Erziehungsphilosophie - nach welchen Grundsätzen erziehe ich meinen Hund und warum.

  • Da hast Du eine andere Definition von Dominanz als ich - ich orientiere mich da wirklich an der Wortherkunft. Die für mich auch den enthaltenen ideologischen Anteil erklärt.


    Den Vergleich mit verwilderten Haushunde- oder Wolfsrudeln ziehe ich, ehrlich gesagt, wenig. Forschungsergebnisse dazu - sofern sie nicht hoffnungslos anthropozentrisch interpretiert sind - nutze ich gerne, wenn sie mir zu Erkenntnisse übers Verhalten von Hunden verhelfen. Aber das soziale Gefüge ist doch sehr unterschiedlich.


    Der Interpretation, dass das dominante Tier Gebieter und Verteiler der Ressourcen ist (außer im alimentärem fürsorglichem Bereich), würde ich im Canidenverband welcher Art auch immer z. B. nicht zustimmen.

  • Ich erziehe Donna eigentlich so wie meine Kinder früher :

    mit Liebe und Verantwortungsgefühl, Respekt und Verständnis für ihre Bedürfnisse und ihre Persönlichkeit, viel Humor, aber auch mit Konsequenz und Grenzen setzen.

    Bei mir war es eher umgekehrt. :hust:

    Zuerst habe ich meine Schäferhunde zu meiner Zufriedenheit erzogen, dann meinen Sohn ziemlich ähnlich und dann die Dackel auch wieder so.

    Hat bei allen wunderbar funktioniert.

    Ich habe auch alle mit Liebe, Verständnis, Respekt und vor allem Konsequenz und klaren Regeln erzogen, bei den Dackeln musste ich mir allerdings zusätzlich noch eine große Portion Humor aneignen.

  • Bei Feddersen- Petersen wird Dominanz rein situativ verwendet. A reguliert B in einer bestimmten Situation und da ist A dominant. B kann auch in bestimmten Situationen dominant ggü. A sein. Da ist Dominanz nicht statisch, aber wenn A in - sagen wir mal- 80% der Situationen dominiert, würde ich diesen halt insgesamt als den dominanten Part bezeichnen. Oft ist es dem dominanten Part in bestimmten Situationen halt auch gar nicht wichtig, sich durchzusetzen.

    Auf die Mensch- Hund- Beziehung übertragen heißt das, mir ist einfach wurscht, ob Kaya zuerst aus der Tür geht, sich auf dem leeren Sofa ausbreitet, was sie drinnen mit ihren Spielis anstellt usw.

    Tatsache ist aber, ich könnte und kann mich in jeder dieser Situationen durchsetzen und z.B. bestimmen, dass ich immer zuerst aus der Tür gehe, wenn mir das wichtig wäre.

    Aber was mir natürlich auch wichtig ist, dass wir uns in diesem Rahmen beide in der Beziehung wohlfühlen und ich sehe keinen Sinn darin, dem Hund ständig irgendwelche komischen Vorschriften zu machen.

  • Der Interpretation, dass das dominante Tier Gebieter und Verteiler der Ressourcen ist (außer im alimentärem fürsorglichem Bereich), würde ich im Canidenverband welcher Art auch immer z. B. nicht zustimmen.

    Das finde ich spannend, darf ich dich fragen inwiefern du dem nicht zustimmst?


    Die Eltern eines Wolfrudels bestimmen darüber, wo das Territorium liegt, was und wo gejagt wird (und teilen zumindest bei den Welpen Futter zu indem sie es ihnen bringen und hochwürgen), wer sich fortpflanzen darf und wer nicht etc. Ist das nicht ein Verfügen über Ressourcen? Oder meintest du das mit dem alimentär-fürsorglichen Bereich?

  • In der Literatur, die ich kenne, ist Dominanz nicht situativ, sondern beschreibt Beziehungen.

    Dabei ist der dominante Part dann aber nicht der allumfassende Gebieter und auch nicht zwangsläufig der Stärkste, sondern meistens der Ältere, der klügere Entscheidungen trifft. Zum Beispiel hier:

    https://academic.oup.com/beheco/article/28/4/1004/3743771

    So gesehen könnte ich für mich durchaus den Dominanzbegriff nutzen für mich und meine Hunde. Ich führe über kluge Entscheidungen, nicht über körperliche Maßregelungen.

    Im Alltag nutze ich den Begriff aber nicht, weil er eben so verbrannt ist und es normalerweise auch nicht nötig ist.


