Wenn Zweifel und Gewissensbisse die Trauer einholen

  • Danke, das ist sehr gut gesagt. Es kommt auf ein gutes Leben und nicht auf ein möglichst langes Leben an. Das finde ich stimmt und wünsche ich für mich selbst auch. Gedanklich bleibe ich oft bei den letzten, unschönen Wochen/Tagen/Stunden von meinen Tieren hängen, aber das wird ihrem gesamten leben bei mir nicht gerecht. Und es ging ihnen gut bei mir. Sie hatten ein gutes Leben


    Und das mit dem Anspruch unserer Gesellschaft,das optimalste herauszuholen, ist bestimmt auch ein Grund warum viele von uns so unter Schuldgefühlen leiden. Wie soll man so einem Anspruch gerecht werden....

  • Danke dass du dieses Thema hier eröffnet hast, mir geht es genauso immer und immer wieder. Meine Hündin ließ ich vor über 2 Monaten einschläfern. Gerade in den letzten Tagen kamen wieder Schuldgefühle. Es gibt übrigens ein Buch bzw eine Homepage die sich mit dem Thema beschäftigt. Lebwohl Fellnase heißt die.


    mein Seelenkater Gustaf ist vor ca 16 Jahren in der Tierklinik gestorben. Und diese Schuldgefühle trage ich nach so langer Zeit noch mit mir Rum. Ich hab ihn so geliebt und war so Voller Sorge,bin immer zum Tierarzt wenn was war, dann weil es ihm nicht gut ging zur Tierklinik,aber es gab im Nachhinein keinen Grund, er schwankte nur etwas, vielleicht war ihm schwindelig. Als wir in der Klinik ankamen ging es ihm gut, aber der TA wollte ihn zur Kontrolle da lassen. Gustaf hatte Diabetes, bekam aber nur eine kleine Menge Insulin. Dort wurde er neu eingestellt, im Nachhinein hat es ihn umgebracht. Sie haben ihm viel zu viel Insulin gegeben, er hatte dann epileptische Anfälle, irgendwann habe ich in einem Forum heraus gefunden dass das von einer Überdosierung Insulin kommt. Als ich in der Klinik gesagt habe , sie wollen die Gabe stoppen, da war es schon zu spät, er war zu sehr geschädigt von den epileptischen anfällen und verstarb in der Klinik. Davor habe ich ihn einmal besucht und bereue es ihn nicht raus geholt zu haben. Wie er da saß in seinem Käfig...

    Ich kann es mir bis heute nicht verzeihen aber ich will es mir verzeihen. Es macht mich sonst kaputt. Nach all den Jahren. Ich habe es immer weg geschoben, nie wieder dran gedacht, aber durch Boubous tod kommt es wieder hoch.

    Grade wenn wir unsere Tiere so lieben ist die Schuld groß..

    Das tut mir furchtbar leid ! Danke auch fürs Teilen, ich habe die letzten Tage etwas Abstand gebraucht, musste mich wieder sammeln.


    Mit dem Tod beschäftige ich mich viel, ob das hilft weiß ich nicht. Sterben ist nochmals etwas anderes (für mich) als der Tod selbst.


    Furchtbar was dir passiert ist mit deinem Kater, man darf (leider) Tierärtzen auch nicht immer 100% vertrauen, aber wer denkt schon daran, vor allem in einer Außnahme Situation. Es ist jedenfalls nicht deine Schuld, du hast nur das Beste für ihn gewollt.


    Danke auch für den Buch Tipp : ) werde ich mir auf jeden Fall ansehen, ich lese auch ein Buch im Moment, von einer Tierärztin geschrieben Fr Jutta Ziegler "Tierärzte können die Gesundheit Ihres Tieres gefährden" ganz toll geschrieben, sehr aufklärend und mutig.


    Es handelt sich zwar nicht speziell um Trauer Bewätigung, trotzdem hilft es mir und ich hoffe in Zukunft auch dabei wenn ich wieder schwere Entscheidungen treffen muss.

