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Ok. Mal andersrum - ich schildere mal, wie das bei uns war. Als unsere bulgarische Hündin einzog, saß sie die ersten Wochen vorwiegend erbärmlich zitternd vor der Wohnungstür. Wenn sie sich in Ecken versteckt hat, war das schon ein Fortschritt. Wir haben ihr das ausgepolstert, wo sie gewesen ist. Die ersten 3 Tage hat sie trotzdem unterkühlt auf dem nackigen Boden geschlafen, weil sie sich nicht auf eine Decke getraut hat. Stubenrein war sie nicht, hat auch locker 5 Monate gedauert. Trotz Sitzens vor der Wohnungstür wollte sie nicht raus. Kontakt hat sie nach der ersten Schreckstarre erstmal gar nicht gesucht.
In den folgenden Wochen hat sie dann so nach und nach zaghaft andere Strategien ausprobiert. Viel hatte sie nicht im Portfolio, sie hat einen leichten Deprivationsschaden. Dazu gehörte auch Drohen bis hin zum Abschnappen beim Anleinen, um sich das lästige Gassi vom Hals zu halten. Nachdem sie sich mir schon recht eng angeschlossen hatte, ist mein Mann verbellt worden und bekam gedroht, wenn er nachts nochmal mit ihr rauswollte (wir arbeiten wegen der Hunde zeitlich versetzt, er steht zweieinhalb Stunden später auf als ich und ist fürs Nachtgassi zuständig).
Ihr ganzes Verhalten hat sich verändert und entwickelt und verändert und entwickelt sich noch. Zumindest ich wusste halt, was auf uns zukommt und habe deshalb auch nicht in Tagen oder Wochen, sondern in Monaten bis Jahren gerechnet. Von Anfang an. Und gar nicht erwartet, dass sie tatsächlich so viel erreicht, wie mittlerweile da ist.
Und die fürchterliche Angst am Anfang: So schlimm das auch anzusehen war, wir haben es akzeptiert. Sie war so, wie sie war. Sie hat ihre eigene Geschichten mitgebracht und ihre eigenen Strategien. Dass es hier andere Strategien gibt, die viel besser für sie funktionieren, dass musste sie erstmal erkennen. Alleine das dauert schon. Und dann musste sie verstehen lernen, was wir von ihr möchten. Und wir mussten lernen, es ihr zu vermitteln.
Sprich: Jeder hat so ein wenig die Sprache vom Anderen gelernt. Und dann musste sie lernen und wir ihr vermitteln, dass es sich für sie lohnt, ihr Verhalten anzupassen. Sie hat gelernt, dass sie es kann. Dass sie auch Neues ausprobieren kann. Wir haben gelernt, ihre Grenzen dabei zu beachten und sie nicht zu überfordern. Und dass wir erstmal nichts als fest gegeben voraussetzen dürfen. Dass sie uns immer wieder überraschen kann. Wie wir auch sie Nach einem Jahr hat sie z. B. auch angefangen, unsere Grundstücksgrenzen verteidigen zu wollen.
Das Kennen- und Verstehenlernen war ein Prozess. Und klar gibts da Fehler und Missverständnisse. Und Rückschläge.
Mir hat in den schwierigen Phasen das Wissen sehr geholfen, dass es nicht so bleibt. Dass es gerade nun so ist, wie es ist. Und das ist ok, man kann aus einem Hund mit Vorgeschichte kein unbeschriebenes Blatt machen. Und es ist ja auch spannend, einen anderen ganz eigenen Charakter kennen zu lernen, seine eigenen Erwartungen anzupassen und zu schauen, was vom Anderen kommt
Das, zu sehen, was man in Zukunft gerne hätte und wegen der Diskrepanz zur Gegenwart zu befürchten und betrauern, dass alles ganz anders sein wird, als man sich vorgestellt hat: Das macht mutlos und niedergeschlagen. Der Fokus sollte in der Gegenwart liegen und auf den nächsten kleineren Schritten. Zumindest, so lange Ihr noch so am Anfang seid.
