Knurren - hilfreiches Kommunikationsmittel oder ein No-Go beim eigenen Hund?

  • Also muss der Hund nie dulden? Wenn er etwas kacke findet und das mit Knurren mitteilt, dann lässt man es?

    Was ich geschrieben habe, trifft meinen Einwand nicht mal ganz, weil es natürlich so ist, dass man auf die Befindlichkeiten seines Hundes reagiert, lange bevor es zum Knurren kommen muss. Ich finde es grad schwer, mich auszudrücken, sorry.

    Was wäre denn für dich die korrekte Antwort auf "Hund knurrt beim Bürsten?" Ignorieren und weitermachen? "Er muss das dulden" ist halt nicht wirklich hilfreich, wenn der Hund sich weigert, es zu dulden. Herzlichen Glückwunsch, der Hund hat dir in die Hand gehackt. Und nun?

    Wegen Bürsten würde ich nun nicht in den Konflikt gehen. Das ist mir einfach nicht wichtig genug und man hat ja viel Zeit das anders zu regeln. Ich würde davon ausgehen, dass einiges in unserer Beziehung im Argen liegt, wenn sie mich da anknurrt.

    Ich finde einen Aspekt wichtig, den Murmelchen geäußert hat. Wenn der Hund seinen Halter drohend anknurrt, befinden sich die Parteien in einem Konflikt. Und auf die eine oder andere Weise muss der gelöst werden. Und das müsste doch ein sozialer Konflikt sein, der auch sozial gelöst werden muss. Und da bin ich eigentlich wieder am Ausgangspunkt: ist die soziale Beziehung zwischen mir und meinem Hund geklärt, wird er mich weder knurrend androhen, abschnappen noch hacken oder beschädigend beissen.

  • Wann und wodurch ist denn eine soziale Beziehung geklärt? Die Beziehungen zu meinen Hunden entwickeln sich. Wachsen. Leben verändert sich. Und da gibts Umbauphasen, aus verschiedensten Gründen. Bei Second Hand Hunden (ggf. mit Verhaltensauffälligkeiten) macht sich das vielleicht öfter bemerkbar, aber es kann doch auch bei anderen Hunden vorkommen. Interessenskonflikte gibts halt mal - in allen sozialen Beziehungen. Und das ist keine Beleidigung, keine Zumutung und kein Armutssignal.


    Wichtig ist, wie es gelöst wird.

  • Mein aktueller Hund hat mich noch nie angeknurrt, aber darum geht es doch gar nicht. Ich habe sie ja auch seit Welpenzeit und sie ist kein Hund, die Konflikte durch Aggressionsverhalten löst. Weder Hunden noch Menschen gegenüber.

    Aber das Thema ploppt bei Hundebekanntschaften immer wieder mal auf und es hat mich halt einfach interessiert, weil ja da bei manchen HH mit denen man mal so plaudert auch Unsicherheit herrscht (und nein, ich rate denen dann nicht, ihrem Hund das Knurren zu verbieten). Deshalb habe ich den Thread gestartet. Ich hatte auch noch nie einen Hund aus zweiter Hand und alle meine Ferienhunde und Gassihunde haben mich auch nie angeknurrt. Aber das waren auch alles gut gehaltene und geführte Hunde. Ich habe also keinerlei Erfahrung mit Hunden, denen man das Knurren verboten hat und die jetzt gleich Tackern. Ich finde den Thread übrigens sehr informativ und spannend.

  • Und da bin ich eigentlich wieder am Ausgangspunkt: ist die soziale Beziehung zwischen mir und meinem Hund geklärt, wird er mich weder knurrend androhen, abschnappen noch hacken oder beschädigend beissen.

    Soziale Beziehungen sind aber nicht statisch.

    Bindung und Vertrauen wachsen, Hunde werden erwachsen und reifen, werden selbstbewusst und irgendwann alt. Sie machen neue Erfahrungen, die sie prägen. Das menschliche Umfeld kann sich verändern. Hunde können zunächst unbemerkt krank werden und Schmerzen haben. Sie können gestresst sein- sei es aus hormonellen Gründen, weil sie mehr erleben, als sie verdauen können oder weil der Mensch gestresst ist.

