Imponierverhalten - Was ist das? Wie geht man damit um?

  • Ich sehe das tatsächlich so, dass ein Hund, der nie gewaltlos Konflikte lösen lernen darf, am Ende Gefahr läuft, diese im Notfall entweder mit Gewalt zu lösen (vor Unsicherheit) oder selbst zum Opfer zu werden.


    Leider erlaubt die heutige Regel- und Gesetzeslage und der moderne Gesellschaftsmainstream den Hundehaltern kaum, den Hunden das Üben des Verhaltens zu erlauben (auch toller Satz 😬 sorry). Konflikte sind unter Hunden unerwünscht, insgesamt ist jegliches nicht unterwürfiges oder nicht gleichgültiges Verhalten unerwünscht (auch anderen fremden Hunden und Menschen gegenüber). Territorialtrieb ist unerwünscht. Wachen ist unerwünscht. Was sowohl Vor- als auch Nachteile hat.

    Ich sehe durchaus einen Vorteil darin dass kein fremder Hund meinen aus der nächsten Nähe zu bedrohen beginnt, macht das Ganze schon entspannter. Der Nachteil ist, dass mein Hund (ich meine ein generisches „mein Hund“, nicht Geri oder Garmr im Speziellen) sich niemals nie versehentlich von der Leine reißen darf, wenn ein anderer Hund in der Nähe ist, und auch nicht absichtlich in den Freilauf geschickt werden darf - selbst wenn er abrufbar ist, was ist wenn der andere es nicht ist? Unter sich regeln haben sie ja dann beide nicht gelernt…


    Die einzige Lösung - ohne Beissereien und Klagen sowie Wesenstests zu riskieren - wäre die Mehrhundehaltung. Da kann man die Hunde besser einschätzen und hat nicht noch mit einem anderen HH den Salat falls doch was passiert. Ein Risiko bleibt es auch da, klar.

  • Wenn die nie drohen dürfen, und auch immer alles geregelt bekommen, können sie es auch nicht.

    Ich habe das auch schon mal gedacht, ich verstehe was du meinst. Dieses Durch-Managen von Hundekommunikation ist für mich manchmal irritierend. Aber vielleicht bin ich dafür auch im falschen Jahrzehnt sozialisiert worden in Bezug auf Hundebegegnungen.


    Wo ich allerdings die Grenze ziehe: Meine Hunde müssen den anderen atmen lassen. Posen, Imponieren - und selbstverständlich auch Abwehren und Wegdrohen! - das ist gestattet (nicht immer - aber eben auch kein generell verbotenes Verhalten).


    Nastro hat einmal ein Verhalten wie im Video an den Tag gelegt: Er hat mit Sam, dem Hund meiner Eltern, gezockt, der hat ihm dabei weh getan. Nastro fand es scheiße - und Sam durfte gerade noch flach atmen. Anders als der Golden hatte Sam allerdings die Rute unten, hat sich klein gemacht und hat versucht Nastro auszuweichen. Nastro drohte/imponierte weiter - und Sam fühlte sich nonverbal verprügelt. Das breche ich dann irgendwann ab: mit Stimme und indem ich die Hunde splitte. Aber Nastro darf Sam durchaus deutlich machen, dass sein Verhalten gerade zuviel war. Er muss es dann nur auch gut sein lassen, wenn Sam schon hofft, dass sich die Grasnarbe öffnet und er im Boden verschwinden kann.

  • Bei mir ist jetzt mein Reitunterricht Geschichte...... die Hofbesitzerin hat nämlich einen neuen Hund.... und es schaut so aus, wie im Video..... wobei Moro der Goldi ist

    immer initiiert vom anderen Hund...... der rennt auf Moro zu, egal wie deeskalierend der guckt.... mir ist das zu heiß, der wartet nur darauf, dass mein Hund sich bewegt

  • ... mir ist das zu heiß, der wartet nur darauf, dass mein Hund sich bewegt

    Schade um den Reitunterricht - aber ich bin da ganz bei dir.


    Situationen wie im Video können passieren - und ich persönlich (und ja, ich bin mir da meiner Außenseiter-Meinung bewusst) finde das jetzt auch keine Katastrophe. Aber wenn ich weiß, dass sich zwei Rüden so begegnen? Dann verhindere ich die Begegnung.


    Vor allem weil es auch passieren kann (nicht muss, aber eben kann) dass der Hofhund meint, er hätte Moro jetzt schon mehrfach deutlich gemacht, dass er dort nicht aufzulaufen hat. Und dass er bei wiederholtem Fehlverhalten deutlicher meint werden zu müssen.

