Medical- und Kooperations-Training: Allgemeiner Austausch

  • Und beim Thema Ohren ist sie sehr empfindlich - deshalb schätze ich die Ohren als "schwer" ein bei ihr.

    Aber grad da versteht sie vermutlich die neue Vorgehensweise am besten, weil es bei eher unangenehmen Sachen eher zum "Stop-Sagen" des Vierbeiners kommt.


    Ich hab damals bei meinem McGyver während einer Ohrenentzündung angefangen. Wir sind am 1. Übungstag dahingekommen, dass ich ihm die Suspension problemlos ins Ohr geben konnte.

    So habe ich das noch gar nicht betrachtet - danke! Darf ich fragen wie du beim Aufbau vorgegangen bist und was euer IBB-Signal ist?

  • Ich habe mir vorgenommen, ein bisschen Medical Training als Abendritual zu etablieren.

    Wir üben momentan bürsten, Krallen Dremeln und Zähne putzen. Vielleicht wird das aber auch irgendwann zu viel auf einmal.

    Als IBB Signal habe ich beim Bürsten Kinn auf mein Bein ablegen. Das ist aber gar nicht so richtig praktisch, da komme ich nicht überall ran, was momentan noch egal ist (weil wir noch nicht weiter sind als zweidrei Bürstenstriche an der Seite) aber später nicht mehr. Deshalb hab ich schon überlegt, das nochmal zu ändern.

    Bei Krallen ist eigentlich der Plan, dass das IBB Signal ist, Pfote in meine Hand zu geben, und beim Zähneputzen weiß ich nicht so recht. Momentan mache ich das ohne Koop-Signal, aber höre auf wenn sie Kopf wegzieht etc.

    Also, wir sind noch ganz am Anfang. Und ich muss bisschen aufpassen, dass ich nicht zu große Schritte mache.

  • Hab gerade mal aus Interesse das Video zum Geschirr gekuckt. Genauso hab ich das kürzlich neu aufgebaut.


    Fine hatte von Welpenbeinen an Geschirr gehasst, ist geflüchtet, hat gemieden und beschwichtigt.


    Mit der Methode, wie sie hier gezeigt wird hatten wir innerhalb einer Woche einen Hund, der zwar das Ding immer noch doof findet, aber sofort zu mir kommt sich still das Geschirr anziehen lässt und dann auf die Leine wartet. :mrgreen-dance:

  • Ich hab das hier mal in meinem Pfoto-Thread geschrieben - hilft vllt. dabei, nachzuvollziehen, was in einem Tier vorgeht, mit dem so gearbeitet wird:


    "Die kurzen Stichworte dazu, was das Training über die Kooperationsbereitschaft des Tieres angeht (IBB = ich bin bereit), sind vor allem: das Tier behält die Kontrolle über die Situation und kann sie, indem es sich aus der angelernten Kooperations-Haltung (Kinntarget, Platz, Sitz, Seitenlage, etc. was man braucht und was einem so einfällt) herausbegibt, jederzeit abbrechen.

    Das klingt erstmal blöd - weil eigentlich soll das Tier ja still halten und man will ja Tropfen ins Ohr, ins Auge etc. befördern.


    Aber indem man das Einhalten der Position beständig lobt und markiert und in allerkleinsten Schritten auf die endgültige Aufgabe zuarbeitet und anfangs immer nur so weit geht, wie das Tier es entspannt zulassen kann, ändert man die Emotionen in solchen Momenten. Das Tier behält die Kontrolle über seinen Körper, Manipulationen, auch schmerzhafte bekommen eine andere Wertung vom Tier, es wird nicht überrascht, überrumpelt, verkackeiert, sondern weiß durch kurze Vorarbeiten, dass gleich etwas Unangenehmes kommt. Weiß aber durch das Training genauso, dass es das kurz aushalten kann und dass es dafür eine hochwertige Belohnung bekommt.

    Und der Witz ist - das alles klingt viel komplizierter, als es tatsächlich ist.


    In dem Moment, in dem z. B. McGyver geschnallt hat, dass ich sofort aufhöre, wenn er das IBB-Signal unterbricht (Kopf vom Bein hebt), fällt es ihm um Klassen leichter, mich beim nächsten Versuch einen Schritt weitergehen zu lassen.


