Was prägt den Hund fürs Leben?
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Ich hab hier 2 Aussies, die sehr gegensätzlich aufgezogen wurden.
Der Opi ( ASCA ) wuchs praktisch in der freien Natur auf, kannte ne Autofahrt zum TA, sonst weiter nix. Damals, wir haben ihn ein paar mal beim Züchter besucht, hab ich mir keine Gedanken darüber gemacht. Ich hab , als er dann bei uns war, viel Zeit damit verbracht, ihm die Welt zu erklären. Er ist ein sehr ausgeglichener Hund, mag alles und jeden .
Der Junghund ( VDH ) wurde vorbildlich aufgezogen ( ich war oft dabei/involviert ), der schlug im Alter von 8 Wochen hier auf " so, hier bin ich, was geht ab ". In der Pubertät stellte sich heraus daß er eher nach der Mama kam ( Hibbel ) und nicht nach dem Papa ( ein Bärchen ). Aber auch das hab ich hinbekommen, er ist heute ein Hund mit enormen WTP.
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Meine zweite Hündin hat einen Deprivationsschaden. Der ist wahrscheinlich bereits vor der 8. Woche entstanden. Und er geht auch nicht mehr weg, mit dem müssen wir und sie leben. Und sie ist in ihren ersten zwei Lebensjahren - nachdem sie auf der Straße aufgegriffen wurde - erst im Shelter gewesen, da beinah verhungert, dann nach Deutschland verfrachtet worden, wo sie in dauernder Angst gelebt hat
Woher stammt denn die Annahme, daß hier die ersten 8 Wochen schlecht gelaufen sind? Bekannt ist doch eigentlich nur, daß sie mit grob 2 Jahren auf der Straße war?
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Tierheim ist da find ich bissl was Anderes. Im Tierheim ist immer was los und im Grunde ist ein Hund dort nie ganz allein. ( außer evtl in der Quarantine oder gänzlich Unverträglich)
Da ist eine gute Überlegung, danke!
Tatsächlich sehen die Hunde sich ja zumindest, auch wenn sie -warum auch immer- keinen direkten Kontakt haben.
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Genetik, Einflüsse im Mutterleib, Erfahrungen, wobei hier natürlich die ersten 2-4 Monate einen besonderen Einfluss haben. Aber auch später können sich natürlich besonders positive oder negative Erlebnisse sehr stark einprägen. Ebenso wie sich Gewohnheiten sehr stark einschleifen können oder Faktoren wie dauerhafter Stress starken Einfluss haben können.
Wenn ein Welpe bei Einzug auffällig ängstlich, vom Menschen distanziert, stressanfällig oder gar aggressiv war (von letzterem ist mir bisher zum Glück nur einer begegnet), trug er meiner Erfahrung nach dieses Päckchen auch weiter. Klar, ein Welpe, der im normalen Maße verunsichert war, weil alles neu ist, taut auf. Welpenbeißen hört auf (das meine ich nicht mit Aggressivität). Die Grundzüge bleiben gleich und in der Pubertät und Reifung kommen dann die genetisch verankerten Eigenschaften drauf.
Dass man gerade in der Pubertät einiges verbocken kann und einem Dinge entgleiten können, steht auf einem anderen Blatt - zumindest für mich. Dass eine isolierte Haltung in keinem Lebensalter ok ist, ebenfalls.
Hätte ich Welpen großzuziehen, ich würde mich immer nach dem Stand der Wissenschaft richten und da nichts vernachlässigen, nur weils bei Hund xy trotzdem gut gegangen ist. Man trägt die Verantwortung für den Werdegang... bzw stellt zumindest die Weichen.
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flying-paws
Hat den Titel des Themas von „Was prägt den Hund für's Leben?“ zu „Was prägt den Hund fürs Leben?“ geändert. -
Tierheim ist da find ich bissl was Anderes. Im Tierheim ist immer was los und im Grunde ist ein Hund dort nie ganz allein. ( außer evtl in der Quarantine oder gänzlich Unverträglich)
Da ist eine gute Überlegung, danke!