Ruhe, Struktur und enge Führung sind ein guter Weg Und den Alltag mit vielen kleinen Entspannungsoasen (Gummibärchen, Schokolade, Flips, Tee, nette Serien, Entspannungsbad …) weiterleben und nicht alles um den Hund drehen zu lassen. Und Euch nicht zu fragen, wie lange ihr noch „strukturieren müsst“, sondern es einfach zu tun, bis es anders geht. Druck rausnehmen, indem der Fokus von der Zukunft genommen wird Sondern schauen, was jetzt geht und was jetzt gut ist.
Was stresst denn gerade so am Zusammenleben in der Zukunft?
Ach ja, zu draußen: Lilly ist beim kleinsten Reiz in Paniktunnel verfallen und an der Leine so in den Fluchtmodus geraten, dass sie sich buchstäblich die Ballen am Asphalt abgeschürft hat. Sah aus wie Speedy Gonzales. Nur nicht witzig. Da war nix zu korrigieren, umzuleiten oder zu regulieren - no chance. In der ersten Zeit gings nur darum, sie zu sichern, uns und ihr den permanenten Ruck und Zug so angenehm wie möglich zu machen und ruhig zu bleiben, auch wenn man schon den Muskelfaserriss im Kommen spürte. Und auf den Moment zu warten, an dem man einhaken kann. Die Fenster zu finden, in den etwas entspannteres Laufen möglich ist. Und zu warten, dass Vertrauen ineinander wächst und Sicherheit und Stabilität ihre Wirkung tun. Auch das braucht vor allem Zeit, Geduld und den Fokus auf die nächsten möglichen Schritte.
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Hi
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Wow, vielen Dank für die Schilderung. Das klingt anstrengend und hart und es ist super toll, dass ihr das durchgestanden habt.
Dagegen sind unsere "Probleme" ja echt ein Witz und es ist schon fast peinlich hier darüber zu schreiben, wo andere SOWAS bewältigt haben. Für mich aktuell ist es aber auch in der Situation, die wir haben, anstrengend.
Was stresst denn gerade so am Zusammenleben in der Zukunft?
Naja, also momentan ist die Stimmung irgendwie schlecht, weil es sich zumindest subjektiv für mich (und meinen Mann) so anfühlt, als würde der Hund statt zu entspannen und Vertrauen zu uns zu fassen sich im Gegenteil immer weiter von uns zurückziehen und im Umgang mit uns immer angespannter werden. Rein Quantitativ haben wir auch mehr Knurren und Schnappen drin als vor einigen Tagen also weiß ich nicht, ob das wirklich "nur" ein Gefühl ist.
Dabei haben wir nun wirklich alles so krass runtergefahren, damit er Ruhe bekommt, sodass wir bei den Stellschrauben in der Hinsicht jetzt wirklich am Ende der Möglichkeiten sind. Oben hatte ich ja schon geschrieben, wie unser Tag gerade abläuft: 2 Mal am Tag Gassi, 1 Mal kurz raus pinkeln. Anfassen seit meinem ersten Post und den Reaktionen darauf wirklich NUR noch dann, wenn der Hund den Körperkontakt zuerst herstellt (außer beim Geschirr anziehen, klar). Was eben dann manchmal bedeutet den ganzen Tag gar nicht, aber wenn er das so will, akzeptieren wir das. Wenn er kommt und Schatten spielt, also uns bei jedem Schritt in der Wohnung hinterher läuft und nicht zur Ruhe kommt, führen wir ihn ganz ruhig und freundlich an der Hausleine und unaufgeregt ohne viel Trara einfach zurück auf seinen Platz und entfernen uns umgehend wieder, wenn er sich hinlegt. Das wird ja so ziemlich in jedem Buch/Blog/Video zum Thema empfohlen. Wir achten jetzt auch wirklich sehr darauf, ihn durch unsere Körpersprache nicht zu bedrängen oder einzuengen. Wenn er liegt, schauen wir möglichst nicht hin, damit er sich nicht ständig von uns beobachtet fühlt. Im Prinzip machen wir einfach so "unser Ding" und der Hund wird komplett in Ruhe gelassen.
So, nun müsste er nach allem, was ich so an Wissen über TS-Hunde gesammelt habe, ja mehr zur Ruhe kommen und sich entspannen. Es wirkt auf mich aber so als wäre er zunehmend frustriert und unsicher und ich weiß nicht, was wir noch machen können, um ihm Ruhe zu geben.