    Als Beispiel das Mittel gegen Ohrenentzündungen. Den ersten Durchlauf im Dezember habe ich noch mit Kopf fixieren machen müssen, das fand er zunehmend doofer und weil er dabei nicht so still gehalten hat, wie es gut gewesen wäre, war das Procedere im Endeffekt für ihn unangenehmer, als es hätte sein müssen. Diesen Durchlauf waren wir mit dem IBB schon so weit, dass er frei vor mir stehen konnte, ich in Ruhe das Ohr hochklappen konnte, mit der Lampe reinleuchten und die weiche Spitze von der Ohrentropfen-Pipette in den Gehörgang einführen konnte, ohne dass da nur ein Zucker kam oder ich mir den Kopf vom Hund sonst wohin klemmen musste.


    Wenn ein Tier beim Vorbereiten auf die grad benötigte Manipulation (man markert dann kurz die einzelnen Schritte, z. B. Ohr hochklappen, Flasche nähert sich dem Ohr, Flasche berührt Ohr, Flasche wird eingeführt noch ohne zu tropfen, etc.) das IBB-Signal aufhebt, macht das nix, in dem Moment passiert in Sachen Manipulation nichts weiter - aber es wird auch nicht gelobt und es gibt keine fressbare Belohnung. Man wartet einfach einen Moment und läd den Hund wieder ein, dass IBB-Signal einzunehmen und macht dann noch mal kurz einen Schritt vor dem weiter, der zum Abbruch geführt hat. Mehr als ein- bis zweimal unterbricht das Tier beim Aufbau einer medizinischen Praxisübung das IBB-Signal nicht - Vorraussetzung ist, dass man wirklich kleinschrittig vorgeht."

  • Als IBB Signal habe ich beim Bürsten Kinn auf mein Bein ablegen. Das ist aber gar nicht so richtig praktisch, da komme ich nicht überall ran, was momentan noch egal ist (weil wir noch nicht weiter sind als zweidrei Bürstenstriche an der Seite) aber später nicht mehr. Deshalb hab ich schon überlegt, das nochmal zu ändern.

    Ja, ich hab auch im Lauf der Zeit festgestellt, dass manche Kooperationssignale im Alltag nicht so der Bringer sind.


    Bei meinen Hunden z. B. arbeite ich gar nicht mehr mit Kinn-Target oder so, sondern die stehen oder liegen, so wie es für das, was grad angesagt ist, am günstigsten ist. Da genügt hündischerseits eine leichte Anspannung, um den Durchlauf zu unterbrechen.

    Bei den Rindern ist es einfach ein völlig entspanntes Stehen. Zuckt dann da der Schwanz oder der Blick verändert sich, genügt das, um den Durchlauf zu unterbrechen. Das passt bei uns wesentlich besser in den Alltag. Man kann da, sobald die Tiere das Grundprinzip verstanden haben, recht gut auf Vorgehensweisen umschwenken, die zur Situation passen und viel feiner sind als z. B. das Pfoten wegziehen. Hier reicht eine Anspannung in der Beinmuskulatur.

  • So habe ich das noch gar nicht betrachtet - danke! Darf ich fragen wie du beim Aufbau vorgegangen bist und was euer IBB-Signal ist?

    Schreib ich Dir nachher - jetzt ist Fütterungszeit.

  • Ich klinke mich auch mit ein. Mit Lilly praktizieren wir was Ähnliches, ohne einen Namen dafür zu haben. Einfach, weil ich (nach der ersten Zeit bei uns, da ging das Nötige nur mit Zwang, sonst wäre sie nicht aus der Ecke rausgekommen) nichts machen möchte, was das sorgfältig aufgebaute empfindliche Vertrauen schädigt.


    Mit Ronja hatten wir es vor vielen Jahren angefangen, aber sind da an Grenzen gestoßen. Was Madam nicht wollte, wollte sie einfach nicht, da war auch nichts mit überzeugen, austricksen oder auf sie eingehen. Sie hat zwar über Gehorsam kooperiert, aber man hat den Abakus im Hundehirn klicken sehen, der die Rechnung erstellt hat, die wir zu bezahlen haben. Und sie hat mit vorwurfsvollen Todesblicken dafür gesorgt, dass ihre Unlust merkbar wird :lol: War trotzdem ok für Alle, aber jetzt im hohen Alter und mit zunehmender Kooperationsunlust bezahlen wir die Rechnung dafür, dass wir da nicht intensiver dran geblieben sind.