  • @Larablue

    für mich ist es auch so das das sterben an sich noch was ganz anderes ist als der tod selbst.


    und auch wenn die entscheidung bei sam für IHN wirklich die richtige war ,mach ist mir immer noch wieder vorwürfe das es nicht besser gelaufen ist an dem tag.


    ich weiß, wir selber haben alles getan es ihm so einfach wie möglich zu machen..... die ärztin hat auf ganzer linie versagt.

    mich verfolgen die bilder von dem tag.jeden abend vor dem einschlafen kommt alles wieder.... über tag geht es einigermaßen.


    die angst von änni,seitdem,vor der ärztin ,auch nach nun fast 9 wochen( diese ist bemüht um änni,ihr die angst wieder zu nehmen)läßt alles immer wieder hochkommen.


    dazu ännis andauernde trauer um ihren sam.wir vermeiden schon hier seinen nahmen,weil sie dann immer ankommt und uns fragend ansieht.

    in augen anderer sind wir verrückt... ist doch nur ein hund,die muß da halt durch.


    erst gestern wieder erlebt; wir haben besuch von freunden,die wir seit 2 jahren (wegen corona) nicht mehr gesehen haben.

    die männer tauschen sich über fotos auf ihren handys aus und meiner zeigt eines der letzten bilder von sam..... dabei kamen ihm die tränen und auch ich kann bis heute keine fotos von sam ansehen ohne zu weinen.... geht so ein spezieller blick der frau zu ihrem mann; so nach dem motto "die spinnen doch"....

    genauso ein blick als wir zusammen im garten waren.... änni hat das erste mal in ihrem leben einen ball zurückgebracht und gefordert diesen noch einmal zu werfen..... die ganzen jahre war ihr ein ball total egal,dafür lief sie nicht los..... das konnte sam machen... sie hat ihm den ball nur geklaut um den ins wasser zu werfen und dann darin zu planschen,denn dann hat er den nicht wieder geholt...... wir waren demnach gestern total überrascht von ihr und haben das auch gesagt.....danach ist änni dann zur tür uns wollte wieder rein,als keiner mit kam,kam sie zurück und schaute uns an..... ob nicht doch einer mitkommt... wieder so ein blick von den freunden... wir sind draussen,dann hat der hund zu warten....


    Jennifje danke für den tip mit dem buch,ich werden da umgehend mal nach schauen.


    lg

  • Mir geht es genauso mit den Fotos, obwohl ich gerne Fotos und Videos von ihm ansehe, tut es auch unbeschreiblich weh... im Wissen dass man sich nicht mehr wiedersieht. Und im Nachhinhein sieht man diese Fotos von einer ganz anderen Perspektive. Ich habe mir die letzten Tage wirklich Fotos angeschaut von den letzten Monaten und die von den letzten Wochen, ob ich irgendwie darauf erkenne dass es ihm wirklich schlecht(er) ging, das ist vielleicht etwas "crazy"...


    Ein Familienmitglied ist nicht mehr da, für mich persönlich sind das keine Freunde wenn dabei mit Unverständnis oder mit "Blicken" reagiert wird. Nicht jeder ist auf den Hund gekommen, das ist auch okay so, aber soviel Empathie sollte man schon haben für seine Freunde. Sogar euere Hündin trauert und braucht euch jetzt genauso wie ihr sie.


    Ich bin mir sicher mit Zeit und Geduld verliert sie die Angst von der Ärztin wieder ! Bzw. fühlt sie sicher auch eure Gefühle dabei.

  • @Larablue


    ich hab mir auch immer wieder die letzten fotos und videos angeschaut ,einfach weil ich nach eventuellen hinweisen von sam gesucht habe.

    die videos hatte ich extra für die ärztin gemacht ,weil sie so oft gesagt hatte das ich mir viel zuviel gedanken mache,meinen hund zu genau beobachte und einfach zuviel sehe....andere halter würden solche dinge garnicht bemerken.....

    für mich war das kein "zuviel"sonder eine selbstverständlichkeit ,meinen sein leben lang schon kranken hund ,genaus zu beobachten um rechtzeitig was tun zu können.


    sam hatte eine ,auch für gute fachtierärzte nur schwer zu diagnostizierende ,erkrankung des gehirns,welche unterschiedliche krankheiten nach sich zieht.

    es gab zwar schon in jungen jahren immer mal einen verdacht,aber eine genaue diagnose bekamen wir erst 2019 in einer klinik .der professor hat damals noch eine neurologin hinzugezogen um ganz sicher zu gehen.

    zu dem zeitpunkt war man schon überrascht das sam über 10 jahre war.... hunde mit dieser erkrankung werden normal nicht so alt... hieß es und man sagte uns auch das es ein auf und ab werden würde und wir merken wenn es nicht mehr geht.


    zuletzt waren wir ja noch im juni in der klinik und der professor war überrascht,war da mit sam seinem zustand noch zufrieden.

    das es dann doch so schnell gehen würde,das hat niemand geahnt.


    letztendlich waren dann die videos der ausschlag dafür das das herz noch einmal geschallt wurde und in dem zuge(herz war ok) die lunge geröngt wurde........sonst hätten wir vermutlich viel zu lang gewartet.

    selbst unsere haustierärztin war entsetzt als sie das röntgenbild sah.