In den letzten 2 Tagen muckt er immer total auf, wenn ich allein mit ihm Spazieren bin. Er springt dann ganz plötzlich und für mich absolut grundlos in die Leine, zwickt mir in die Stiefel, knurrt. Ich korrigiere das mit einem kurzen Wort und führe ihn dann enger und versuche es sonst zu ignorieren, aber oft dreht er dann richtig hoch und ich muss das Verhalten auf dem einzigen mir gerade möglichen Weg abbrechen, indem ich sofort den Heimweg antrete. Er steht jetzt auch total häufig im Flur und starrt uns von Weitem an und sieht dabei einfach nur gestresst aus, hechelt manchmal sogar. Im selben Raum mit uns mag er immer seltener bleiben. Ist ja okay, wenn er das so empfindet, aber ich habe irgendwie das Gefühl er will nur noch weg von uns und ich weiß nicht, warum das so gekippt ist, nachdem die ersten Tage eigentlich so gut liefen. Seine ganze Körpersprache drückt inzwischen nur noch Unbehagen aus. Gar kein Vergleich zu den ersten ca. 10 Tagen in denen er gewedelt hat, die Ohren gestellt, uns offen angeschaut und "gelacht" (ja, ich weiß, dass Hunde nicht lachen, aber ihr wisst schon) und so weiter. Jetzt steht/liegt er meist mit gesenkter Rute, zurückgelegten Ohren und gesenktem Kopf in der Gegend rum und schielt und aus dem Augenwinkel an.
Ich bin gestern über meinen Schatten gesprungen und habe eine Bekannte von mir kontaktiert die Hundetrainerin ist. Wir hatten in der Vergangenheit persönliche Differenzen (die nichts mit Hunden zu tun hatten) und ich wollte sie eigentlich nicht um Hilfe bitten. Sie wohnt eh sehr weit weg, aber sie hat sich bereit erklärt, heute Abend mit mir zu telefonieren. Ich habe ihr Videos von uns geschickt und eine längere Sprachnachricht, in der ich erkläre, was mir Bauchschmerzen macht. Ich bin gespannt, was sie zur Situation sagt und ob sie Tipps hat, denn momentan ist es wirklich belastend für uns alle 3.
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(Ich schreibe gleich noch weiter, muss leider kurz weg. 🙈)
So, Entschuldigung! Ich bin gestern doch nicht mehr dazu gekommen. 😅
Wie auch immer, auf jeden Fall hat Luna mir nach gut 3 Wochen gezeigt, dass sie andere Menschen prinzipiell erstmal total blöd findet und nicht in ihrer Nähe haben mag. Dass sie meinen Freund so angegangen ist hat mich erstmal total geschockt, muss ich ehrlicherweise sagen. Ich habe mir daraufhin einen Termin mit einer Trainerin gemacht, der mir zwar etwas weitergeholfen hat, aber irgendwie auch nicht. 😄 Sie hat Luna nochmal eingeschätzt und mir ein paar Tipps zum generellen Umgang gegeben, das war sehr hilfreich! Aber bezüglich des Problems mit dem Besucher anknurren/anbellen meinte sie, dass ich eine Hausleine an Luna machen soll und wenn jemand reinkommt, dann soll ich sie neben mich nehmen, mich auf die Leine stellen und sie so lange bellen lassen, bis sie sich beruhigt. Mit dem Besuch soll ich mich so lange einfach normal unterhalten und Luna weitestgehend ignorieren. (Wir hatten nicht ständig Besuch da, aber wir leben in einem Mehrgenerationenhaus und da kommt dann ab und zu schonmal jemand aus der Familie rein. Luna hat am Anfang eigentlich nur mich akzeptiert, alle anderen fand sie unnötig. 😬)
Gut, also Hausleine dran und so ausprobiert. Hat ehrlich gesagt nicht wirklich gut geklappt und ich hab mich auch nicht gut damit gefühlt, Luna einer Situation auszusetzen in der sie sich nicht wohlfühlen, was sie ja auch deutlich mitteilte und sie dann zu ignorieren. Kann gut sein, dass das bei anderen Hunden gut klappt, mein Weg war es jedenfalls nicht. Wie gesagt war Luna zu dem Zeitpunkt auch gerade mal 3 Wochen da. Also Familie gebeten die Besuche zu reduzieren und erstmal im Garten versucht ein Grundvertrauen aufzubauen. Sprich die anderen Familienmitglieder haben es Leckerchen regnen lassen. Kein Locken, kein Rufen, einfach ab und zu Leckerchen fallen lassen und Luna konnte entscheiden ob sie dann nehmen möchte. Hat sehr gut geklappt, meine Mutter hat sie dadurch innerhalb von 2 Wochen sehr lieb gewonnen und die darf die Wohnung nun betreten und verlassen, wie sie möchte. 😁