Tatsächlich sehen die Hunde sich ja zumindest, auch wenn sie -warum auch immer- keinen direkten Kontakt haben.
Es gibt Einige Tierheime, da leben die Hunde im Gruppen. Strickte Einzelhaltung hab ich zumindest eher in Ausnahmefällen gesehen, und selbst wenn sie einzeln in Zwinger untergebracht sind, können sie ja noch mehr oder weniger miteinander kommunizieren.
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Meine zweite Hündin hat einen Deprivationsschaden. Der ist wahrscheinlich bereits vor der 8. Woche entstanden. Und er geht auch nicht mehr weg, mit dem müssen wir und sie leben. Und sie ist in ihren ersten zwei Lebensjahren - nachdem sie auf der Straße aufgegriffen wurde - erst im Shelter gewesen, da beinah verhungert, dann nach Deutschland verfrachtet worden, wo sie in dauernder Angst gelebt hat
Woher stammt denn die Annahme, daß hier die ersten 8 Wochen schlecht gelaufen sind? Bekannt ist doch eigentlich nur, daß sie mit grob 2 Jahren auf der Straße war?
Da hast du vom Text her etwas falsch verstanden - sie war nicht 2 jahre auf der Straße und ist dann aufgegriffen worden, sondern ist auf der Straße aufgegriffen worden (wohl sehr jung) und hat ihre ersten 2 Lebensjahre in einem Shelter verbracht.
Ein Deprivationsschaden in den ersten 8 Lebenswochen wird vermutet, da sie diese Welpenzeit aber wohl vor dem Ergreifen und Verbringen in ein Shelter "auf der Straße" verbracht hat, kann dies nicht mit Sicherheit gesagt werden.
Hof und Zwinger zwar, aber die Hunde wurden sehr gut behandelt und sind kleine selbstbewusste Hunde gewesen, als sie in die Welt gezogen sind.
Also keine Konfrontation mit Umweltreizen,
"Keine Konfrontation mit Umweltreizen" ist eine der typischen Fehlannahmen, aus denen dann mögliche Deprivationsdiagnosen abgeleitet werden.
Natürlich bietet ein Hof unglaublich viele Umweltreize, die das Hirn in seiner Entwicklung anregen. Es ist Deprivation, wenn Hündin und Welpen während (fast) der gesamten Aufzuchtzeit in einem dunklen Verschlag, ohne Beschäftigungs- und Bewegungsmöglichkeit, aufwachsen.
Dass man gerade in der Pubertät einiges verbocken kann und einem Dinge entgleiten können, steht auf einem anderen Blatt - zumindest für mich. Dass eine isolierte Haltung in keinem Lebensalter ok ist, ebenfalls.
Direkt zwei sehr wichtige Aspekte, denen ich uneingeschränkt zustimme.
Aspekt 1: Der Junghund, der absolut entwicklungstypisch einem sturmgepeitschten Hormoncocktail ausgesetzt ist, auf den weder er noch der Mensch Einfluss hat, ist besonders anfällig für ein "Verbocken für den Rest des Lebens".
Das Einzige, worauf der Mensch hier Einfluss ausüben kann, sind die Umwelt- und Umfeldbedingungen, denen ein Junghund in dieser sensiblen Phase ausgesetzt ist - und hier gilt als Faustregel: Fehler im Verhalten einkalkulieren, und das Umfeld so aussuchen, dass Fehler keine nachhaltigen Folgen haben, und ausreichend Pausen/Ruhe/Erholungszeiten geben, damit der Jungspund Erlebnisse/Erfahrungen auch verarbeiten kann.
Die eigenen Ansprüche in der Zeit auf ein Mindestmaß zurückschrauben, und sich auf das Wesentliche bei seinen eigenen Ansprüchen an den Jungspund beschränken, ist auch sehr hilfreich - für das eigene Nervenkostüm, und damit auch für die Entwicklung des Jungspundes.
In keiner anderen Lebensphase tritt das Phänomen der "Das hat er ja noch nie gemacht"-Erfahrungen so stark auf wie in dieser.