    trotz allem sind wir so dankbar für die 2 jahre die wir noch nach der diagnose gemeinsam hatten..... mit all ihren höhen und tiefen... wir haben immer darauf geachtet ob der sam noch lebensqualität hatte..... und die hatte er ,bis zu dem zeitpunkt wo er schlecht luft bekam und einfach keine kraft mehr hatte,nicht mehr fressen mochte ,nicht mehr in den garten wollte.....


    lg

  • Interessant, ich habe das auch gemacht, Beweise gesucht, dass Boubou wirklich krank war, alt war, Beweise, dass das Einschläfern gerecht fertigt war. Ich habe auch Fotos und Videos angeschaut, mit Freunden und Familie gesprochen, war erleichtert wenn ich diese Beweise fand, als z.B. mein Stiefvater als wir 2 Wochen vorher, wo noch alles ok

    war, wir zu Besuch waren und er sie mit Tränen in den Augen angeschaut hat. Damals war ich wütend, sagte, hör doch auf, Boubou geht's gut aber er hat es geahnt.

    Zum Teil gab es auch Fotos oder Videos die mich irritiert Haben, wo ich dachte, wie kann es sein dass sie 4,5 Tage vor ihrem Tod noch auf dem Teppich rumtollt. Oder 2 Tage vor ihrem Tod, das Foto , da guckt sie mich doch so mit einem wachen Blick an.

    Ich habe dann aber auch in Gesprächen mit anderen gelernt dass sich so ein Gesundheitszustand auch ganz schnell verändern kann. Heute noch saß der Opa einer Freundin im Bett und aß fröhlich sein Wurstbrot, am nächsten Tag ging gar nichts mehr.

    Ich hoffe du hast mittlerweile Frieden mit deiner Entscheidung getroffen. Ich habe es nach 3 Monaten meistens. Es ist bzw war aber ein Prozess bis dahin.

    Manchmal Stelle ich mir auch vor wie Mein Hund als Mensch ausgesehen hätte. Sie war eine ca 80 jährige kranke alte Oma. Irgendwie hat mir dieses Bild auch geholfen. Es fühlt sich dann irgendwie normaler an ..

  • Jennifje

    wir wußten ja das sam krank war,war er ja schon sein ganzes leben lang.immer wieder was neues... was dann letztendlich mit dieser neuromuskulären erkrankung des gehirns zusammen hing... wir diese diagnose aber est im herbst 2019 bekommen haben,da war er 10.

    mehrfach wurde er in den jahren aufgegeben weil sich kein tierarzt einen rat wußte....

    deshalb haben wir ja einen 2. hund,weil ich nicht mehr ohne hund leben wollte.....und nicht erst nach einem neuen schauen wollte wenn wir um sam trauern.

    heute ist es so das ich unsagbar froh bin änni zu haben.sie erleichtert in gewisser weise die trauersituation ,allein durch ihre anwesenheit..... und sie braucht mich ,jetzt mehr als zuvor,weil sie so sehr trauert.


    auch ich habe immer wieder ,bzw tue es immer noch,die letzten bilder und vor allem die videos welche ich für die ärztinnen gemacht hatte,angeschaut.......auf denen wird bildlich deutlich das sam das ende seines lebensweges erreicht hatte.das röntgenbild war dann noch der letzte beweis dafür.

    man sieht da sehr deutlich wie müde und erschöpft er vom leben ist,deutlicher noch als in den letzten lebenswochen,wo wir vermutlich das nicht so wahrhaben wollten in unseren bemühungen ihm jeden neuen tag durch unsere fürsorge so angenehm wie möglich zu machen,das (s) leben endlich ist.

    wir haben ja jeden tag gehofft das es wieder nur so ein schub ist und wir ihn nur wieder aufpäppeln müssen......

    war doch mein größter wunsch ,gemeinsam die 15 zu knacken..... wie oft hab ich zu ihm gesagt; samsi wir schaffen die 15.....,ein traum der meiner war ,aber sicher nicht sam seiner.


    2 wochen vorher waren wir noch bei unserer tochter zum grillen.ihre freundin(kennen sich von baby an) hatte gemeint wir sollten doch mal wieder alle zusammensitzen wie in früheren zeiten.

    die eltern sind schon ein halbes leben lang freunde von uns ,unsere kinder zusammen groß geworden und jetzt die enkel..... durch verschiedene umstände haben wir uns schon ganz lange nicht mehr gesehen(nur die kinder sehen sich regelmäßig).

    der mann und sam warn immer beste freunde und beide haben sich so gefreut über das wiedersehen.da ist sam sogar noch hochgesprungen.

    vor 2 wochen sagte dann unser freund mit tränen in den augen ,wie froh er sei seinen freund noch einmal gesehen zu haben.