Teilweise haben sich auch wirklich viele "Probleme" von alleine wieder gelegt, nachdem Luna gemerkt hat, dass sie mir vertrauen kann. Ich würde mich also in der Anfangszeit wirklich nicht zu sehr stressen und bei jeder Sache denken "Das muss ich sofort trainieren, sonst verfestigt sich das Verhalten und man wird es nie wieder los." Habe ich anfangs nämlich gedacht und wollte so schnell wie möglich alles Grundlegende trainieren, habe aber gemerkt, dass man mit Geduld, Spaß und im eigenen Tempo ausprobieren und Vertrauen aufbauen vieeeel weiter kommt.
Und bezüglich des in der Wohnung Hinterherlaufens: Da müsst ihr natürlich wissen, wie ihr euch am wohlsten fühlt, aber ich habe Luna das anfangs erlaubt. Sie kannte mich ja noch gar nicht und ähnlich wie ich sie viel beobachtet habe (natürlich nicht angestarrt oder sowas, aber man lernt sich halt kennen und schaut ja nach den Eigenarten des neuen Hundes), durfte sie mich und meine Verhaltensweisen auch beobachten. Würde sie das immer noch ständig machen, würde ich es mittlerweile unterbinden. Aber in der Anfangszeit habe ich ihr das erlaubt, sie dabei aber nicht großartig beachtet und irgendwann hat sich das von alleine gelegt. Die Hunde checken auch irgendwann "ah der Mensch geht schon wieder in die Küche und macht Kaffee. Langweilig. Lohnt sich gar nicht mitzukommen."
Ich weiß wirklich wie man sich fühlt in der Anfangszeit und dass alles so viel Input ist und es 1000 verschiedene Möglichkeiten gibt etc. Aber ich finde, wenn man hier im DF einige Themen einfach mal querliest (zB diesen: Schönes und Schweres - zeigt Eure Rumänen) nimmt man so viel mit und kann dann nach Bauchgefühl entscheiden, was zu einem selbst und dem eigenen Hund am besten passt! Hab einfach viel Geduld und Spaß daran ein Team zu werden!
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Ich finde das gut, dass Du bei der Trainerin über Deinen Schatten gesprungen bist Und ich glaube, für uns war die Zeit bei Weitem weniger stressig als jetzt für Euch. Denn wir wussten im Vorfeld, auf was wir uns einlassen.
Was Dich stresst sind enttäuschte Erwartungen und der daraus resultierende Frust. Und die Befürchtung, dass die auch in Zukunft enttäuscht werden und die Beziehung frustrierend ist. Und das kannst Du (und Dein Partner) nur an einer Stelle abstellen: An Deinen Erwartungen.
Ihr seid mit Eurem Hund noch nicht in einer Phase, in der ihr Schritt für Schritt mit einem klaren Ziel vor Augen vorwärts darauf zu geht. Dafür fehlt Euch und ihm noch völlig das Rüstzeug, Ihr kennt einander ja noch gar nicht. Kein Vorwurf. Das ist ganz normal. Er ist hier fremd, für ihn ist alles neu. Und Ihr hattet es, wenn ich Dich richtig verstanden hatte, noch nicht mit einem Hund zu tun, der für ganz andere Lebensverhältnisse sozialisiert wurde, als er bei Euch vorfindet.
Damit er was lernen kann, muss er erstmal bei Euch ankommen. Im Augenblick geht das rein vom Metabolismus her schon nicht. Und auch für Euch ist das was Neues. Und erst, wenn sich diese Basis gebildet hat, dann könnt Ihr „Planschritte“ machen. Momentan stochern alle noch etwas im Nebel Und er macht keine Rückschritte. Er zeigt einfach nach und nach, was alles in ihm steckt.
