Beitrag zu Gewalt in der Hundeerziehung bei "Tiere suchen ein Zuhause"

  • Reduziertes Erkundungsverhalten bzw. Hunde, denen jegliche Möglichkeit genommen wird, sich mit Problemen und der Umwelt überhaupt auseinanderzusetzen, die quasi nur auf die nächste Anweisung warten, sind für mich tatsächlich ein großer Kritikpunkt bei positivem Training, wenn das quasi das Ziel des Trainings wäre.

    Das ist für mich die Frage gewesen, setzt sich mein Hund mit dem Gegenstand, den er für einen Click und einen Keks anschaut, auseinander oder führt er einen Trick am Objekt aus. Einerseits heißt es, das negative Bild vom Objekt würde durch das Hinzufügen von etwas Schönem ins Gegenteil erklärt, andererseits, nee, man füttert auch immer die Erregung mit. Da kommt es sicherlich auf das Timing an, hier ist der Knackpunkt aber meine Ruhe und wenn ich etwas mache, dann ist da was dran, sagt mein Hund. Durch das Arbeiten am Gegenstand fokussiert sie sich ja dann auch auf mich. Geholfen hat mehr das sich auf eine Wiese setzen und das Geschehen um sich rum zu beobachten, nachdem sie vorher in einen ruhigen Zustand gebracht wurde, klingt jetzt blöd, aber darein gefunden hat, z.B. durch was Kauen

  • Ist vielleicht für jemanden, der Ahnung hat, von dem was er tut nicht komplex, in der Praxis sehe ich unter 0815 Hundehaltern aber nie ein korrektes Strafen. Wird nicht gescheit aufgebaut, wird nicht angekündigt, wird in falschen Momenten eingesetzt. Ich finde richtig Strafen nicht so offensichtlich easy, oft geschieht es einfach aus einer Emotion heraus.

  • Ich denke, dass man dem Hund durch viel Management und absolute Vermeidung von Strafen auch Freiheiten nimmt.

    Beispiel: Ole ist sowohl gerne mal ein bisschen aufdringlich bei anderen Hunden (da klebt die Nase dann im Hintern) als auch ressourcenaggressiv gegen andere Hunde. Management würde in dem Fall heißen, dass mein Hund schlicht und ergreifend gar keinen direkten Kontakt zu anderen Hunden mehr hat. Oder aber nur zu solchen, die sich deutlich gegen seine Übergriffigkeiten wehren. Und dann frage ich mich, warum ich maßregelnde Hunde untereinander völlig in Ordnung finde und mein Hund aber von einer knackigen Korrektur meinerseits nachhaltig verstört sein soll. Mit dem Wissen, dass sein Unsinn einfach nicht geduldet wird, kann er sich nämlich durchaus benehmen. Er ist dann auch vom Kopf her viel mehr “da”.

    Und, aber das ist jetzt rein subjektiv: Ich sehe/lese hier oft, wie Halter mit unkastrierten Rüden in der Junghundezeit komplett verzweifeln, wenn der Hund wenig “dein Verhalten ist keine Option” erfährt. Wenn dann letztendlich kastriert wird, ist das für mich auch nicht gewaltfrei.


    Was ich sehr gut finde beim rein positiven Training, ist, dass so extrem viel auf Ursachen und Bedürfnisse eingegangen wird. Aber das sollte ja eigentlich immer so sein.

  • In meinen Augen ist korrektes Strafen ziemlich komplex

    Nö, ist es eigentlich nicht. Das wird aber von Extremlern gerne so publiziert.

    Na ja, da kann man sich jetzt wahrscheinlich drüber streiten, deswegen habe ich auch "in meinen Augen" geschrieben.


    Ich finde es schon nicht ganz easy, die Strafe jedes Mal, wenn das Verhalten gezeigt wird, in genau dem richtigen Moment, in der richtigen Intensität abzuliefern. Wenn es fair sein soll, muss ich die Strafe ankündigen, der Hund muss sein Verhalten ändern können - wie stelle ich sicher, dass der Hund die Strafe nicht trotzdem in Kauf nimmt, wenn die Alternative Jagen, in Kacke wälzen, weggeworfenes Schulbrot fressen, Hündin bezirzen ist? Bzw. wie massiv muss dann ggf. die zu erwartende Strafe sein?

  • Ich bin zwar nicht gefragt, aber mische mich trotzdem mal ein |)


    Klar hat man schlechte Tage. Der Hund übrigens auch.

    Aber der positive Umgang mit dem Hund muss da nicht zwangsläufig schwächeln.

    Man muss lernen das zu erkennen und dementsprechend vorausschauend zu handeln.

    Bsp: Ich hab Migräne. An solchen Tage habe ich nicht wie andere eine kurze Zündschnur, ich habe gar keine Zündschnur mehr. Und vor allem keine Konzentration. Das bedeutet ich mute weder mir noch dem Hund zu eine "lange" Runde zu laufen und ganz sicher leine ich den Hund nicht ab. Kurze Leine und zack zack um den Block. Dann gerne fünfmal am Tag damit der Hund sich ausreichend lösen kann.