Aspekt 2: Eine isolierte Haltung wirkt sich in jedem Lebensalter negativ aus. Wobei genau hingesehen werden muss, ob tatsächlich eine Isolation vorliegt oder nicht.
Wird z. B. ein operierter Hund, der im Anschluss an die Operation über einen längeren Zeitraum nur wenig bewegt werden darf, für diese Zeit einfach ausgesperrt, dann wird er isoliert, und empfindet das auch so.
Wird er von anderen Hunden in dieser Zeit getrennt, aber von seinen Menschen versorgt und bekommt Beschäftigung und Zuwendung, dann ist er zwar von den anderen Hunden und seinem gewohnten Leben isoliert, wird aber entsprechend betreut und erfährt so nicht eine Isolation an sich. Wobei aber auch hier ein Hospitalisierungssyndrom entstehen kann, als eine Sonderform der Deprivation.
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Da hast du vom Text her etwas falsch verstanden - sie war nicht 2 jahre auf der Straße und ist dann aufgegriffen worden, sondern ist auf der Straße aufgegriffen worden (wohl sehr jung) und hat ihre ersten 2 Lebensjahre in einem Shelter verbracht
Ich Depp, danke
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Meine zweite Hündin hat einen Deprivationsschaden. Der ist wahrscheinlich bereits vor der 8. Woche entstanden. Und er geht auch nicht mehr weg, mit dem müssen wir und sie leben. Und sie ist in ihren ersten zwei Lebensjahren - nachdem sie auf der Straße aufgegriffen wurde - erst im Shelter gewesen, da beinah verhungert, dann nach Deutschland verfrachtet worden, wo sie in dauernder Angst gelebt hat
Woher stammt denn die Annahme, daß hier die ersten 8 Wochen schlecht gelaufen sind? Bekannt ist doch eigentlich nur, daß sie mit grob 2 Jahren auf der Straße war?
Ein „echter“ Deprivationsschaden bildet sich rein organisch in den ersten Lebenswochen ab der 3. Woche aus, in der Zeit, in der das Gehirn anfängt, die ersten neuronalen Verknüpfungen zu bilden. Diese basale Entwicklung läuft bis etwa zur 12. bis 16. Lebenswoche. In der ersten Zeit bilden sich u. A. die Verknüpfungen, die für die Sortierung, Generalisierung und Übertragung von Lernerfahrungen zuständig sind, also für die Fähigkeit des Lernens an sich. Was da wegen Reizmangel nicht an Verknüpfungen ausgebildet wurde, das ist später nicht vorhanden, dafür gibts ein wirklich enges Zeitfenster. Die Fähigkeit, Erfahrungen zu generalisieren, hat damit bleibenden Schaden genommen.
Natürlich ist da viel Mutmaßung, ich weiß nicht, wie sie ihre ersten Wochen verbracht hat. Auf der Straße eher nicht, ein Straßenhund ist vielfältigen Reizen ausgesetzt. Eher isoliert irgendwo in einem Verschlag oder Keller. Das ist aber eine „rückwirkende“ Vermutung aus der Tatsache heraus, dass sie eben dieses Symptom hat, das sich nur in den ersten Lebenswochen ausbilden kann.
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Spannendes Thema.
Meine Hündin ist auf der Straße aufgesammelt worden, war dann in einem Shelter in Rumänien, dann in einem privaten TH in Rumänien, ist von da aus zu einer deutschen Pflegestelle und dort habe ich sie dann kennengelernt. Da war sie ein Jahr alt und hat schon einen ganz schönen Weg hinter sich. Trotzdem ist sie ein super umgänglicher Hund, sehr selbstbewusst und auch Fremden gegenüber freundlich. Anderen Hunden gegenüber zeigt sie territoriales Verhalten, was aber händelbar ist. Könnte an den 12% HSH Genen liegen. Sie ist allerdings auch Typ klein und süß, vielleicht hat sie nie so richtig schlechte Erfahrungen mit Menschen gemacht.