Beobachtet ihn, lasst ihm und Euch Zeit, einander kennen zu lernen und bleibt flexibel in Euren Strategien. Ein Lehrbuch kann nur Anregungen geben, keine Anleitung für den kompletten Hund. Je mehr Möglichkeiten Ihr in Eurem Portfolio habt umso besser. Dann könnt Ihr ausprobieren, was funktioniert und was nicht.
Zum Kontakt nochmal: Für den Hund ist es vermutlich neu, 24/7 als Einzelhund in einem ungeklärten sozialen Gefüge unter beengte; räumlichen Verhältnissen zu leben. Das ist auch Stress. Wenn er gerade mehr Ruhe und „Unangetastetheit“ für sich einfordert, dann kann das durchaus als „Fortschritt“ gesehen werden Siehe die Beiträge zum Körperkontakt.
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mal ne ganz blöde Frage aber wann hat der kerl mal Gelegenheit sich ohne Einschränkungen zu bewegen und mal die Sau raus zu lassen.
Programm reduzieren ist ja gut und schön aber der Hund macht ja gar nichts mehr. Sein ganzes Leben steht Kopf und jetzt wird er körperlich wie geistig auf Standby gestellt. Ich stell mir vor dass das auch wie beim Menschen ist, gesund aktiv und eingesperrt ohne Kommunikationsmöglichkeiten zu Artgenossen. Einzelhaft! das ist nicht umsonst ein Folterwerkzeug. Da dreht man irgendwann einfach durch.
Gibt es irgendwie eine Möglichkeit dass ihr regelmäßig mal eine große Runde durch die Wallachei drehen könnt ohne dort auf Menschen oder andere Hunde in Masse zu treffen? Vielleicht noch einen souveränen Althund dazu und einfach mal laufen und den Kopf frei kriegen.
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Wenn es mit angeblich guten Maßnahmen so viel schlechter wird, sind sie schlicht verkehrt.
Auf den Platz zurückbringen ist auch ein Zeichen von ich will dich nicht bei mir haben, jetzt kann es gut sein, dass er nicht mehr weiß, ob ihr ihn überhaupt wollt. Dieses "gestreichelt werden wollen ist kontrolle" Idee, hat euch nciht gutgetan. Tief durchatmen und normal mit ihm umgehen. Lass ihn doch euch hinterherlaufen und beobachten. Ladet ihn wieder ein zum Körperkontakt.
Ich hoffe, ihr kommt wieder schnell beieinander an!
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Wenn es mit angeblich guten Maßnahmen so viel schlechter wird, sind sie schlicht verkehrt.
Auf den Platz zurückbringen ist auch ein Zeichen von ich will dich nicht bei mir haben, jetzt kann es gut sein, dass er nicht mehr weiß, ob ihr ihn überhaupt wollt. Dieses "gestreichelt werden wollen ist kontrolle" Idee, hat euch nciht gutgetan. Tief durchatmen und normal mit ihm umgehen. Lass ihn doch euch hinterherlaufen und beobachten. Ladet ihn wieder ein zum Körperkontakt.
Ich hoffe, ihr kommt wieder schnell beieinander an!
Ich nehme das jetzt hier mal als stellvertretend raus, habe aber auch die Antworten der anderen User gelesen, aber kann jetzt gar nicht auf alles eingehen, weil sich die Angelegenheit inzwischen wirklich nochmal geändert hat.
Was meine Bekannte (Trainerin) mir gesagt hat war einerseits mehr oder minder das, was Sockensucher hier schrieb. Sie meinte, der Hund wirke auf sie persönlich überhaupt nicht, als würde er gerne Abstand und Ruhe haben, sondern als würde er ständig Kontakt suchen und sich durch dieses exzessive "in Ruhe lassen" und "auf den Platz" bringen von uns zurückgewiesen und ausgegrenzt fühlen.