    Beim nächsten Hund wird es daher definitiv ernsthaft angegangen, von Anfang an.

  • Bei dem Austausch bin ich auch gern mit dabei!


    Vor allem bei meinem alten BC-Rüden Leo war medical training quasi Bedingung: ich habe ihn kennengelernt als "Gefahrhund" eines Tierheims, wo er erfolgreich Menschen geschreddert hat. Wollte er aber eigentlich gar nicht. Ursache war tatsächlich lange vor unserer gemeinsamen Zeit ein extrem unschönes Erlebnis beim (und durch den, ohne Worte) Tierarzt, ab da galt für ihn Angriff ist die beste Verteidigung, schnell generalisiert auch außerhalb der Tierarztpraxis. Dementsprechend musste ich alles rund um den Tierarzt trainieren und wieder positiv besetzen, vom entsprechenden glatten Bodenbelag über Tisch, überall berührt werden, verschiedene Körperpositionen, bis zu konkreten Behandlungen, Spritzen, diverse Instrumente am Hund, etc.

    So habe ich direkt erfahren, wie unglaublich wertvoll medical training ist. Leo konnte innerhalb eines halben Jahres auch beim Tierarzt wieder Vertrauen aufbauen, und er hat zeitlebens fantastisch mitgearbeitet auch bei unangenehmen Behandlungen.


    Auch bei einem der jetzigen Hunde, Merlin, ist medical training sowieso wichtig, weil er dank einiger alten Verletzungen und dadurch Körperbehinderungen gerne mal Stammgast ist beim TA.


    Aber auch für die eh "unkomplizierten" Hunde hinsichtlich TA kann man viel erreichen damit, finde ich. Einfach dadurch, dass sie aktiv mitmachen und mitentscheiden können, geraten sie viel seltener in einen Konflikt, den sie irgendwie lösen oder aushalten müssen.


    Nur mit Neufi Bo habe ich nie medical training gemacht. Sobald man ihr die Tür zum Behandlungsraum geöffnet hat, saß sie eine Millisekunde später auf dem Tisch, hat sich auf die Behandlung gefreut, dem TA Küsschen verteilt, Pfoten hingehalten, Schnute aufgesperrt, sich in jede gewünschte Körperhaltung begeben... sie fand Tierarzt einfach wunderwunderwundervoll! :lol: :herzen1:

  • Wenn ein Hund keine Probleme hat, dann übe ich im Grunde normales Handling. Das bedeutet: Wenn ich einen Körperteil fixiere oder Dich in eine bestimmte Position bringe und fixiere, dann bleibst Du so lange so bis ich Dich loslasse.


    Bei meinem Nian kam es krankheitsbedingt zu einer dramatischen Situation in der Tierklinik, die zur Folge hatte, dass er panische Angst vor Blutabnahme bzw. Zugang ins Bein legen entwickelt hat. Aber genau das brauche ich ca. alle fünf bis sechs Wochen, manchmal auch alle drei bis vier Wochen, weil seine Werte regelmäßig kontrolliert werden müssen. Ich habe daher auch angefangen mit seiner Kooperation zu arbeiten. Da ich das Blut selber abnehme, konnte ich nix gebrauche, was mir noch eine Hand blockiert. Ich habe mir also überlegt, dass er seinen Kopf auf einen Klapphocker ablegt, den ich auch gut überall mit hinnehmen kann. Ich nehme ihm mittlerweile regelmäßig selber das Blut ab.


    Dieses Video ist ziemlich am Anfang entstanden. Es ging ums längere aushalten und dabei stehen. Dann kam noch dazu, dass ich ihn befummele, solange er den Kopf auf dem Hocker hat, irgendwann kam der verhasste Stauschlauch dazu etc ...

    [Externes Medium: https://youtu.be/RhS4GcCPIuc]

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