Wie denken Hunde? Können Hunde denken?
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Phonhaus. Danke für die ausführliche Antwort. Ich finde sehr überzeugend, was du schreibst. In der Sache, dass wir von zwei Spezies reden, die ihre eigene Warnehmungswelt haben und eine eigene Würde, bin ich voll bei dir. Auch dass es natürlich einen Unterschied macht, dass man ein Wesen mitten im Reifeprozess mit einem ausgereiften, erwachsenen Lebewesen vergleicht.
Andererseits ist vergleichen nicht gleichsetzen. Und du sagst ja selbst, zumindest habe ich es so verstanden, dass differenzierte Vergleiche bestimmter Aspekte (ich nenn es mal) hilfreich sein können. Im Grunde sind es halt Hilfskonsrukte, um uns an etwas anzunäheren, was wir aufgrund seiner Andersartigkeit nicht richtig verstehen können. Man kann das ablehnen, weil es vielleicht dem anderen Lebewesen (hier: Hund) nicht gerecht wird. Man kann aber auch sagen, alles was uns hilft, das andere Lebewesen ein bisschen besser zu verstehen, ist auch für dieses von Vorteil. Ich glaube, wir als Menschen, können uns dem anderen nur nähern, wenn wir es uns ein Stück weit anverwandeln. Wir sind eben übergriffige Wesen. Und natürlich vergleichen wir Denkprozesse von Tieren mit unseren und erkennen sie als defizitär. (Was sicher unfair ist).
Ich sehe aber keinen anderen Weg in unserer menschenzentrierten Welt. Irgendwie ein Dilemma.
Ups. Ich glaube, ich bin ins Schwurbeln geraten.
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Stimmt. Das Thema ist sehr breit angelegt und wahrscheinlich müsste man erst Begriffe klären und sich auf Definitionen einigen, damit man wirklich über das Gleiche spricht, andererseits sind wir ja nicht in einem wissenschaftlichen Proseminar.
Eine wissenschaftliche Definition fände ich tatsächlich interessant, damit kann ich selbst aber leider nicht dienen
Ich hab an der Stelle meinen Beitrag aber vielleicht schlecht formuliert: Ich wollte jetzt nicht euch anderen alle zwingen, Definitionen aufzuschreiben. Wobei ich das schon spannend finden würde, also wer mag
Ich hab nur beim Nachdenken über die Ausgangsfrage gemerkt, dass ich für mich eine Begriffsklärung brauche, um zu antworten. Und so einfach fand ich das ganze gar nicht, sieht man vielleicht auch an meinem leicht geschwurbelten Beitrag
Mich interessiert z.B problemlösendes Denken bei Hunden schon, aber vor allem interessiert mich, ob Hunde Vorstellungen und Konzepte von ihrer Umwelt entwickeln und wie diese aussehen könnten und vielleicht wie genau sie Zusammenhänge herstellen.
Banales Beispiel:
Immer wenn ich mich anschicke, die Wohnung zu verlassen, fragt Kaya an, ob sie mit darf. Wenn ich dann sage: "Nein, du bleibst da", geht sie in ihre Kudde oder aufs Sofa. Nur wenn ich meine Schultasche nehme, fragt sie nie. Aber seltsamerweise fragt sie beim Einkaufskorb manchmal, obwohl ich sie da auch nie mitnehme. Warum verknüpft sie die Tasche richtig, aber den Korb nicht? Das ist mir ein echtes Rätsel.
Ich denke, Hunde sind uns Menschen zum Teil sogar deutlich überlegen, wenn es darum geht, Muster zu erkennen. Also welche Abläufe führen zu welcher Folge ("immer wenn sie erst kurz in Zimmer A geht und dann vorm Spiegel stehen bleibt, dann geht sie danach raus") führen oder welche Objekte mit welchen Taten zusammenhängen (wie bei deinem Taschen Beispiel). Während wir eben wieder unsere Sprache nutzen, um uns die Strukturen und Abläufe des (alltäglichen) Lebens zu erklären, verknüpfen Hunde Taten/Objekte/Abläufe.
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KayaFlat Kein Geschwurbel aus meiner Sicht
Für mich ist es tatsächlich nicht natürlicherweise so, dass ich menschliche mit hündischen Denkprozessen vergleiche und letztere als defizitär erachte. Das hat Wurzeln in ganz tiefen Überzeugungen von mir.
Aber ich kann insoweit mitgehen, dass ich mich natürlich in meinen Tieren „spiegel“ und nach Ähnlichkeiten und Bedeutungen suche, über er sie schmunzle, wenn ich glaube, sie entdeckt zu haben. Und auch nach Analogien suche.