    Würde Deine These stimmen, dürfte es auch in menschlichen Beziehungen niemals Streit geben, weil ja alles geklärt ist. So funktioniert Zusammenleben aber nicht. Da treffen zwei Welten aufeinander - im Fall von Mensch Hund zwei, die sogar völlig unterschiedlich kommunizieren.

    Wer so festgefahren auf ein Lebewesen blickt, nimmt sich und dem Hund eine ganze Menge.

  • Ich war immer der Meinung, mein Hund hat mich nicht anzuknurren. Ich hatte lange den Gedankengang, dass ich alle Aktionen des Hundes kontrollieren müsste, damit er einwandfrei "funktioniert" und in meinen Augen gut erzogen war. Den Herrn anknurren gehörte für mich zu einem No-Go.


    Tatsächlich angeknurrt wurde ich eigentlich nur einmal von einem meiner Hunde vor etlichen Jahren, als ich ihn nach einem Essensklau durch die Wohnung verfolgt hatte und ihn in die Enge getrieben hatte, das hat mich damals so geschockt, dass ich sofort weggegangen bin und sowas auch nie mehr gemacht habe. Der hatte sich im hintersten Eck unterworfen, lag auf dem Rücken und hat dann ganz leise gegrollt. Das hat mich wirklich gegruselt, und ich war einfach zu weit gegangen.


    Und der Senior, der knurrt grundsätzlich wirklich viel, weil er sehr empfindlich ist bei Berührung, besonders beim Kämmen oder Krallenschneiden und wenn Kinder oder andere Hunde sich ihm nähern. Beim TA übrigens hat er noch nie geknurrt =)


    Anfangs, als der Senior hier eingezogen ist, vor über 3 Jahren, war ich noch auf dem Dampfer, dass er eben die Klappe zu halten hat und mich hinlangen lassen muss, wo ich will. Da hat er auch öfter bei Kämmen geschnappt, ich hab geschimpft, es war unentspannt und es war einfach ein Chaos beim Bürsten.


    Inzwischen mache ich es so, wie Sunti es beschreibt.

    Ich nehme sein Knurren zur Kenntnis, sage ihm das auch, habe einen tröstenden Tonfall, wenn ich mit ihm rede, wie gemein ich gerade zu ihm bin und wie toll er mitarbeitet. Ich schimpfe nicht mehr, sondern sage ihm, dass ich weiß, wie unangenehm das jetzt für ihn ist, und dass ich es versuche, so angenehm wie möglich zu machen. Seitdem ist es eher ein Winseln und Jammern, aber kein Drohen mehr, was er äußert.


    Meine Große und meine DSH - Hündin davor haben aber tatsächlich kein einziges Mal in ihrem ganzen Leben einen Menschen angeknurrt, weder mich noch jemand anders. War scheinbar nie notwendig, oder sie hatten einen langen Geduldsfaden, oder es war Typsache :ka:


    Wenn der Senior droht, werde ich sofort hellhörig. Einmal saß er unter dem Tisch, als wir bei Freunden eingeladen waren. Trotz deutlicher Worte meinerseits an die Kinder dort kroch ein Junge unter dem Tisch zu Sammy hin, um ihn zu streicheln. Ich hörte es knurren, hab unter den Tisch geschaut und den Jungen dort entdeckt und dann auch weg komplementiert. Ich hätte es sonst ohne Knurren gar nicht mitbekommen und war froh drum, denn der Senior hätte auch zulangen können.


    Auch den Welpen knurrt er an, wenn es ihm zu viel wird. Dann weiß ich, es ist jetzt höchste Zeit, dazwischen zu gehen.


    Also, Fazit: inzwischen fällt mir kein Zacken mehr aus meiner Rudelführerkrone und sehe ich nicht mehr meine komplette Erziehung in Gefahr, weil mich einmal mein Hund anknurrt, weil für ihn was unangenehm ist oder er mir Bescheid gibt, wenn ihn was stört. Ich nehme es zur Kenntnis und reagiere darauf.