  • es wird immer Situationen geben, wo sowas einfach vorkommt. Shit happens. Möglichst ruhig auflösen und gehen.

    Aber ich lasse natürlich meine Hunde auch nicht einfach in solche Situationen reinrasseln, geschweige denn diese heraufbeschwören.

    Das wäre dann ja das andere Extrem.

    Kommunizieren muss man lernen - auch als Hund. Das sind dann die oft zitierten „lieber wenige, aber gute Kontakte“.

    Gut eben im Sinne von saubere Kommunikation und klare Verständigung. Auch ein klares nein annehmen oder selber klar nein sagen muss man lernen.

  • Situationen wie im Video können passieren - und ich persönlich (und ja, ich bin mir da meiner Außenseiter-Meinung bewusst) finde das jetzt auch keine Katastrophe. Aber wenn ich weiß, dass sich zwei Rüden so begegnen? Dann verhindere ich die Begegnung.

    Das sehe ich ähnlich.


    Ich forciere solche Begegnungen nicht - wenn wir sie haben, dann eher gezwungenermaßen wenn jemand seinen Hund nicht bei sich behält. Wenn es halt passiert, dann hilft ja letztendlich nur ruhig bleiben, es nicht weiter aufheizen und schauen, dass man die Momente abpasst, in denen jeder mit seinem Hund weitergehen kann.


    Ich erlebe das wenn dann meist mit "Meiner ist eh größer"-Leuten - da scheint die Erwartungshaltung zu sein, dass mein Hund, weil kleiner, sich schon zurücknehmen wird wenn ihr Jungrüde angepoltert kommt. :skeptisch2:


    Bei gewollten Nicht-Zufallsbegegnungen unter Rüden, die Spannungspotenzial haben, finde ich es immer am schlausten, wenn jeder seinen Hund bei sich behält, allzu möglicherweise provokantes (anstarren und scharren z.B.) Verhalten freundlich unterbricht und man es dann irgendwie so hinkriegt, dass die Rüden dann in dieses ja relativ ritualisierte "Ich markiere, du markierst, wir schnüffeln an den anderen Markierstellen, markieren drüber, etc."-Verhalten reinkommen. Ziel muss dann ja nicht der Nahkontakt sein, aber eben zivilisiertes Nebeneinanderherexistieren.

  • Interessant ist es, wenn man die Möglichkeit hat Gruppen zu beobachten, bei denen sowas laufen gelassen wird. Also bspw im Tierheim oder in einigen HuTas.


    Man merkt die Spannung, und dass da dicke Luft ist.

    Was ich bspw beobachtet hab, ist dass sich die Rüden irgendwann einfach gegenseitig berammelt haben ( teils 3 Hunde :skeptisch: that was strange, ich will garnicht wissen was Leute glauben, die das ganze für ne sexuelle Geschichte halten würden :headbash:).

    Also die haben sich entweder solange gegenseitig angegockelt bis sie sich verhauen haben, oder aufeinander aufgeritten bis irgendeiner die Schnauze voll hatte ( und es dann gekracht hat).

    Beeindruckend, ist dass bei all diesen Rüdenkloppereien nie mehr passiert is als n Kratzer, es aber immer viel schlimmer aussah als es ist.


    Allerdings, war es mir persönlich too much. Die haben sich da echt rein gesteigert und sind sich wirklich ausgiebig auf den Geist gegangen. Meist immer die selben Kandidaten ( vor allem Bulldoggen können da echt Ausdauer haben), und meist waren es junge Rüden die quasi erst entdeckt haben, dass sie Rüden sind.

    Eingreifen war verboten, damit sich keiner verletzt, bzw wird nur dann eingegriffen wenn tatsächlich irgendwie Gefahr besteht. Ich empfand das als unnötigen Stress, und mir haben manche Hunde Leid getan, dass sie immer und immer wieder provoziert und angegockelt werden, und wie dreist das Ganze werden kann ( wie gesagt - "Rüdenorgie").


    Hündinnen allerdings... Die haben das Ganze in der Regel nicht nötig. Da wird, wenn, nicht lang gefackelt und es gibt Zickenkrieg ( und wenns einmal gekracht hat, is oft auch over, die hätten sich danach an Liebsten gegenseitig in der Luft zerfetzt :pfeif:).


    Und dann - da frage ich mich ob diese Hunde einfach sehr deutlich/nachdrücklich imponieren - gibt es noch die Hunde, die einfach Präsenz und diese "gewisse Ausstrahlung" haben.