Aber die Analogie zu einem Kind hinkt für mich tatsächlich.
Und Achtung - jetzt schwurbel ich:
Das, was Du „Verstehen“ nennst, wäre für mich „Begreifen“. Im Sinn von „ich gebe etwas einen Namen, damit ich es beurteilen und mir zu eigen machen kann“. Das ist tatsächlich ein Bedürfnis, dass ich nicht immer habe.
„Verstehen“ hieße für mich eher, das Andere in seiner Fremdheit zu akzeptieren und trotzdem eine Brücke zu ihm zu haben. Das kann und will ich auch nicht immer. Aber gerade bei meinen Hunden möchte ich es so haben. Natürlich arbeiten wir über Ähnlichkeiten zusammen. Kern- und Erfahrungserwerb, Suche nach Lust und Vermeidung von Unlust ... Aber die Analogie zum Kind würde mir bei meinem Verständnis (das natürlich auch nur in meinem Kopf stattfindet ) im Weg stehen.
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Phonhaus. Ich schwurble mal zurück. Ist ein bisschen Off- topic, deshalb der Spoiler.
Ich finde deinen Ansatz ethisch sehr interessant und wertvoll. Ich kann mir vorstellen, dass es nicht leicht ist, diesen in die Praxis umzusetzen.(Falls ich jetzt in deine Worte nicht zu viel hinein interpretiere).
Ich jedenfalls finde das sehr anspruchsvoll und ich glaube, mir käme da dauernd mein Primatenhirn in die Quere. Ich suche nachgerade Analogien, damit es mir nicht noch schwerer fällt, unsere komplexe Welt zu begreifen. Und ich fürchte, ich bilde mir, wie die meisten Menschen, die ich kenne, sehr schnell Urteile, weil sie mir das Leben erleichtern. Ich finde es wirklich sehr schwierig, gegen diese Automatismen (?) anzudenken - und verflucht anstrengend.
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Danke für die Blumen. Aber die sind unverdient Natürlich urteile ich auch, gerade wenn ich sauer bin oder Kummer habe. Und ich bewerte, wenn mich was direkt trifft und betrifft.
Aber komischerweise gerade nicht da, wo ich verstehen will. Wenn ich verstehen will und urteilen muss (z. B. früher in einem Referat), dann fällt mir das schwer. Es sei denn, es ist wirklich eine meiner Grundüberzeugungen getroffen. Dann tritt aber auch der Mechanismus „sauer“ oder „traurig“ in Kraft. Ansonsten mag ich es „schwebend“
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Soweit ich weiß haben Hunde ungefähr die kognitiven Fähigkeiten eines 2-3 jährigen Kindes, für mich ein wichtiger Unterschied zur Intelligenz (weil man die tatsächliche Intelligenz weder bei einem so jungen Kind messen kann noch überhaupt bei einem Hund). Ich empfinde diese Vergleiche nicht als wertent sondern einfach als leicht zu verstehenden Vergleich die meisten Menschen kennen kleine Kinder und ihre Fähigkeiten und können sich so leichter vorstellen wie die kognitiven Eigenschaften des Hundes sind, ich würde deshalb aber eben nicht sagen das Kind und Hund 1 zu 1 gleich sind es sind und bleiben schließlich unterschiedliche Lebewesen.
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Nochmal zum Spiegeltest:
Man muss sich bewusst sein, dass Hunde nicht so sehen wie wir. Hunde sehen unscharf, ihr Sehsinn ist auf das Sehen von Bewegungen ausgelegt. Daher ist der Spiegeltest für den Hund schwieriger als für den Menschen.
Als Kind war ich mal in einem Spiegellabyrinth. Dort ist das Licht schlecht, die Spiegel sind teils verbogen, so dass das Spiegelbild verzerrt wird. Und als zusätzliches Handicap war meine Zwillingsschwester mit dabei - zwar waren wir unterschiedlich angezogen, aber als auf Gesichter fixierter Mensch, wird das in so einer Situation vom Gehirn nicht direkt registriert.
Kurz: es war für mich nicht immer eindeutig, ob ich gerade auf ein Spiegelbild zu lief oder meine Schwester auf mich zu lief - je nach Verzerrungsgrad des Spiegels sogar, ob mein Bruder oder gar ein ganz fremder Mensch auf mich zu lief.
Der Spiegeltest dürfte für das Sehen eines Hundes ähnlich sein, wie für mich damals das Sehen im Spiegellabyrinth. Daher ist es absolut nicht verwunderlich, wenn ein Hund auf ein plötzlich auftauchendes Spiegelbild (z.B. in einer Schaufensterscheibe) erstmal mit Nicht-Erkennen seiner selbst reagiert.