    Meine Philosophie, puh. Ich folge auf jeden Fall schonmal keinem einzelnen Trainer und keiner irgendwo beschriebenen Trainingsphilosophie.

    Ich sehe es in meiner Verantwortung, für das Dolmetschen zwischen den Hunden und der Menschenwelt hauptsächlich verantwortlich zu sein. Ich muss es schaffen, dass sie verstehen, wie man stressfrei durch die Welt kommt. Wie genau ich das erkläre ist situativ und je nach Hund sehr unterschiedlich. Vieles lebe ich vor (zB indem ich keine Angst zeige, wenn meine Hunde irgendwas komisch finden oder indem ich den Besitzer des pöbelnden Fremdhundes trotzdem nett begrüße). Ich schaffe außerdem möglichst Rahmenbedingungen, in denen meine Hunde meine Regeln auch befolgen können (Abruf funktioniert unter Ablenkung x noch nicht? dann gibts keinen Freilauf, wenn Ablenkung x wahrscheinlich ist). Ansonsten erziehe ich über viel Lob, auch Leckerlies und Spiel. Und setze Grenzen dann, wenn sonst ich oder andere Menschen oder Hunde belästigt werden würden.

  • Bei Feddersen- Petersen wird Dominanz rein situativ verwendet. A reguliert B in einer bestimmten Situation und da ist A dominant. B kann auch in bestimmten Situationen dominant ggü. A sein. Da ist Dominanz nicht statisch, aber wenn A in - sagen wir mal- 80% der Situationen dominiert, würde ich diesen halt insgesamt als den dominanten Part bezeichnen. Oft ist es dem dominanten Part in bestimmten Situationen halt auch gar nicht wichtig, sich durchzusetzen.

    Auf die Mensch- Hund- Beziehung übertragen heißt das, mir ist einfach wurscht, ob Kaya zuerst aus der Tür geht, sich auf dem leeren Sofa ausbreitet, was sie drinnen mit ihren Spielis anstellt usw.

    Tatsache ist aber, ich könnte und kann mich in jeder dieser Situationen durchsetzen und z.B. bestimmen, dass ich immer zuerst aus der Tür gehe, wenn mir das wichtig wäre.

    Aber was mir natürlich auch wichtig ist, dass wir uns in diesem Rahmen beide in der Beziehung wohlfühlen und ich sehe keinen Sinn darin, dem Hund ständig irgendwelche komischen Vorschriften zu machen.

    Ja so ähnlich sehe ich das auch. Und bin ein ziemlicher Fan von Feddersen-Petersen 😊

  • Verstehe ich :smile: Aber aus meiner Sicht erklärt das, was ich beschrieben habe, warum der Begriff etwas „verbrannt“ ist bzw. aus dem Dominanzbegriff alter Schule gerne gruselige „Machtspielchen“ entstehen. So würde ich es sehen:


    Stellt ein Hund aus Sicht des Hundeführers die „Führung“ in Frage, dann hinterfragt er die Handlungen. Stellt er aus Sicht des Hundeführers die „Dominanz“ in Frage, dann hinterfragt er die Person. Und Letzteres führt meiner Erfahrung nach schneller, unmittelbarer zu Reaktion wie Wut, Ärger, (narzisstischem) Gekränktsein und so Sätzen wie „Dem muss man mal zeigen, wer hier der Herr im Haus ist.“ Ich ziehe Ersteres vor, weil es mir ein breiteres Reaktionsspektrum erlaubt.

    Ich denke, eine Person, die aufgrund einer narzisstischen Kränkung ihre Wut an dem Hund auslässt, hat ein ganz anderes Problem als die Definition des Dominanzbegriffes.

    Der Hund kann mich als Person nicht kränken, weil ihm das Konzept der bewussten Kränkung gar nicht vertraut ist. Er tut halt, was er meint in der Situation tun zu können oder zu müssen. Und wenn er z. B. meint, trotz meines ausdrücklichen Verbots hinzugehen und Nachbars Fiffi Hallo sagen zu müssen, dann bin ich nicht gekränkt, sondern frage mich, woran diese Ignoranz ggü. meiner Anordnung liegen könnte. Da suche ich den Fehler nicht primär beim Hund. Außer ich komme zu dem Schluss, dass Hund in dem Moment halt einfach seinen Willen durchsetzen wollte. Dann riskiert er einen heftigen Anschiss.

