Beitrag zu Gewalt in der Hundeerziehung bei "Tiere suchen ein Zuhause"

  • Nur halt die Frage, was mache ich, wenn der Hund die Strafe in Kauf nimmt? Wenn der Hund in einer Erregungslage ist, in der er die Strafe nicht wahrnimmt

    Meinen Trainingsaufbau überarbeiten und überlegen, was ich wo wie als Grundlage noch wie aufbauen muss. Und weitere Faktoren ins Auge fassen, die bei dem Thema eine Rolle spielen könnten.

    Und das ist jetzt nicht komplex? Es gibt genug Menschen, die würden einfach die Intensität des Strafreizes nach oben schrauben. Zumal es ja per Definition im Grunde keine Strafe ist, wenn das Verhalten nicht eingestellt oder weniger wird.


    Andersrum kann und muss ich mein Training bzw. die Nebenschauplätze ja auch evaluieren, wenn ich "positiv" trainiere und nicht weiterkomme.

  • Definition im Grunde keine Strafe ist, wenn das Verhalten nicht eingestellt oder weniger wird.

    Das wundert mich jetzt schon.

    Strafe ist doch nicht nur dann eine Strafe wenn sie "erfolgreich" ist. Die Wegnahmen eines positiven Reizes oder die Zunahme eines negativen Reizes sind Strafe Kategorie 1 und 2. So habe ich das jedenfalls im Hinterkopf.

    Wenn eine Strafe im falschen Moment eintritt passiert es das kein Zusammenhang zwischen Reiz und Aktion entsteht. Dennoch ist die Strafe eine Strafe. So hab ich es jedenfalls mal gelernt.

  • Definition im Grunde keine Strafe ist, wenn das Verhalten nicht eingestellt oder weniger wird.

    Das wundert mich jetzt schon.

    Strafe ist doch nicht nur dann eine Strafe wenn sie "erfolgreich" ist. Die Wegnahmen eines positiven Reizes oder die Zunahme eines negativen Reizes sind Strafe Kategorie 1 und 2. So habe ich das jedenfalls im Hinterkopf.

    Wenn eine Strafe im falschen Moment eintritt passiert es das kein Zusammenhang zwischen Reiz und Aktion entsteht. Dennoch ist die Strafe eine Strafe. So hab ich es jedenfalls mal gelernt.

    Möglicherweise gibt es unterschiedliche Definitionen.

    Aber das Ziel von Strafe ist ja (wenn es nicht einer willkürlichen Laune heraus folgend das Hinzufügen eines aversiven Reizes ist), dass das Verhalten weniger wird.


    Z.B. aus Learning&Behavior von Paul Chance: "[...] we can say that a procedure must have three characteristics to qualify as punishment: First, a behavior must have a consequence. Second, the behavior must decrease in strength (e.g. occur less often). Third, the reduction in strength must be the result of the consequence."

  • Jetzt bin ich bei einer Trainerin, da absolut rein positiv trainiert und blocken auch für Gewalt hält.

    Ja, genau die Dame hat mich bei Instagram auf eine leicht kritische Nachfrage dermaßen runtergemacht, weil "es läge ja an einem selbst, die Trainingssituation zu gestalten, dass man nicht blocken muss", wusste aber leider auch keine klare Antwort auf die Frage, was man denn machen soll, wenn der eigene Hund von irgendwelchen Tut-vielleicht-doch-Wassen überrannt wird. Weil, dann hat man das Umfeld halt nicht ordentlich gewählt. Wenn man aber in dem Umfeld wohnt, wo der Hund, der den eigenen Hund schon gelocht hat, nun mal auch wohnt und dort munter weiter durch die Gegend rennt, dann ist man halt der Depp, wenn man nicht für jede Runde rausfahren kann. Sie hat die Diskussion an der Stelle abgebrochen, als ich bzgl. dieser Thematik näher nachgefragt habe.

