Leinen-Rowdys - Der Pöbel-Thread

  • Was ein schöner Thread, den lese ich mir in Ruhe durch und schreibe gerne mit :)

    Rala wurde schon oft von Hunden überrannt oder auch schon in den Nacken gebissen (zum Glück war ihr Fell zu dicht und sie hat keinen Kratzer abbekommen). Das erste Mal ist passiert, als sie 12 Wochen alt war, wir mit ihr am Rand einer Wiese gespielt haben und aus dem Hof in 200 m Entfernung ein Hovawart ohne Besitzer:in bellend auf uns zugerannt kam. Er kam nicht bis zu ihr, sie sprang uns sofort in die Arme und der Hund verzog sich glücklicherweise schnell wieder.

    Eine Schlüsselsituation war dann im Januar. Ein großer schwarzer Hund kam über die Wiese auf uns zugerannt, Besitzer sehr weit weg, rannte rufend hinter ihm her. Er war aber natürlich viel schneller. Rala hatte so Angst, dass sie geschrien hat, aber ich kam einfach nicht an sie ran. Der Hund hatte tatsächlich keine bösen Absichten (im Sinne von beißen,...), aber es war einfach furchtbar. Danach wurde es mit der Pöbelei immer schlimmer. V.a. auf schwarze, große Hunde reagiert sie extrem. Bei ihr kommt vermutlich die Unsicherheit mit Angst zusammen und dazu noch die Hormone von Pubertät,... Gerade jetzt in der Läufigkeit ist sie auch reaktiver, als sonst.


    Ich arbeite viel mit Distanz, bringe Ruhe rein, belohne ruhiges Verhalten, ruhiges anschauen (ohne zu fixieren) Orientierung an mich. Es wird besser, die Distanzen kleiner. Natürlich ist das tagesform- und Begegnungsabhängig.

    Bei Hunden, die sich schnell auf sie zubewegen, rastet sie komplett aus. Das kann ich auch verstehen. Leider gibt es hier viele Besitzer:innen von "Tut nixen", die grundlegend ihre Hunde frei laufen lassen und sagen, ich solle Rala immer in Kontakt mit den Hunden kommen lassen, dann legt sich das Bellen :face_with_rolling_eyes: . Mit einem Paar aus der Nachbarschaft konnte ich mal ohne Hund sprechen und habe ihnen unsere Lage erklärt. Verstanden haben sie es nicht, aber akzeptiert und nehmen nun Rücksicht auf uns. Da bin ich sehr glücklich drüber :smiling_face:
    Mittlerweile kommen wir schon an einigen Hund ohne oder mit nur einem kurzen Bellen vorbei. Manchmal fiept sie noch. Auch an pöbelnden Hunden kamen wir mit Abstand schon vorbei. Situationsabhängig gehe ich auch mal ein paar Meter an den Rand, wenn sie ganz aufgeregt ist, mache den Geschirrgriff und lasse sie absitzen. Manchmal gehen wir in ein paar Meter Abstand vorbei und das klappt auch hin und wieder. Sehen wir Hunde von Weitem (die uns nicht begegnen und uns auch noch nicht so richtig gemerkt haben) lasse ich sie auch lange die Situation anschauen und arbeite an der Ansprechbarkeit in unproblematischer Entfernung.

    Und ich bin ehrlich: Rennt ein Hund auf uns zu, nehme ich sie auch mal auf den Arm und gehe zügig und mit festen Schritten in die entgegengesetzte Richtung und suche das Weite. Einfach weil ich keine Lust mehr habe, dass Rala solchen Kontakten ausgesetzt wird. Was ich mache, wenn solch ein Hund wirklich Beschädigungsabsichten hat, weiß ich nicht.