Bei Jin kann ich aber durchaus beobachten, dass sie sich im Spiegel selber erkennt - und sie erkennt auch mich im Spiegel. Wir könne über den Spiegel miteinander mit Gesten kommunizieren.
Diese Beobachtungen kenne ich auch von anderen Hundehaltern.
Ein weiteres Problem des Spiegeltests ist, dass er darauf basiert, dass es dem Probanden etwas ausmachen muss, ob er da nun einen Fleck auf der Stirn hat oder nicht - was ist, wenn Hunden solche Äußerlichkeiten einfach absolut egal sind?
Allerdings gibt es Studien, die sich der Selbstwahrnehmung von Hunden anders genähert haben - nämlich über den Geruch. Hunde leben - was unbestritten sein dürfte - deutlich mehr in einer Geruchswelt als wir. Und so ist das Ergebnis der Studie ansich nicht sehr überraschend: die Hunde haben signifikant anders auf ihren eigenen Urin reagiert, als auf Urin von Fremdhunden.
Das ist eine Beobachtung, die ich bei Jin auch machen kann. Ihr Urin und auch der von "Familienmitgliedern" (also der Hunde meiner Schwester, mit der wir in einer WG leben), wird von ihr idR intensiver untersucht als der Urin fremder Hunde.
Zum Thema Denken:
Natürlich können Hunde - wie die meisten Tiere (dazu zählen auch Menschen) - denken. Sie werden halt nicht in Worten denken. Aber man spricht ja auch (heutzutage!) gehörlosen und/oder stummen Menschen nicht das Denken ab.
Auch meine Vögel denken, obwohl es sich um verhältnismäßig "dumme" Prachtfinken handelt.
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Nur nochmal ein Beispiel, wann ich über das Denken von Hunden nachdenke.
Kaya hat in der Wohnung zwei Spielzeuge zur freien Verfügung. Relativ häufig, wenn ich mich zum Spaziergang fertig mache und schon mal die Terrassentür öffne, weil ich meist durch den Garten rausgehe, schnappt sie sich eins und rennt damit in den Garten. Die Spielzeuge sind aber nur für die Wohnung. Also muss sie es immer bringen und abgeben. Natürlich kriegt sie ein Lecker dafür. Jetzt könnte man ihre Handlung verschieden interpretieren. Sie macht das aus Übersprung, weil sie sich freut, dass es gleich losgeht. Sie hat eine Verhaltenskette, weil sie die Belohnung abgreifen will. Aber dann wäre die Verhaltenskette ja auch irgendwie vorausschauende Planung. Ich schlepp es raus, ich muss es bringen, ich kriege Lecker.
Vielleicht sollte ich mal schauen, ob sie das lässt, wenn es fürs Bringen kein Lecker mehr gibt.
Was meint ihr?
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Weil es mich interessiert hat habe ich mir gerade doch mal Definitionen von Denken angeschaut. Interessanterweise beinhalten einige Definitionen von Anfang an den Begriff "Mensch" bzw. "menschlich"...
Lernen und Gedächtnis (=niedrige kognitive Funktionen) gehören explizit nicht zum Denken (=höhere kognitive Funktion). Wenn in dem Beispiel mit dem Leckerchen auf der Mauer dem Hund also erst einmal der Lösungsweg gezeigt werden muss und er diesen danach replizieren kann hat das nichts mit Denken zu tun. Dafür hätte er die Lösung schon selber finden müssen.
Einen Aspekt möchte ich hier noch einbringen. Gerade bei Hunden wird immer wieder gesagt dass sie sehr situationsbezogen lernen und schlecht abstrahieren können. Das spricht ja schon dafür, dass sie sich mit dem Denken eher schwer tun, weil sie eben nur "auswendig gelernt" und nicht wirklich verstanden haben.
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Kommt es nicht darauf an, wie man Denken definiert?
Der Mensch denkt in Sprache, der Hund sicher nicht.
Er reagiert eher auf Geschehnisse und intuitiv. Er denkt nicht, was ist, wenn Morgen.........
Er empfindet sicher Empathie, denkt aber nicht, Geistern ging es Frauchen schlecht. Er erkennt aber, dass es ihr jetzt schlecht geht und sie Trost braucht. Ist die Situation anders, denkt er anders. Hunde sind Hier und Jetzt Wesen. Ohne Zukunftsängste, oder Pläne.
Er denkt aber schon, gleich hab ich die Gelegenheit, etwas abzustauben. 5 Minuten später aber, denk er nicht mehr darüber nach.
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