    sam hat sich auch beim tierarzt nie mehr anmerken lassen als das er eben nicht mehr so fit ist.mehrfach hat sie uns gesagt,er sähe nicht aus als würde er gehen wollen......

    im nachhinein denke ich das er das uns zuliebe getan hat ,eben weil wir nicht loslassen wollten/konnten.....und das eben solange bis sein körper nicht mehr mitgespielt und sichtbare zeichen gesetzt hat.


    wir haben ein foto vom letzten winter wo er bei schneefall im wald sitzt..... ein wunderschönes bild....... heute sieht man das sein blick da schon ganz weit weg war,er wirkt auf dem bild so entrückt,als wisse er das es sein letzter schnee war.sam hat schnee geliebt.


    lg

  • ich kann meinen frieden damit noch nicht so ganz machen,aber es wird besser.

    seit einer woche zeigt änni auf einmal verhaltensweisen von sam... sie hat das erst mal in ihme leben einen ball zurückgebracht und gefordert diesen noch einmal zu werfen,zergelt mit einem stofftier,auch das hat sie noch nie gemacht. sie hat 2 stofftiere von sam "adoptiert" wo sie vorher überhaupt kein interesse für hatte.

    sie hat vergangenen samstag das erste mal seit sam nicht mehr bei uns ist, wieder mit einem anderen hund gespielt und vorgestern als unser sohn hier war ,ist sie durchs wohnzimmer getobt,hat sich erst in sam seiner box (haben wir stehen lassen,änni nutzt im wechsel beide boxen)gewälzt,dann in ihrer eigenen.

    das hilft uns auch ein bischen.... zu sehen wie unsere kleine wieder mehr lebensfreude bekommt.


    lg

  • Manchmal Stelle ich mir auch vor wie Mein Hund als Mensch ausgesehen hätte. Sie war eine ca 80 jährige kranke alte Oma. Irgendwie hat mir dieses Bild auch geholfen. Es fühlt sich dann irgendwie normaler an ..

    Das ist auch ein interessanter Ansatz, darauf bin ich bis jetzt noch nicht gekommen, wenn ich mir Cesar als Mensch vorgestellt hätte.... dann fällt mir als erstes ein, als Mensch wäre er sicher im Krankenbett gelegen bzw. im Spital. Für die Ärtze wäre er "nur" ein schon fast 100-jähriger alter kranker Mann gewesen, wo man nichts mehr tun kann... und er wäre tot unglücklich im Spital ans Bett gefesselt gewesen.


    Ich kann genauso noch nicht ganz meinen Frieden schließen. Im Wissen dass er natürlich schon VIELE schwerwiegende Probleme hatte. Die er allerdings durch seine Kraft und vor allem großen Lebenswillen ziemlich wegstecken konnte. Im Endeffekt will jedes Lebewesen in erster Linie leben... das macht es mir sehr sehr schwer, dass er sehr stark mit dem Krebs umgehen konnte und auch seine nicht wiederschließende Wunde auf der Schulter hat er einfach weggesteckt... die schwindende bis kaum vorhandende Muskulatur, auch als er nur mehr 1 Auge hatte.... Ich weiß nicht wie viel die Schmerzmittel ihm genommen haben, sicherlich nicht alles. Trotzdem wollte er leben. DAS macht es einem, oder mir zumindest, wirklich wirklich schwer. Klar bei einem fast 15-jährigen Hund ist jeder Tag ein Geschenk, das war es auch, nur was gäbe ich jetzt für 1 Tag.


    Und alle Erinnerungen der letzten 11 Jahre sind irgendwo im Hintergrund vergraben, im Vordergrund sind die letzten Wochen und Monate, die schlechten Tage, aber auch die Tage wo er sich wieder erholt hatte, die ganzen Tierarztbesuche, die Entscheidungen die ich getroffen habe und vor allem die letzte Entscheidung. Meine Gedanken drehen sich nur um diese Zeit. Das finde ich so schade, ich hoffe die schönen Erinnerungen gewinnen irgendwann die Oberhand.

  • @Larablue


    dein letzter absatz spricht mir aus dem herzen.

    das geht mir ganz genauso...............obwohl so ganz ganz langsam kommen auch die schönen erinnerungen wieder hervor.

    gerade jetzt wo änni auf einmal verhalten von sam nachahmt,da sprechen wir oft ... weißt du noch,das hat der alte hund auch so gemacht.......oder ,das würde sam jetzt auch machen..........oder,schau mal änni hat nun sam seine aufgabe übernommen.......das tut zwar weh,aber tröstet auch.

    manchmal hab ich auch das gefühl er liegt hier im raum und schaut uns zu....


    nur beim schreiben laufen immer noch die tränen.


    lg

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