwei Hände mehr) und eigentlich haut er dann schnell ab. Heute nicht. Gar nicht. Er ist da geblieben bis ich alles weggeräumt hatte.


    Ja, und dann in der Praxis. Er kam schon mal mit rein als seine Mutter untersucht wurde und hat mit im Raum gelegen. Dann sind alle rausgegangen und wir waren allein. Er war sofort in lustiger "Yeah, wir klickern jetzt"-Stimmung. Also habe ich es genutzt, dass man den Tisch bei meiner TA wirklich bis fast auf den Boden runterfahren kann. Er wollte erst Mal nicht drauf. Man sah deutlich, dass er schluckte. Dann hat er aber seinen Hocker gesehen und ist draufgeklettert. Da war er dann erst Mal wieder lustig und kooperativ. Bis eine TA-Helferin reinkam und im Hintergrund aufzuräumen begann. Die nahm dann Gegenstände in die Hand. Nian machte Pause und beobachtete sie. :skeptisch2: Ich ließ ihm die Zeit. Sie fragte mich dann auch was genau ich da übe und wie das geht. Durch das entspannte reden wurde Nian wieder ruhiger und ich konnte ich "fragen", ob er wieder mitmachen würde. Hat er dann tatsächlich getan. Ich konnte ihn dann sogar selber abhören. Damit habe ich es gut sein lassen.


    Danach war noch einer meiner anderen Hunde dran, er war immer noch mit im Raum. Ich habe dann noch mal meiner TA erklärt was ich da mache und wo die Reise hingehen sollte. Er war so entspannt, dass sie sagte, sie würde mal auf dem Boden versuchen, ob sie ihn abhören könne. Das haben wir natürlich ohne den Hocker gemacht, damit ich da nix versaue, wenn es schief geht. Nian war so lustig drauf, dass er am Anfang eher im "Oh, die kaspert mit mir und knuddelt mich"-Modus war. Sie fing an ihn abzuhören, ich habe ihn natürlich immer wieder belohnt, aber nicht fixiert. Er sollte gehen können, wenn er gehen wollte. Irgendwann dämmerte ihm, dass das ja jetzt eine medizinische Untersuchung ist. Kurzes :skeptisch2:, ich locker flockig geblieben und belohnt. Er zwar etwas angespannter als zu Beginn aber Lichtjahre von dem, was wir sonst haben.


    Am Ende war der Hund nach vier Jahren endlich mal wieder abgehört, die Weichteile durchgetastet und die Knödelchen auch. Damit habe ich nicht gerechnet. :applaus:

  • flying-paws super toll!!! Und auch herzlichen Glückwunsch zu einer Tierärztin / einer Praxisorganisation, die für deine Ansätze offen und für den Hund und seine Verfassung sensibel ist. Keine Selbstverständlichkeit. Und nochmal herzlichen Glückwunsch zu diesem tollen Fortschritt. Ich lese meist nur still mit und schaue, was bei uns passt, aber hier ist doch mal ein Kommentar fällig. 🐞

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