Angsthund, ein besonders schwerer Fall

  • Meine Mutter ist Pflegestelle und bei ihr landen vorzugsweise sogenannte Angsthunde.

    Da sind so arme Seelen darunter, die nur bei Blickkontakt alles laufen lassen.

    Ich finde, für solche Hunde ist Ruhe das wichtigste.

    Meine Mutter lebt allein, ruhig, im Haus mit Hof und Garten.

    Gassi Gänge gibt es erst, wenn die Pflegis von sich aus ans Hoftor kommen.

    Bei manchen hat das dann schon mal 6 Wochen gedauert, das ist dann halt so.

    Aber auch dann war das kein Spazierengehen, sondern vielleicht mal 5 Minuten schauen, was passiert auf der Straße.

    Und diese Zeit hat sich dann gesteigert, das Tempo gab der Pflegi vor, bis richtige Spaziergänge möglich waren.

    Die erste Zeit schlafen diese Hunde sehr viel, sie beobachten den Alltag, sie sortieren ein.

    Hilfreich sind natürlich unsere eigenen Hunde, die den Pflegis zeigen, hier ist alles ok.


    Bei deinem Pflegi wirst du von vorne anfangen müssen.

    Gib ihr Zeit, nicht bedrängen oder Sachen einfordern.

    Ich würde sie auch nicht aus der Hand füttern, das ist zuviel Nähe.

    Aber ich muss auch den anderen Recht geben, ein Angsthund gehört nicht in so ein Wohnumfeld.

    Da frage ich mich, was denkt sich eine Orga dabei?

  • Das habe ich doch erklärt. Ich denke auch hierbei gibt es kein richtig oder falsch. Ich sehe Fortschritte. Ich behalte das bei, weil ich es für richtig halte.

  • Irgendwie war mir entgangen, dass du in Gran Canaria bist. Das mit dem Balkon ist großartig! Wenn ich das jetzt richtig verstanden hab, behält sie in einem Zeitfenster von 7 bis 23 Uhr alles ein? Das ist natürlich nicht optimal, aber soo schlimm finde ich es für den Moment auch nicht. Meine Hündin hat die ersten 3 Tage alles einbehalten, weil sie sich nicht getraut hat. Da war nix zu machen. Auch danach teilweise 24 Stunden, weil sie nur in vertrauter Umgebung und an wenigen Orten konnte. Das kam dann schon irgendwann in rauen Mengen...


    Den Ort des Rausgehens kann man sich in deinem Fall jetzt nicht aussuchen, aber nach wie vor kann ich mir denken, dass sie sehr von einem sicheren Artgenossen profitieren würde. Wie reagiert sie allgemein auf Hunde, will sie nichts von ihnen wissen oder meinst du, ein regelmäßig draußen wartender Kumpel könnte helfen, diesem Weg vor die Tür eine gewisse Beiläufigkeit zu verleihen?

  • Totale Abhängigkeit, um nicht zu verhungern, verursacht Stress, auch wenn es nicht so aussieht.

    Wenn du das Grundbedürfnis nach Nahrung erfüllst, ohne daß sie für jeden Bissen eine Leistung der inneren Überwindung erbringen muß, nimmst du Druck raus.

    Du kannst immer noch viel Futterbelohnung einsetzen, wenn du die Ration in 2 Drittel aus dem Napf und 1 Drittel aus der Hand aufteilst.


    Wenn du bisher sehr selbstständig gelebt hast und plötzlich bei übermächtigen Wesen landest, die dir jede eigene Entscheidung verweigern, dann nennt man das Versklavung. Du entwickelst dann keine Vertrauen, sondern allenfalls eine krankhafte Abhängigkeit, die man unter dem Begriff "Stockholm-Syndrom" kennt.

    Echtes Vertrauen entwickelst du nur dann, wenn du wenigstens in Ansätzen eigene Entscheidungen treffen darfst. In so vielen Lebensbereichen wie möglich.


    Dagmar & Cara

  • Ich habe hier auch einen Hund der vor viel Verkehr und Menschen Angst hat. Ich habe zu Hause einen Hundeanhänger, den man zum Buggy umbauen kann, aufgestellt und alle Sichtfenster verdunkelt.

    Ich habe das dann so aufgebaut das er irgendwann selbständig und gerne in den Buggy geht. Dieser Buggy ist immer dann dabei wenn wir mal an Hauptverkehrsstraßen oder in belebten Gegenden laufen müssen. Er steigt dann in seine Höhle und lässt sich durch die für ihn gruselige Gegend fahren.


    Vielleicht wäre das für euch auch eine Möglichkeit? Wenn sie aber nur noch 3 Monate bei dir ist wird es dir wahrscheinlich nicht mehr viel bringen, aber die Pflege-, oder Endstelle könnte davon evtl. profitieren

  • Ich finde du machst das bis jetzt ganz toll, du gehst auf die Bedürfnisse des Hundes ein.


    Was ich mich leider frage, warum gibt die Orga einen als "Angsthund" erkennbaren Hund an eine Stelle die an einer Hauptstraße, ohne Garten usw. lebt?