    An manchen Tagen bin ich aber auch schlecht drauf, genervt, ungeduldig und dann schaffe ich das alles nicht in der Ruhe, die ich für Rala bräuchte, was sie auch merkt. Dann ist es ähnlich wie bei Terri-Lis-07 , Rala nimmt sich sehr zurück. Danach brauchen wir beide eine erlösende Situaion mit Spiel oder Futtersuche. Ich empfinde das schon als sehr menschlich, wenn die Geduld irgendwann ein Ende hat. Ist beim Hund schließlich auch so und solange das eher die Ausnahme ist und man dem Hund gegenüber nicht übergriffig wird, ist doch alles im Rahmen.


    Ich merke an mir aber definitiv, dass ich Hundebegegnungen tendenziell gerne ganz aus dem Weg gehe. Routen wähle, auf denen wir möglichst allein unterwegs sind. So wird es aber nicht besser...

  • Ich hab mir vorm Abschicken noch überlegt, ob ich das tun sollte, denn zugeben, dass man nicht df-konform fühlt, ist immer riskant. Ich muss sagen, ich bin froh, dass ich es doch getan hab und es einige nachvollziehen können, was ich meine.


    Ja klar weiss ich, dass es an der Stelle MEIN Versagen ist. Aber Fühlen ist doch in den seltensten Fällen rational.


    Und weil es irgendwo stand: nein, ich werde nicht körperlich. Ich hab sogar eine Hundeschule verlassen, weil sie mir zu körperlich war. Aber in solch einer Stimmung irgendwas trainieren zu wollen, ist m.E. utopisch und dann gebe ich lieber den Hund wortwörtlich für ein zwei Tage in die Hand des Partners, als mehr kaputt zu machen, als ich in den vergangenen Monaten aufgebaut habe.

  • Wur auf den Hund wegen Pöbelei gab es hier auch nie. Ich hab da einfach unendlich viel Verständnis für, weil wir die Hunde in eine Welt zwängen die für sie schwierig ist. Es ist aus Hubdesicht nicht normal kommentarlos und desinteressiert an einem Fremdhund vorbei zu gehen. Fremdhund werden im Gehirn immer in dem Bereich zuerst verarbeitet, der für Gefahren zuständig ist.

    Was mich aber am die Grenzen meiner Frustrationstoleranz bringt ist mangelnde Leinenführigkeit, da muss ich sehr sehr viel Impulskontrolle aufbringen, damit ich da nicht unfair werde.

  • Was mich aber am die Grenzen meiner Frustrationstoleranz bringt ist mangelnde Leinenführigkeit, da muss ich sehr sehr viel Impulskontrolle aufbringen, damit ich da nicht unfair werde.

    Ooooh, ja, das kann ich so gut nachvollziehen. Pöbeln frisst meine Impulskontrolle auch lange nicht so auf, wie ziehen, ziehen, ziehen :tropf:


    Früher bin ich aber auch wütend geworden. Wütend auf den eigenen Hund, der sich noch immer nicht im Griff hat und wütend auf die Umwelt, die uns das Leben schwer macht

    Geholfen hat mir da nur, mir selbst einzugestehen, dass die Wut durch die eigene Machtlosigkeit und den Kontrollverlust kommt - und daran zu arbeiten. Mehr Werkzeuge, mehr Umweltkontrolle, die Verantwortung mehr zu übernehmen und nicht weiter auf die anderen zu schieben.


    Aber wir hatten bisher auch mit dem Umfeld immer viel Glück. Es gab zwei oder drei Hundehalter mit Tutnixen, die für uns schwierig waren, aber da war's trotzdem immer einfach, die zu meiden. Ansonsten haben wir viel Zuspruch und Unterstützung von anderen HuHa und Nachbarn bekommen. Unser Vorteil war auch, dass wir fast immer zu zweit unterwegs waren und einer konnte Gespräche führen, während der andere die Situation zum Trainieren nutzen konnte.


    Und ich komm ja auch recht gern mit anderen ins Gespräch und mag das, wenn man sich ein bisschen über Hunde und die jeweiligen Schwierigkeiten unterhält, deshalb war ich entspannt, was die Situationen auch für Carlo einfacher gemacht hat.