    Für mich habe ich entschieden, dass Blocken keine Gewalt ist, und das richtig energische, körperliche Blocken von Fremdhunden, die sich anders nicht wegschicken lassen, weiterhin zum akzeptablen Repertoire gehören wird, da mich mir meine Hunde nicht angreifen lasse.

    Meine Wattebausch-Trainerin arbeitet übrigens auch sehr erfolgreich mit aggressiven Hunden. Dass man bei "schwierigen" Fällen immer besonders hart durchgreifen müsste, dass wird halt von den Menschen, die in der Öffentlichkeit sehr präsent sind, immer so dargestellt.

    In ihrer Onlinepräsenz schreibt sie selbst bzw. hat es in ihrem Podcast gesagt, dass sie nicht mit aggressiven Hunden arbeitet. Also bin ich davon ausgegangen, dass das auch stimmt.

    Genauso eben, wie man Hundebegegnungen vermeidet, die der Hund nicht leisten kann.

    Siehe oben, ich hab versucht, darüber einen Dialog zu führen und das Ergebnis war, dass ICH halt wohl leider nicht in der Lage sei, mein Umfeld so zu gestalten, dass es nicht zu unerfreulichen Begegnungen kommen kann. Also hab ICH Pech, aber blocken ist trotzdem böse.

    "Interessant" finde ich ja, dass bei dem Einspieler von Perdita Lübbe-Scheuermann ein Hund gezeigt wurde, der recht vehement einen Menschen attackiert, während die Manuela Zaitz mit ihrem Hütitüti den Aufbau eines Sitz zeigt.

    An der Stelle ist mir was aufgefallen: Die M. Zaitz hat sich beim Aufbau auch recht weit nach vorn gelehnt, als sie das Sitz verlangte. Das ist doch auch schon Druck über Körperschwerpunkt, wenn man es genau nimmt. Oder zählt das dann nicht als Gewalt?

    Bei Senta hat es gereicht, das Gewicht leicht auf die Fußballen zu verlagern, und sie ist zurückgewichen. Für sie war das zu viel Druck.

    Wenn ich dagegen so, auch gern übertrieben, auf meine Jungs zukomme, dann wollen die ein körperliches Raufspiel anfangen.

    Und was macht man bei fremden Tutnixen, die in einen reinbrettern? Die dürfte man dann ja auch nicht blocken?

    Siehe oben, die Trainerin Anne Bucher sieht das so, ich habe das zu diskutieren versucht und bekam die entsprechenden Antworten.


    Beispiel: Heute hatte ich Spuk und den Tierheimrottweiler Balou zusammen im Auslauf. Balou wollte erst an mir hochspringen, ich habe mich ihm entzogen und ihn nicht zum Ziel kommen lassen, aber auch mal die Handfläche in seine Richtung gehalten. Fand er schon mal doof.

    Selbes Verhalten in Richtung Spuk: Eine Warnung mit Drohmimik und knurren, beim zweiten Versuch ein lautstarker Abschnapper mit angedeutetem Nachfassen in Richtung Nacken. Thema durch. Balou hatte mich verstanden, aber Spuk hatte er wesentlich besser und schneller verstanden und traumatisiert war er danach auch nicht, sondern hat sich im Gegenteil Spuk direkt wieder angeschlossen.


    Ohne jeden Konflikt geht es nicht, Grenzen müssen sein und diese Grenzen muss ich auch bereit sein, durchzusetzen. Klar kann ich vieles trainieren, ich persönlich bin immer dafür, dem Hund auch zu sagen, welches Verhalten ich doof finde, anstatt ihn ewig rumprobieren zu lassen, was ich denn jetzt wohl sehen möchte. Das bedeutet ja nicht, dass man dem Hund weh tut, aber wenn ein Nein oder ein Block schon als Gewalt gilt, kann ich diese Trainingsrichtung nicht ernst nehmen.

    Allerdings nehme ich auch keinen Trainer ernst, der nur aversiv arbeitet. Ich selbst bevorzuge ein breites Spektrum an Methoden, damit man bestmöglich auf den jeweiligen Hund abstimmen kann.

  • "Der Unterschied zwischen Theorie und Praxis ist in der Praxis weit höher als in der Theorie".