Sie kennt mich ja auch mit anderen Hunden (kennen uns aus einem Doggy Daycare, wo sie als Trainerin gearbeitet und ich ausgeholfen habe) und hat mich dann auch ganz direkt gefragt, warum ich mit meinem Hund nicht umgehe, wie sonst mit Hunden. Ich habe dann meine "Naja beim Tierschutz-Hund ist doch alles komplett anders" Sache vorgebetet und sie hat gesagt, wenn ich dieses "Tierschutz-Hund" Label nicht aus meinem Kopf wegbekomme, dann bin ich so blockiert, dass ich nie Zugang zum Hund finde. Weil ich offenbar alle Verhaltensweisen "umdeute" damit sie besser zu meinem Bild im Kopf von "Tierschutzhund, das heißt der ist traumatisiert, will nix mit uns zu tun haben, hat vor allem Angst, ist im Umgang mit Menschen unsicher, braucht v.a. Ruhe" passen.
Ein Beispiel: Freddy fordert mich zum Spielen, obwohl wir gerade draußen sind, viele Reize, laut, kurz vorher Kontakt mit anderem Hund. Bei "normalem Hund" hätte ich das einfach angenommen. Hier dachte ich nun "Nee, kann nicht sein, dass ein 'neuer' TS-Hund in so ner Situation spielen will, das ist sicherlich ne Übersprungshandlung die anzeigt, dass er völlig gestresst ist. Gehen wir mal lieber nach Hause." Und so war das eigentlich die ganze Zeit.
In dem Sinne stimmt auch, was
Und ich glaube, für uns war die Zeit bei Weitem weniger stressig als jetzt für Euch. Denn wir wussten im Vorfeld, auf was wir uns einlassen.
Was Dich stresst sind enttäuschte Erwartungen und der daraus resultierende Frustschrieb, aber ich glaube, nicht so, wie du meintest. Was mich persönlich total verunsichert und - ja, auch enttäuscht in gewisser Weise - hat, ist, dass Freddy so "normal" ist. Ich habe im Vorfeld so, so, so viel über TS-Hunde recherchiert und ich hatte daher auch wirklich ein Bild im Kopf von dem, was uns erwartet und letztendlich war Freddy überhaupt nicht so. Ich bin von solchen Stories ausgegangen, wie du sie mit eurem Hund am Anfang geschildert hast und ich habe so viel Zeit und Mühe darauf verwendet, mich einzulesen, wie man mit sowas umgeht etc. Und nun? Um ehrlich zu sein ist er nicht wesentlich anders als unsere Welpen vom Züchter damals. Ich habe überhaupt nicht dieses verstörte und traumatisierte Tier bekommen auf das ich mich eingestellt habe und damit bin ich offenbar kognitiv nicht klar gekommen.
Freddy steigt inzwischen ohne Leckerchen auf Kommando ins Auto, kann Sitz, Platz, Warte (an der Ampel) und jetzt arbeiten wir an der Leinenführigkeit und jeden Tag - eigentlich jeden Spaziergang - wird das besser. Ich habe in meiner Familie (bei Eltern und Großeltern) insgesamt 4 DSH mit erzogen und trainiert in meiner Jugend und es ist mit Freddy teilweise sogar einfacher als mit diesen Hunden vom guten Züchter mit Stammbaum. Das wollte mir am Anfang nicht in den Kopf, dass das sein kann, also hab ich mich Freddy gegenüber verhalten, als wäre er der totale Angsthund und bin überhaupt nicht auf ihn eingegangen, sondern bin stur weiter das Programm gefahren, dass ich für "TS-Hunde" im Kopf hatte.
Wir haben inzwischen dieses exzessive "in Ruhe lassen" eingestellt und aufgehört, Freddy zu behandeln, wie ein rohes Ei und er hat sich fast sofort entspannt, er kommt sofort an, wenn man ruft und ist uns total zugetan. Er freut sich, wenn man ihn anspricht etc. und arbeitet richtig gerne mit uns an den Kommandos. Er liebt direkte Interaktion mit uns und findet es total spannend, wenn wir Sachen machen, bei denen er uns zuschauen kann. Er schläft jetzt auch auf seiner Decke in unserem Schlafzimmer, geht aber trotzdem auch oft genug in einen anderen Raum, wenn er Ruhe will. Also alles in allem ist er schon anhänglicher, aber nicht in ungesundem Maße.