  • Schlechte Leinenführigkeit find ich auch extrem belastend.

    Ich erwarte nicht dass mein Hund perfekt leinenführig ist ( das ist mMn ohnehin sowas wie eine Königsdisziplin - also dass ein Hund egal wo und wann immer an lockerer Leine neben einem gehen kann und kein Fünkchen Spannung auf die Leine kommt), aber zumindest überwiegend an lockerer Leine laufen können ist mir definitiv sehr wichtig. Wenn dann bei Aufregung mal leichte Spannung auf der Leine ist, von mir aus, so lange man mich nicht durch die Gegend zerrt. ^^

    Wobei ich auch hier zugeben muss - bei handlicheren Hunden bin ich da deutlich nachsichtiger als bei großen, kräftigen Hunden.


    Wenn ich mal genervt bin, dann bin ich auch nicht sauer auf den Hund. Es is nur irgendwann das Maß voll, ich Ärger mich über mich selber, oder über das Verhalten anderer.

    Man liest es nicht gern, aber im Ernst : Das is doch vollkommen nachvollziehbar dass man nicht immer und überall gelassen sein kann. Wir sind ja schließlich keine Roboter...

    Wichtig is nur, dass man es im Griff hat, und mit den gestressten Reaktionen - sofern man diese zeigt - nicht zu weit geht.

    Wobei ich der Ansicht bin - Wenn jemand dazu neigt in solchen Dingen körperlich zu werden, sollte er erstmal nen Anti-Aggressionskurs besuchen ^^

  • Rein aus Interesse: Wie ist denn hier "körperlich" definiert? Was versteht ihr denn darunter?

    In dem Zusammenhang meine ich ebenfalls "grob". Leinerucken, zurückdrängen...sowas. Davon ab, dass ich es unfair fände, bringt es glaub ich auch einfach nix.

  • Ich finde die unterschiedlichen Sichtweisen bezgl. "körperlich" wirklich interessant. Auch die Haltung dazu. Leinenruck, zurückdrängen, grob anpacken sind für mich z.T "(harte) Korrekturen". Unter körperlich verstehe ich dann mehr Richtung: Auf den Hund einprügeln, ihn mit der Leine verdreschen, ihn treten etc.


    Je nach Sparte Hund, braucht es mMn auch mal Korrekturen! Manche begreifen nur dann die Grenzen.


    Aber beim Pöbeln spielt das Timing so eine entscheidende Rolle, dass man da alleine lieber nichts rumwerkeln sollte, was solche eher groben Methoden angeht. Es ist ja schon frustrierend genug das der Hund pöbelt und an der Leine zerrt. Aber auch solche "Korrekturen" sollten ohne Emotionen ausgeführt werden. Die Chance dass da aus emotionaler Wut richtig brachiale Dinge zustande kommen, sind für mich auch etwas zu hoch.


    Hat jemand von euch jemals versucht das Pöbeln an der Leine zu korrigieren? Nicht trainieren, sondern wirklich effektiv korrigieren? Welche Erfahrungen habt ihr dabei gemacht?


    Ich stehe dem immer zwiegespalten gegenüber. Einerseits habe ich überhaupt keinen Bock Jahrelang an etwas rumzuwerkeln, was man evtl. mit einer richtigen Korrektur für immer unterbrechen könnte und sich danach weiter auf das gute Verhalten des Hundes konzentriert. Andererseits ist mir das mit dem richtigen Timing UND richtig korrigieren, einfach viel zu heiss. Ich möchte das Vertrauen vom Hund dadurch nicht kaputt machen.


    Hier habe ich das im Bezug auf das Pöbeln nie gemacht. Und ich finde es normal, dass man sich als Halter da auch mal über den eigenen Köter aufregt. Hab ich auch schon.

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