Der Rüde ist durch eine Beschlagnahmung ins Tierheim gekommen. Da wurden Mini-/Toyaussies vermehrt. 70 Hunde in einem Reihenhaus. Die Menschen waren nur zum Füttern da, die Hunde teilweise in Boxen. Da waren Hunde bei, die verständlicherweise schwer verhaltensauffällig waren. Meiner war 6 Monate alt als er da raus kam und dann noch eine zeitlang im TH, was ihn total gestresst hat, er aber zumindest gelernt hat, dass nicht alle Menschen doof sind. Mit 11 Monaten kam er dann zu mir. Es hat etwas gedauert, bis man ihn anfassen konnte, heute ist er die größte Schmusebacke. Anderen Hunden gegenüber ist er sozial und hat sich viel von meiner Hündin abgeguckt.
Was bis heute geblieben ist, ist seine Abneigung gegenüber Fremden. Aber das hat sich von anbellen und abschnappen auf ignorieren oder hinter Frauchen verstecken gebessert. Situationen mit vielen Umweltreizen (z.B. Hundeplatz) mussten und müssen langsam aufgebaut werden. Aber mit zunehmender Erfahrung wird er immer sicherer. Beim Training muss ich total aufpassen, dass ich ihn nicht überfordere. Er möchte immer alles richtig machen und kann schnell hektisch werden. Er hat ein sehr ruhiges Zuhause zur Regeneration, hektisches Familienleben wäre wahrscheinlich nie etwas für ihn. Wobei Kinder nie ein Problem waren. Die kannte er offenbar nicht und wurden daher als neutral eingestuft und sind mittlerweile durch Training positiv besetzt.
Obwohl seine Aufzucht maximal katastrophal war hat er sich gut entwickelt, aber er wird nie völlig easy und stressresistent sein.
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Zum eigentlichen Thema; Da geht es ja um die These, nicht die ersten Lebenswochen sind entscheidend, sondern die Junghundphase.
Das stimmt so nicht, weil hier einige unterschiedliche Aspekte durcheinandergeworfen werden, die getrennt betrachtet werden müssen:
Meine Erfahrung geht also eher dahin, daß Hunde in ihrer Jugend nachhaltig "versaut" wurden, nicht als Welpen, nicht als bereits gefestigte ausgewachsene Hunde.
Dem stimme ich soweit zu.
Dem daraus gezogenen Schluss allerdings nicht:
Meine Vermutung wäre, daß man vieles aus den ersten Wochen ausbügeln kann, daß gefestigte Hunde vieles wegstecken können und dagegen die Junghundphase eine sehr kritische Phase ist, in der viel richtig oder falsch gemacht werden kann was dann prägend für den Hund ist.
Bestimmte Fehler in der Aufzucht können nicht ausgebügelt werden, und dabei handelt es sich um Deprivationsschäden.
Unter den Begriffen Deprivation und Deprivationssyndrom sind mehrere Krankheitsbilder zusammengefasst, die allerdings eines gemein haben: Reizentzug.
Unter dem Deprivationssyndrom bei einem Hund mit reizarmer Aufzucht versteht man eine Fehlentwicklung /Mangelentwicklung im Gehirn.
Dazu muss man wissen, dass - genau wie beim Menschen - das Gehirn eines Hundes bei der Geburt noch unvollständig entwickelt ist. Sowohl die Sinne, als auch die sozialen Fähigkeiten sind bei der Geburt im Gehirn zwar angelegt, benötigen aber für deren Entwicklung äußere Reize.
Fehlen diese, gesamt oder auch in einzelnen Bereichen, werden Nervenzellen im Gehirn nicht entwickelt, es entstehen keine Verbindungen zu anderen Nervenzellen, sie werden verworfen (sterben ab).
Das lässt sich nicht reparieren.
Mittlerweile weiß man aber aus der Neurologie, dass das Gehirn ein ganz fantastischer Organismus ist, der so manche Fehlentwicklung/traumatische Einwirkung über "andere Kanäle" überbrücken und so zum Teil oder gar ganz ersetzen kann. Das macht man sich z. B. bei Schlaganfallpatienten zunutze.