    Zitat Ernst Ferstl.


    Fällt mir zu der Diskussion hier ein.

    ;)

  • Ich muss zugeben: Je mehr ich hier mitlese, desto wuschiger werde ich. Und wenn ich schon wuschig werde, wie soll es dann erst meinen Hunden gehen? :???:


    Was auch immer ich tue - mit Bezug auf den Hund: Meine Grundvoraussetzung ist, dass der Hund die Chance hat, zu verstehen, was ich von ihm will. Und das ich verstanden habe, was der Hund kann. Das ist die Grundlage. Und die nächste Plattform (und wenn man so will meine „Philosophie“ dahinter) ist, dass der Hund tut, was ich will, weil es sich für ihn lohnt. Das die Zusammenarbeit von Vertrauen geprägt ist. Sobald wir das in trockenen Tüchern haben, ist der Rest, finde ich, an sich recht einfach. Das ist natürlich eine Entwicklung und ich bin da nicht perfekt. Aber - weil hier der Begriff unfair fiel - der wiederholte Verstoß dagegen wäre für meine persönliche Wertung „unfair“. Wie der Hund das wertet, weiß ich nicht.


    Wird bei TsD denn nicht zwischen Strafe und Abbruch unterschieden, wenn ein Abbruch - ich sag mal - etwas robuster ist?


    Meine Hund sind keine Maschinen und klar wägen die ab, ob sich ein „Wunschverstoß“ für sie lohnt. Da bin ich auch gar nicht sauer drüber. Im Gegenteil, ich fände es traurig, wenn die keine eigene Meinung hätten. Und z. B. bei meiner verhuschten Angsthundine stand der Aufbau von Selbstbewusstsein und Vertrauen in die Beziehung von Anfang an im Fokus. Ganz früher mal wäre die bei einem Hochziehen der Augenbraue schon erstarrt. Heute grinst sie mich auf ein empörtes „Ey“ hin (bei Unterlassen der Handlung) fröhlich an nach dem Motto: „Ist ok, aber versuchen kann man es ja.“


    Laut werde ich übrigens schon von mir aus so gut wie nie, das liegt mir üblicherweise nur 3 bestimmte Tage im Monat nach Frust auf der Arbeit und Progrock-Beschallung durch den Ehemann. Und da ich weiß, dass ich in dieser Zeit eher nicht genießbar bin, vermeide ich da potenzielle Konfliktsituationen.


    Aber wenn es zum Konflikt kommt und der Hund ein Verhalten an den Tag legt, von dem ich wünsche, dass er es unterlässt, dann breche ich das Verhalten ab. In der Intensität, die nötig ist, dass mein Hund es lässt. Das geht von einem netten „ähäh - hier gehts lang“ (wenn Lilly gerne einen anderen Weg nehmen würde als ich) über einen Rückruf, ein Aus bis hin zu einem Hinlaufen. Je nach Situation und Möglichkeit. Und wenn ich da gerade sauer bin, dann dürfen die Hunde das auch ruhig mitbekommen. So lange sie die Chance haben, zu verstehen weshalb.


    Strafe im Sinne von „und komm ja nie wieder auf so krause Gedanken, sonst fällt Dir nächstes Mal der Himmel auf den Kopf“ wäre für Gelegenheiten reserviert, in denen jemand oder etwas durch das Verhalten meiner Hunde in Gefahr ist. Kommt hier so gut wie nie vor.


    Belohnt, gespielt und spaßhaft körperlich agiert wird hier übrigens gerne und viel (da würde mich interessieren: Wie ist das bei TsD: Wird da spielerisch gerempelt, gezergelt und gerauft?)