Meine Bekannte hat mich aber noch auf etwas anderes hingewiesen und das ist unschön und ich verstehe nicht, warum ich das nicht gesehen habe. Ich habe ihr die Schnappsituationen der letzten Tage geschildert und ihr ein Video gemacht, wo ich das nachgestellt habe. Also ich habe Freddy quasi so angefasst, wie wenn er schnappt, nur hat er im Video nicht geschnappt sondern ist weggegangen. Und sie meinte sofort "Der hat totale Bauchschmerzen oder wurde mal am Bauch verletzt so wie der steht und reagiert, wenn du an den Bauch fasst!" Nachdem sie das gesagt hat, war das für mich auch glasklar. Unser einer DSH war auch so ein Magen-Darm-Kandidat und ich habe daher eigentlich oft genug gesehen, wie sich Bauchweh äußert, aber auch hier bin ich wieder gar nicht drauf gekommen, weil ich das sofort als Verhalten aufgrund seiner Vorgeschichte im Tierschutz interpretiert habe und gar nicht an organische Ursachen gedacht habe.
Seit vorgestern Abend hat er dann auch Durchfall bekommen, deswegen waren wir gestern beim Tierarzt und er hat tatsächlich ne Magen-Darm-Entzündung und bekommt jetzt Antibiotikum und Elektrolyte und so ein Darmflora-Restaurationszeugs danach und darf nur Haferschleim und Reisschleim fressen. Beim TA war es wirklich nicht schön. Freddy war total verängstigt und wollte die TÄ nicht an sich ran lassen, musste dort auch zum ersten Mal einen Maulkorb tragen. Wir mussten ihn für die Untersuchung und die Spritze zu 3. festhalten, er hat geschrien und gekämpft und geknurrt und hätte ohne Maulkorb mit Sicherheit alle gebissen. Sofort danach war er aber wieder freundlich, ist zur Tierärztin und den Helferinnen hin, hat sie beschnuppert und sich streicheln lassen, hat ein Leckerchen genommen und war meinem Mann und mir gegenüber auch unverändert. Wir hatten befürchtet, dass die Aktion jetzt alles Vertrauen zerstört, aber er scheint es gut weggesteckt zu haben. Vielleicht hat er gemerkt, dass es ihm nach der Spritze besser ging? War ein krampflösendes und schmerzstillendes Mittel, daher kann das sein.
Jedenfalls habe ich eine Menge falsch gemacht und das - ironischer Weise - dadurch, dass ich mich auf alles vorbereiten wollte und alles richtig machen wollte und im Vorfeld alle Worst-Case-Szenarien recherchiert habe und dadurch ein so festes Bild davon hatte, dass ein Tierschutzhund auf jeden Fall komplett anders sein muss, als ein "normaler" Hund.
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Ergänzung: Natürlich haben wir auch über die Garten-Sache und Hundebegegnungen gesprochen und sie hat mir da einige Tipps gegeben, aber auch gesagt, Freddy soll jetzt erst einmal gesund werden und sich unserer "Zuneigung" sicherer werden und dann wäre sie nicht überrascht, wenn sich die Gartensache von allein löst, wenn er ein bisschen entspannter ist. Das mit den Hundebegegnungen werden wir erst anfangen zu bearbeiten, wenn er wieder 100% fit ist.
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Da bin ich froh, dass ihr wieder bei Freddy angekommen seid!
Und gut, dass du das video gemacht hast! Das ist so wertvoll von draußen draufzukucken! Tut mir leid, dass er immer noch Bauchschmerzen hat, ich hoffe, ihr kriegt es jetzt in den Griff! Auch immer an unverträglichkeiten denken ... ist eben immer die Frage, wird er krank weil er gemobbt wird oder wird er gemobbt, weil er krank ist. Getreidefrei ist heute leicht umzusetzen und würd ich immer bei Verdauungsproblemen ausprobieren. Da Auslandsfutter meist fast auschließlich aus Getreide besteht, ist das die verdachtskomponente Nr.1 Also falls es mit Haferschleim eher schlimmer wird/bleibt.