  • Der Interpretation, dass das dominante Tier Gebieter und Verteiler der Ressourcen ist (außer im alimentärem fürsorglichem Bereich), würde ich im Canidenverband welcher Art auch immer z. B. nicht zustimmen.

    Das finde ich spannend, darf ich dich fragen inwiefern du dem nicht zustimmst?


    Die Eltern eines Wolfrudels bestimmen darüber, wo das Territorium liegt, was und wo gejagt wird (und teilen zumindest bei den Welpen Futter zu indem sie es ihnen bringen und hochwürgen), wer sich fortpflanzen darf und wer nicht etc. Ist das nicht ein Verfügen über Ressourcen? Oder meintest du das mit dem alimentär-fürsorglichen Bereich?

    Die Welpen- und Junghundfürsorge, ja. Soweit vorhanden auch die Fürsorge bei Krankheit/Schwäche.


    Bei der „Bestimmung über das Territorium“ und der „Entscheidung darüber, was gejagt werden darf“ gehe ich erstmal schon nicht d‘accord damit, dass die Elterntiere das „alleine bestimmen.“ Sicher haben sie die Entscheidung, wo sie sich niederlassen. Hier spielt aber sicher der Erfahrungsvorsprung der Elterntiere eine riesige Rolle, die daraus gewonnene Befähigung, besser einzuschätzen, welche Umgebung vielversprechend ist und welche Jagd die aufgebrachte Energie lohnen würde (was recht analog zu dem ist, was ich unter Führung verstehe). Dass die vorhandenen Kompetenzen und Erfahrungen anderer Mitglieder im Verband nicht in die Entscheidung mit einfließen, bezweifle ich und es wird meines Wissens nach auch nicht so durch die aktuelle Forschung zweifelsfrei nachgewiesen. Rein verhaltensbiologisch betrachtet wäre es Verschwendung.


    Außerdem: Der ganze Begriff der Ressource ist mir für meinen Geschmack zu anthropozentrisch geprägt. (Ansichten über) Besitzverhältnisse in der extrem fixierten und mit tausenderlei Ritualen umgebenen Weise, wie wir Menschen sie kultivieren, haben mWn im Tierreich keine Entsprechung. Sie prägen aber unsere Vorstellungen über alles, was mit Besitz zu tun hat.


    Da ich mir von diesem Vergleich keinen Mehrwert für unsere Situation hier erhoffe (hier gibts keine Ressourcenknappheit, ein sicherer Aufenthaltsort ist vorhanden), nutze ich ihn deshalb bei der Ausbildung auch nicht.

  • Ich denke, eine Person, die aufgrund einer narzisstischen Kränkung ihre Wut an dem Hund auslässt, hat ein ganz anderes Problem als die Definition des Dominanzbegriffes.

    Der Hund kann mich als Person nicht kränken, weil ihm das Konzept der bewussten Kränkung gar nicht vertraut ist.

    Rein logisch: Ja. So funktioniert Sprache aber nicht. Die Frage war ja, weshalb der Begriff so verbrannt ist (Verwendung im fest definierten forscherichem Kontext mal ausgenommen).


    Rein sprachlich ist Dominanz eine Eigenschaft, mit der ein Status verknüpft ist (wie ist jemand). Führung eine Handlung, mit der man einen Status verarbeitet (was tut jemand - erstmal zumindest, es sei denn, der Begriff wird für bereits institutionalisierte Gruppen angewandt).


    Von daher ist die Wirkung davon, das hinterfragt zu sehen, unterschiedlich. Vergleichbar mit der Frage: „Hast Du da was falsch gemacht“ versus „Bist Du zu schwach/doof dafür.“


  • Ich stimme dir zu, dass wir Menschen mit unserem Besitzdenken da schon sehr schnell auch in diese Richtung urteilen. Mit dem Thema Besitz ist auch unser Denken über Dominanz verbunden.


    Was ich mich aber in diesem Zusammenhang frage - ist aus der Sicht des Hundes tatsächlich keine Ressourcenknappheit da? Da der Hund ja z.B. nicht bestimmt und nicht weiß was, ob und wann er essen wird, erscheint einem Hund da nicht die Ressource „Futter“ als knapp? (Klar dass Hunde das nicht so in Worten ausdrücken können, aber wenn ich so an „ressourcenverteidigende“ Hunde denke, die es z.B. auf den Tierheimseiten zuhauf zu geben scheint…)

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