    Ich vermeide es also in Situationen zu geraten die Konflikte bedeuten. Die kann ich an solchen Tagen nicht gut lösen.

    Damit bin ich dem Hund ggnüber fairer.


    Anderes Bsp: Meine Jagdhündin läuft sehr viel frei. Durch Training alles kein Thema. Trotzdem komme ich nicht auf Idee sie in der Abenddämmerung auf der Hasenwiese abzuleinen. Der Reiz ist zu groß und ich hab keine Lust zu managen. Hund bleibt also chill an der Leine und ich bin chilled weil ich gemütlich spazieren kann.


    Es geht darum einen Hund nicht in Situationen zu schicken, die der Hund nicht meistern kann, damit mir das Management (situative Überforderung) erspart bleibt und ich nicht unfair werden muss.


    Zu deinem Bsp mit den anderen Hunden:

    Auch hier wieder vorausschauend handeln. Hund entweder nicht ableinen oder kurzfristig anleinen bei Hundebegegnungen.

    Parallel (andere Zeit, anderer Ort) Impulskontrolle trainieren. Wenn die fruchtet, kontrollierte Begegnungen, bis es verinnerlicht ist.

  • Ich finde es schon nicht ganz easy, die Strafe jedes Mal, wenn das Verhalten gezeigt wird, in genau dem richtigen Moment, in der richtigen Intensität abzuliefern. Wenn es fair sein soll, muss ich die Strafe ankündigen, der Hund muss sein Verhalten ändern können - wie stelle ich sicher, dass der Hund die Strafe nicht trotzdem in Kauf nimmt, wenn die Alternative Jagen, in Kacke wälzen, weggeworfenes Schulbrot fressen, Hündin bezirzen ist? Bzw. wie massiv muss dann ggf. die zu erwartende Strafe sein?

    Ja, genau das wird immer angeführt als Argument der Strafgegner. Keinen Trainingsaufbau, keine Struktur, sondern in der Situation auf die Fresse kloppen.


    Es gibt auch Menschen, die das mit dem richtigen Aufbau können und sich in Mittelfeld bewegen. Die sollte man sich als Beispiel vor Augen führen.


    (Ich muss immer wieder schmunzeln: Hundeführerscheinprüfung in meiner Hundeschule. Prüferin ist auch eine Verfechterin von "Bloß niemals strafen, da werden alle Hunde traumatisiert von!" Irgendwann wurde der Abbruch abgeprüft. Sechs Teilnehmer. Alle Hunde zeigten ihn perfekt. Die Prüferin kommt mir strahlend entgegen und erzählt mir, wie toll doch rein positives Training sei, das würde man ja hier sehen. Ich habe sie nicht aufgeklärt. Denn sie möchte gar nicht wissen wie man über Strafe so was so aufbaut, dass der Hund tatsächlich keinen Stress mit dem Kommando hat. Aber so viel zum Thema, das sind alles so warme kleine traumatisiert Würstchen ...)

  • Ole ist sowohl gerne mal ein bisschen aufdringlich bei anderen Hunden (da klebt die Nase dann im Hintern) als auch ressourcenaggressiv gegen andere Hunde. Management würde in dem Fall heißen, dass mein Hund schlicht und ergreifend gar keinen direkten Kontakt zu anderen Hunden mehr hat. Oder aber nur zu solchen, die sich deutlich gegen seine Übergriffigkeiten wehren. Und dann frage ich mich, warum ich maßregelnde Hunde untereinander völlig in Ordnung finde und mein Hund aber von einer knackigen Korrektur meinerseits nachhaltig verstört sein soll. Mit dem Wissen, dass sein Unsinn einfach nicht geduldet wird, kann er sich nämlich durchaus benehmen. Er ist dann auch vom Kopf her viel mehr “da”.

    Ich nehme das jetzt nur als Beispiel, das muss bei dir nicht so sein.


    Nur dieser Kontext ist z.B. einer, in dem ich persönlich positive Strafe und hemmen von Verhalten sogar gefährlich finde. Der Hund hat das Problem z.B. mit der Aufregung im Hundekontakt und der Sorge um den Verlust von Ressourcen doch weiterhin, daran verbessern doch auch Maßregelungen seitens anderer Hunde oder des Halters nichts. Eher schwelt der Konflikt weiter und entlädt sich dann beim nächsten Mal oder an anderer Stelle, vielleicht umso heftiger.


    Management könnte für mich in dem Kontext auch heißen, dass ich erstmal auf Abstand zu den anderen Hunden bleibe. Und dann könnte ich trainieren, dass die Anwesenheit dieser anderen Hunde eigentlich ganz cool ist, dass nix aufregendes passiert, dass sich ruhiges Verhalten lohnt, etc.

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