    Ich bin selbst Pflegestelle und bei uns gehen Angsthunde erstmal NIE an eine Pflegestellte ohne souveränen Ersthund und dann auch nur an Erfahrene Pflegestellen mit Haus mit Garten, eben weil viele Angsthunde gerade am Anfang garnicht vor die Türe wollen und sich so im sicheren Garten erleichtern können.


    Falls du ein Auto hast vielleicht einfach mal in eine ruhigere Gegend fahren, wo zwar auch Autos sind aber wo man gut Abstand halten kann und sie sich das in Ruhe anschauen kann.

    Oder alternativ mit jemandem Gassi gehen er einen Souveränen Hund hat. Es ist erstaunlich wie viel Hunde sich von anderen Hunden abschauen.

    Ansonsten wirst du wohl wieder ganz langsam anfangen müssen mit dem raus gehen, früh morgens und spät abends.

    Ich würde sie nicht nur aus der Hand füttern, sie sollte ihr Futter ohne Druck bekommen können, du kannst immer noch zusätzlich mit Futter belohnen.

  • Ich habe hier auch einen Hund der vor viel Verkehr und Menschen Angst hat. Ich habe zu Hause einen Hundeanhänger, den man zum Buggy umbauen kann, aufgestellt und alle Sichtfenster verdunkelt.

    Ich habe das dann so aufgebaut das er irgendwann selbständig und gerne in den Buggy geht. Dieser Buggy ist immer dann dabei wenn wir mal an Hauptverkehrsstraßen oder in belebten Gegenden laufen müssen. Er steigt dann in seine Höhle und lässt sich durch die für ihn gruselige Gegend fahren.


    Vielleicht wäre das für euch auch eine Möglichkeit? Wenn sie aber nur noch 3 Monate bei dir ist wird es dir wahrscheinlich nicht mehr viel bringen, aber die Pflege-, oder Endstelle könnte davon evtl. profitieren

  • Das klingt alles so drastisch. Sie bewegt sich komplett frei hier und es ist nicht hilfreich, Menschen mit Hunden zu vergleichen. Genau dadurch versauen sich doch die meisten Hundebesitzer ihre Hunde. Vermenschlichung ist der größte Feind des Hundes.


    Ansonsten denke ich mal darüber nach, nur noch einen Teil des Futters aus der Hand zu geben und das mal zu beobachten.


    Genauso ist die Wohnsituation nun mal nicht zu ändern und ich möchte das beste, was geht, daraus machen. Sie zurück zu geben ist keine Option. Auffangstationen sind keine gute Idee. Das ist nur ein Behelf, bis sie entweder nach Deutschland fliegen oder hier adoptiert werden. Sie braucht Medikamente, was in so einer Auffangstation auch nicht das Wahre ist. Die Tiere sind überwiegend alleine. Das ist hier ein wenig anders, als in Deutschland.
    Die Organisationen hier sind sehr bemüht, aber täglich finden sich neue Hunde, die irgendwo in den Bergen herumirren, ausgesetzt wurden, oder aus schlechter Haltung gezogen werden. Ihr könnt euch gar nicht vorstellen, wie das hier ist. Und Hut ab, an alle Orgas hier, die sich kümmern.

    Ja, ein Artgenosse wäre sicher auch eine gute Idee. Nur wo soll sie einen Kennen lernen, wenn sie nicht raus geht. Ich kann unmöglich einen zweiten Hund hier halten. Und bis jetzt will sie mit den Hunden, die wir so getroffen haben, nichts zu tun haben. Auch die Uhrzeiten, wenn ich mit ihr raus gehe, findet sich niemand. Zum einen haben wir noch Ausgangssperre, jetzt 23 Uhr, bis letzte Woche noch 22 Uhr. Da ist außer mir dann echt niemand mehr auf der Straße. Ich weiß nicht mal, ob es überhaupt erlaubt ist, mit dem Hund raus zu gehen. Ich mach es einfach.



    Danke für eure Beiträge. Ich bin nicht beratungsresistent, jedoch kenne ich mich schon sehr gut mit Hunden aus. Nur Bonny ist jetzt echt für mich schon ein extrem schwerer Fall. Geduld ist wohl das beste Mittel.


    Lg. Tina

  • Kann sie sich vielleicht am Balkon lösen, wenn sie ja dort auch entspannt ist? Vielleicht legst ihr die Matten dort mal hin oder ev. ein wenig Sand oder so?


    Und beim Rausgehen, vielleicht mal bei der offenen Tür stehen bleiben und warten, bis grad ganz wenig Verkehr ist. Man hört ja eh ob sich eine Auto oder Motorrad nähert. Und erst wenn es ruhig ist, ein paar Meter weiter gehen. Ev. nur ein paar Schritte und dann wieder rein. Oder dann schnell in die ruhigere Straße gehen.


    Alles Gute!

  • Das habe ich doch erklärt.

    Wo hast Du denn erklärt, inwiefern Du denkst den Hund zu versauen wenn er selber entscheiden darf? Das habe ich tatsächlich auch bei wiederholtem Lesen des Threads nicht gefunden, aber vielleicht stehe ich ja auf dem Schlauch.

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