Ein bekanntes Deprivationssyndrom ist z. B. die mangelnde Lernfähigkeit: Einem Hund bringt man immer und immer wieder etwas bei - und beim nächsten Mal fängt man wieder bei Null an.
Das ist auch nicht immer durch Deprivation verursacht, sondern kann auch genetische Ursachen haben.
Aber auch die Bewegungsmöglichkeiten müssen der Entwicklung der Welpen angepasst werden; Sind sie in der ersten Zeit noch sehr wenig mobil und müssen durch räumliche Einengung davor geschützt werden, sich zu weit von ihren Geschwistern und dem Muttertier zu entfernen, so muss mit wachsendem Alter auch die Bewegungsmöglichkeit und auch die Umwelterfahrung entsprechend ausgeweitet werden, um sowohl Mobilität als auch die anderen Sinne zu fordern und zu Fördern. Ohne das entwickelt sich nichts, und das Gehirn "verkümmert" in diesen Bereichen. Auch das ist größtenteils irreversibel.
Gerade im sozialen Bereich zeigen sich Defizite bei einem Reizentzug von sozialen Kontakten (Stichwort: Kaspar-Hauser-Syndrom) durch fehlende Fähigkeiten im sozialen Miteinander.
Der soziale Umgang mit der Mutter und die Interaktionen mit Geschwistern sind deshalb sehr wichtig für den Welpen, damit dieser Bereich im Gehirn entwickelt WIRD.
Ein Einzelwelpe, dessen Mutter bei der Geburt stirbt, und statt dessen in liebevoller, fürsorglicher Handaufzucht durch Menschen aufgezogen wird, erfährt aber auch das soziale Miteinander, welches wichtig für seine Hirnentwicklung ist.
Ich denke mir immer meinen Teil, wenn mir jemand als Grund für seinen verhaltensoriginellen Hund eine "Schlechte Aufzucht" angibt, weil der "im Stall auf einem Hof" aufgewachsen, und deshalb "depriviert" ist .... ich habe dann immer so Bilder im Kopf von einer Hündin in einer schön warm mit Stroh ausgepolsterten Box, wo die Welpen rumkraxeln, und dann mit wachsender Mobilität einen Stall erkunden (mit Kühen, oder Pferden, oder Schweinen, mit deren Geruch und Geräuschen), dann auf dem Hof rumlaufen, immer mal wieder die Versorgung (und auch streichelnden Hände) von Menschen erfahren, die Traktorengeräusche hören und auch sehen, wo das herkommt und was diese Geräusche macht, den ersten Mäusen und auch Katzen begegnen ...
Da stelle ich die (oft selbstgestellte) "Diagnose" eines durch Reizentzug an einem aufzuchtbedingten Deprivationsschaden leidenden Hund doch sehr in Frage ...
Da bereitet mir mehr Sorge die Frage nach der Auswahl der Elterntiere, ob bei denen die gesundheitlichen und auch charakterlichen Eigenschaften so sorgfältig geprüft wurden, wie ich es mir für eine verantwortungsvolle Zucht vorstelle.
Zumeist hat man ja bei diesem Hintergrund doch nur "mal eben einen Rüden drüberhüpfen lassen", weil es grad passte ...
Dieses, durch einen Mangel an notwendigen Reizen zur Hirnentwicklung verursachte Deprivationssyndrom ist nicht zu verwechseln mit dem - besser unter dem Begriff "Hospitalisierungssyndrom" bezeichnete - Deprivationssyndrom, welches durch Isolation verursacht wird, und auch in späteren Lebensjahren auftreten kann.
Auch hier wird durch den dauerhaften Entzug von Reizen eine Veränderung im Gehirn bewirkt, ähnlich der Wirkung von traumatischen Ereignissen. Nur dass diese Veränderung sich über einen längeren Zeitraum entwickelt, während traumatische Ereignisse "nahezu unmittelbar eine Blockade von bis dahin üblichen, normalen Verarbeitungswegen im Gehirn" verursachen (in Anführungszeichen, weil das eine sehr laienhafte Beschreibung dessen ist, was Traumata im Gehirn verursachen, und auch nur unzulänglich das Leiden für Betroffene beschreiben kann).