  • Warum wird eig oft davon ausgegangen das Strafe/Korrektur/Anschiss wie auch immer man es nennen will ohne Ankündigung erfolgt? Hier gibt es immer zuerst das komplett positiv aufgebaute Abbruchsignal und erst wenn er sich daraufhin entscheidet das ihm zB pöbeln wichtiger ist werde ich deutlicher und nicht mehr "nett". Er bekommt jedes Mal erneut die Chance sich "richtig" zu verhalten und dafür direkt bestärkt zu werden mit verbalen Lob/Keksen/Spiel. Oft funktioniert das, manchmal entscheidet er sich aber aktiv dagegen. Also werde ich deutlicher, spätestens daraufhin verhält er sich dann "richtig" und wird in diesem Verhalten wieder vollkommen positiv bestärkt.


    Eig wird Mico einfach so erzogen wie meine Schwestern und ich erzogen wurden wenn ich so darüber nachdenke :denker: Viel positiv, wenig Druck wenn möglich aber eben auch mit klaren Spielregeln die zu befolgen nicht optional war.

  • Ja, genau die Dame hat mich bei Instagram auf eine leicht kritische Nachfrage dermaßen runtergemacht

    Und das finde ich ja immer spannend.

    Kann jetzt nur eine subjektive Empfindung sein, aber meiner Erfahrung nach reagiert die "rein positiv" Fraktion auf die eigenen Artgenossen überdurchschnittlich schnell und heftig aggressiv, wenn da Kritik oder Widerspruch erfolgt. Das kenne ich in der Breite weder von den "gemischten" Anwendern und auch nicht von den ewig gestrigen Zwangsausbildern.


    Definition im Grunde keine Strafe ist, wenn das Verhalten nicht eingestellt oder weniger wird.

    Das wundert mich jetzt schon.

    Strafe ist doch nicht nur dann eine Strafe wenn sie "erfolgreich" ist. Die Wegnahmen eines positiven Reizes oder die Zunahme eines negativen Reizes sind Strafe Kategorie 1 und 2. So habe ich das jedenfalls im Hinterkopf.

    Wenn eine Strafe im falschen Moment eintritt passiert es das kein Zusammenhang zwischen Reiz und Aktion entsteht. Dennoch ist die Strafe eine Strafe. So hab ich es jedenfalls mal gelernt.

    In der Definition der klassischen Lerntheorie ist es tatsächlich nur dann eine Strafe, wenn es sich auf die Häufigkeit des Verhaltens auch auswirkt. Tut es das nicht, ist es einfach nur das Zufügen eines aversiven Reizes (im Falle einer angedachten positiven Strafe). So wie ein Keks, einfach nur ein Keks ist und kein positiver Verstärker wenn sich dadurch das Verhalten nicht ändert.


    Ist im alltäglichen Sprachgebrauch etwas anders, aber in der Lernpsychologie ist es ohne Verhaltensänderung einfach nur draufhauen.

  • Das stimmt vermutlich mit unterschiedlichen Definitionen.


    Schlussendlich ist da aber Theorie und Praxis nicht enthalten. Wenn jeder Hundehalter es drauf hätte so zu strafen das das Tier weiß wofür die Strafe sein soll wäre das ja ziemlich genial. In der Realität ist das aber nicht so. Dafür hat der Autor dann vielleicht ein anderes Wort. Wohingegen andere das zusammenfassend (erfolgreiche Strafe und nicht erfolgreiche Strafe) zusammenlegen.


    Wenn ich also einen Rüden habe, der nachdem ich ihn mit einem Stock geschlagen habe bei nächsten Mal genauso ungebremst dem Reh hinterherfetzt, wäre das nach der Definition keine Strafe gewesen. Mein persönliches Empfinden und die Definition die ich damals gelernt habe würde das schon als Strafe deklarieren. Manchmal gibt es ja außerordentliche Reize die, das Bedenken von Strafen nicht enthalten eher reflexartig funktionieren.

    Aber das ist jetzt eher Definitionszerklauberei. In der Sache weiß man in der Regel schon was unter Strafe gemeint ist. Ich wollte es nur anmerken, mir ist aber durchaus klar das die andere Definition deshalb nicht ungültig ist. Jeder Wissenschaftler kann in seinen Werken eigene Definitionen aufstellen und sich an diesen orientieren. Das ist ja Sinn und Zweck der Verfassung.

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