Morosche Möhrensuppe ist auch immer ein Tipp bei Durchfall"
Oder war es ein Fehler, Freddy im Garten zu füttern? Vor dem ersten Ausraster haben wir Freddy zum ersten Mal im Garten was zu futtern gegeben, einen Kauknochen nämlich. Aber als der Nachbar kam, war der Knochen schon aufgefuttert. Also den Knochen verteidigen kann er nicht gewollt haben. Dennoch - vielleicht hat er den Garten nun abgespeichert als Ort mit leckeren Dingen und will demnach Ressourcen verteidigen auch wenn er aktuell dort nichts hat?
Vielelicht hat er Bauchschmerzen vom Fressen gehabt und das mit dem Nachbarn verknüpft. Ich hoffe mit der Gesundung könnt ihr wieder da anknüpfen, wo er mit dem Nachbarn begonnen hat.
Drück euch alle daumen, dass ihr ihn fit bekommt und alles sich fügt, wie es soll!
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Nochmal hier ein Update, nachdem noch einmal fast ein Monat vergangen ist.
Seitdem ich diesen ganzen "Tierschutzhunde funktionieren anders" Kram in meinen Hinterkopf geschoben habe und wir Freddy einfach ganz normal behandeln und nicht mehr wie ein rohes Ei oder eine tickende Zeitbombe, läuft es super.
Im Haus ist er toll. Alleinbleiben funktioniert ohne Probleme. Beim Geschirr an- und ausziehen stillstehen, auf den Platz gehen, beim Füttern Abstand halten, bis ich den Napf freigebe, Tabuzonen akzeptieren - das alles funktioniert völlig problemlos. Freddy kuschelt gerne ganz viel und ist gerne einfach in unserer Nähe.
Momentan arbeiten wir hier drin nur an einer Eifersuchtsproblematik was meine Nymphensittiche angeht. Eigentlich hat er denen gegenüber keinen Jagdtrieb, aber wenn ich im Vogelzimmer bin, steht er vor der Gittertür und ist ganz aufgebracht und reagiert stark, wenn die rumfliegen oder auf mir landen.
Das Verhalten bei Sichtung von Artgenossen haben wir auch stak verbessern können. Er springt nur noch in die Leine und macht Theater, wenn der andere Hund plötzlich erscheint und er sich erschreckt. Sonst klappt's inzwischen ohne großes Aufmucken. Er starrt zwar noch und wird steif, aber wenn man ihn mit Körperkontakt und freundlichen Worten beruhigt, fährt er nicht weiter hoch. An Straßen warten funktioniert super und "No" funktioniert bei allem, was kein Essen ist. Leinenführigkeit ist so lala - so lange er nichts interessantes riecht oder sieht, läuft er absolut traumhaft. Bei Reizen zieht er noch ziemlich. Rückruf klappt bisher auch nur in reizfreier Umgebung, aber an beidem arbeiten wir. Ganz dringend müssen wir aber ein Giftködertraining machen, wenn wir soweit sind. Essbares ist die eine Sache, wo er sich draußen gar nichts sagen lässt und da ist er auch echt wie ein Staubsauger.
Was er nach wie vor nicht leiden kann, sind Menschen, die ihn oder uns Halter direkt ansprechen. Fremde, die nur vorbeigehen, sind kein Problem. Wenn Leute aber direkt mit uns interagieren knurrt er und springt auch in die Leine. Sicher würde er in solchen Situationen auch wieder schnappen, wenn ich ihn ran lassen würde. Für dieses Problem haben wir nun aber einen Termin beim Trainer bekommen. Nächste Woche ist das Kennenlerntreffen.
Was uns ein bisschen zurückgeworfen hat, waren seine Verdauungsprobleme (nach 2 TA-Besuchen ist rausgekommen, dass es Giardien sind und wir sind gerade in der Behandlung). Bis vor 7 Tagen hat er Schonkost bekommen und eigentlich konnten wir deshalb seit wir ihn haben nur sehr sparsam mit Leckerlies arbeiten. Dafür haben wir aber in den 6 Wochen schon viel geschafft, weil Freddy aber auch einfach schon ganz tolle Voraussetzungen mitgebracht hat, vor allem ein ganz ganz großes Bedürfnis nach Anschluss und Zugehörigkeit und ganz viel Intelligenz. Er kapiert meist auf Anhieb, was man will. Nur für "sinnlose" Tricks - Pfötchen geben oder so - hat er nichts übrig.
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