    Es nimmt sich aber auch keiner meiner Hunde heraus, mich mit fetten Drohungen irgendwie einzuschüchtern, weil unser Verhältnis grundsätzlich einfach total okay und intakt ist. Meine Hunde wissen, ich höre ihnen zu, und sie mir. So gefällt es mir viel besser und fühlt sich einfach auch besser an.

  • Ich denke man entwickelt ein Miteinander durch gemeinsam durchlebtes, ob das nun schöne Momente sind oder Situation die man gemeinsam durchgestanden hat.

    Dies kann aber nur passieren wenn man ein Miteinander zulässt. Mit einer ich Chef du nix Einstellung kann ein wir nicht wirklich wachsen, denke ich.

    Das heißt nicht das man dem Hund alles erlaubt bzw. erlauben muss, aber man muss im zugestehen ein eigenständig denkendes und fühlendes Wesen zu sein, welches eigene wünsche und Bedürfnisse und Vorstellungen hat.

  • Ich habe einen Hund hier der kaum warnt, und hatte jahrelang einen Teilzeithund bei dem das ähnlich, wenn auch mit deutlich längerer Zündschnur, war. Wünsche ich keinem, und bin froh dass die Große so extrem fein aufgeschlüsselt und sehr, sehr deutlich droht (wenn auch eigentlich nie mir gegenüber, wir haben kaum Konfliktpunkte).


    Ich nehme bei jedem Hund drohen/warnen sehr ernst, und mehrere werden/wurden auch dafür belohnt. Mit dem Ergebnis dass nicht mehr sofort auf tätlichen Angriff geschaltet wird, sondern verbal/körpersprachlich gedroht und sich selbst zurückgezogen wird. Finde ich einen Win für alle, und nehme dafür sehr gerne einen deutlich verbal kommunizierenden Hund "in Kauf".


    Ich werde nie verstehen warum dass nach wie vor teilweise als "sich was rausnehmen" gegenüber dem Menschen eingestuft wird. Zum Glück zumindest hier im Forum nicht, aber im "Reallife" denkt gefühlt die Hälfte der Leute mit Hund so. Blöd, denn wenn man den passenden Hund hat fliegt man damit uU ordentlich auf die Schnauze, bzw einem die Zähne ins Gesicht.

  • Ihr seid alle zu schnell :D Immer, wenn ich mit schreiben fertig bin, hat schon wer das Gleiche geschrieben. Ich schließe mich hiermit den letzten Beiträgen an und wiederhole nicht nochmal alles ;)

  • Und das müsste doch ein sozialer Konflikt sein, der auch sozial gelöst werden muss. Und da bin ich eigentlich wieder am Ausgangspunkt: ist die soziale Beziehung zwischen mir und meinem Hund geklärt, wird er mich weder knurrend androhen, abschnappen noch hacken oder beschädigend beissen.

    Das kommt auf die Vorerfahrungen des Hundes an. Ich habe über mehrere Jahre an/mit mit einem TS-Hund gearbeitet, dem das Knurren über Strafe aberzogen wurde. Der Hund beißt innerhalb von Sekunden zu, so weit er kann, hält und schüttelt auch. Gab einige Leute, die seinetwegen im KH gelandet sind.


    Der Hund liebt mich. Ich kann Dinge mit ihm machen, die kein anderer darf. Er knurrt inzwischen auch wieder, lässt sich aber auch mehr gefallen als früher.

    Dennoch hat er, als ich ihn mal postoperativ handhaben wollte, nach einem minimalem Knurren direkt versucht, mich zu beißen. Weil ihm in dieser Schmerz-Stress-Situation nur das alte Muster wieder einfiel. Er hat mich nur nicht verletzt, weil die eiserne Regel ist, dass niemals jemand mit ihm ohne Mauli interagiert.


    Viele Hundehalter können/würden mit ihrem Hund nur ‚bis zum bitteren Ende‘ in einen Konflikt gehen, weil das bittere Ende nicht im KH endet, sondern die meisten Hunde dann doch einknicken. Aber ein 35kg-Hund, der warnknurrt und bei Ignoranz danach buchstäblich in deinem Arm hängt (z.B. beim Bürsten), würden die meisten HH wohl aufs ‚der muss da durch‘ verzichten.

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