Damit zum Junghund.
Ein in Wallung befindliches Hormonsystem ist kennzeichnend für diese Entwicklungsphase des Hundes. Besonders starkem "Hormonchaos" ist der Junghund in der Pubertät ausgesetzt, und wie er dann welche Umweltreize verarbeitet, ist oftmals von der Tagesform des Hundes abhängig - und die kann an besonders schlimmen Tagen auch mehrfach wechseln ...
Ja, dann kann unglaublich viel schiefgehen, und wenn der Hund in dieser Phase nicht besonders sorgfältig beobachtet und behandelt wird, "prägen" sich Erfahrungen und Erlebnisse "fürs Leben" ein.
Oft erlebe ich dann Menschen, die einfach nur genervt sind von dieser Phase und sich wünschen, sie wäre bald vorbei.
Ja, es ist nervig und unglaublich anstrengend, wenn man einen Hund, den man bis dahin als verlässlich im Einschätzen seines Verhaltens und auch umgänglich und gut händelbar erlebt hat, auf einmal gar nicht mehr so verlässlich und händelbar ist.
Hunde benötigen aber in dieser Phase keinen genervten Menschen, der diese Phase aussitzt und darauf wartet, dass diese Phase endlich vorbei geht.
Sie benötigen einen "Fels in der Brandung", einen immer verlässlichen, mit Gleichmut, Nachsicht und liebevoller Konsequenz agierenden Menschen, der ihnen Halt und Orientierung gibt, ein sicherer Hafen ist wenn sie Schutz suchen oder brauchen, der im Blick hat was dieser Hund in dieser Phase verarbeiten und leisten kann - und ihn davor bewahrt, Fehler zu machen die weitreichende Konsequenzen für das weitere Leben dieses Hundes haben könnten.
Sonst können für einen altersentsprechend noch ungefestigten Hund bestimmte Ereignisse prägend fürs Leben sein, und einen entsprechend hohen, unbequemen oder gar stark einschränkenden Umgang in der Haltung/dem Umgang für den Rest des Lebens nach sich ziehen.
Zusammenfassend:
Scheinbare Aufzuchtdefizite im Welpenalter halte ich eher seltener für die Ursache von Verhaltensauffälligkeiten im weiteren Verlauf des Lebens eines Hundes.
Hier ist eher der Umgang mit diesem Welpen verantwortlich, welche Erfahrungen er durch den Besitzerwechsel und damit verbundenem Umfeldwechsel macht.
Ein Hund, der auf einem Bauernhof aufgezogen wurde, ist nicht depriviert aufgrund der Tatsache, dass er keine typischen Großstadtumweltreize in seiner Welpenzeit kennenlernen durfte. Er wird schlicht reizüberflutet durch unkundige Halter, die ihn diesen für den Welpen bisher unbekannten Großstadtumweltreizen ungefiltert aussetzen. Auch das macht etwas mit dem Gehirn eines Welpen, denn bei einer Reizüberflutung hat das Gehirn keine Möglichkeit, einzelne Reize genügend zu verarbeiten, und das Gehirn legt sich dann eigene, nicht beeinflussbare "Umgangsweisen" mit diesen Reizen zurecht, die nur schwer wieder zu beeinflussen sind, wenn sie sich einmal etabliert haben.
Beim Junghund werden dagegen oftmals Fehler gemacht, die sich lebenslang auswirken, und schwer wieder zu korrigieren sind.
Passend dazu eine Begegnung, die ich erst gestern hatte:
Eine unsichere Junghündin, 21 Monate alt, kam uns mit ihren Menschen entgegen, Kontakt war erlaubt. Ich habe die Begegnung so gemanaged, dass die Hündin meine Hunde einzeln kennenlernen durfte, eine detaillierte Beschreibung des Ablaufs findet ihr im Spoiler.
Wichtiger ist der Grund: ... und den gibt es im nächsten post, weil ich jetzt zum ersten Mal beim Abschicken die Mitteilung bekam: Deine Nachricht ist zu lang ...
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