    Die haben die ganze Aufregung nicht nötig, da reicht ein Blick und die Sache is gegessen. Wenns stunk ist, wird mal kurz souverän eingegriffen, und die Streithähne reißen sich wieder zusammen.

    Diese Art Hund, die es sowohl in Hündinnen, als auch Rüdengestalt gibt, und halt einfach die Präsenz eines alt eingesessenen Kommissares haben.



    Lilo is ja eine recht rüdige Hündin. Ich überlege immer wieder ob sie Verhalten in dieser Richtung auch zeigt. Ich schätze aber, dass sie dafür zu unsicher ist.

    Wenn, dann aus territorialen Gründen.

    Sobald ich das Haus verlasse, Rute überm Rücken, Kopf hoch, Brust raus, große Schritte. Je weiter wir von unserer Wohnung weg gehen, umso entspannter wird sie. Dann hängt die Rute entspannt unten, die Beine greifen weniger, der ganze Hund wird lockerer.

    Kommen wir wieder zurück, baut sie sich langsam wieder auf.

    Allerdings kippt sie da im Zweifel eher ins Drohverhalten, als ins Imponieren wie man es sich sonst vorstellt.

    Es ist quasi ein,, Soo Leute, dass es auch jeder kapiert : DAS hier, is meine Hood! ".

    Und währenddessen wird halt abgescannt, markiert, im Zweifel lieber einmal zu oft angeschlagen.

  • Ich überlege die ganze Zeit, warum das in dem Video gezeigte aus meiner Sicht über Imponierverhalten hinausgeht. Jetzt habe ich es:

    Zum Imponieren gehört lediglich wenig zielgerichtetes, passives Drohen.


    Zitat

    Imponierverhalten demonstriert grundsätzlich die eigene Selbstsicherheit und Stärke. Es

    beinhaltet eine ungerichtete Drohung und Bereitschaft zur Auseinandersetzung gegenüber

    konkurrierenden Geschlechtsgenossen (Zimen, 1971; Feddersen-Petersen, 2008). ...

    Ist das, was der Schäferhund in dem Video tut, noch "ungerichtet"?

  • Ich überlege die ganze Zeit, warum das in dem Video gezeigte aus meiner Sicht über Imponierverhalten hinausgeht. Jetzt habe ich es:

    Zum Imponieren gehört lediglich wenig zielgerichtetes, passives Drohen.


    Ist das, was der Schäferhund in dem Video tut, noch "ungerichtet"?

    Versuch mal die Blickrichtung der beiden Rüden zu beachten. Ist da ein frontales Fixieren seitens des Schäferhunds dabei? Ein offensives Drohgesicht (Hufeinsenlippe, Nasenrücken hochziehen etc.)? Ein Schnappen in die Luft in Richtung des Goldies? Das wäre richtiges, zielgerichtetes Drohen.


    Was der Schäferhund tut: T-Stellung, Kopfauflegen, Beschnuppern im Analbereich und an der Schnauze, Parallelstehen. Das ist Imponiergehabe wie es im Buche steht (in dem Buch von Dr. Feddersen-Petersen 🤣 zumindest).

  • Ich denke einfach, dass es in Anbetracht der heutigen Hundedichte ratsam ist, seinem Hund zu vermitteln, dass das Revier, in dem man selbst die Regeln aufstellen und durchsetzen darf, hinterm Gartentor endet.


    Heißt übrigens nicht, dass mein Hund einen anderen nicht auf Abstand knurren darf, weil der seine Individualdistanz unterschreitet. Aber einem anderen das Gefühl zu geben “das ist meine Hood und glaub mir, ich hab meine Augen überall”? Nein, das darf er nicht. Egal ob der andere jetzt für immer Schiss hat wenn er ihn nur riecht und immer fleißig deeskaliert. “Natürlich” wäre nach so einer “aggressionsfreien” Begegnungen doch, dass der Schwächere das Revier räumt. Tut er das nicht, hat das Imponierverhalten nicht “funktioniert”, oder versteh ich da was falsch? Wenn die gleichen Hunde sich aber nun auf dem gleichen Strecken immer wieder begegnen, würde ich mir als Hund mit Revieransprüchen reichlich verarscht Vorkommen und immer nachdrücklicher werden. Vielleicht wird ab und zu mal jemand geduldet, der deutlich macht, dass er keine Konkurrenz ist, aber jedem nach so einer Begegnung dauerhaftes Bleiberecht zuzugestehen, scheint mir doch auch wieder “unnatürlich” und je nach Rasse auch sehr unrealistisch.

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